Präferenzrelation

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In der Mikroökonomik bezeichnet man als Präferenzrelation allgemein eine Rangfolge, in der zwei Güterbündel („Alternativen“) danach angeordnet sind, wie sie ein Marktteilnehmer oder eine Gruppe von Marktteilnehmern einander vorzieht. Formal handelt es sich bei einer Präferenzrelation um eine binäre Relation.

Allgemeines

Beispielsweise ist R eine Präferenzrelation (die so genannte Präferenz-Indifferenz-Relation, auch: schwache Präferenzrelation), die anzeigt, dass ihre erste Komponente als strikt besser als oder gleich gut wie die zweite empfunden wird. Präferiert eine Person i beispielsweise eine Alternative 𝐱a (schwach) gegenüber 𝐱b, dann ist das Tupel (𝐱a,𝐱b) in der Menge Ri enthalten (der Index i soll andeuten, dass es sich um die Präferenzen von Person i handelt).

Andere Präferenzrelationen sind die strikte Präferenzrelation P („strikt besser als“) sowie die Indifferenzrelation I („gleich gut wie“); auf eine gesonderte Definition der umgekehrten Konstellationen („schlechter als oder gleich gut wie“ bzw. „strikt schlechter als“) wird üblicherweise verzichtet, da man die zugrunde liegenden Präferenzstrukturen durch Vertauschung der Komponenten auch in der hier definierten Weise formulieren kann.

Man bezeichnet eine Präferenzrelation als Präferenzordnung, wenn sie gewisse Minimalanforderungen erfüllt (siehe Abschnitt #Präferenzordnung). Ist dies der Fall, wird auch von der Rationalität der Präferenz-Indifferenz-Relation gesprochen. Die Präferenzordnung ist ein wichtiges Rationalitätskonzept innerhalb der Wirtschaftswissenschaften. Ein anderes Axiomsystem für einen rationalen Entscheider stammt von John von Neumann und Oskar Morgenstern.[1]

Geschichte

Die erste axiomatische Fundierung der Präferenzrelation wurde 1926 von Ragnar Frisch vorgelegt.[2][3] Nach der Pionierarbeit durch Frisch in den 1920ern lag das Hauptaugenmerk darauf, wie man eine Präferenzstruktur auf eine reellwertige Funktion abbilden könne. Dies wurde durch das Konzept der Nutzenfunktion erreicht, eine mathematische Modellierung von Präferenzen. Gérard Debreu leistete 1954 einen wichtigen Beitrag zum Zusammenhang von Präferenzrelation und Nutzenfunktion: sein Repräsentationstheorem (auch Satz von Debreu genannt).[4]

Definition

Man geht im n-Güter-Fall von einer Menge

X[0,1)nn

aus, in der sämtliche existierende Güterbündel („Alternativen“) 𝐱=(x1,,xn) enthalten sind. Ein Güterbündel 𝐱=(x1,,xn)n enthält das Gut i mit der Menge xi0 für i=1,,n. Die Elemente von X sind Güterbündel und damit n-Tupel 𝐱=(x1,,xn), sodass beispielsweise x3 die Menge von Gut 3 im Güterbündel 𝐱 anzeigt. Für Tupel gilt, anders als für Mengen, dass die Reihenfolge der Objekte eine Rolle spielt.

Präferenzrelationen sind binäre Relationen auf X, das heißt, sie sind Untermengen von X×X={(𝐱1,𝐱1),(𝐱1,𝐱2),,(𝐱2,𝐱1),(𝐱2,𝐱2),}. Betrachtet sei im Folgenden zunächst nur die so genannte Präferenz-Indifferenz-Relation R (RX×X wie beschrieben). Im so definierten R sind alle geordneten Paare (𝐱a,𝐱b) enthalten, für die gilt, dass 𝐱a schwach gegenüber 𝐱b bevorzugt wird. Man verwendet fortan die Schreibweise 𝐱aR𝐱b für (𝐱a,𝐱b)R. Man kann R ohne Umwege auch direkt als „ist besser als oder gleich gut wie“ lesen.

Durch R werden zwei weitere Relationen – abermals Untermengen von X×X – induziert. Zum einen die Indifferenzrelation I, zum anderen die Präferenz-Relation P. Ihre Bedeutung ergibt sich aus der von R: Für zwei Alternativen 𝐱a und 𝐱b ist genau dann (𝐱a,𝐱b)I bzw. 𝐱aI𝐱b, wenn 𝐱aR𝐱b und zugleich 𝐱bR𝐱a. I kann man dann als „ist gleich gut wie“ lesen. Analoges gilt für P: Für zwei Alternativen 𝐱a und 𝐱b ist genau dann (𝐱a,𝐱b)P bzw. 𝐱aP𝐱b, wenn 𝐱aR𝐱b, aber nicht zugleich 𝐱bR𝐱a. P liest man als „ist besser als“.

Anstelle der Buchstaben R, P und I für die Relationen sind auch Symbole gebräuchlich. Es ist dann 𝐱aR𝐱b𝐱a𝐱b sowie 𝐱aP𝐱b𝐱a𝐱b und 𝐱aI𝐱b𝐱a𝐱b.

Will man ausdrücken, dass man sich auf die Präferenzstruktur einer konkreten Person i bezieht, kann man die Relation entsprechend indexieren; so steht dann zum Beispiel xaPixb dafür, dass Person i die Alternative xa strikt gegenüber xb vorzieht.

Eigenschaften

Je nach ihrer individuellen Beschaffenheit kann man die Präferenz-Indifferenz-Relation R beispielsweise auf folgende Eigenschaften hin untersuchen:[5]

  • Vollständigkeit: 𝐱a,𝐱bX:𝐱aR𝐱b oder 𝐱bR𝐱a (oder beides)
Dies stellt sicher, dass für jede Alternative auch tatsächlich ein Ranking existiert; die Vollständigkeitseigenschaft bedeutet allerdings nicht, dass auch tatsächlich eine strikte Präferenz vorliegen muss – vielmehr können zwei Alternativen ohne Widerspruch zu dieser Bedingung auch als gleichwertig empfunden werden.
  • Transitivität: 𝐱a,𝐱b,𝐱cX:𝐱aR𝐱b𝐱bR𝐱c𝐱aR𝐱c
    Zirkelschluss (Verletzung der Transitivitätsannahme), der durch sich schneidende „Indifferenzkurven“ hervorgerufen wurde
Durch die Eigenschaft wird verhindert, dass es zu sogenannten zirkulären Präferenzen kommt. Dass die Präferenzstruktur ohne ihre Gültigkeit zirkulär wäre, wird durch folgendes Beispiel einsichtig: Man denke an eine Person, die Äpfel mindestens so gern hat wie Birnen und Birnen mindestens so gern wie Zitronen. Würde sie nun nicht, wie von der Transitivitätseigenschaft gefordert, auch Äpfel mindestens so gern haben wie Zitronen, dann müsste logisch notwendig das Gegenteil zutreffen: Sie hätte Zitronen lieber als Äpfel. Es wurde aber angenommen, dass sie Birnen mindestens so gern hat wie Zitronen usw. usf., sodass die Suche nach der präferierten Option ohne die Transitivitätsannahme ergebnislos bliebe.
Gemeint ist, dass eine Alternative unabhängig von der Situation stets gleich bewertet wird (kurzum gilt also 𝐱aI𝐱a). Die Reflexivitätseigenschaft wird klassischerweise in einer Reihe mit den beiden vorstehenden Axiomen genannt, sie folgt aber eigentlich schon aus der Vollständigkeitseigenschaft.
  • Stetigkeit: Für alle 𝐱bX gilt: Die Mengen {𝐱aX𝐱aR𝐱b} (obere Konturmenge) und {𝐱aX𝐱bR𝐱a} (untere Konturmenge) sind abgeschlossen bezüglich X.
  • (Schwache) Monotonie:[6] 𝐱a,𝐱bX:(𝐱a𝐱b)𝐱aR𝐱b
Zum Verständnis muss man sich wieder ins Bewusstsein rufen, dass die Alternativen Güterbündel darstellen: Wenn ein Güterbündel 𝐱a von jedem Gut eine mindestens so große Anzahl enthält wie ein Güterbündel 𝐱b, dann wird es auch mindestens so gut bewertet wie 𝐱b. Analog definiert ist die
  • Strenge Monotonie: [6] 𝐱a,𝐱bX:(𝐱a𝐱b)(𝐱a𝐱b)𝐱aP𝐱b
Wenn ein Güterbündel 𝐱a von jedem Gut eine mindestens so große Anzahl enthält wie ein Güterbündel 𝐱b, von mindestens einem Gut aber sogar eine strikt größere Anzahl, dann wird es auch strikt gegenüber 𝐱b präferiert. Jede streng monotone Präferenzrelation ist damit auch (schwach) monoton.
  • Nichtsättigung: Zu jedem 𝐱aX gibt es ein 𝐱bX mit der Eigenschaft 𝐱bP𝐱a. Mit anderen Worten gibt es zu jeder Wahl eine bessere Alternative.
  • Lokale Nichtsättigung: Zu jedem 𝐱aX und in jeder Umgebung um 𝐱a gibt es ein 𝐱b mit der Eigenschaft 𝐱bP𝐱a. Formal: 𝐱aXϵ>0𝐱bX:(𝐱a𝐱bϵ)𝐱bP𝐱a Im Vergleich zur Nichtsättigung ist lokale Nichtsättigung eine strengere Annahme, weil in jeder noch so kleinen Umgebung der Ausgangsstelle eine bessere Alternative existieren muss. Andererseits ist lokale Nichtsättigung eine schwächere Annahme als strenge Monotonie, weil sie die Existenz von bads zulässt, also Gütern, die den Nutzen des Individuums mindern.
  • Konvexität:[7] 𝐱,𝐲X:𝐱I𝐲t(0,1):[t𝐱+(1t)𝐲]R𝐱. Die Konvexkombination zweier als gleich gut bewerteter Güterbündel wird mindestens so gut oder besser bewertet wie eines der Güterbündel. In der graphischen Anschauung sind die zugehörigen Indifferenzkurven streng konvex oder zumindest linear. Die oberen Konturmengen {𝐱bX|𝐱bR𝐱a} sind für alle 𝐱aX konvexe Mengen.
  • Strikte Konvexität: 𝐱,𝐲(𝐱𝐲)X:𝐱I𝐲t(0,1):[t𝐱+(1t)𝐲]P𝐱. Eine Konvexkombination zweier nicht identischer aber gleich gut bewerteter Bündel wird dem einen Bündel vorgezogen. In der graphischen Anschauung sind die zugehörigen Indifferenzkurven streng konvex.
  • Homothetie: 𝐱,𝐲X,t>0:𝐱I𝐲(t𝐱)I(t𝐲). Geometrisch impliziert diese Eigenschaft, dass die Steigungen der Indifferenzkurven entlang eines Ursprungsstrahls konstant bleiben. Daher verlaufen die Einkommens-Konsum-Kurven linear: Bei wachsendem Einkommen werden alle Güter in unveränderten Proportionen nachgefragt.

Präferenzordnung

Von Bedeutung sind insbesondere die ersten beiden Eigenschaften. Mit ihnen gilt nämlich: Vorlage:Kasten

Die Rationalität von R hat auch wichtige Auswirkungen bezüglich der von ihr induzierten Relationen: Vorlage:Kasten

Zur Begründung siehe der Abschnitt #Implikationen von R für P und I.

Implikationen für die Nutzenfunktion

Mathematisch ist es oft einfacher, Präferenzordnungen durch Nutzenfunktionen zu repräsentieren. Eine Funktion u heißt Nutzenfunktion, die die Präferenzordnung R repräsentiert, wenn 𝐱a,𝐱bX:𝐱aR𝐱bu(𝐱a)u(𝐱b). Es stellt sich die Frage, ob jede Präferenzordnung durch eine Nutzenfunktion repräsentiert werden kann. Dies ist nicht der Fall, doch reichen die folgenden Annahmen aus:

Vorlage:Kasten

In der Literatur werden alternative Annahmen hergeleitet, die die Existenz einer Nutzenfunktion sichern.[8] Die obigen Annahmen sind daher hinreichend, aber nicht notwendig. Enthält die Alternativenmenge endlich oder abzählbar unendlich viele Elemente, gelingt die Repräsentation einer darauf definierten Präferenzordnung stets ohne zusätzliche Annahmen.

Beispiel: Wird bei zwei Alternativen a,b die erste strikt gegenüber der zweiten vorgezogen, kann diese Präferenzordnung durch die Nutzenfunktion u(a)=2 und u(b)=1 repräsentiert werden.

Lexikographische Präferenzordnung

Vorlage:Siehe auch Betrachtet seien als Beispiel zwei Güterbündel 𝐱=(x1,x2) und 𝐲=(y1,y2). Die Präferenzordnung bezüglich dieser Güterbündel heißt lexikographisch falls gilt:

  1. Aus x1>y1 folgt 𝐱P𝐲,
  2. aus x1=y1 und x2>y2 folgt 𝐱P𝐲.

Enthält ein Güterbündel also mehr von Gut 1, dann wird es strikt vorgezogen, und zwar unabhängig davon, welche Menge von Gut 2 es enthält. Nur dann, wenn beide Güterbündel Gut 1 in derselben Menge enthalten, kommt es auf die Mengen von Gut 2 an. Aus Sicht des betrachteten Individuums ist Gut 1 also ungleich wichtiger als Gut 2.

Lexikographische Präferenzordnungen sind nicht stetig und deshalb auch nicht durch Nutzenfunktionen repräsentierbar.[9] Dass sie nicht stetig sind, erkennt man wie folgt: Sei 𝐲=(y1,y2) ein festes Güterbündel und sei (𝐱i)i eine Folge weiterer Bündel 𝐱i=(xi,1,xi,2) derselben Güter, wobei alle Glieder 𝐱i den Bedingungen xi,1>y1 und xi,2<y2 genügen (alle Güterbündel 𝐱𝐢 enthalten mehr von Gut 1 als das Güterbündel 𝐲, aber weniger von Gut 2). Dies impliziert 𝐱iR𝐲 für alle i. Konvergiert die Folge gegen einen Grenzwert 𝐱 mit x,1=y1 und x,2<y2, dann gilt nicht 𝐱R𝐲, was die Annahme der Abgeschlossenheit bzw. Stetigkeit verletzt.

Mathematische Grundlagen; formale Nachträge

Im Folgenden verwendete Definitionen (teilweise Wiederholung von oben) für eine allgemeine nichtleere Menge X (B eine binäre Relation auf X):

  • Vollständigkeit: 𝐱a,𝐱bX:𝐱aB𝐱b oder 𝐱bB𝐱a (oder beides)
  • Reflexivität: 𝐱aX:𝐱aB𝐱a
  • Irreflexivität: 𝐱aX:¬𝐱aB𝐱a
  • Symmetrie: 𝐱a,𝐱bX:𝐱aB𝐱b𝐱bB𝐱a
  • Asymmetrie: 𝐱a,𝐱bX:𝐱aB𝐱b¬𝐱bB𝐱a
  • Transitivität: 𝐱a,𝐱b,𝐱cX:𝐱aB𝐱b𝐱bB𝐱c𝐱aB𝐱c
  • Negative Transitivität: 𝐱a,𝐱b,𝐱cX:(𝐱aB𝐱c𝐱aB𝐱b𝐱bB𝐱c)

Implikationen von R für P und I

Das skizzierte Konzept lässt sich verallgemeinern, sodass es unter anderem möglich wird, die drei hier betrachteten Relationen in einen formalen Zusammenhang zu stellen.

Wir vereinbaren, dass

  • die Präferenz-Indifferenz-Relation R eine vollständige Quasiordnung ist, das heißt, sie ist vollständig, reflexiv und transitiv (ökonomisch entspricht dies unserer Definition der Präferenzordnung).
  • P ist der asymmetrische Teil der Quasiordnung R, das heißt, es gilt:
𝐱aP𝐱b(𝐱aR𝐱b¬𝐱bR𝐱a)
  • I ist der symmetrische Teil der Quasiordnung R, das heißt, es gilt:
𝐱aI𝐱b(𝐱aR𝐱b𝐱bR𝐱a)

Es gelten die folgenden zentralen Aussagen: Vorlage:Kasten

Beweis zu 1. und 2.: (1a) Seien 𝐱a und 𝐱b beliebige Elemente aus X und sei 𝐱aP𝐱a. Dann gilt nach Definition von P, dass 𝐱aR𝐱a und zugleich ¬𝐱aR𝐱a, ein Widerspruch, also ¬𝐱aP𝐱a. (1b) Die Asymmetrie ergibt sich bereits aus der Definition des asymmetrischen Teils. (1c[10]) Seien 𝐱a,𝐱b,𝐱cX so, dass 𝐱aP𝐱b𝐱bP𝐱c; gezeigt werden soll im Folgenden, dass dann auch 𝐱aP𝐱c. Aus den Annahmen und der Definition von P folgt zunächst, dass 𝐱aR𝐱b¬𝐱bR𝐱a sowie 𝐱bR𝐱c¬𝐱cR𝐱b. Da also 𝐱aR𝐱b und 𝐱bR𝐱c, gilt wegen der Transitivität von R auch 𝐱aR𝐱c – folglich genügt es nun, um zu zeigen, dass 𝐱aP𝐱c, zu beweisen, dass nicht zugleich 𝐱cR𝐱a. Beweis durch Widerspruch: Wäre 𝐱cR𝐱a, dann auch 𝐱bR𝐱a, da ja 𝐱bR𝐱c gemäß obiger Folgerung aus der Definition von P, und also auch 𝐱bR𝐱a gemäß Transitivitätseigenschaft von R. Dies widerspricht aber der oberen Einsicht, dass ¬𝐱bR𝐱a, folglich ist ¬𝐱cR𝐱a und zusammen mit ¬𝐱bR𝐱a (siehe oben) folgt in der Tat 𝐱aP𝐱c, was zu zeigen war. (1d[11]) Sei 𝐱aP𝐱c. Es ist zu zeigen, dass dann entweder 𝐱aP𝐱b oder 𝐱bP𝐱c. Sei nun ¬𝐱aP𝐱b, dann auch 𝐱bP𝐱a (Asymmetrie). Zusammen mit der ursprünglichen Annahme folgt dann aber: 𝐱bP𝐱a𝐱aP𝐱c𝐱bP𝐱c (Transitivität), was zu beweisen war.
(2a,b) Folgt unmittelbar aus der Definition des symmetrischen Teils. (2c) Seien 𝐱a,𝐱b,𝐱cX so, dass 𝐱aI𝐱b𝐱bI𝐱c; gezeigt werden soll im Folgenden, dass dann auch 𝐱aI𝐱c. Aus den Annahmen und der Definition von I folgt zunächst, dass 𝐱aR𝐱b𝐱bR𝐱a sowie 𝐱bR𝐱c𝐱cR𝐱b. Gemäß Transitivität von R folgt, dass auch 𝐱aR𝐱c (linke Seiten) und 𝐱cR𝐱a (rechte Seiten). Damit gilt aber nach Definition des symmetrischen Teils, dass dann auch 𝐱aI𝐱c, was zu zeigen war.

Implikationen von P für R und I

Die dritte Aussage (3) des Theoremkastens im vorangehenden Abschnitt („Implikation der Eigenschaft als Quasiordnung“) lässt eine bedeutende Beziehung zwischen P und R offenbar werden. Im ökonomischen Kontext ist demnach die Präferenz-Indifferenz-Relation gerade die Negation einer strikten Präferenzrelation. Dies legt aber nahe, dass man die Präferenzen auch anders als bisher ausgehend von der strikten Präferenzrelation bestimmen kann, und nicht nur, wie im Rest dieses Artikels beschrieben, ausgehend von der Präferenz-Indifferenz-Relation. Man könnte praktisch fragen, ob es nicht auch möglich sein sollte, statt von den Konsumenten ihre schwachen Präferenzen „abzufragen“ („Mögen Sie Eis mindestens ebenso gern wie Kuchen?“ und „Mögen Sie Kuchen mindestens ebenso gern wie Eis?“), sondern bei den strikten Präferenzen zu beginnen („Mögen Sie Eis lieber als Kuchen?“) und daraus unter anderem die Präferenz-Indifferenz-Relation herzuleiten. Diese ist jedoch nicht in jedem Fall auch eine Quasiordnung (bzw. eine Präferenzordnung), wie das folgende Beispiel verdeutlicht.

Beispiel:[12] Sei X=+ und g:X, 𝐱g(𝐱). Definiere 𝐱aP𝐱bg(𝐱a)+c>g(𝐱b) mit c>0. Sei nun g(𝐱)=𝐱, dann ist die induzierte Präferenz-Indifferenz-Relation R gegeben durch 𝐱aR𝐱b𝐱b1𝐱a. Sie ist nicht transitiv, wie man durch Wahl geeigneter Beispiele verifizieren kann. Seien beispielsweise für c=1 folgende Güterkombination betrachtet: 𝐱a=0, 𝐱b=1 und 𝐱c=2, dann ist 𝐱aR𝐱b und 𝐱bR𝐱c, aber ¬𝐱aR𝐱c.

Das folgende Theorem bildet im ersten Teil den Ausgangspunkt für zunächst technische Überlegungen, die letzte Aussage beschreibt ein konkretes Kriterium, unter dem eine gegebene strikte Präferenzrelation eine Präferenz-Indifferenz-Relation induziert, die das Rationalitätskriterium erfüllt (d. h. eine Präferenzordnung ist).

Vorlage:Kasten

Siehe auch

Literatur

  • Ragnar Frisch: Sur un problème d’économie pure. In: Norsk Matematisk Forenings Skrifter. Oslo 1 (16), 1926, S. 1–40.
  • Gerard Debreu: Representation of a preference ordering by a numerical function. Decision processes 3, 1954, S. 159–165.
  • Fuad Aleskerov, Denis Bouyssou, Bernard Monjardet: Utility Maximization, Choice and Preference. 2. Auflage. Springer, Heidelberg u. a. 2007, ISBN 978-3-540-34182-6.
  • Anton Barten, Volker Böhm: Consumer Theory. In: Kenneth J. Arrow, Michael D. Intrilligator (Hrsg.): Handbook of Mathematical Economics. Band 2, North Holland, Amsterdam 1982, ISBN 0-444-86127-0, S. 382–429.
  • Friedrich Breyer: Mikroökonomik. Eine Einführung. 3. Auflage. Springer, Heidelberg u. a. 2007, ISBN 978-3-540-69230-0.
  • Geoffrey A. Jehle, Philip J. Reny: Advanced Microeconomic Theory. 3. Auflage. Financial Times/Prentice Hall, Harlow 2011, ISBN 978-0-273-73191-7.
  • Andreu Mas-Colell, Michael Whinston, Jerry Green: Microeconomic Theory. Oxford University Press, Oxford 1995, ISBN 0-19-507340-1.
  • James C. Moore: Mathematical methods for economic theory. Band 1, Springer, Berlin u. a. 1995, ISBN 3-540-66235-9.
  • James C. Moore: General equilibrium and welfare economics. An introduction. Springer, Berlin u. a. 2007, ISBN 978-3-540-31407-3 (auch online: doi:10.1007/978-3-540-32223-8).
  • Hal Varian: Microeconomic Analysis. W. W. Norton, New York/ London 1992, ISBN 0-393-95735-7.

Einzelnachweise

  1. Axiome rationalen Entscheidens, Definition im Gabler Wirtschaftslexikon.
  2. Wolfgang J. Fellner: Von der Güter- zur Aktivitätenökonomie: Zeitnutzung und endogene Präferenzen in einem Konsummodell. Springer-Verlag, 2014, S. 10.
  3. Ragnar Frisch: Sur un problème d’économie pure. In: Norsk Matematisk Forenings Skrifter. Oslo 1 (16), 1926, S. 1–40.
  4. Gerard Debreu: Representation of a preference ordering by a numerical function. Decision processes 3, 1954, S. 159–165.
  5. Weitgehend nach Jehle/Reny 2011, S. 4–12.
  6. 6,0 6,1 Die Monotonitätsdefinitionen folgen Varian 1992 (S. 96), werden in der Literatur aber unterschiedlich definiert. Barten/Böhm 1982 (S. 390 f.) führen das Konzept schwacher Monotonie im hier dargestellten Sinne gar nicht erst ein, sondern definieren die Eigenschaft „Monotonie“ entsprechend der hiesigen Definition strenger Monotonie. Mas-Colell/Whinston/Green 1995 (S. 42) nutzen dieselbe Definition wie hier für die strenge Monotonitätseigenschaft und definieren für die (schwache) Monotonie, R sei (schwach) monoton auf X, wenn (𝐱bX)(𝐱a>𝐱b)𝐱bP𝐱a.
  7. Vgl. Barten/Böhm 1982, S. 391 und Mas-Colell/Whinston/Green 1995, S. 44.
  8. G. Herden: On the Existence of Utility Functions. In: Mathematical Social Sciences. 17, 1989, S. 297–313.
  9. Hierzu ausführlich Mas-Colell/Whinston/Green 1995, S. 46 f.
  10. Vgl. Moore 2007, S. 6 f.
  11. Vgl. Moore 2007, S. 7; Aleskerov/Bouyssou/Monjardet 2007, S. 24.
  12. Ähnlich Moore 1995, S. 23.