Kubisch Hermitescher Spline

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In dem mathematischen Teilgebiet der Numerik wird unter einem kubisch hermiteschen Spline (auch cSpline genannt) ein Spline verstanden, der zwischen n+1 Kontrollpunkten interpoliert. Die Kontrollpunkte sind durch n Segmente verbunden, die aus kubischen Polynomen bestehen, die stetig differenzierbar ineinander übergehen. Dies bedeutet, dass eine Teilkurve genau da aufhört, wo die nächste beginnt, und darüber hinaus an der Segmentgrenze die beiden Tangenten in ihrer Richtung übereinstimmen, wodurch sich ein weicher Übergang (ohne Knick) von Segment zu Segment ergibt. Die einzelnen Teilkurven sind durch Anfangs- und Endpunkt sowie den eingehenden und den ausgehenden Tangentenvektor eindeutig bestimmt.

Besonders verbreitet ist diese Splinedefinition in Programmen der Computeranimation, um zwischen einzelnen Keyframes, die auch unterschiedliche zeitliche Abstände voneinander haben können, zu interpolieren. Neben den kubischen Splines existieren auch noch Splines mit höherer oder niedrigerer Ordnung. Allerdings werden niedrigere Ordnungen als zu unflexibel eingestuft und höhere Ordnungen als zu aufwändig zu implementieren. Insbesondere tendieren Splines höherer Ordnung zu „Überschwingern“, was den Animator durch ungewollte Abläufe bei seiner Arbeit stören könnte. Hinzu kommt die effektive Möglichkeit, die Tangenten berechnen und beeinflussen zu können, wie es zum Beispiel beim später behandelten Kochanek-Bartels-Spline der Fall ist. Ebenso steht die Definition eines Segments dieses Splines in enger Verwandtschaft zur kubischen Bézierkurve, sodass beide ineinander überführt werden können. Dadurch ist es möglich, die Algorithmen für Bézierkurven (z. B. den De-Casteljau-Algorithmus) auch zur Berechnung und Darstellung von kubisch hermiteschen Splines zu verwenden.

Kubisch hermitescher Spline bestehend aus zwei Segmenten zwischen den Kontrollpunkten p0, p1 und p2. Es ist ersichtlich, dass sich zwei Segmente jeweils einen gemeinsamen Kontrollpunkt teilen und ihre Tangentenvektoren dieselbe Richtung besitzen.

Zusammensetzung des Splines aus Polynomfunktionen

Seien n+1 Kontrollpunkte mit p0,,pnN sowie Tangenten m0,,mnN vorgegeben. Eine differenzierbare Funktion s:[x0,xn]N, für die es reelle Zahlen x0<<xn gibt, so dass

  • s(xk)=pk und s(xk)=mk für k=0,,n
  • die Einschränkung yk=s[xk,xk+1] ist ein Polynom vom Grad 3 für k=0,,n1

heißt ein kubischer Hermite-Spline.

Übersetzt auf die Polynome yk ergeben sich die Bedingungen

  • yk(xk)=pk und yk(xk+1)=pk+1 und
  • yk(xk)=mk und yk(xk+1)=mk+1

jeweils für k=0,,n1.

Damit wird die zusammengesetzte Funktion automatisch wohldefiniert und stetig differenzierbar.

Es gibt genau eine Funktion s mit oben genannten Bedingungen. Äquivalent dazu ist, dass es genau einen entsprechenden Satz von Polynomen y0,,yn1 gibt.

In Matrixdarstellung gilt

yk(x) = TMhBk = [t3(x)t2(x)t(x)1][2211332100101000][pkpk+1mkdkmk+1dk]mit x[xk,xk+1]

mit dk=xk+1xk und

t:[xk,xk+1][0,1]t=tk(x)=(xxk)/dk

Mh wird dabei als hermitesche Matrix bezeichnet.

Daraus ergibt sich durch die Rechengänge (TMh)Bk bzw. von  T(MhBk) folgende matrixfreie Darstellungen:

yk(t) = (2pk2pk+1+mkdk+mk+1dk)t3+(3pk+3pk+12mkdkmk+1dk)t2+mkdkt+pk = (2t33t2+1)h00pk+(2t3+3t2)h10pk+1+(t32t2+t)h01mkdk+(t3t2)h11mk+1dkmit t[0,1]

Algorithmisch ist der erste zu bevorzugen, wenn abschnittweise ausgewertet werden soll.

Es gibt Anwendungen, in denen man auf eine geschlossene Funktion s verzichtet und nur die Polynome yk betrachtet. Dann brauchen die Definitionsbereiche nicht aneinander anzuschließen, und man kann als Definitionsbereich immer [0,1] annehmen. Dadurch ist immer dk=1 und die Funktion tk ist trivial.

Manchmal ist auch die Ableitung noch interessant. Sie ist

yk(x) = TMhB = 1dk[3t2(x)2t(x)10][2211332100101000][pkpk+1mkdkmk+1dk]

oder äquivalent

yk(x) = T3MhB = 1dk[t2(x)t(x)1][663366420010][pkpk+1mkdkmk+1dk]

Polynomiale Funktionen auf den Abschnitten

Herleitung

Wir betrachten erst den Spezialfall [x0,x1]=[0,1].

Die gesuchte Funktion y0 soll ein Polynom dritten Grades sein, das sich allgemein als y0(t)=at3+bt2+ct+d darstellen lässt, oder in Matrixschreibweise:

y0(t)=[t3t2t1][abcd]=TCy0(t) = [3t22t10]C=TC

Die Randbedingungen an y0 sind

y0(0) = p0 = [0001]Cy0(1) = p1 = [1111]Cy0(0) = m0 = [0010]Cy0(1) = m1 = [3210]C

oder als einzelne Matrixgleichung geschrieben

[p0p1m0m1]=[0001111100103210]AC

Im Spezialfall [x0,x1]=[0,1] gilt dk=xk+1xk=1 und somit ist die linke Seite einfach Bk. Nun kann die Gleichung durch Multiplikation mit der Inversen Mh=A1 nach C aufgelöst werden.

C = MhBk = [2211332100101000][p0p1m0m1]

Eingesetzt in den Ansatz y0(t)=TC ergibt sich die behauptete Existenz und Eindeutigkeit y0(t)=TMhB0 für den betrachteten Spezialfall.

Für ein allgemeines Segment [x0,x1] betrachten wir die Funktion

t:[x0,x1][0,1]t=tk(x)=(xx0)/d0

und benennen die für den Spezialfall [x0,x1]=[0,1] ermittelte Funktion y0 in y~0 um. Dann hat eine polynomiale Funktion auf dem allgemeinen Intervall [x0,x1] die Form

y0(x)=y~0t(x)=TMhB~0=TMh[p~0p~1m~0m~1]=TMh[p0p1m0d0m1d0].

Es bleibt, die letzte Gleichheit zu zeigen. Offensichtlich gelten p0=y0(x0)=y~0(0)=p~0 und p1=y0(x1)=y~0(1)=p~1. Für die Ableitung gilt

y0(x)=y~0(t(x))t(x)=y~0(t(x))d0

und damit m0=y0(x0)=y~0(0)d0=m~0d0 sowie analog m1=y0(x1)=m~1d0.

Damit ist die Existenz und Eindeutigkeit für k=0 gezeigt. Die Argumente gelten aber natürlich unabhängig vom Index.[1]

Darstellungen und Verwandtschaft

Plot der hermiteschen Basisfunktionen.

Die hermiteschen Basisfunktionen h00,h01,h10,h11 lassen sich auf unterschiedliche Weise darstellen, wodurch sich jeweils direkt verschiedene Eigenschaften der Kurvensegmente ablesen lassen.

Darstellung 𝒉00(𝒕) 𝒉01(𝒕) 𝒉10(𝒕) 𝒉11(𝒕)
expandiert 2t33t2+1 t32t2+t 2t3+3t2 t3t2
faktorisiert (1+2t)(1t)2 t(1t)2 t2(32t) t2(t1)
Bernstein B0(t)+B1(t) 13B1(t) B2(t)+B3(t) 13B2(t)

Die expandierte Form lässt sich direkt aus der Herleitung gewinnen und wird üblicherweise, wie auch hier, zur Definition benutzt.

Es ist direkt an der Faktorisierung ersichtlich, dass h00 bei t=1 eine Nullstelle besitzt und der Anstieg gleich 0 ist. Selbiges gilt für h10 für t=0. h01 und h11 besitzen hingegen eine Multiplizität von 2 und besitzen jeweils am Ende und Anfang des Definitionsbereichs von t eine Nullstelle.

Bei der Betrachtung der Bernsteinpolynome der 3. Ordnung Bk(t)=(3k)tk(1t)3k wird die Analogie zur kubischen Bézierkurve ersichtlich, deren Bernsteinpolynome B0(t), B1(t), B2(t) und B3(t) sind. Entsprechend existiert eine direkte Verbindung zwischen beiden Gleichungen, aus der sich die folgenden Zusammenhänge ergeben,

P0 = p0,P1 = p0+m03,P2 = p1m13,P3 = p1,

wenn die Bézierkurve wie folgt definiert ist:

C(t) = (1t)3P0+3t(1t)2P1+3t2(1t)P2+t3P3 .

Durch diesen Zusammenhang kann der De-Casteljau-Algorithmus zu Berechnung von Interpolationen mittels kubisch hermitescher Splines benutzt werden. Ebenso ist ersichtlich, dass bei einer kubischen Bézierkurve die mittleren Kontrollpunkte die Richtung der Tangente an den Endpunkten definieren.

Eindeutigkeit

Die Definition des Segments garantiert, dass der Pfad zwischen zwei Punkten eindeutig ist. Damit ist gemeint, dass es kein zweites von c(t) verschiedenes Polynom q(x) gefunden werden kann, das den gleichen Verlauf besitzt.

Anschauliches Verhalten

Während die Richtung jedes Tangentenvektors mi angibt, in welche Richtung die Kurve den zugehörigen Punkt pi verlässt oder erreicht, beschreibt der Betrag (die „Länge“) jedes Tangentenvektors, wie stark sein Einfluss auf den Kurvenverlauf ist: Von der Richtung eines kurzen Vektors kann die Kurve schnell abschwenken, von der Richtung eines langen Vektors kann sie sich nur langsam lösen.

Ist unerheblich, in welche Richtung der Spline einen Punkt verlässt, so kann der zugehörige Tangentenvektor auf 0 gesetzt werden.

Interpolation

Das Schema des segmentweise aufgebauten kubisch hermiteschen Splines kann benutzt werden, um für einen Datensatz mit den Kontrollpunkten (xk,pk) für k=1,,n eine Kurve zu definieren, die durch die Kontrollpunkte verläuft und deren Tangenten derart gewählt werden, dass sich ein weicher Übergang zwischen den Segmenten ergibt. Dies bedeutet, dass die Tangenten aneinandergrenzender Segmente in ihrem gemeinsamen Punkt gleich sind. Die so interpolierte Kurve besteht dann aus stückweise differenzierbaren Segmenten und ist selbst im Bereich (x1,xn) stetig differenzierbar.

Die Wahl der Tangenten ist hingegen nicht eindeutig, sodass sich verschiedene Bestimmungsverfahren mit unterschiedlichen Ergebnissen etabliert haben.

Finite-Differenz

Die einfachste Methode zur Wahl der Tangenten (Anstieg im eindimensionalen Fall) ist die Verwendung der finiten Differenz. Mit ihr lassen sich die Tangenten für ein Segment im Einheitsintervall und k=2,,n1 wie folgt berechnen:

mk = pkpk12+pk+1pk2

Für Endpunkte (k=0 und k=n) wird entweder die einseitige Differenz verwendet, was effektiv einer Verdoppelung des Anfangs- und Endpunktes entspricht. Alternativ wird ein Vorgänger p1 und Nachfolger pn+1 geschätzt, wofür es verschiedene Ansätze gibt.

Catmull-Rom-Spline

Tangente vom Catmull-Rom-Spline bei unterschiedlichem Faktor T1

Fasst man obige Gleichung zusammen, multipliziert sie mit 2 und definiert einen Faktor Tk, erhält man das Catmull-Rom-Spline.

mk = Tk(pk+1pk1) mit Tk[0,)(Einheitsintervall)mk = Tkpk+1pk1xk+1xk1 mit Tk[0,)(Werteintervall)

Aus dem Teilstück pk+1pk1 der Gleichung ist ersichtlich, dass die Tangente sich an der Richtung des Vektors von pk1 nach pk+1 orientiert. Der Parameter Tk skaliert unterdessen diesen Vektor, sodass das Kurvensegment weiter oder schärfer wird. Häufig wird dieser Parameter fest auf 0,5 gesetzt, womit sich wieder die Ausgangsgleichung ergibt.

Benannt ist diese Kurve nach Edwin Catmull und Raphael Rom. In der Computergrafik wird diese Form häufig genutzt um zwischen Schlüsselbildern (Keyframes) zu interpolieren oder grafische Objekte darzustellen. Sie sind hauptsächlich wegen ihrer einfachen Berechnung verbreitet und erfüllen die Bedingung, dass jedes Schlüsselbild exakt erreicht wird, während die Bewegung sich weich und ohne Sprünge von Segment zu Segment fortsetzt. Dabei ist zu beachten, dass durch die Änderung eines Kontrollpunktes sich über die Bestimmung der benachbarten Tangenten insgesamt vier Kurvensegmente verändern.[2]

Cardinal Spline

Ein Cardinal Spline ergibt sich, wenn die Tangenten wie folgt bestimmt werden:[3][4]

mk = 1ck2(pk+1pk1) mit ck[1,1](Einheitsintervall)mk = 1ck2pk+1pk1xk+1xk1 mit ck[1,1](Werteintervall)

Der Parameter c wird dabei als Spannung der Kurve verstanden und muss im Intervall von [1,1] liegen. Anschaulich betrachtet, bestimmt der Parameter die „Länge der Tangenten“, wobei c=1 bedeutet, dass sie keine Länge besitzen, c=1 führt zu doppelt so langen Tangenten, was einen sehr weichen Durchlauf durch den Kontrollpunkt nach sich zieht.

Kochanek-Bartels-Spline

Einfluss von Tension, Continuity und Bias auf die Wahl der Tangenten und den Kurvenverlauf

Das Kochanek-Bartels-Spline (auch TCB-Spline genannt) ist eine weitere Generalisierung für die Wahl der Tangenten, die sich durch die Parameter Tension, Continuity und Bias beeinflussen lässt. Sie wurden 1984 von Doris H. U. Kochanek und Richard H. Bartels eingeführt, um Anwendern bei der Keyframe-Animation eine größere Kontrolle über den Verlauf der Interpolation zu geben. Bekannt wurden sie durch Anwendungen wie 3ds Max von Discreet oder LightWave 3D von NewTek.[2]

Als Grundlage für die Kochanek-Bartels-Splines dient der C0-stetige hermitesche Spline, der links- und rechtsseitige Tangenten (mk und mk+) an einem Kontrollpunkt pk erlaubt.[2][5][6]

Tension

Der Tension-Parameter Tk ist mit dem c-Parameter vom Cardinal Spline vergleichbar und beeinflusst gleichermaßen die Länge der Tangenten am Kontrollpunkt. In Analogie zur Tangentenrichtung des Catmull-Rom-Spline ergibt sich:

mk = mk+ = 1Tk2(pkpk1)+1Tk2(pk+1pk) mit Tk[1,1]

Für negative Werte durchläuft die Kurve in weitem Bogen den Kontrollpunkt, während sie sich für positive stark zusammenzieht. Im Falle von Tk=1 besitzen die Tangenten eine Länge von 0, wodurch ein scharfer aber dennoch C1-stetiger Knick entsteht. Bei Tk=1 ist die Tangente doppelt so lang wie bei Tk=0 was einen weit verlaufenden Bogen durch den Kontrollpunkt ergibt.

Continuity

Der Continuity-Parameter Ck lässt die Tangenten in ihrer Richtung auseinandergehen. Entsprechend wirkt der Parameter unterschiedlich auf die links- und rechtsseitige Tangente:

mk = 1Ck2(pkpk1)+1+Ck2(pk+1pk) ,mk+ = 1+Ck2(pkpk1)+1Ck2(pk+1pk) mit Ck[1,1]

Für Werte von Ck0 ist der Spline nicht mehr C1-stetig. Die Kurve zeigt Ecken die mit zunehmenden |ck| schärfer werden. Das Vorzeichen definiert unterdessen, ob die Ecke nach „außen“ oder „innen“ zeigt.

Bias

Der Bias-Parameter Bk bestimmt welches Segment einen stärkeren Einfluss auf die Tangente besitzt. Entsprechend rotiert die gemeinsame Tangente in Richtung des Gewichts.

mk = mk+ = 1+Bk2(pkpk1)+1Bk2(pk+1pk) mit Bk[1,1]

Zusammenfassung zu TCB

Fasst man die gewonnenen Eigenschaften für die Tangenten zusammen, erhält man folgende Gleichungen für die eingehende und ausgehende Tangente von pk:

Einheitsintervall
mk = (1Tk)(1Ck)(1+Bk)2(pkpk1)+(1Tk)(1+Ck)(1Bk)2(pk+1pk) ,mk+ = (1Tk)(1+Ck)(1+Bk)2(pkpk1)+(1Tk)(1Ck)(1Bk)2(pk+1pk) mit Tk,Ck,Bk[1,1]
Werteintervall
mk = (1Tk)(1Ck)(1+Bk)2pkpk1xkxk1+(1Tk)(1+Ck)(1Bk)2pk+1pkxk+1xk ,mk+ = (1Tk)(1+Ck)(1+Bk)2pkpk1xkxk1+(1Tk)(1Ck)(1Bk)2pk+1pkxk+1xk mit Tk,Ck,Bk[1,1]

Literatur

Einzelnachweise