De-Casteljau-Algorithmus

Aus testwiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Der Algorithmus von de Casteljau ermöglicht die effiziente Berechnung einer beliebig genauen Näherungsdarstellung von Bézierkurven durch einen Polygonzug. Der Algorithmus wurde Anfang der 1960er Jahre von Paul de Faget de Casteljau bei Citroën entwickelt.

Idee

Der Algorithmus von de Casteljau beruht darauf, dass eine Bézierkurve geteilt und durch zwei aneinandergesetzte Bézierkurven dargestellt werden kann. Diese Unterteilung kann rekursiv fortgesetzt werden. Das Kontrollpolygon der zusammengesetzten Bézierkurve nähert sich dabei der Originalkurve an. Nach ausreichend vielen Verfeinerungsschritten kann der entstandene Polygonzug als Näherung für die Originalkurve verwendet werden. Ein Verfeinerungsschritt, der das Kontrollpolygon einer Ausgangskurve in ein Kontrollpolygon einer zusammengesetzten Kurve zerlegt, besteht nur aus wenigen einfachen Teilungen von Polygonkanten.

Darüber hinaus ermöglicht der Algorithmus die schnelle Bestimmung jedes einzelnen Punktes auf der Bézierkurve durch seine parametrische Darstellung.

Erweiterungen findet der Algorithmus im Blossoming wie auch im fokalen Algorithmus von de Casteljau.[1]

Algorithmus

Gegeben sind die Kontrollpunkte P0, P1, , Pn der Ausgangskurve C(t)=i=0nBi,n(t)Pi mit t[0,1].

Von den Kontrollpunkten der Ausgangskurve C(t) liegen im Allgemeinen nur P0 und Pn auf der Kurve. Der Algorithmus berechnet im ersten Schritt einen weiteren Punkt C(t0) der Kurve. Dabei kann t0]0,1[ frei gewählt werden. Die Kurve wird im Weiteren an diesem Punkt C(t0) geteilt. Es bietet sich daher die Wahl von t0=12 an, weil dies eine gleichmäßige Aufteilung und damit eine schnelle Annäherung des Kontrollpolygons an die Ausgangskurve gewährleistet.

Bilden von Teilverhältnissen

Konstruktion der ersten Folge von Hilfspunkten Pi(1) aus den Ausgangspunkten Pi(0).

Statt durch direktes Einsetzen von t0 in die Gleichung der Kurve C(t) geschieht die Berechnung von C(t0) über die Konstruktion von Punkten Pi(k) aus den gegebenen Kontrollpunkten P0,  Pn. Die Konstruktion startet mit den Ausgangspunkten Pi(0)=Pi. Aus diesen werden durch Teilen der Verbindungslinien Pi(k)Pi+1(k) im Verhältnis t0 : 1t0 neue Punkte Pi(k+1) konstruiert. Der Punkt Pi(k+1) berechnet sich nach der intuitiv einsichtigen Formel:

Pi(k+1)=(1t0)Pi(k)+t0Pi+1(k)

In nebenstehender Abbildung sind die Punkte Pi(1), die aus den Ausgangspunkten Pi(0)=Pi hervorgegangen sind, rot eingezeichnet. Durch Fortsetzen der Berechnungsvorschrift werden in gleicher Weise Punkte Pi(2), Pi(3), , Pi(n) bestimmt. Zur Berechnung von Pi(2) werden dazu die blau gestrichelten Verbindungslinien der im ersten Schritt berechneten Punkte Pi(1)Pi+1(1) im selben Verhältnis geteilt usw.

Konstruktion eines Kurvenpunktes

Es gilt die folgende Aussage (siehe Beweis der Punktkonstruktion):

C(t0)=P0(n)
Komplette Konstruktion von P0(3) für n=3

Das heißt, dass der Punkt P0(n), welcher in der nten Iteration durch fortgesetztes Streckenteilen konstruiert wird, ein Punkt der Kurve ist. Das Teilungsverhältnis t0 bestimmt dabei seine Lage auf der Kurve.

In nebenstehender Abbildung ist die Konstruktion für n=3 vollständig durchgeführt. Der Punkt P0(3), der durch dreifache Anwendung der Teilungsvorschrift aus den Ausgangspunkten P0, , P3 hervorgegangen ist, liegt auf der gesuchten Kurve.

Die bei weitem interessantere Aussage ist aber, dass dieser Punkt P0(n) die Kurve C(t) in zwei Bézierkurven C1(t) und C2(t) teilt und dass die Punkte P0(i) (i=0n) das Kontrollpolygon von C1(t) und die Punkte Pi(ni) (i=0n) das Kontrollpolygon von C2(t) bilden.

Teilen in zwei Bézierkurven

Zerlegung von C(t) in C1(t) und C2(t)

Nebenstehende Abbildung zeigt die Zerlegung von C(t) in C1(t) und C2(t) für n=3. Dabei bilden die Punkte P0(0), P0(1), P0(2) und P0(3) das Kontrollpolygon von C1(t) und entsprechend die Punkte P0(3), P1(2), P2(1) und P3(0) das Kontrollpolygon von C2(t).

An der Abbildung erkennt man außerdem, warum in der Regel ein Teilungsverhältnis von t0=12 verwendet wird. Da in diesem Beispiel ein Teilungsverhältnis kleiner ½ verwendet wurde, teilt sich die Kurve C(t) in einem ungleichen Verhältnis in eine kurze Kurve C1(t) und eine lange Kurve C2(t) auf. Der kürzere Teil ist viel besser an sein Kontrollpolygon angenähert als der längere. Möchte man (bei ungefähr gleich langen Strecken des Ausgangskontrollpolygons) eine gleichmäßige Näherung erreichen, eignet sich dazu das Teilungsverhältnis t0=12.

Die Unterteilung der Kurven wird so lange fortgesetzt, bis sie hinreichend genau durch ihre Kontrollpolygone angenähert sind.

Komplexität

Eine native Implementierung des Algorithmus benötigt 𝒪(n2) Rechenschritte für jeden zu berechnenden Näherungspunkt, wobei n die Anzahl der Kontrollpunkte ist. Durch Optimierungen kann eine Laufzeit von 𝒪(nlogn) erreicht werden.[2]

Pseudocode

Zu Beginn liegen die Punkte des Kontrollpolygons in einem Feld Pi, i=0n vor. Bei gegebenem Parameter t0 wird der Punkt C(t0) folgendermaßen berechnet:

BEGIN
    FOR i:=0..n
        Pi(0):=Pi
    FOR j:=1..n
        FOR i:=0..(n-j)
            // Unterteilung mit Faktor t
            Pi(j)=(1t0)Pi(j1)+t0Pi+1(j1)
    RETURN P0(n)
END

Der obige Algorithmus ist insoweit unvollständig, dass nur der Punkt C(t0) bestimmt, aber keine fortgesetzte Unterteilung von C(t) durchgeführt wird. Der Algorithmus ist nicht speichereffizient, da für alle Pi(j) neue Speicherplätze belegt werden.

Beweis der Punktkonstruktion

Die Aussage, dass über n-fach fortgesetzte Streckenteilung ein weiterer Punkt der Kurve konstruiert werden kann, lässt sich über Lösen der Rekursion beweisen, die Pi(j) definiert.

Rekursionsgleichung

Die Rekursionsgleichung definiert die Punkte Pi(k) in Abhängigkeit von den in der letzten Iteration berechneten Punkten Pi(k1). Den Start der Rekursion bilden die Punkte Pi:

Pi(0)=Pi
Pi(k)=(1t0)Pi(k1)+t0Pi+1(k1)

Zu beweisende Aussage

Zu beweisen ist die Aussage, dass der Punkt P0(n) ein Punkt der Kurve an der Stelle t0 ist:

P0(n)=C(t0)

Verallgemeinerung der Aussage

Um eine Lösung der Rekursion für den speziellen Punkt P0(n) zu finden, wird eine geschlossene Form für alle Punkte Pi(k) der Rekursion gesucht und gezeigt, dass diese insbesondere für P0(n) das gesuchte Resultat liefert. Der Beweis für Pi(k) wird über vollständige Induktion mit folgender Induktionsannahme geführt:

Pi(k)=m=0kPi+m(km)t0m(1t0)km.

Der Induktionsschritt ist dann eine gradlinige Rechnung, bei der Aussagen über Binomialkoeffizienten benutzt werden.

Siehe auch

Anwendung

Mit Hilfe des Algorithmus von de Casteljau ist es möglich, Näherungen von Bézierkurven durch gerade Linien zu errechnen. Dadurch kann eine Bézierkurve effizient mit dem Rechner gezeichnet werden.

Einzelnachweise

  1. Andreas Müller, A tour d'horizon of de Casteljau's work, Computer Aided Geometric Design 113 (102366), S. 1–56, 2024; doi:10.1016/j.cagd.2024.102366
  2. Vorlage:Internetquelle