Konvergenzgruppe

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In der Mathematik sind Konvergenzgruppen ein Begriff aus der Theorie der Dynamischen Systeme, der es ermöglicht, hyperbolische Gruppen mittels dynamischer (statt geometrischer) Methoden zu untersuchen.

Definition

Es sei Γ eine auf einem kompakten, metrisierbaren Raum X stetig wirkende Gruppe. Die Wirkung heißt eine Konvergenzwirkung (und Γ eine Konvergenzgruppe), wenn folgende Bedingung erfüllt ist:

zu jeder Folge (gn)nΓ gibt es eine Teilfolge (gni)i und zwei Punkte a,bX, so dass gni|X{a} auf kompakten Mengen gleichmäßig gegen b konvergiert.

Die letzte Bedingung bedeutet: für jede offene Umgebung U von b und jede kompakte Teilmenge KX{a} gibt es ein i0 mit gni(K)U für alle ii0.

Eine äquivalente Bedingung ist, dass Γ eigentlich diskontinuierlich auf dem Raum der Tripel

T(X)={(a,b,c)X3:a=b,a=c,b=c}

wirkt.

Klassifikation von Elementen

Ein nichttriviales Element γ einer auf einem kompakten, metrischen Raum wirkenden Konvergenzgruppe Γ ist von genau einem der drei folgenden Typen:

  • elliptisch: γ hat endliche Ordnung,
  • parabolisch: γ hat unendliche Ordnung und genau einen Fixpunkt,
  • loxodromisch: γ hat unendliche Ordnung und genau zwei Fixpunkte.

Für k=0 haben γ und γk denselben Typ.

Wenn γ parabolisch mit Fixpunkt a ist, dann gilt limn±γnx=a für alle xX.

Wenn γ loxodromisch mit Fixpunkten a± ist, dann gilt limnγnx=a für alle x=a+ und limnγnx=a+ für alle x=a und diese Konvergenz ist gleichmäßig auf kompakten Teilmengen von X{a,a+}.

Limesmenge

Die Limesmenge von Γ ist eine minimale, nichtleere, abgeschlossene, Γ-invariante Teilmenge Λ(Γ)X. Die Konvergenzgruppe heißt nichtelementar, wenn Λ(Γ) aus mehr als zwei Punkten besteht. In diesem Fall ist Λ(Γ) eine perfekte Menge und insbesondere unendlich.

Die Konvergenzwirkung heißt minimal, wenn Λ(Γ)=X.

Ein konischer Grenzpunkt ist ein Punkt xX, zu dem es eine Folge unterschiedlicher Elemente γnΓ und Punkte a±X gibt mit limnγnx=a+ und γnX{x} konvergiert gleichmäßig auf Kompakta gegen die Abbildung, die konstant a ist. Zum Beispiel sind Fixpunkte einer loxodromischen Abbildung konische Grenzpunkte.

Hyperbolische Gruppen, Gleichmäßige Konvergenzgruppen

Eine Konvergenzgruppe heißt gleichmäßige Konvergenzgruppe oder uniforme Konvergenzgruppe, wenn die Wirkung auf TX zusätzlich kokompakt ist. Eine äquivalente Bedingung ist, dass jeder Limespunkt ein konischer Limespunkt ist.

Satz (Bowditch): Eine auf einem perfekten, kompakten, metrischen Raum wirkende Gruppe Γ ist genau dann eine gleichmäßige Konvergenzgruppe, wenn Γ eine hyperbolische Gruppe und die Konvergenzwirkung mittels eines Γ-äquivarianten Homöomorphismus zur Wirkung von Γ auf dem Gromov-Rand Γ konjugiert ist.

Anwendungen

Die Konvergenzeigenschaft wurde ursprünglich im Kontext Kleinscher Gruppen von Gehring-Martin eingeführt, um die Eigenschaften der Wirkung einer Kleinschen Gruppe auf ihrer Limesmenge zu axiomatisieren.

Die Konvergenzwirkung einer hyperbolischen Gruppe auf ihrem Rand im Unendlichen ermöglicht es, viele algebraische Aussagen über hyperbolische Gruppen ohne Verwendung "hyperbolischer" Geometrie zu beweisen.[1], zum Beispiel beim Beweis der JSJ-Zerlegung oder der lokalen Zusammenhangseigenschaften des Randes im Unendlichen.

Konvergenzwirkungen spielten eine wichtige Rolle beim Beweis der Seifert-Faserraum-Vermutung: diese ließ sich darauf zurückführen, dass auf dem Kreis wirkende Konvergenzgruppen virtuell Fuchssch sein müssen, d. h. eine Fuchssche Gruppe als Untergruppe von endlichem Index enthalten. Letztere (von Casson-Jungreis und Gabai bewiesene) Eigenschaft ermöglicht auch einen alternativen Beweis für das (ursprünglich von Kerckhoff bewiesene) Nielsensche Realisierungsproblem.

Literatur

  • Frederick W. Gehring, Gaven J. Martin: Discrete convergence groups. In: Carlos A. Berenstein (Hrsg.): Complex analysis. Proceedings of the Special Year held at the University of Maryland, College Park, 1985–86 (= Lecture Notes in Mathematics. Bd. 1275). Band 1. Springer, Berlin u. a. 1987, ISBN 3-540-18356-6, S. 158–167, Vorlage:Doi.
  • David Gabai: Convergence groups are Fuchsian groups. In: Annals of Mathematics. Bd. 136, Nr. 3 (Nov., 1992), S. 447–510, Vorlage:JSTOR.
  • Andrew Casson, Douglas Jungreis: Convergence groups and Seifert fibered 3-manifolds. Invent. Math. 118 (1994), no. 3, 441–456, Vorlage:Doi.
  • Pekka Tukia: Convergence groups and Gromov's metric hyperbolic spaces. In: New Zealand Journal of Mathematics. Bd. 23, Nr. 2, 1994, Vorlage:ISSN, S. 157–187, Link zu Digitalisat .
  • Eric M. Freden: Negatively curved groups have the convergence property I. In: Annales Academiæ Scientiarum Fennicæ. Series A. 1: Mathematica. Bd. 20, Nr. 2, 1995, Vorlage:ISSN, S. 333–348, Digitalisat (PDF; 137,81 kB).
  • Brian H. Bowditch: Convergence groups and configuration spaces. In: John Cossey, Charles F. Miller, Walter D. Neumann, Michael Shapiro (Hrsg.): Geometric group theory down under. Proceedings of a special year in geometric group theory, Canberra, Australia, 1996. de Gruyter, Berlin u. a. 1999, ISBN 3-11-016366-7, S. 23–54, online.
  • Pekka Tukia: Conical limit points and uniform convergence groups. In: Journal für die reine und angewandte Mathematik. Heft 501, 1998, S. 71–98, Vorlage:Doi.
  • Brian H. Bowditch: A topological characterisation of hyperbolic groups. In: Journal of the American Mathematical Society. Bd. 11, Nr. 3, 1998, S. 643–667, Vorlage:Doi.

Einzelnachweise

  1. Ilya Kapovich, Nadia Benakli: Boundaries of hyperbolic groups. In: Sean Cleary, Robert Gilman, Alexei G. Myasnikov, Vladimir Shpilrain (Hrsg.): Combinatorial and geometric group theory. AMS Special Session Combinatorial Group Theory, November 4–5, 2000, New York, New York. AMS Special Session Computational Group Theory, April 28–29, 2001, Hoboken, New Jersey (= Contemporary Mathematics. Bd. 296). American Mathematical Society, Providence RI 2002, ISBN 0-8218-2822-3, S. 39–93, Digitalisat (PDF; 488 kB).