Klassisches lineares Modell der Normalregression

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In der Statistik wird als Klassische Normalregression eine Regression bezeichnet, die zusätzlich zu den Gauß-Markov-Annahmen die Annahme der Normalverteiltheit der Störgrößen beinhaltet. Das dazugehörige Modell wird klassisches lineares Modell der Normalregression bezeichnet. Die Annahme der Normalverteilung der Störgrößen wird benötigt, um statistische Inferenz durchzuführen, d. h. sie wird benötigt, um Konfidenzintervalle berechnen zu können und um allgemeine lineare Hypothesen testen zu können. Außerdem lassen sich unter der Normalverteilungsannahme weitere Eigenschaften der KQ-Schätzung herleiten.

Ausgangslage

Als Ausgangslage betrachten wir ein typisches multiples lineares Regressionsmodell mit gegebenen Daten {yt,xtk}t=1,,T,k=1,,K für T statistische Einheiten. Der Zusammenhang zwischen der abhängigen Variablen und den unabhängigen Variablen kann wie folgt dargestellt werden

yt=xt1β1+xt2β2++xtKβK+εt=𝐱tβ+εt,t=1,2,,T.

In Matrixnotation auch

(y1y2yT)(T×1)=(x11x12x1kx1Kx21x22x2kx2KxT1xT2xTkxTK)(T×K)(β1β2βK)(K×1)+(ε1ε2εT)(T×1)

oder in kompakter Schreibweise

𝐲=𝐗β+ε.

Hier stellt β einen Vektor von unbekannten Parametern dar, die mithilfe der Daten geschätzt werden müssen.

Klassisches lineares Modell

Das multiple lineare Regressionsmodell

𝐲=𝐗β+ε

wird „klassisch“ genannt, wenn die folgenden Annahmen gelten

  • A1: Die Störgrößen weisen einen Erwartungswert von Null auf: E(ε)=𝟎 , was bedeutet, dass wir davon ausgehen können, dass unser Modell im Mittel korrekt ist.
  • A2: Die Störgrößen sind unkorreliert: Cov(εi,εj)=E[(εiE(εi))((εjE(εj))]=E(εiεj)=0ij,i=1,,n,j=1,,n und weisen eine homogene Varianz auf. Beides zusammen ergibt: Cov(ε)=σ2𝐈T
  • A3: Die Datenmatrix ist nichtstochastisch und hat vollen Spaltenrang Rang(𝐗)=K

Die Annahmen A1–A3 lassen sich zusammenfassen als ε(𝟎,σ2𝐈n). Statt die Varianzen und Kovarianzen der Störgrößen einzeln zu betrachten, werden diese in folgender Varianz-Kovarianzmatrix zusammengefasst:

Cov(ε)=E((εE(ε)=𝟎aus A1)(εE(ε)=𝟎aus A1))=E(εε)=(Var(ε1)Cov(ε1,ε2)Cov(ε1,εT)Cov(ε2,ε1)Var(ε2)Cov(ε2,εT)Cov(εT,ε1)Cov(εT,ε2)Var(εT))=aus A2σ2(100010001)(T×T)=σ2𝐈T

Somit gilt für 𝐲

E(𝐲)=𝐗β mit Cov(𝐲)=σ2𝐈T.

Wenn zusätzlich zum o. g. klassischen linearen Regressionsmodell (kurz: KLRM) oder auch Standardmodell der linearen Regression genannt, die Annahme der Normalverteiltheit der Störgrößen gefordert wird, dann spricht man vom klassischen linearen Modell der Normalregression. Dies ist dann gegeben durch

𝐲=𝐗β+ε mit ε𝒩(𝟎,σ2𝐈T).

Maximum-Likelihood-Schätzung

Schätzung des Steigungsparameters

Der unbekannte Varianzparameter einer Grundgesamtheit und der Steigungsparameter des normal linearen Modells lassen sich mithilfe der Maximum-Likelihood-Methode schätzen. Dazu wird zunächst die einzelne Wahrscheinlichkeitsdichte des Fehlervektors, der einer Normalverteilung folgt, benötigt. Sie lautet:

f(εtσ2)=12πσ2exp{εt22σ2}, wobei σ2=σε2 darstellt.

Da sich die Störgröße auch als εt=yt𝐱tβ darstellen lässt, kann man die einzelne Dichte auch schreiben als

f(yt𝐱t,β,σ2)=12πσ2exp{(yt𝐱tβ)22σ2}.

Aufgrund der Unabhängigkeitsannahme lässt sich die gemeinsame Wahrscheinlichkeitsdichte f als Produkt der einzelnen Randdichten f1,,fT darstellen. Die gemeinsame Dichte f(y1,y2,,yT𝐗,β,σ2)=f(y1𝐱1,β,σ2)f(y2𝐱2β,σ2)f(yT𝐱T,β,σ2) lautet bei unterstellter stochastischer Unabhängigkeit dann

f(y1,y2,,yT𝐗,β,σ2)=t=1Tft(yt𝐱t,β,σ2)=12πσ2exp{(y1𝐱1β)22σ2}12πσ2exp{(yT𝐱Tβ)22σ2}=(2πσ2)T2exp{(𝐲𝐗β)(𝐲𝐗β)2σ2}

Die gemeinsame Dichte lässt sich auch schreiben als:

f(𝐲𝐗,β,σ2)=(2πσ2)T2|𝐈T|12exp{(𝐲𝐗β)𝐈T(𝐲𝐗β)2σ2}

Da wir uns nun nicht für ein bestimmtes Ergebnis bei gegebenen Parametern interessieren, sondern diejenigen Parameter suchen, die am besten zu unseren Daten passen, denen also die größte Plausibilität zugeordnet wird, dass sie den wahren Parametern entsprechen, lässt sich nun die Likelihood-Funktion als gemeinsame Wahrscheinlichkeitsdichte in Abhängigkeit von den Parametern formulieren.

L(β,σ2;𝐲,𝐗)=(2πσ2)T2exp{(𝐲𝐗β)(𝐲𝐗β)2σ2}

Durch logarithmieren der Likelihood-Funktion ergibt sich die logarithmische Likelihood-Funktion (auch logarithmische Plausibilitätsfunktion genannt) in Abhängigkeit von den Parametern:

(β,σ2;𝐲,𝐗)=ln(L(βσ2;𝐲,𝐗))=T2ln(2π)T2ln(σ2)(𝐲𝐗β)(𝐲𝐗β)2σ2

Diese Funktion gilt es nun bzgl. der Parameter zu maximieren. Es ergibt sich also folgendes Maximierungsproblem:

σ~2=argmaxσ2 (β,σ2𝐲,𝐗)
β~=argmaxβ (β,σ2𝐲,𝐗)

Die beiden Score-Funktionen lauten:

(β,σ2;𝐲,𝐗)β|β=𝐛~σ2=σ~2=12σ2((𝐲𝐗β)(𝐲𝐗β))β2(𝐗𝐗β𝐗𝐲)=!0
(β,σ2;𝐲,𝐗)σ2|β=𝐛~σ2=σ~2=T2σ2+12σ4((𝐲𝐗β)(𝐲𝐗β))=!0

Beim partiellen Ableiten wird ersichtlich, dass der Ausdruck

((𝐲𝐗β)(𝐲𝐗β))β=2𝐗𝐲+2𝐗𝐗β

bereits aus der Herleitung des Kleinste-Quadrate-Schätzer bekannt ist (Schätzung des Parametervektors mit der Kleinste-Quadrate-Schätzung). Somit reduziert sich das Maximum-Likelihood-Optimierungsproblem auf das Kleinste-Quadrate-Optimierungsproblem. Daraus folgt, dass der Kleinste-Quadrate-Schätzer (kurz KQS) dem ML-Schätzer (kurz MLS) entspricht:

β~=𝐛=(𝐗𝐗)1𝐗𝐲

Für die Schätzung der Parameter ergibt sich also durch diese weitere Annahme (Normalverteilungsannahme) kein Unterschied. Wenn die Störgrößen normalverteilt sind, ist 𝐛 Maximum-Likelihood-Schätzer und nach dem Satz von Lehmann-Scheffé bester erwartungstreuer Schätzer (best unbiased estimatorBUE). Als Konsequenz der Gleichheit von KQ- und Maximum-Likelihood-Schätzer ergibt sich, dass auch die KQ- und die ML-Residuen gleich sein müssen

ε~=(𝐲𝐗β~)=(𝐲𝐗𝐛)=ε^

Schätzung des Varianzparameters

Der Maximum-Likelihood-Schätzer für die Varianz, der sich auch aus der zweiten partiellen Ableitung und dem Umstand σ^2=ε^ε^TKσ^2(TK)=ε^ε^ ergibt, lautet:

σ~2=(𝐲𝐗β~)(𝐲𝐗β~)T=ε~ε~T=ε^ε^T=σ^2(TK)T

Der ML-Schätzer ergibt sich als durchschnittliche Residuenquadratsumme. Allerdings erfüllt der Schätzer nicht gängige Qualitätskriterien für Punktschätzer, da er keine erwartungstreue Schätzung der Varianz der Störgrößen darstellt. Der Wert der logarithmischen Plausibilitätsfunktion, bewertet an der Stelle der geschätzten Parameter:

(𝐛,σ~2;𝐲,𝐗)=ln(L(𝐛,σ~2;𝐲,𝐗))=T2ln(2π)T2ln(σ~2)(𝐲𝐗𝐛)(𝐲𝐗𝐛)2σ~2[1]

Verallgemeinerung

Während man im klassischen linearen Modellen der Normalregression annimmt, dass die Störgröße (die unbeobachtbare Zufallskomponente) normalverteilt ist, kann die Störgröße in verallgemeinerten linearen Modellen eine Verteilung aus der Klasse der Exponentialfamilie besitzen.

Einzelnachweise

  1. George G. Judge, R. Carter Hill, W. Griffiths, Helmut Lütkepohl, T.C. Lee. Introduction to the Theory and Practice of Econometrics. John Wiley & Sons, New York, Chichester, Brisbane, Toronto, Singapore, ISBN 978-0471624141, second edition 1988, S. 221 ff.

Literatur

  • George G. Judge, R. Carter Hill, W. Griffiths, Helmut Lütkepohl, T.C. Lee. Introduction to the Theory and Practice of Econometrics. John Wiley & Sons, New York, Chichester, Brisbane, Toronto, Singapore, ISBN 978-0471624141, second edition 1988.
  • Ludwig Fahrmeir, Thomas Kneib, Stefan Lang, Brian Marx: Regression: models, methods and applications. Springer Science & Business Media, 2013, ISBN 978-3-642-34332-2.