Gâteaux-Differential

Aus testwiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Vorlage:Belege Das Gâteaux-Differential, benannt nach René Gâteaux (1889–1914), stellt eine Verallgemeinerung des gewöhnlichen Differentiationsbegriffes dar, indem es die Richtungsableitung auch in unendlichdimensionalen Räumen definiert. Gewöhnlich hat man für eine Funktion f:G, Gn offene Menge, die an der Stelle x0G differenzierbar ist, als Definition der partiellen Ableitung

fxi(x0)=limh0f(x0,1,x0,2,,x0,i+h,,x0,n)f(x0)h,  (i=1,2,...,n).

Insbesondere ergibt sich für n=1 das bekannte Differential

dfdx(x0)=limh0f(x0+h)f(x0)h.

Das Gâteaux-Differential verallgemeinert diese Konzepte auf unendlichdimensionale Vektorräume.

Definitionen

Weierstraßsche Zerlegungsformel

Sei f:DXY mit D offen und X,Y normierte Räume. Dann heißt f in x0D Gâteaux-differenzierbar, falls die weierstraßsche Zerlegungsformel gilt, also falls eine lineare Funktion AL(X,Y) existiert, sodass

limt01t[f(x0+th)f(x0)tAh]=0

für alle hX mit h=1. Dies ist äquivalent zu

f(x0+th)f(x0)=tAh+o(|t|).

Dann bezeichnet man A=:f(x0) als die Gâteaux-Ableitung von f im Punkt x0.

1. Variation; Variationsableitung

Vorlage:Hauptartikel Sei nun für das Gâteaux-Differential folgende Situation gegeben: Es sei wie üblich f:D(f) ein in D(f)Ω definiertes Funktional; Ω sei ein linearer normierter Raum (das heißt ein Vektorraum, versehen mit einer Norm ) oder ein allgemeinerer topologischer Vektorraum mit Voraussetzungen, über die man sich im konkreten Anwendungsfall nähere Gedanken machen muss; ferner sei x0D(f) und vΩ. Dann ist das Gâteaux-Differential an der Stelle x0 in Richtung v, falls es existiert, definiert durch die folgende Ableitung nach ε:

δf(x0,v)=limε0f(x0+εv)f(x0)ε=df(x0+εv)dε|ε=0

oder auch für x1D(f) durch

δf(x0,x1x0)=limε0f(x0+ε(x1x0))f(x0)ε.

Man beachte dabei x0D(f), vΩ und ebenfalls x1x0 darin, aber ε.

Die Gâteaux-Ableitung nach ε ist bezüglich der Größe h:=x1x0 ein Funktional, das auch als 1. Variation von f an der Stelle x0 bezeichnet wird.

Eine andere Möglichkeit ist, anstelle normierter Vektorräume allgemeinere topologische Vektorräume mit entsprechendem Konvergenzbegriff zu benutzen. Vor allem in Physikbüchern werden Funktionale üblicherweise mit dem Buchstaben I bezeichnet, und statt der Größe h:=x1x0 schreibt man meist δq(x), mit distributionswertigen Größen. Statt der Ableitung dI(x+εh)dε|ε=0 führt man in einem Zusatzschritt die Variationsableitung ein, die eng mit der Gâteaux-Ableitung zusammenhängt.

Beispiel

Für

f(ε):=dt(t,q(t)+εδq(t),q˙(t)+εd(δq(t))dt)

erhält man nach einer partiellen Integration mit verschwindendem ausintegrierten Teil ein Resultat der Form dfdε(ε0)=dtδδq(t)δq(t) mit der Variationsableitung

δδq(t)q(t)ddtq˙(t).

(Die Variationsableitung "an der Stelle q(t)" bei kontinuierlichen Variablen ist also die Verallgemeinerung der partiellen Ableitung xi einer Funktion von n Variablen, also zum Beispiel für den fiktiven Fall =(x1,...,xn). So ähnlich wie im fiktiven Fall das totale Differential einer Funktion von n Variablen, so hat auch hier δf, das totale Differential des Funktionals, invariante Bedeutung. Weitere Einzelheiten im Kapitel Lagrange-Formalismus.)

Im Folgenden wird wegen der Einfachheit auf die Kennung der Vektoren durch „fett geschriebene“ Buchstaben verzichtet.

2. Variation

δ2f(x0,v)=d2f(x0+εv)dε2|ε=0

Halbseitiges Differential und Richtungsableitung

Unter denselben Voraussetzungen wie oben ist das einseitige Gâteaux-Differential durch

δ+f(x0,v)=limε0+f(x0+εv)f(x0)ε

beziehungsweise durch

δf(x0,v)=limε0f(x0+εv)f(x0)ε

definiert. Das einseitige Gâteaux-Differential wird auch Richtungsdifferential von f an der Stelle x0 genannt. Für die zum Vektor v gehörende Richtung verallgemeinert nämlich bei „kontinuierlichen Variablen“ das einseitige Gâteaux-Differential (genauer: die zugehörige Variationsableitung) gerade die Richtungsableitung von f in Richtung v an der Stelle x0.

Gâteaux-Ableitung

Ist δf(x0,v) ein in v stetiges lineares Funktional (d. h. die Funktion vermittelt durch vδf(x0,v) ist homogen, additiv und stetig im Argument v), dann heißt f(x0) Gâteaux-Ableitung an der Stelle x0 und f Gâteaux-differenzierbar in x0.

Eigenschaften der 1. Variation

  • Das Gâteaux-Differential ist homogen, das bedeutet

    δf(x0,kv)=kδf(x0,v)

    für alle k. Die Eigenschaft gilt analog für das einseitige Gâteaux-Differential.
  • Das Gâteaux-Differential ist eine lineare Operation, es gilt also

    δ(f1+f2)(x0,v)=δf1(x0,v)+δf2(x0,v).

    und

    kδf(x0,v)=δ(kf)(x0,v).

    für alle k

Beispiele

  1. f(x1,x2)=1, falls x2=x12, x10 bzw. 0 sonst δf((0,0),v)=limt000t=0.
  2. f(x)=|x|, xn δ+f(0,v)=limε0+|0+εv|0ε=|v|
  3. f(x1,x2)=x12(1+1x2) für x20 und x12x22 für x2=0, f(x1,x2)=(2x1(1+1x2),x12x22)T

δf((0,0),v)=limε0(εv1)2(1+1εv2)ε=v12v2 (wobei v=(v1,v2)T)

Anwendungen

Wie die gewöhnliche Ableitung ist das Gâteaux-Differential zum Bestimmen von Extrema und daher in der Optimierung von Nutzen. Sei f:X, XD(f)Ω offen, Ω linearer normierter Raum, x0int(X) (das Innere der Menge X), int(X) und Bε(x0) der offene Ball um x0 mit Radius ε. Notwendige Optimalitätsbedingung: Sei x0 ein lokales Minimum von f auf X, dann ist δ+f(x0,v)0 vΩ, falls das einseitige Gâteaux-Differential in x0 existiert. Hinreichende Optimalitätsbedingung: f besitze in Bε(x0) eine 2. Variation vΩ und xBε(x0). Falls gilt δf(x0,v)=0 vΩ und für ein c>0 δ2f(x0,v)cv2 vΩ und xBε(x0), dann ist x0 strenge lokale Minimalstelle von f auf int(X).

Siehe auch