Chinesischer Restsatz

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Chinesischer Restsatz (auch chinesischer Restklassensatz genannt) ist der Name mehrerer ähnlicher Theoreme der abstrakten Algebra und Zahlentheorie.

Simultane Kongruenzen ganzer Zahlen

Eine simultane Kongruenz ganzer Zahlen ist ein System von linearen Kongruenzen

xa1(modm1)xa2(modm2)xan(modmn)

für die alle x bestimmt werden sollen, die sämtliche Kongruenzen gleichzeitig lösen. Wenn eine Lösung x0 existiert, dann sind mit M:=kgV(m1,m2,m3,,mn) die Zahlen x0+kM (k) genau alle Lösungen, wobei kgV für das kleinste gemeinsame Vielfache steht. Es kann aber auch sein, dass es gar keine Lösung gibt.

Teilerfremde Moduln

Herleitung

Die Originalform des chinesischen Restsatzes stammt aus dem Buch Sūn Zǐ Suànjīng (Vorlage:Zh) des chinesischen Mathematikers Sun Zi (vermutlich 3. Jh.[1][2]) und wurde 1247 von Qin Jiushaos Shùshū Jiǔzhāng (Vorlage:Zh) wiederveröffentlicht. Der Satz trifft eine Aussage über simultane Kongruenzen für den Fall, dass die Moduln teilerfremd sind. Sie lautet:

Sind m1,,mn paarweise teilerfremde natürliche Zahlen, dann existiert für jedes Tupel ganzer Zahlen a1,,an eine ganze Zahl x, die die folgende simultane Kongruenz erfüllt:

xaimodmi für i=1,,n

Alle Lösungen dieser Kongruenz sind kongruent modulo M:=m1m2m3mn.

Das Produkt M stimmt hier wegen der Teilerfremdheit mit dem kgV überein.

Finden einer Lösung

Eine Lösung x kann wie folgt ermittelt werden: Für jedes i sind die Zahlen mi und Mi:=M/mi teilerfremd, also kann man z. B. mit dem erweiterten euklidischen Algorithmus zwei ganze Zahlen ri und si finden, so dass:

rimi+siMi=1.

Setze ei:=siMi, dann gilt:

ei1(modmi)ei0(modmj), ji.

Die Zahl

x:=i=1naiei

ist dann eine Lösung der simultanen Kongruenz.

Beispiel

Gesucht sei eine ganze Zahl x mit der Eigenschaft

x2(mod3)x3(mod4)x2(mod5)

Hier ist M=345=60, M1=M/3=20, M2=M/4=15, M3=M/5=12. Mit Hilfe des erweiterten euklidischen Algorithmus berechnet man

73+(1)20=1, also e1=20
44+(1)15=1, also e2=15
55+(2)12=1, also e3=24

Eine Lösung ist dann x=2(20)+3(15)+2(24)=133. Wegen 13347mod60 sind alle anderen Lösungen also kongruent zu 47 modulo 60.

Allgemeiner Fall

Auch im Fall, dass die Moduln nicht teilerfremd sind, existiert manchmal eine Lösung. Die genaue Bedingung[3] lautet: Eine Lösung der simultanen Kongruenz existiert genau dann, wenn für alle ij gilt:

aiajmodggT(mi,mj),

wobei ggT(mi,mj) für den größten gemeinsamen Teiler von mi und mj steht. Alle Lösungen sind dann kongruent modulo dem kgV der mi.

Eine simultane Kongruenz lässt sich im Falle der Existenz einer Lösung z. B. durch sukzessive Substitution lösen, auch wenn die Moduln nicht teilerfremd sind.

Beispiel

Ein klassisches Rätsel besteht darin, die kleinste natürliche Zahl zu finden, die bei Division durch 2, 3, 4, 5 und 6 jeweils den Rest 1 lässt, und durch 7 teilbar ist. Gesucht ist also die kleinste positive Lösung x der simultanen Kongruenz

x1mod2x1mod3x1mod4x1mod5x1mod6x0mod7

Da die Moduln nicht teilerfremd sind, kann man nicht direkt den chinesischen Restsatz (mit Lösungsverfahren) anwenden. Man kann aber die ersten fünf Bedingungen zusammenfassen zu x1modkgV(2,3,4,5,6), d. h. zu finden ist eine Lösung von

x1mod60x0mod7

Dieses Kongruenzsystem ist nun mit dem chinesischen Restsatz lösbar. Die Lösungen sind kongruent zu 301 modulo 420.

Direktes Lösen von simultanen Kongruenzen ganzer Zahlen

Gegeben sind die beiden simultanen Kongruenzen:

xa(modn)xb(modm)

Wenn diese lösbar sind, das heißt ab(modd), so sind sie äquivalent mit der einfachen Kongruenz:

xaynabd(modnmd)

mit

d=ggT(n,m)=yn+zm.

Dieses funktioniert auch mit nicht teilerfremden Zahlen n und m und stellt somit eine deutliche Erleichterung bei dem Lösen von simultanen Kongruenzen dar.

Ein System aus Kongruenzen lässt sich durch wiederholtes Anwenden dieser Vereinfachung lösen.

Aussage für Hauptidealringe

Sei R ein Hauptidealring, dann lautet der chinesische Restsatz für R wie folgt:

Sind m1,,mn paarweise teilerfremd und m ihr Produkt, dann ist der Faktorring R/mR isomorph zum Produktring R/m1R××R/mnR durch den Isomorphismus

f:R/mRR/m1R××R/mnRx+mR(x+m1R,,x+mnR)

Aussage für allgemeine Ringe

Eine der allgemeinsten Formen des chinesischen Restsatzes ist eine Formulierung für einen beliebigen Ring R (mit Einselement).

Sind I1,,In (beidseitige) Ideale, so dass Ii+Ij=R für ij (man nennt die Ideale dann teilerfremd oder coprim), und sei I der Durchschnitt der Ideale, dann ist der Faktorring R/I isomorph zum Produktring R/I1××R/In durch den Isomorphismus

f:R/IR/I1××R/Inx+I(x+I1,,x+In).

(I ist auch gleich dem Produkt der Ij, falls R ein kommutativer Ring ist.)

Diese Aussage lässt sich wie folgt beweisen: f ist ein Ringhomomorphismus und f ist genau dann ein Isomorphismus, wenn fRidR𝔭ein Isomorphismus ist für alle Primideale 𝔭R. Da Lokalisierung mit Durchschnitt und Quotientenbildung verträglich ist, kann man ohne Einschränkung annehmen, dass R ein lokaler Ring ist mit einzigem maximalen Ideal 𝔪. Wenn Ii𝔪 und Ij𝔪, dann ist auch Ii+IjmR. Da jedes Ideal ungleich R in dem maximalen Ideal 𝔪 enthalten sein muss, ist IiR für höchstens ein i. Wenn alle Ii gleich dem ganzen Ring R sind, dann ist die Aussage wahr, denn dann ist f:{0}i=1n{0}{0} ein Isomorphismus. Sei also ohne Einschränkung I1 das einzige Ideal Ii, sodass IiR.

Es ist I1Ir=I1RR=I1=I und außerdem

R/I=R/I1R/I1×{0}××{0}=R/Ii×R/R××R/Ri=1nR/Ii

Vorlage:Wikibooks

Einzelnachweise

  1. Vorlage:Internetquelle
  2. H. Gericke gibt als möglichen Entstehungszeitraum 280 bis 473 n. Chr. an. (H. Gericke: Mathematik in Antike, Orient und Abendland. Springer, Berlin 1990, Abschnitt 3.1, S. 182)
  3. Einen Beweis dafür, dass diese Bedingung hinreichend ist, findet man bei A. Bogomolny: Chinese Remainder Theorem, Theorem 2 auf Interactive Mathematics Miscellany and Puzzles (englisch); die Notwendigkeit ist leicht zu sehen.

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