Kleinstes gemeinsames Vielfaches

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Das kleinste gemeinsame Vielfache (kgV) ist ein mathematischer Begriff. Sein Pendant ist der größte gemeinsame Teiler (ggT). Beide spielen unter anderem in der Arithmetik und der Zahlentheorie eine Rolle.

Das kleinste gemeinsame Vielfache zweier ganzer Zahlen m und n ist die kleinste positive natürliche Zahl, die sowohl Vielfaches von m als auch Vielfaches von n ist.[1] Zusätzlich wird für den Fall m=0 oder n=0 das kgV definiert als kgV(m,n):=0.[2]

Die englische Bezeichnung für das kleinste gemeinsame Vielfache ist least common multiple oder kurz lcm und findet in mathematischen Texten ebenfalls Verwendung.[3]

Berechnung des kgV von natürlichen Zahlen

Berechnung über die Vielfachen

  • Die positiven Vielfachen von 12 sind: 12, 24, 36, 48, 60, 72, 84, 96, 108, …
  • Die positiven Vielfachen von 18 sind: 18, 36, 54, 72, 90, 108, …
  • Die gemeinsamen positiven Vielfachen von 12 und 18 sind also 36, 72, 108, …
  • und das kleinste von diesen ist 36; in Zeichen:
kgV(12,18)=36.

Berechnung über die Primfaktorzerlegung

Man kann das kgV über die Primfaktorzerlegung der beiden gegebenen Zahlen bestimmen. Beispiel:

3528=233272
3780=22335171

Für das kgV nimmt man die Primfaktoren, die in mindestens einer der beiden Zerlegungen vorkommen, und als zugehörigen Exponenten den jeweils größeren der Ausgangsexponenten:

kgV(3528,3780)=23335172=52.920.[4]

Berechnung über den größten gemeinsamen Teiler (ggT)

Es gilt die folgende Gleichung:

ggT(m,n)kgV(m,n)=|mn|

Sind beide Zahlen positiv oder negativ, so entfallen die Betragsstriche. Damit lässt sich das kgV berechnen, falls der ggT z. B. mit dem euklidischen Algorithmus bereits bestimmt wurde. (Umgekehrt kann man mit dieser Formel auch den ggT aus dem kgV berechnen.) Am einfachsten ist es meist, nach der Bestimmung des ggT eine der beiden Zahlen durch den ggT zu teilen und mit der anderen Zahl zu multiplizieren. Der Betrag des Ergebnisses ist das gesuchte kgV. Also gilt:

kgV(m,n)=|mn|:ggT(m,n)=|(m:ggT(m,n))n|

Beispiel: Der ggT von 18 und 24 ist 6. Zur Berechnung des ggT mittels euklidischem Algorithmus siehe den Artikel zum ggT. Das kgV ist folglich (da beide Zahlen positiv sind, entfällt der Betrag)

(18:6)24=324=72.

Die Gleichung zu Beginn des Abschnitts ist übrigens leicht zu beweisen:

Nachweis für positive ganze Zahlen m und n, alle anderen Fälle lassen sich analog behandeln. Ist k=kgV(m,n), dann ist k auch Teiler des Produkts mn. Die Zahl g enthalte dagegen alle Primfaktoren des Produkts mn, die k nicht enthält. Betrachtet man, wie der ggT(m,n) aus der Primfaktordarstellung des Produkts aus m und n berechnet wird, dann folgt g=ggT(m,n). Daraus ergibt sich die obige Gleichung.[5]

Das kgV von mehreren Zahlen

Man verwendet alle Primfaktoren, die in mindestens einer der Zahlen vorkommen, mit der jeweils höchsten vorkommenden Potenz, zum Beispiel:

144=2432
160=2551
175=5271,

also:

kgV(144,160,175)=25325271=50.400.

Man könnte auch zunächst kgV(144,160)=1440 berechnen und danach kgV(1440,175)=50.400, denn als eine zweistellige Verknüpfung auf den ganzen Zahlen ist das kgV assoziativ:

kgV(m,kgV(n,p))=kgV(kgV(m,n),p).

Dies rechtfertigt die Schreibweise kgV(m,n,p).[6]

Anwendungen

Bruchrechnung

Angenommen, man möchte die Brüche 1721 und 4435 addieren. Dazu müssen diese durch Erweitern auf einen gemeinsamen Nenner gebracht werden. Man könnte 21 mit 35 multiplizieren, was 735 ergibt. Der kleinstmögliche gemeinsame Nenner (der sog. Hauptnenner) ist aber kgV(21,35)=105.[7] Die beiden Brüche werden auf diesen Nenner erweitert und dann addiert. Das Ergebnis wird gekürzt:

1721+4435=517521+344335=85105+132105=217105=3115[8]

Vorlage:Belege fehlen

Das kgV in Ringen

Analog zum ggT ist das kgV in Ringen definiert: Ein Ringelement v heißt kleinstes gemeinsames Vielfaches zweier Ringelemente a und b, wenn v ein gemeinsames Vielfaches von a und b ist und seinerseits jedes andere gemeinsame Vielfache von a und b ein Vielfaches von v ist.

Formal schreibt man diese Definition für einen Ring R so:

v=kgV(a,b):av,bv,eR:(ae,be)ve

Diese allgemeinere Definition lässt sich auf mehrere Zahlen ausweiten (sogar auf unendlich viele).

Beispiele

Das kgV von Polynomen

Das kgV lässt sich nicht nur für natürliche (und ganze) Zahlen definieren. Man kann es z. B. auch für Polynome bilden. Statt der Primfaktorzerlegung nimmt man hier die Zerlegung in irreduzible Faktoren:

f(x)=x2+2xy+y2=(x+y)2g(x)=x2y2=(x+y)(xy)

Dann ist

kgV(f,g)=(x+y)2(xy).

Die Division mit Rest, die auch für Polynome existiert, erleichtert das Auffinden von gemeinsamen Teilern.

Gaußscher Zahlenring

Im gaußschen Zahlenring +i ist der größte gemeinsame Teiler von 2 und 1+3i gerade 1+i, denn 2=i(1+i)2 und 1+3i=(1+i)(2+i). Genau genommen ist 1+i ein größter gemeinsamer Teiler, da alle zu dieser Zahl assoziierten Zahlen ebenfalls größte gemeinsame Teiler sind.

Nicht in jedem Ring existiert für zwei Elemente ein ggT oder ein kgV. Wenn sie einen ggT haben, können sie mehrere ggT haben. Ist der Ring ein Integritätsring, dann sind alle ggT zueinander assoziiert, in Zeichen .

Ist R ein Integritätsring und haben die Elemente a und b ein kgV, dann haben sie auch einen ggT, und es gilt die Gleichung

abggT(a,b)kgV(a,b)

Ist jedoch nur bekannt, dass ein ggT von a und b existiert, dann muss nicht unbedingt auch ein kgV existieren.

Integritätsring

Im Integritätsring R=[3] haben die Elemente

a:=4=22=(1+3)(13),b:=(1+3)2

keinen ggT: Die Elemente 1+3 und 2 sind zwei maximale gemeinsame Teiler, denn beide haben den gleichen Betrag. Jedoch sind diese zwei Elemente nicht zueinander assoziiert, also gibt es keinen ggT von a und b.

Die genannten Elemente 1+3 und 2 haben aber ihrerseits einen ggT, nämlich 1. Dagegen haben sie kein kgV, denn wenn v ein kgV wäre, dann folgt aus der „ggT-kgV-Gleichung“, dass v assoziiert zu k:=(1+3)2 sein muss. Das gemeinsame Vielfache 4 ist jedoch kein Vielfaches von k, also ist k kein kgV und die beiden Elemente haben gar kein kgV.

Bemerkungen

Ein Integritätsring, in dem je zwei Elemente einen ggT besitzen, heißt ggT-Ring oder ggT-Bereich. In einem ggT-Ring haben je zwei Elemente auch ein kgV.

In einem faktoriellen Ring haben je zwei Elemente einen ggT.

In einem euklidischen Ring lässt sich der ggT zweier Elemente mit dem euklidischen Algorithmus bestimmen.

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Einzelnachweise

  1. Schüler-Duden. Die Mathematik I. Dudenverlag, Mannheim 1990, ISBN 3-411-04205-2, S. 210.
  2. Harald Scheid: Einführung in die Zahlentheorie. Klett Verlag, Stuttgart, 1972, ISBN 3-12-983240-8, S. 79.
  3. G. H. Hardy, E. M. Wright: An Introduction to the Theory of Numbers. 5. Auflage. Oxford University Press, Oxford, 1979, ISBN 0-19-853171-0, § 5.1, S. 48.
  4. H. Athen, J. Bruhn: Lexikon der Schulmathematik. Band 2, Aulis Verlag, Köln 1977, S. 488.
  5. math-www.uni-paderborn.de, S. 14 ggT und kgV
  6. Harald Scheid: Einführung in die Zahlentheorie. Klett Verlag, Stuttgart 1972, ISBN 3-12-983240-8, S. 84/85.
  7. Heinz Griesel und andere: Elemente der Mathematik Niedersachsen 5. Schuljahr, Schroedel Verlag, Hannover 2005, ISBN 3-507-87205-6, S. 173.
  8. Heinz Griesel und andere: Elemente der Mathematik Niedersachsen 6. Schuljahr, Schroedel Verlag, Hannover 2005, ISBN 3-507-87206-4, S. 9.