Brocard-Punkte

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Der erste Brocard-Punkt P

Brocard-Punkte sind spezielle Punkte im Dreieck; benannt nach dem französischen Mathematiker Henri Brocard (1845–1922), der bei ihrer Definition auftretende spezielle Winkel wird als Brocard-Winkel bezeichnet.

Definition

Brocard wurde am bekanntesten für den folgenden Satz:

In einem Dreieck ΔABC mit den Seiten a,b,c gibt es genau einen Punkt P derart, dass die Strecken AP,BP,CP der Reihe nach mit den Seiten c,a,b den gleichen Winkel ω einschließen, d. h., dass die Winkelgleichung PBC=PCA=PAB gilt. Dieser Punkt P heißt der erste Brocard-Punkt und der Winkel ω heißt der Brocard-Winkel des Dreiecks ΔABC.

Es gibt noch einen zweiten Brocard-Punkt des Dreiecks ABC; das ist derjenige Punkt Q, für den die Strecken Vorlage:Overline, Vorlage:Overline, Vorlage:Overline der Reihe nach mit den Seiten b, c, a gleiche Winkel einschließen, d. h. für den QCB=QBA=QAC gilt. Merkwürdigerweise entspricht diesem zweiten Brocard-Punkt derselbe Brocard-Winkel wie dem ersten Brocard-Punkt, d. h. der Winkel PBC=PCA=PAB ist dem Winkel QCB=QBA=QAC gleich.

Die zwei Brocard-Punkte sind eng miteinander verwandt; in der Tat hängt die Unterscheidung des ersten von dem zweiten davon ab, in welcher Reihenfolge man die Ecken des Dreiecks ABC nimmt! So ist z. B. der erste Brocard-Punkt des Dreiecks ABC gleichzeitig der zweite Brocard-Punkt des Dreiecks ACB.

Vor Brocard wurden sie schon von August Leopold Crelle (1817) und Karl Friedrich Andreas Jacobi (1825) untersucht.

Konstruktion

Konstruktion des ersten (P) und des zweiten (Q) Brocard-Punktes

Die eleganteste Konstruktion der Brocard-Punkte, im Folgenden an dem Beispiel des ersten Brocard-Punktes P beschrieben (in der nebenstehenden Abbildung wurden aus Platzgründen die Kreise durch Kreisbögen ersetzt), geht folgendermaßen:

Man schneidet die Mittelsenkrechte ms1 der Seite Vorlage:Overline mit der Senkrechten s1 zu der Seite Vorlage:Overline durch den Punkt B. Um den Schnittpunkt zeichnet man einen Kreis so, dass er durch den Punkt B geht. Dann geht dieser Kreis auch durch den Punkt A und berührt die Seite Vorlage:Overline im Punkt B. Analog konstruieren wir einen Kreis durch die Punkte C und B, der die Seite Vorlage:Overline im Punkt C berührt, und einen Kreis durch die Punkte A und C, der die Seite Vorlage:Overline im Punkt A berührt. Diese drei Kreise haben einen gemeinsamen Punkt P – den ersten Brocard-Punkt des Dreiecks ABC!

Die drei soeben konstruierten Kreise werden auch als Beikreise des Dreiecks ABC bezeichnet. Analog konstruiert man den zweiten Brocard-Punkt Q (grün gestrichelte Linien).

Formeln für den Brocard-Winkel

Schreibt man AΔ für den Flächeninhalt des Dreiecks ABC, so lässt sich der Brocard-Winkel mit folgenden Formeln berechnen:

  • tanω=4AΔa2+b2+c2.[1]
  • cotω=cotα+cotβ+cotγ.[1]
  • sinω=2AΔb2c2+a2c2+a2b2

Für jedes Dreieck gilt ω30.

Eigenschaften

Koordinaten

Die trilinearen Koordinaten des ersten bzw. zweiten Brocard-Punkts sind

cb:ac:babzw.bc:ca:ab.[2]

Die baryzentrischen Koordinaten sind

1b2:1c2:1a2bzw.1c2:1a2:1b2.[2]

Dabei sind a,b,c die Seitenlängen des Dreiecks.

Dritter Brocard-Punkt

Gelegentlich wird der Punkt mit trilinearen Koordinaten (a3,b3,c3) als „dritter“ Brocard-Punkt bezeichnet. Er hat die Kimberling-Nummer X76 und die baryzentrischen Koordinaten (a2,b2,c2).[3] Damit schließt er die Permutation mit den ersten beiden Brocard-Punkten mit den baryzentrischen Koordinaten (b2,c2,a2) bzw. (c2,a2,b2).

Literatur

  • Ross Honsberger Episodes in Nineteenth and Twentieth Century Euclidean Geometry, MAA, 1995, Kapitel 10 (Brocard Points)
  • Roger A. Johnson Modern Geometry: An Elementary Treatise on the Geometry of the Triangle and the Circle. Boston, Houghton Mifflin 1929, Neuauflage als Advanced Euclidean Geometry, Dover 1960
  • Julian Coolidge A treatise on the geometry of the circle and the square, New York, Chelsea 1971

Einzelnachweise