Bogoljubow-Theorie

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Bogoljubow-Theorie (nach Nikolai Nikolajewitsch Bogoljubow) ist in der theoretischen Physik eine Methode zur Beschreibung schwach wechselwirkender Bose-Einstein-Kondensate bei tiefen Temperaturen. Unter der Annahme, dass in der Nähe des absoluten Nullpunkts nahezu alle Teilchen eines Bose-Gases die Kondensat-Mode besetzen, werden dabei Wechselwirkungsprozesse zwischen Teilchen außerhalb des Kondensats vernachlässigt, wodurch der Hamiltonoperator des Systems quadratisch in den Feldoperatoren wird und sich diagonalisieren lässt. Für Kondensate ultrakalter Atome, auf welche die Bedingung der schwachen Wechselwirkung zutrifft, erlaubt Bogoljubow-Theorie eine präzise Beschreibung von Dispersionsrelationen, Impulsspektren, Grundzustandsenergien und anderen Observablen[1][2][3][4]. Im Falle des stark wechselwirkenden suprafluiden Heliums, für welchen die Theorie ursprünglich entwickelt wurde[5], ist sie nur teilweise und eher qualitativ anwendbar[6].

Bogoljubow-Näherung

In zweiter Quantisierung lautet der Hamiltonoperator wechselwirkender Bosonen:

H=𝐩𝐩22ma𝐩a𝐩+12𝒱𝐩𝐩𝐪V𝐪a𝐩+𝐪a𝐩𝐪a𝐩a𝐩.

Dabei erzeugen bzw. vernichten a𝐩 und a𝐩 ein Teilchen mit Impuls 𝐩, m ist die Masse der Teilchen, 𝒱 ist das Volumen des Systems und V𝐪 ist die Fourier-Transformierte des Wechselwirkungspotentials zwischen den Teilchen. Die Gesamtteilchenzahl sei N. Im kondensierten Zustand besetzt ein makroskopischer Anteil N0 davon die Null-Mode 𝐩=0, d. h. nur ein kleiner Bruchteil der Teilchen befindet sich in angeregten Moden 𝐩0. Die Bogoljubow-Näherung besteht nun darin, die Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren der Null-Mode, a0 und a0, durch N0 zu ersetzen, und außerdem nur Wechselwirkungsprozesse zwischen zwei Teilchen zu berücksichtigen, bei denen sich mindestens eines davon im Kondensat befindet, das heißt Terme mit mehr als zwei Operatoren zu vernachlässigen. Dies ergibt für den Hamiltonoperator:

H=12𝒱N02V0+𝐩0{(𝐩22m+N0𝒱(V0+V𝐩))a𝐩a𝐩+N02𝒱V𝐩(a𝐩a𝐩+a𝐩a𝐩)}+𝒪(a𝐩3).

Unter Verwendung von N0=N𝐩0a𝐩a𝐩 lässt sich N0 durch N ersetzen:

H=12𝒱N2V0+𝐩0{(𝐩22m+N𝒱V𝐩)a𝐩a𝐩+N2𝒱V𝐩(a𝐩a𝐩+a𝐩a𝐩)}+𝒪(a𝐩3).

In dieser Form ist der Hamiltonoperator zwar quadratisch, aber nicht diagonal. Um dies zu erreichen, führt man die Bogoljubow-Transformation

a𝐩=u𝐩b𝐩+v𝐩b𝐩

zu den neuen Operatoren b𝐩 und b𝐩 ein. Damit diese die korrekten bosonischen Kommutatorrelationen erfüllen, muss gelten:

|u𝐩|2|v𝐩|2=1.

Unter dieser Zwangsbedingung müssen nun u𝐩 und v𝐩 so bestimmt werden, dass nicht-diagonale Terme verschwinden. Man findet

|u𝐩|2=12[𝐩22m+ρV𝐩ω𝐩+1]|v𝐩|2=12[𝐩22m+ρV𝐩ω𝐩1],

mit

ω𝐩=𝐩22m(𝐩22m+2ρV𝐩)

und ρN/𝒱. Der Hamiltonoperator nimmt dann Diagonalgestalt an:

H=E0+𝐩0ω𝐩b𝐩b𝐩+𝒪(a𝐩3),

wobei die Grundzustandsenergie E0 gegeben ist durch

E0=12𝒱ρ2V0+12𝐩0{ω𝐩𝐩22mρV𝐩}.

Das Gas wechselwirkender Teilchen kann somit näherungsweise beschrieben werden durch ein Gas nicht-wechselwirkender Bogoljubow-Quasiteilchen mit Dispersion ω𝐩. Für den Fall einer Kontaktwechselwirkung, V𝐩=g, besitzt diese bei kleinen Impulsen eine schallwellenartige lineare Form, ω𝐩c|𝐩| mit c=gρ/m, während sie ab der Skala des Healing-Impulses ph2mgρ in die quadratische Dispersion freier Teilchen übergeht.

Grundzustandsenergie und Kondensat-Verlust

Für Bose-Einstein-Kondensate elektrisch neutraler, nicht magnetischer Atome stellt ein Kontaktpotential, V𝐩=g, eine sehr gute Beschreibung der Wechselwirkung zwischen den Atomen dar. Allerdings führt dieses zu einer UV-Divergenz der Grundzustandsenergie E0. Diese kann behoben werden, indem die unphysikalische Kopplung g durch die physikalische Streulänge a der Atome ausgedrückt wird. In Bornscher Näherung gilt

g=4πam[1+4πa𝒱𝐩01𝐩2+𝒪(a2)].

Durch diese Ersetzung heben sich die UV-Divergenzen weg und es ergibt sich ein endliches Resultat für E0:

E0=12𝒱gRρ2[1+12815πη],

wobei die renormierte Kopplung gR4πa/m und der Diluteness-Parameter ηρa3 eingeführt wurden.

Bogoljubow-Theorie erlaubt auch die Berechnung des Impulsspektrums f(𝐩)=a𝐩a𝐩. Am absoluten Nullpunkt, T=0, sind keine Bogoljubow-Quasiteilchen angeregt, b𝐩b𝐩=0. Aufgrund der bosonischen Kommutatorrelation b𝐩b𝐩=1+b𝐩b𝐩 verschwindet jedoch der Erwartungswert von a𝐩a𝐩 auch bei T=0 nicht:

f(𝐩)=a𝐩a𝐩=|v𝐩|2.

Damit lässt sich u. a. auch der Kondensat-Verlust berechnen, d. h. der Anteil der Teilchen, die sich selbst bei T=0 nicht in der Kondensatmode aufhalten:

NN0N=1N𝐩0|v𝐩|283πη.

Die Bogoljubow-Näherung ist nur gut, solange dieser Anteil hinreichend klein ist, d. h. η1. In Gasen kalter Atome ist η typischerweise von der Größenordnung 103 bis 102.

Erweiterungen

Bogoljubow-Theorie kann auch auf den Fall mehrkomponentiger Bose-Einstein-Kondensate verallgemeinert werden[7]. Die Popow-Theorie kann als eine Erweiterung der Bogoljubow-Theorie betrachtet werden, deren Gültigkeit sich auf höhere Temperaturen erstreckt und die erst in der Nähe des Bose-Einstein-Übergangs zusammenbricht.

Literatur

Einzelnachweise