Mollweidesche Formeln

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Originalpublikation aus dem Jahr 1808

Die mollweideschen Formeln, benannt nach dem deutschen Mathematiker und Astronomen Carl Brandan Mollweide, sind trigonometrische Formeln, die für beliebige Dreiecke gelten.

Formeln

Bezeichnungen der Seiten und Winkel
(b+c)sin(α2)=acos(βγ2)
(bc)cos(α2)=asin(βγ2)
(c+a)sin(β2)=bcos(γα2)
(ca)cos(β2)=bsin(γα2)
(a+b)sin(γ2)=ccos(αβ2)
(ab)cos(γ2)=csin(αβ2)

Herleitungen

Algebraisch anhand trigonometrischer Identitäten

Sinussatz:

ba=sin(β)sin(α) (1)
ca=sin(γ)sin(α) (2)

Sinusidentitäten:

sin(β)+sin(γ)=2sin(β+γ2)cos(βγ2) (3)
sin(β)sin(γ)=2cos(β+γ2)sin(βγ2) (4)

Sinus-Additionstheorem für Doppelwinkel:

sin(α)=sin(2α2)=2sin(α2)cos(α2) (5)

Winkelsumme im Dreieck und Übergang zum Komplementärwinkel:

sin(β+γ2)=sin(180α2)=sin(90α2)=cos(α2) (6)
cos(β+γ2)=cos(180α2)=cos(90α2)=sin(α2) (7)

Addition von (1) und (2), Anwendung von (3) und (5), Kürzen unter Verwendung von (6):

b+ca=sin(β)+sin(γ)sin(α)=2sin(β+γ2)cos(βγ2)2sin(α2)cos(α2)=cos(βγ2)sin(α2)

Subtraktion von (1) - (2), Anwendung von (4) und (5), Kürzen unter Verwendung von (7):

bca=sin(β)sin(γ)sin(α)=2cos(β+γ2)sin(βγ2)2sin(α2)cos(α2)=sin(βγ2)cos(α2)

Multiplikation mit dem gemeinsamen Nenner ergibt die angegebenen Formeln. Die anderen beiden Formeln, die eine Summe bzw. eine Differenz zweier Seiten enthalten, entstehen durch zyklische Substitution der Seiten- und Winkelbezeichnungen.

Geometrisch

Bezeichnungen der Seiten und Winkel

Im rechtwinkligen Dreieck AFB gilt |FB|=csin(αβ2) und im rechtwinkligen Dreieck EFB zudem |FB|=(ab)cos(γ2). Damit ergibt sich:

(ab)cos(γ2)=csin(αβ2)

Betracht man die Strecke AF, so gilt für deren Länge:

|AF|=|AD|+|DE|+|EF|=bsin(γ2)+bsin(γ2)+(ab)sin(γ2)=(a+b)sin(γ2)

Im rechtwinkligen Dreieck AFB gilt aber auch |AF|=ccos(αβ2), damit ergibt sich insgesamt:

(a+b)sin(γ2)=ccos(αβ2)[1]

Verallgemeinerung

Ein Sehnenviereck mit den Innenwinkeln α, β, γ und δ und dem Winkel CED=θ.

Eine Verallgemeinerung der mollweideschen Formeln gilt für Sehnenvierecke. Sei ABCD ein Sehnenviereck mit den Seitenlängen |AB|=a, |BC|=b, |CD|=c und |DA|=d und den Innenwinkeln DAB=α, ABC=β, BCD=γ und CDA=δ. Außerdem sei E der Schnittpunkt der Diagonalen und CED=θ der anliegende Winkel im Dreieck CED. Dann gilt[2]

a+cb+d=sinα+β2cosγδ2tanθ2acbd=cosα+β2sinδγ2cotθ2

Daraus ergeben sich einige Varianten dieser Formeln:

sinα+β2=cosβγ2=sinγ+δ2=cosδα2cosα+β2=sinβγ2=cosγ+δ2=sinδα2

Daraus ergeben sich außerdem folgende Formeln mit Halbwinkeln des Tangens:

a+cb+d=tanα2+tanβ21+tanα2tanβ2tanθ2bdac=tanα2tanβ21tanα2tanβ2tanθ2

Geschichte

Die Formeln wurden in der heutigen Darstellung 1808 von Mollweide veröffentlicht und verbreiteten sich anschließend unter seinen Namen. Allerdings waren sie schon vorher anderen Mathematikern bekannt. Die Kosinusgleichungen finden sich bereits in Isaac Newtons Arithmetica Universalis (1707). Sowohl die Sinus- als auch die Kosinusvariante finden sich als geometrische Lehrsätze in Analysis triangulorum (1746) von F. W. de Oppel. Ebenfalls noch vor Mollweide finden sich die Formeln auch in Werken von Thomas Simpson (1748), Antoine-René Mauduit (1765) und Antonio Cagnoli (1786).[3]

Literatur

  • C. B. Mollweide: Zusätze zur ebenen und sphärischen Trigonometrie. In: Monatliche Correspondenz zur Beförderung der Erd- und Himmels-Kunde, 1808, Seiten 394–400.
  • Heinz Klaus Strick: Karl B. Mollweide (1774–1825): Auf der Jagd nach der besten Karte. Spektrum, März 2021
  • Natanael Karjanto: Mollweide's Formula in Teaching Trigonometry. In: Teaching Mathematics and Its Applications, 30, S. 70–74, arXiv:1808.08049, doi:10.1093/teamat/hrr008
  • Rex H. Wu: Proof Without Words: The Mollweide Equations from the Law of Sines. In: Mathematics Magazine, 93 (5), S. 386

Einzelnachweise

  1. Natanael Karjanto: Mollweide's Formula in Teaching Trigonometry. In: Teaching Mathematics and Its Applications, 30, S. 70–74, arXiv:1808.08049, doi:10.1093/teamat/hrr008
  2. Emmanuel Antonio José García: A generalization of Mollweide's formula, rather Newton's
  3. Johannes Tropfke: Geschichte der Elementarmathematik. Band 5. de Gruyter,2-te erweiterte Auflage, 1923, S. 85