Ogawa-Integral
Das Ogawa-Integral (auch nicht-kausales stochastisches Integral) ist ein stochastischer Integralbegriff für nicht-adaptierte Prozesse als Integranden. Um den entsprechenden Kalkül von dem des Skorochod-Integrals zu unterscheiden, spricht man vom nicht-kausalen Kalkül beim Ogawa-Integral und vom vorwegnehmenden (Vorlage:EnS) Kalkül beim Skorochod-Integral. Mit dem Begriff Kausalität meint man hier die Adaptiertheit an die natürliche Filtration des Wiener-Prozesses und dessen physikalische Interpretation. Ein nicht-adaptierter Prozess kann zu einem fixen Zeitpunkt auch von den zukünftigen Realisationen des Wiener-Prozesses abhängen. Ein anschauliches Beispiel für letzteres aus der Finanzmathematik wäre der Insiderhandel. Der Trader weiß im Voraus, wohin sich der Wiener-Prozess bewegt. Ein weiteres Beispiel wäre das Integral
wobei der Wiener-Prozess ist. Dies ist kein Itō-Integral, da der Integrand dem Integrator voraus ist und somit nicht an seine Filtration adaptiert sein kann.
Das Integral wurde 1979 von dem japanischen Mathematiker Ogawa Shigeyoshi eingeführt.[1]
Ogawa-Integral
Sei
- ein Wahrscheinlichkeitsraum,
- ein eindimensionaler Standard-Wienerprozess mit ,
- und die natürliche Filtration,
- die borelsche σ-Algebra,
- ist das Itō-Integral (resp. Wiener-Integral),
- das Lebesgue-Maß.
Mit bezeichnen wir die Menge der reellwertigen Prozesse , welche -messbar und fast sicher in sind, das bedeutet
Ogawa-Integral
Sei eine vollständige Orthonormalbasis des Hilbert-Raumes .
Ein Prozess heißt -integrierbar, falls die zufällige Reihe
in Wahrscheinlichkeit konvergiert. Wir nennen dieses Summe das Ogawa-Integral bezüglich der Basis .
Falls bezüglich jeder vollständigen Orthonormalbasis von -integrierbar ist und die Werte der Integrale übereinstimmen, dann nennt man universell Ogawa-integerierbar (oder u-integrierbar).[2]
Das Ogawa-Integral kann auch bezüglich allgemeineren -Prozessen (wie zum Beispiel der gebrochenen Brownschen Bewegung) gebildet werden
sofern die Integrale
definiert sind.[2]
Erläuterungen
- Die Konvergenz der Reihe hängt von der Wahl der Orthonormalbasis sowie von der Reihenfolge der Basis ab.
- Es existieren verschiedene äquivalente Definition, welche sich in ([3]) finden lassen. Eine Möglichkeit ist unter Verwendung des Satzes von Itō-Nisio.
Regularität der Orthonormalbasis
Eine Orthonormalbasis heißt regulär, falls
Der Ausdruck in der Klammer muss also für alle eine endliche -Norm besitzen.
Folgende Resultate sind bekannt:
- Jedes Semimartingal (kausal oder nicht) ist genau dann -integrierbar, wenn regulär ist.[4]
- Es wurde gezeigt, dass eine nicht-reguläre Basis für existiert.[5]
Weiterführendes
- Es existiert eine nicht-kausale Itō-Formel[6], eine nicht-kausale Partielle-Integrations-Formel und eine nicht-kausaler Satz von Girsanow[7].
- Das Ogawa-Integral für mehrdimensionale Wiener-Prozesse wird in ([8]) untersucht.
Beziehungen zu anderen Integralbegriffen
- Stratonowitsch-Integral: Sei ein stetiges -adaptiertes Semimartingal und universell-Ogawa-integrierbar bezüglich des Wienerprozesses, dann existiert auch das Stratonowitsch-Integral und es stimmt mit dem Ogawa-Integral überein.[9]
- Skorochod-Integral: Die Beziehungen zwischen dem Ogawa-Integral und dem Skorochod-Integral werden in ([10]) untersucht.