Oszillierendes Integral

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Ein oszillierendes Integral ist ein Objekt aus dem mathematischen Teilgebiet der Funktionalanalysis beziehungsweise aus der mikrolokalen Analysis. Es ist ein verallgemeinerter Integralbegriff, welcher insbesondere im Bereich der Distributionentheorie Anwendung findet. Da die Phasenfunktion den Integranden oszillieren lässt, wurde das Integral entsprechend oszillierendes Integral genannt. Eingeführt wurde dieser Begriff von Lars Hörmander.

Phasenfunktion

Definition

Eine Funktion ϕC(X×n{0}) heißt Phasenfunktion, falls für alle (x,ξ)X×n{0}

  • der Imaginärteil nichtnegativ ist, das heißt
Imϕ(x,ξ)0.
  • die Funktion homogen ist, das heißt
ϕ(x,λξ)=λϕ(x,ξ) für alle λ>0.
  • das Differential ungleich null ist, das heißt
dϕ(x,ξ)d(x,ξ)0.

Beispiel

Motivation

Sei ϕ eine Phasenfunktion wie zum Beispiel ϕ(x,ξ)=x,ξ und sei aSρ,δm(X×n) ein Symbol mit m+k<n, k. Definiere weiterhin

Iϕ(a)(x):=neiϕ(x,ξ)a(x,ξ)dξCk(X).

Die Abbildung

Sρ,δm(X×n)Ck(X),aIϕ(a)

ist stetig. Diese Typen von Parameterintegralen sind im Bereich der Funktionalanalysis verbreitet. So haben zum Beispiel die Fourier-Transformation und die Zweiseitige Laplacetransformation diese Gestalt. Oder auch die Lösung der Bessel’schen Differentialgleichung

Jk(λ)=(2π)102πeiλsin(ξ)eikξdξ

kann so notiert werden.

Fortsetzungssätze

Fourier-Transformation auf L2

Die Fourier-Transformation kann auf dem Schwartz-Raum 𝒮(n) durch den Integraloperator

Itx(f)(t)=(f)(t)=1(2π)n2neitxf(x)dx

definiert werden. Mittels eines Dichtheitsargument kann man diesen Operator auf L2 fortsetzen, jedoch konvergiert das Fourier-Integral nicht für jede L2-Funktion. Der Operator muss also anders dargestellt werden.

Raum der Symbolklassen

Mit 𝒟(X) wird der Raum der Distributionen auf X und mit Sρ,δm(X×n) der Raum der Symbolklassen bezeichnet. Sei ϕ eine Phasenfunktion und sei 0<ρ1, 0δ<1. Dann gibt es genau eine Möglichkeit eine Abbildung

Iϕ:Sρ,δ(X×n)=mSρ,δm(X×n)𝒟(X)

zu definieren, so dass für aSρ,δm(X×n), m<n das Integral

Iϕ(a)(x)=neiϕ(x,ξ)a(x,ξ)dξ

existiert und die Abbildung Iϕ:Sρ,δ(X×n)𝒟(X) stetig ist.

Definition

Die beiden oben erwähnten Fortsetzungssätze zeigen, dass es wünschenswert ist, einen Integralbegriff zu haben, so dass man auch die Fortsetzungen in der Integralschreibweise ausdrücken kann. Dafür kann das im Folgenden definierte oszillierende Integral verwendet werden.

Oszillierendes Integral

Sei χCc(n) eine Abschneidefunktion mit χ(ξ)=1 für |ξ|1 und χ(ξ)=0 für |ξ|2. Außerdem sei ϕ:n×N eine Phasenfunktion und aSm(n×N) eine Symbolklasse. Nun setzt man

Iϕ(a)(x):=Neiϕ(x,ξ)a(x,ξ)dξ:=limjNχ(ξj)eiϕ(x,ξ)a(x,ξ)dξ

wobei der Grenzwert im Sinne von Distributionen zu verstehen ist. Das heißt, der Grenzwert ist durch

Iϕ(a),u=limjNnχ(ξj)eiϕ(x,ξ)a(x,ξ)u(x)dxdξ

für alle Testfunktionen u𝒟(n)Cc(n) erklärt. Der Integralausdruck Iϕ heißt oszillierendes Integral.

Oszillierender Integraloperator

Sei ϕ:n×Nwieder eine Phasenfunktion und aSm(n×N) eine Symbolklasse. Die Abbildung

uTλ(u)(x):=Iϕ(au)(x)=Neiλϕ(x,ξ)a(x,ξ)u(ξ)dξ

ist ein oszillierender Integraloperator.

Beschränktheit auf L2

Lars Hörmander zeigte, dass oszillierende Integraloperatoren unter gewissen Voraussetzungen beschränkte Operatoren auf dem Raum der quadratintegrierbaren Funktionen L2(n) sind.[1]

Sei ϕ eine Phasenfunktion und die Symbolklasse a:n×N sei eine glatte Funktion mit kompaktem Träger. Dann existiert eine Konstante C, so dass

Tλ(u)L2(n)Cλn2uL2(n)

gilt,[2] was bedeutet, dass der lineare Operator Tλ auf L2 beschränkt, also stetig, ist. Außerdem folgt aus dem Satz von Banach-Steinhaus, dass die Familie (Tλ)λ von Operatoren gleichmäßig beschränkt ist.

Beispiele

Besselfunktion

Vorlage:Hauptartikel Die Besselfunktion

12πππeixsinφeνφdφ.

ist ein osszillierendes Integral mit der Phasenfunktion sinφ und dem Symbol eνφ.[3]

Fourier-Transformation

Vorlage:Hauptartikel

Sei a:n×n eine glatte Funktion mit kompaktem Träger und mit a(0,0)=1(2π)n2 und sei ϕ(x,ξ)=x,ξ die Phasenfunktion. Durch Reskalieren kann man den oszillierenden Integraloperator

Tλ(u)(x)=Iϕ(au)(x)=neiλx,ξa(x,ξ)u(ξ)dξ

in

T~λ(u)(x)=neix,ξa(xλ,ξλ)u(ξ)dξ

transformieren. Diese Familie von Operatoren ist gleichmäßig beschränkt auf L2 und für λ erhält man die Fourier-Transformation

T~(u)(x)=(u)(x)=1(2π)n2neixξu(ξ)dξ.

Pseudodifferentialoperator

Vorlage:Hauptartikel

Mit Hilfe des oszillierenden Integrals definiert man einen speziellen stetigen und linearen Operator

T:𝒮(n)𝒮(n)

auf den Schwartz-Raum, welcher durch

T(u)(x)=Ix,ξ(a(u))(x)=neix,ξa(x,ξ)(u)(ξ)dξ=neix,ξa(x,ξ)neiy,ξu(y)dydξ=nneixy,ξa(x,ξ)u(y)dydξ

gegeben ist. Die Funktion aSm(n×n) ist eine Symbolfunktion und der Operator T heißt Pseudodifferentialoperator. Es ist eine Verallgemeinerung eines Differentialoperators. Der Integralkern dieses Operators lautet

K(x,y):=neixy,ξa(x,ξ)dξ

und ist ein typischer Schwartz-Kern.

Literatur

  • Lars Hörmander: The Analysis of Linear Partial Differential Operators. Band 1: Distribution Theory and Fourier Analysis. Second Edition. Springer-Verlag, Berlin u. a. 1990, ISBN 3-540-52345-6 (Grundlehren der mathematischen Wissenschaften 256).
  • Elias M. Stein: Harmonic Analysis. Real-Variable Methods, Orthogonality, and Oscillatory Integrals. Princeton University Press, Princeton NJ 1993, ISBN 0-691-03216-5 (Princeton mathematical Series 43 = Monographs in harmonic Analysis 3).
  • Alain Grigis, Johannes Sjöstrand: Microlocal analysis for differential operators. An introduction. Cambridge University Press, Cambridge u. a. 1994, ISBN 0-521-44986-3 (London Mathematical Society lecture note series 196).

Einzelnachweise

  1. L. Hörmander: Fourier integral operators, Acta Math. 127 (1971), 79–183. Vorlage:Doi
  2. Elias Stein, Harmonic Analysis: Real-variable Methods, Orthogonality and Oscillatory Integrals. Princeton University Press, 1993. ISBN 0-691-03216-5, S. 377.
  3. Vorlage:Literatur