Wittscher Blockplan

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Als Wittsche Blockpläne[1] (auch Witt-Designs, engl. Witt designs[2]) werden in der endlichen Geometrie bestimmte Blockpläne bezeichnet, die 1931 von Robert Daniel Carmichael entdeckt[3] und 1938 von Ernst Witt, nach dem sie auch benannt sind, erneut beschrieben wurden[4]. Es handelt sich dabei zunächst um zwei 5-Blockpläne, die als kleiner bzw. großer Wittscher Blockplan bezeichnet werden. Beide sind bis auf Isomorphie die einzigen einfachen 5-Blockpläne mit der Punktanzahl 12 (kleiner) bzw. 24 (großer Wittscher Blockplan). Der kleine Wittsche Blockplan W12 ist ein 5(12,6,1)-Blockplan, als Steinersystem ein S(5,6;12); der große W24 ist ein 5(24,8,1)-Blockplan, als Steinersystem ein S(5,8;24).

Die Bedeutung des kleinen und großen Wittschen Blockplans liegt – für die Diskrete Mathematik – darin, dass sie jahrzehntelang die einzigen bekannten, nichttrivialen 5-Blockpläne waren und dadurch sehr ausführlich untersucht sind. In der Gruppentheorie, genauer für die Klassifikation der endlichen einfachen Gruppen, sind die beiden 5-Blockpläne und ihre Ableitungen W11,W23,W22, die häufig auch als Wittsche Blockpläne bezeichnet werden, von großer Bedeutung, da die Mathieu-Gruppen (benannt nach Émile Léonard Mathieu, das sind 5 der sporadischen einfachen Gruppen, 𝕄12,𝕄11,𝕄24,𝕄23,𝕄22) ihre Automorphismengruppen sind.

Konstruktion

Kleiner Wittscher Blockplan

Geometrische Konstruktion
Die affine EbeneA=AG1(2,3).

Der 5(12,6,1)-Blockplan W12=(𝔮,𝔅,) kann als dreifache Erweiterung der affinen Ebene der Ordnung 3, A=AG1(2,3)=(𝔭,𝔊,) (siehe die Abbildung rechts) konstruiert werden. Man macht sich dabei einige Besonderheiten dieser Ebene zunutze:

  • Jedes Viereck v in A ist ein Fano-Parallelogramm, das heißt, sind p1,p2,p3,p4 die vier Ecken eines Vierecks, dann sind zwei Paare von Gegenseiten unter den sechs Seiten Gij=pipj;(1i<j4) parallel zueinander und das dritte Paar von Gegenseiten schneidet sich im dadurch eindeutig bestimmten Diagonalpunkt d(v), der kein Eckpunkt ist. (Als n-Eck wird eine Menge von n Punkten von A dann bezeichnet, wenn keine 3 der Punkte kollinear sind.)
  • Die Menge der 54 Vierecke in A kann so in drei Klassen V1,V2,V3 von je 18 Vierecken zerlegt werden, dass jede dieser Äquivalenzklassen Vj die folgenden Eigenschaften hat:[1]
  1. Jeder Punkt von A ist in genau 8 Vierecken aus Vj enthalten,
  2. je zwei verschiedene Punkte von A liegen in genau 3 Vierecken aus Vj,
  3. jedes Dreieck von A ist in genau einem Viereck aus Vj enthalten.

Nun werden der Punktmenge drei zusätzliche Punkte q1,q2,q3∉𝔭 hinzugefügt (𝔮=𝔭{q1,q2,q3}) und folgende Typen von Blöcken für die neue Blockmenge 𝔅 definiert:

  1. Für jede Gerade G von A seien G*=G{q1,q2,q3}
  2. und Gc=𝔭G (dies sind die Punkte eines Parallelenpaars von A) Blöcke von W12.
  3. Für jedes Viereck v von A mit vVj seien v*=(v{q1,q2,q3}){qj}
  4. und v+=v{d(v),qj} Blöcke von W12.

Dies ergibt für W12 insgesamt 132 Blöcke mit je 6 Punkten: 12 für die erweiterten Geraden (1. Typ), 12 für die Komplemente der Geraden, das sind die Parallelenpaare von A (2. Typ) und je 54 für die erweiterten Vierecke (3. Typ) und die erweiterten Paare von schneidenden Geraden (4. Typ).

Die so definierte Inzidenzstruktur W12=(𝔮,𝔅,) ist ein 5(12,6,1)-Blockplan.[5]

Großer Wittscher Blockplan

Der große Wittsche Blockplan W24 lässt sich als dreifache Erweiterung der projektiven Ebene PG1(2,4) der Ordnung 4 konstruieren.[6]

Eigenschaften

Witt-Blockpläne

  • Jeder 5(12,6,1)-Blockplan ist zu dem oben konstruierten Blockplan W12 isomorph und jeder Automorphismus α von W9=AG1(2,3) hat eine eindeutige Fortsetzung zu einem Automorphismus α von W12. Diese Fortsetzung ist dadurch bestimmt, dass α als Permutation πS3 auf der Menge der oben beschriebenen Vierecksklassen V1,V2,V3 operiert α(Vi)=Vπ(i),i{1,2,3}, und dann durch α(qi)=qπ(i) fortgesetzt wird. Außerdem ist jeder 4(11,5,1)-Blockplan isomorph zu W11=W12,x, der Ableitung des kleinen Wittschen Blockplanes an einem beliebigen Punkt x.[7]
  • Der kleine Witt-Blockplan W12 enthält genau 12 Hadamard-3(12,3,2)-Unterblockpläne.[8]
  • Jeder 5(24,8,1)-Blockplan ist zu dem oben konstruierten Blockplan W24 isomorph.
  • Jeder 4(23,7,1)-Blockplan ist zur Ableitung W23=W24,x, der Ableitung des großen Wittschen Blockplanes an einem beliebigen Punkt x isomorph.[2]
  • Jeder 3(22,6,1)-Blockplan ist zur Ableitung W22=W24,x,y, der zweifachen Ableitung des großen Wittschen Blockplanes an zwei beliebigen verschiedenen Punkten x,y isomorph.[2]

Inzidenzparameter der Wittschen Blockpläne

Die Parameter einer endlichen Inzidenzstruktur, die einer Regularitätsbedingung genügen, sind diejenigen der Inzidenzparameter bi (durchschnittliche Blockanzahl durch i beliebige Punkte) bzw. vj (durchschnittliche Punktzahl auf j beliebigen Blöcken), die bei allen i-elementigen Punktmengen bzw. j-elementigen Blockmengen übereinstimmenden positiven Zahlen gleichen. Beim kleinen und großen Wittschen 5-Blockplan, die beide als Inzidenzstrukturen den Typ (5,1) haben, sind dies die Parameter b0,b1,b5=1 und v0,v1. Nach jeder Ableitung genügt ein Blockparameter weniger seiner Regularitätsbedingung:

Reguläre Inzidenzparameter
Blockplan Typ als Inzidenzstruktur b5 b4 b3 b2 b1 (r) b0 (Gesamtblockzahl) v2 v1 (k) v0 (Gesamtpunktzahl)
W9AG1(2,3) (2,1) - - - 1 4 12 - 3
W10 (3,1) - - 1 4 12 30 - 4 10
W11 (4,1) - 1 4 12 30 66 - 5 11
W12 (5,1) 1 4 12 30 66 132 - 6 12
W21PG1(2,4) (2,2) - - - 1 5 21 1 5 21
W22 (3,1) - - 1 5 21 77 - 6 22
W23 (4,1) - 1 5 21 77 253 - 7 23
W24 (5,1) 1 5 21 77 253 759 - 8 24

Außerdem lässt sich für Teilmengen UB𝔅 eines Blockes B eine nur von der Punktzahl u=|U| abhängige Schnittzahl nu=n(B,U)=|{Y𝔅|BY=U}| angeben, falls uk ist. Mit anderen Worten ist nu die von B und U unabhängige Anzahl von Blöcken, die mit B genau alle Punkte von U gemeinsam haben. Die folgende Tabelle gibt diese Schnittzahlen an:[2]

Schnittzahlen
t k v0 n8 n7 n6 n5 n4 n3 n2 n1 n0
2 3 9 - - - - - 1 0 3 2
3 4 10 - - - - 1 0 3 2 3
4 5 11 - - - 1 0 3 2 3 0
5 6 12 - - 1 0 3 2 3 0 1
2 5 21 - - - 1 0 0 0 4 0
3 6 22 - - 1 0 0 0 4 0 16
4 7 23 - 1 0 0 0 4 0 16 0
5 8 24 1 0 0 0 4 0 16 0 30

Mit Hilfe dieser Schnittzahlen kann man die Eindeutigkeit der Wittschen Blockpläne (bis auf Isomorphie, als Blockpläne mit ihren jeweiligen Parametern) nachweisen.[2]

Mathieu-Gruppen

Die 5 sporadischen Mathieu-Gruppen 𝕄11,𝕄12,𝕄22,𝕄23,𝕄24 sind die vollen Automorphismengruppen der Wittschen Blockpläne, wobei der Subskript an der Kurzbezeichnung jeweils dem Subskript des zugehörigen Witt-Blockplanes, also dessen Punktzahl v entspricht. Alle fünf sind einfache Gruppen, d. h. sie haben keine außer den trivialen Normalteilern.[9] Rein gruppentheoretisch lässt sich der Subskript v der Mathieugruppen auch beschreiben als minimale ganze Zahl v, so dass 𝕄v als Permutationsgruppe auf {1,2,,v} operiert, mit anderen Worten, Sv ist die kleinste symmetrische Gruppe, so dass ein Gruppenmonomorphismus 𝕄vSv existiert. Der Parameter t des Blockplanes, der angibt, für wie viele beliebige Punkte jeweils ein gemeinsamer Block existiert, gibt gruppentheoretisch den maximalen Transitivitätsgrad der zugehörigen Mathieugruppe an, das heißt, die Gruppe operiert als t-fach, aber nicht t+1-fach transitive Permutationsgruppe auf den Punkten des entsprechenden Blockplans und kann auf keiner Menge mehr als t-fach transitiv und treu operieren.

Mathieu-Gruppe Gruppenordnung Blockplan Parameter t(v,k,λ) Steiner-Notation
𝕄11 7920=2432511 W11 4(11,5,1) S(4,5;11)
𝕄12 95040=2633511 W12 5(12,6,1) S(5,6;12)
𝕄22 443520=27325711 W22 3(22,6,1) S(3,6;22)
𝕄23 10200960=2732571123 W23 4(23,7,1) S(4,7;23)
𝕄24 244823040=21033571123 W24 5(24,8,1) S(5,8;24)

Literatur

Originalartikel
Lehrbücher

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Beutelspacher (1982)
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 Beth, Jungnickel, Lenz (1999)
  3. Carmichael (1931)
  4. Witt (1938)
  5. Beutelspacher (1982), Hauptsatz 2.4.6
  6. Eine Skizze dieser Konstruktion, die auf Witt(1938) zurückgeht, findet sich in Beth, Jungnickel, Lenz (1999), IV.6.4: Construction
  7. Beth, Jungnickel, Lenz (1999), Corollary IV.2.6
  8. Beth, Jungnickel, Lenz (1999), Lemma IV.4.11
  9. Beth, Jungnickel, Lenz (1999), Theorem IV.5.12

en:Steiner system#The Steiner system S(5, 8, 24)