Trendmodell

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Das Trend-Saison-Modell ist der traditionelle Ansatz der Zeitreihenanalyse. Die Modellierung erfolgt mit Hilfe eines mathematischen Modells, das folgende Komponenten umfasst:

Fehlt z. B. die Saisonkomponente, so spricht man auch nur von einem Trendmodell.

Modellaufbau

Wenn xt die beobachtete Zeitreihe ist, dann wird zunächst ein Trend μ(t) geschätzt. Möglich sind lineare, polynomiale oder exponentielle Trends, aber auch gleitende Durchschnitte.

Aus den Residuen xtμ(t) kann man eine additive oder multiplikative Saisonkomponente schätzen. Dabei wird davon ausgegangen, dass die Abweichungen der Trendfunktion von den beobachteten Werten einem saisonalen Muster unterliegen.

Beispiel

Die Grafik unten zeigt die Arbeitslosenzahlen in der Bundesrepublik Deutschland von Januar 2005 bis Dezember 2008 (links oben) und eine lineare Trendfunktion. Rechts oben wird die Abweichung zwischen den beobachteten Arbeitslosenzahlen und den Schätzungen aus dem Trend gezeigt. Man sieht, dass im Frühjahr jeden Jahres die Trendfunktion die Arbeitslosenzahlen unterschätzt und im Herbst überschätzt (gleiche Farbe = gleicher Monat). Die Grafik links unten zeigt die über die Jahre gemittelte Abweichung für jeden Monat. Diese Abweichung wird für den entsprechenden Monat zur Trendfunktion addiert. Damit ergibt sich in der Grafik rechts unten das Trend-Saison-Modell (rote Linie).

Linearer Trend mit additiver Saisonschwankung für die Arbeitslosenzahlen in Deutschland 2005–2008.
Linearer Trend mit additiver Saisonschwankung für die Arbeitslosenzahlen in Deutschland 2005–2008.

Trendschätzung

Verschiedene Trendmodelle für die Arbeitslosenzahlen in Deutschland von 2005–2011

Der Trend einer Zeitreihe gibt den globalen Verlauf einer Zeitreihe wieder. Dafür werden verschiedene Regressionsansätze verwendet:

  • ein lineares oder polynomiales Modell: μ(t)=β0+β1t+β2t2+...,
  • ein exponentielles Modell: log(μ(t))=β0+β1log(t)μ(t)=exp(β0)tβ1 oder
  • auch gleitende Durchschnitte mit einer entsprechend hohen Ordnung.

Lineares oder polynomiales Trendmodell

Im linearen oder polynomialen Trendmodell wird einfach eine lineare oder polynomiale Regression bzgl. der Zeitvariablen durchgeführt, um den Trend zu schätzen:

μ(t)=β0+β1t+β2t2+...

Während die geschätzten Werte b0, b1, ... davon abhängen, wie die Zeit parametrisiert wird, sind die geschätzten Trendwerte x^t=b0+b1t+b2t2+... unabhängig von der Parametrisierung.

Die folgende Tabelle zeigt zwei Parametrisierungen der Zeit für ein lineares Trendmodell:

  • beim ersten Trendmodell entspricht
    • Januar 2005 gleich t=1 und
    • Februar 2005 gleich t=2,
  • beim zweiten Trendmodell entspricht
    • Januar 2005 gleich s=83 und
    • Februar 2005 gleich s=81.

Danach liegen die Werte für t bzw. s für alle folgenden Monate fest.

Arbeitslose Lineares Trendmodell 1 Lineares Trendmodell 2
Zeitpunkt (in Mio.) t x^t s x^s
Jan 2005 5,09 1 4,80 −83 4,80
Feb 2005 5,29 2 4,77 −81 4,77
Mrz 2005 5,27 3 4,75 −79 4,75
... ... ... ... ... ...
Dez 2011 2,78 84 2,63 +83 2,63
Trendmodell x^t=4,825070,02615t x^s=3,713630,01308s

Da bei den beiden Parametrisierungen die gleichen Schätzwerte herauskommen, kann man irgendeine wählen:

  • Die erste Parametrisierung erlaubt eine leichte Interpretation der Trendfunktion x^t=4,825070,02615t. Ausgehend von einer Arbeitslosenzahl von 4,825 Mio. im Dezember 2004 (t=0) fällt die Arbeitslosenzahl durchschnittlich um ca. 26.150 Personen pro Monat bis Dezember 2011.
  • Die zweite Parametrisierung wäre nützlich, wenn man die Regressionskoeffizienten von Hand ausrechnen müsste. Dabei wird unter anderem das arithmetische Mittel s¯ benötigt, das sich hier zu s¯=0 ergibt. Des Weiteren sieht man, dass im Durchschnitt 3,71363 Mio. Menschen im Zeitraum Januar 2005 bis Dezember 2011 arbeitslos waren.

Bei den vorliegenden Daten wäre jedoch eine lineare Trendfunktion ungeeignet, da sie den globalen Verlauf der Zeitreihe nur schlecht wiedergibt. Dies zeigt auch die vorhergehende Grafik. Sie zeigt auch, dass eine quadratische Trendfunktion besser wäre:

x^t=5,274890,05753t+0,00037t2.

Exponentielles Modell

Anzahl der Telefone in den USA von 1891 bis 1979 mit einem linearen und einem exponentiellen Trend

Ein exponentielles Trendmodell kommt zum Einsatz, wenn die Daten es nahelegen. In der rechten Grafik sehen wir die Anzahl der Telefone (in Tsd.) in den USA von 1891 bis 1979 sowie eine exponentielle und eine lineare Trendfunktion. Offensichtlich beschreibt der exponentielle Trend die Daten besser als der lineare Trend.

Des Weiteren hat das exponentielle Trendmodell

log(μ(t))=β0+β1log(t)

den Vorteil, dass bei der Rückrechnung sich ergibt

μ(t)=exp(β0)tβ1.

Der geschätzte Wert x^t=exp(b0)tb10 für jedes t>0.

Die Schätzung der Regressionskoeffizienten erfolgt durch Rückführung auf das lineare Modell, d. h. sowohl t als auch xt werden logarithmiert und dann β0 und β1 geschätzt.

Im Gegensatz zur linearen oder polynomialen Trendfunktion hängen sowohl die Werte der geschätzten Regressionskoeffizienten als auch der Schätzwerte x^t davon ab, wie die Zeit parametrisiert wird. In der Grafik entspricht das Jahr 1891 gleich t=1891 und das Jahr 1892 gleich t=1892

log(x^t)=894,4+119,5log(t).

Gleitende Durchschnitte

Vorlage:Hauptartikel Eine weitere Alternative zur Trendschätzung sind gleitende Durchschnitte mit genügend hoher Ordnung k. Dabei wird an einer Stelle t der Wert x^t als Durchschnitt der Beobachtungswerte t(k1)/2,,t,,t+(k1)/2 berechnet. Unterschieden werden muss die Berechnung für gerade und ungerade Ordnungen:

x^t={1ks=t(k1)/2t+(k1)/2xs wenn k ungerade12kxtk/2+12kxt+k/2+1ks=tk/2+1t+k/21xs wenn k gerade

Bei einer geraden Ordnung fließen die Randpunkte xtk/2 und xt+k/2 jeweils mit dem Gewicht 1/2 ein und alle Punkte zwischen ihnen mit dem Gewicht 1.

Dies ist jedoch nur eine Möglichkeit, gleitende Durchschnitte zu berechnen; für weitere siehe den Hauptartikel Gleitender Mittelwert.

Gleitende Durchschnitte verschiedener Ordnung zur Schätzung des Trends bei den Arbeitslosenzahlen in Deutschland von 2005 bis 2011

Die gleitende Durchschnitte werfen jedoch drei Probleme auf:

  1. Welche Ordnung sollte man für die Trendschätzung wählen? Ist die Ordnung zu klein, dann fängt der gleitende Durchschnitt unter Umständen auch die Saisonalität der Daten ein. Ist die Ordnung zu groß, dann passt sich der Trend nicht mehr so gut an die Daten an. Die Grafik zeigt verschiedene Ordnungen: Sieben entspricht einem Quartal vorher und nachher, Dreizehn entspricht einem halben Jahr vorher und nachher und fünfundzwanzig entspricht einem Jahr vorher und nachher.
  2. An den Rändern, also Januar 2005 bzw. Dezember 2011 in der nebenstehenden Grafik, kann man keine Schätzwerte mehr berechnen, da in dem Datensatz weder Werte vor dem Januar 2005 noch nach dem Dezember 2011 vorliegen.
  3. Beim linearen, polynomialen und exponentiellen Trendmodell kann man prinzipiell auch in die Zukunft extrapolieren. Dies ist bei einem gleitenden Durchschnitt nicht möglich, da dafür bereits die zukünftigen Werte bekannt sein müssten. Er eignet sich also nur zur Beschreibung der Daten.

Der Vorteil der gleitenden Durchschnitte ist jedoch die bessere Anpassung an einen nicht-linearen Trend in den Daten.

Saisonschätzung

Bei der Saisonschätzung geht man davon aus, dass es eine Struktur in der Zeitreihe gibt, die sich saisonal wiederholt. Die Länge t einer Saison ist dabei vorab bekannt. Bei den Arbeitslosenzahlen weiß man, dass aufgrund der Witterungsbedingungen die Arbeitslosenzahlen zum Winter hin regelmäßig ansteigen, während sie zum Sommer hin wieder fallen. Es gibt also ein jährliches Muster in den Daten.

Im Wesentlichen werden Saisonschwankungen entweder additiv oder multiplikativ modelliert:

x^tZRM={x^t+s^j+ wenn additive Saisonschwankungx^ts^j* wenn multiplikative Saisonschwankung

Mit x^t der Wert aus einer Trendschätzung und j ein Index, der sich in jeder Saison wiederholt.

Die folgende Tabelle zeigt die Werte der Arbeitslosenzahlen in Deutschland von Januar 2005 bis Dezember 2011 (xt), eine Trendschätzung (x^t) mit einem gleitenden Durchschnitt der Ordnung 13 sowie die Abweichungen zwischen den Beobachtungswerten und der Trendschätzung für ein additives bzw. multiplikatives Saisonmodell.

Zeitpunkt Arbeitslose Trendschätzung Add. Abweichung Mult. Abweichung j
(in Mio.) (Gl. Ø mit k=13) xtx^t xt/x^t
Jan 2005 5,09 -- -- -- 1
Feb 2005 5,29 -- -- -- 2
Mrz 2005 5,27 -- -- -- 3
Apr 2005 5,05 -- -- -- 4
Mai 2005 4,88 -- -- -- 5
Jun 2005 4,78 -- -- -- 6
Jul 2005 4,84 4,87 −0,04 0,993 7
Aug 2005 4,80 4,87 −0,07 0,985 8
Sep 2005 4,65 4,85 −0,20 0,959 9
Oct 2005 4,56 4,81 −0,25 0,947 10
Nov 2005 4,53 4,77 −0,24 0,950 11
Dez 2005 4,60 4,73 −0,13 0,973 12
Jan 2006 5,01 4,70 +0,31 1,066 1
Feb 2006 5,05 4,67 +0,38 1,082 2
Mrz 2006 4,98 4,62 +0,35 1,077 3
Apr 2006 4,79 4,58 +0,21 1,046 4
Mai 2006 4,54 4,54 0,00 1,000 5
Jun 2006 4,40 4,50 −0,10 0,978 6
Jul 2006 4,39 4,47 −0,08 0,981 7
Aug 2006 4,37 4,41 −0,04 0,991 8
Sep 2006 4,24 4,34 −0,10 0,977 9
Oct 2006 4,08 4,26 −0,17 0,959 10
Nov 2006 4,00 4,18 −0,19 0,955 11
Dez 2006 4,01 4,12 −0,11 0,974 12
... ... ... ... ... ...

Additive Saisonschwankung

Jedem Zeitpunkt t=kT+j einer Saison mit einer vorgegebenen Länge T wird ein Saisonindex j=1,....,T zugeordnet. Dann wird die Differenz zwischen dem Beobachtungswert und dem geschätzten Trendwert gebildet

s^t+=xtx^t.

Danach werden für ein fixes j alle Werte gemittelt

s^j+=1njk=1njs^kT+j+

In dem Arbeitslosenbeispiel (T=12) werden zunächst also alle Januarabweichungen gemittelt (j=1):

s^1+=0,31Jan 2006+0,20Jan 2007+0,29Jan 2008+0,27Jan 2009+0,25Jan 2010+0,27Jan 20116=0,23

Dies wird für alle Monate wiederholt bis Dezember (j=12):

s^12+=0,13Dez 2005+0,11Dez 2006+0,09Dez 2007+0,19Dez 2008+0,11Dez 2009+0,08Dez 20106=0,12

Damit kann aus der Trendschätzung und den gemittelten Saisonabweichungen die endgültige Zeitreihenschätzung x^tZRM berechnet werden.

Zeitpunkt xt x^t xtx^t j s^j+ x^tZRM
Jan 2005 5,09 -- -- 1 -- --
... ... ... ... ... ... ...
Dez 2005 4,60 4,73 −0,13 12 −0,12 4,61
Jan 2006 5,01 4,70 0,31 1 0,23 4,93
... ... ... ... ... ... ...
Dez 2006 4,01 4,12 −0,11 12 −0,12 4,00
Jan 2007 4,26 4,06 0,20 1 0,23 4,29
... ... ... ... ... ... ...

Multiplikative Saisonschwankung

Jedem Zeitpunkt t=kT+j einer Saison mit einer vorgegebenen Länge T wird ein Saisonindex j=1,....,T zugeordnet. Dann wird der Quotient zwischen dem Beobachtungswert und dem geschätzten Trendwert gebildet

s^t*=xt/x^t.

Danach werden für ein fixes j alle Werte gemittelt.

s^j*=1njk=1njs^kT+j*

In dem Arbeitslosenbeispiel (T=12) werden zunächst also alle Januarabweichungen gemittelt (j=1):

s^1*=1,066Jan 2006+1,049Jan 2007+1,056Jan 2008+1,052Jan 2009+1,073Jan 2010+1,087Jan 20116=1,064

Dies wird für alle Monate wiederholt bis Dezember (j=12):

s^12*=0,973Dez 2005+0,974Dez 2006+0,973Dez 2007+0,942Dez 2008+0,967Dez 2009+0,973Dez 20106=0,967

Damit kann aus der Trendschätzung und den gemittelten Saisonabweichungen die endgültige Zeitreihenschätzung x^tZRM berechnet werden.

Zeitpunkt xt x^t xt/x^t j s^j* x^tZRM
Jan 2005 5,09 -- -- 1 -- --
... ... ... ... ... ... ...
Dez 2005 4,60 4,73 0,973 12 0,967 4,58
Jan 2006 5,01 4,70 1,066 1 1,063 5,00
... ... ... ... ... ... ...
Dez 2006 4,01 4,12 0,974 12 0,967 3,98
Jan 2007 4,26 4,06 1,049 1 1,063 4,32
... ... ... ... ... ... ...

Güte eines Trend-Saison-Modells

Da es verschiedene Möglichkeiten sowohl für die Trendschätzung als auch für die Saisonschätzung gibt, stellt sich die Frage, welches Modell das beste ist. Da beide Modelle nicht-linear sein können, kann man nicht unbedingt zweistufig vorgehen, d. h. erst das „beste“ Trendmodell nehmen und danach das beste Saisonmodell auswählen; nur eine Kombination von Trend- und Saisonschätzung sollte geprüft werden.

In Anlehnung an die lineare Regression wird ein Bestimmtheitsmaß für ein Trend-Saison-Modell definiert:

RZRM2=1t(xtx^ZRM)2t(xtx¯)2

mit x¯ der Mittelwert aller xt, für die eine Vorhersage gemacht wird. In der Regel ist das Bestimmtheitsmaß eines Trend-Saison-Modells deutlich größer als in der linearen Regression.

Die folgende Tabelle zeigt für die Arbeitslosendaten in Deutschland von Januar 2005 bis Dezember 2011 die Bestimmtheitsmaße für verschiedene Trend- bzw. Trend-Saison-Modelle.

Trendmodell Linear Exponentiell Gl. Durchschnitt (k=13)
RZRM2 0,817 0,765 0,917
Saisonschwankung additiv multiplikativ additiv multiplikativ additiv multiplikativ
RZRM2 0,868 0,870 0,791 0,767 0,993 0,994

Die Grafik zeigt die neun Trend-Saison-Modelle. Man sieht, dass sowohl die blauen (linearer Trend) als auch die grünen Modelle (exponentieller Trend) nicht gut zu den Daten passen. Die roten Modelle (gleitende Durchschnitte) passen am besten zu den Daten.

Verschiedene Trend-Saison-Modelle für die Arbeitslosendaten in Deutschland von Januar 2005 bis Dezember 2011
Verschiedene Trend-Saison-Modelle für die Arbeitslosendaten in Deutschland von Januar 2005 bis Dezember 2011

Literatur