Tetrahydroxydibor

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Vorlage:Infobox Chemikalie

Tetrahydroxydibor ist eine anorganische chemische Verbindung, die der Gruppe der Diborverbindungen zugeordnet sowie auch als eine Borsäure betrachtet werden kann. Diborverbindungen können formal als Bor(II)-Verbindungen gesehen werden.

Geschichte

Die Verbindung wurde erstmals 1937 von Egon Wiberg und Wilhelm Ruschmann als neue Borsäure (Unterborsäure) beschrieben.[1] Die Synthese ging vom Bortrichlorid aus, welches durch eine Umsetzung mit einer unterstöchiometrischen Menge an Methanol in den Diester umgewandelt wurde.[2]

BClA3+2CHA3OHB(OCHA3)A2Cl+2HCl

In der folgenden Reduktion mit Natrium wurde analog zu einer Wurtzschen Synthese im gebildeten Tetramethoxydibor die Bor-Bor-Bindung geknüpft.

2B(OCHA3)A2Cl+2NaBA2(OCHA3)A4+2NaCl

Das Tetrahydroxydibor wurde dann durch die Verseifung des Tetramethoxydibors erhalten.

BA2(OCHA3)A4+4HA2OBA2(OH)A4+4CHA3OH

Gewinnung und Darstellung

Neben der Herstellung aus ihren Estern[3][1] wurden in den 1950er Jahren von T. Wartik und E.F. Apple Synthesen aus Dibortetrachlorid[4][5][6] und von R. Brotherton aus Tetra(dimethylamino)dibor[7][8] beschrieben.

Eigenschaften

Physikalische Eigenschaften

Tetrahydroxydibor bildet farblose Kristalle, die in einem monoklinen Kristallgitter mit der Vorlage:Raumgruppe mit den Gitterparametern a = 7,4090 Å; b = 7,6660 Å, c = 7,0421 Å und β = 116,04 ° sowie 4Formeleinheiten pro Elementarzelle auftreten.[4] Im Kristallgitter sind die Moleküle über Wasserstoffbrücken zweidimensional verknüpft.[4]

Chemische Eigenschaften

Analog zur Borsäure B(OH)3, deren Entwässerung das Bortrioxid B2O3 ergibt, führt die Entwässerung von Tetrahydroxydibor zum Bor(II)-oxid (BO)x.

B2(OH)42x(BO)x+2H2O

Die Wasserabgabe startet schon bei 90 °C, wobei für eine vollständige Umsetzung ein mehrstündiges Erhitzen auf 220 °C notwendig ist.[5]

Die Verbindung wirkt als starkes Reduktionsmittel.[9] So wird eine Kaliumpermanganatlösung entfärbt bzw. aus einer Silbernitratlösung Silber abgeschieden.[1] Die wässrige Lösung ist nicht stabil. Schon bei Raumtemperatur erfolgt ein langsamer Zerfall zur Borsäure unter Wasserstoffentwicklung.[1][10]

BA2(OH)A4+2HA2O2B(OH)A3+HA2

In Gegenwart von Luftsauerstoff wird innerhalb von zwei Stunden direkt Borsäure gebildet.[1]

BA2(OH)A4+HA2O+12OA22B(OH)A3

Verwendung

In der organischen Synthese wird die Verbindung zur Einführung einer Borsubstitution am aktivierten Kohlenstoff im Molekül benutzt.[10] Eine direkte Boronierung von Aromaten mit Palladium-Katalyse unter Bildung der entsprechenden Phenylboronsäuren ist möglich.[11][12]

In Gegenwart von Kaliumhydrogendifluorid bildung der entsprechenden Trifluorphenylboraten[11]

Die Phenylboronsäuren sowie die Trifluorphenylborate dienen als Edukte bei Suzuki-Kupplungen. Letztere sind stabilere und besser lagerfähige Äquivalente der Boronsäuren.[11]

Vorlage:Commonscat

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 E. Wiberg, W. Ruschmann: Über eine neue Borsäure (‚Unterborsäure’) der Formel H4B2O4 und ihre Ester. In: Chem. Ber. 70, 1937, S. 1393–1402, doi:10.1002/cber.19370700636.
  2. E. Wiberg, H. Smedsrud: Zur Kenntnis einiger Verbindungen vom Typus BCl3–n(OR)n. (Über alkoxyl-substituierte Borchloride). In: Z. anorg. allg. Chem. 202, 1931, S. 1–21, doi:10.1002/zaac.19312020102.
  3. H. Noeth, W. Meister: Beiträge zur Chemie des Bors, VI: Über Subverbindungen des Bors. Hypoborsäure-tetrakis-dialkylamide und Hypoborsäure-ester. In: Chem. Ber. 94, 1961, S. 509–514, doi:10.1002/cber.19610940234.
  4. 4,0 4,1 4,2 Referenzfehler: Es ist ein ungültiger <ref>-Tag vorhanden: Für die Referenz namens Baber wurde kein Text angegeben.
  5. 5,0 5,1 T. Wartik, E. F. Apple: A new modification of boron monoxide. In: J. Am. Chem. Soc. 77, 1955, S. 6400–6401, doi:10.1021/ja01628a116.
  6. T. Wartik, E. F. Apple: The reactions of diboron tetrachloride with some hydrogen compounds of non-metallic elements and with dimethyl sulfide. In: J. Am. Chem. Soc. 80, 1958, S. 6155–6158, doi:10.1021/ja01556a002.
  7. R. J. Brotherton: Method for preparing tetrahydroxydiboron. Patent US 3130009 A, Prioritätsdatum 21. September 1959.
  8. N. S. Hosmane: Icons of Boron Chemistry. In: Chem. Int. Band 34, Nr. 4, 2012, S. 14–18, Link.
  9. N. Turova: Inorganic Chemistry in Tables. Springer-Verlag, Berlin/ Heidelberg 2011, S. 71, Vorlage:DOI.
  10. 10,0 10,1 Referenzfehler: Es ist ein ungültiger <ref>-Tag vorhanden: Für die Referenz namens eEROS wurde kein Text angegeben.
  11. 11,0 11,1 11,2 S. M. Kennedy, G. A. Molander, S. L. J. Trice, S. D. Dreher, M. T. Tudge: Scope of the Palladium-Catalyzed Aryl Borylation Utilizing Bis-Boronic Acid. In: J. Am. Chem. Soc. 134, 2012, S. 11667–11673, doi:10.1021/ja303181m.
  12. B. G. Davis, Z. Gao, V. Gouverneur: Enhanced Aqueous Suzuki–Miyaura Coupling Allows Site-Specific Polypeptide 18F-Labeling. In: J. Am. Chem. Soc. 135, 2013, S. 13612–13615, doi:10.1021/ja4049114.