Tetraethylorthosilicat

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Tetraethylorthosilicat, auch Tetraethoxysilan, Kieselsäuretetraethylester oder Ethylsilicat, kurz TEOS genannt, ist ein Ethylester der Orthokieselsäure.

Herstellung

TEOS wird großtechnisch durch Alkoholyse von Siliciumtetrachlorid mit Ethanol hergestellt.[1]

SiCl4+4 C2H5OHSi(OC2H5)4+4 HCl

Eigenschaften

Tetraethoxysilan ist eine farblose Flüssigkeit, die unter Normaldruck bei 168 °C siedet.[2] Die Dampfdruckfunktion ergibt sich nach Antoine entsprechend log10(P) = A−(B/(T+C)) (P in bar, T in K) mit A = 4,17312, B = 1561,277 und C = −67,572 im Temperaturbereich von 289 bis 441,7 K.[3] Die Verdampfungsenthalpie beträgt 49,5 kJ·mol−1[3] Als Feststoff kann die Verbindung in zwei polymorphen Kristallformen vorliegen.[4] Unterhalb von −85,45 °C liegt die Kristallform II vor. Diese wandelt sich bei dieser Temperatur in einer Festphasenumwandlung mit einer Umwandlungenthalpie von 13,2 kJ·mol−1 in die Kristallform I um[4], die dann bei −82,15 °C mit einer Schmelzenthalpie von 11,14 kJ·mol−1 schmilzt.[4]

Tetraethoxysilan bildet oberhalb des Flammpunktes entzündliche Dampf-Luft-Gemische. Die Verbindung hat einen Flammpunkt von 37 °C. Der Explosionsbereich liegt zwischen 0,77 Vol.‑% (67 g/m³) als untere Explosionsgrenze (UEG) und 23 Vol.‑% als obere Explosionsgrenze (OEG).[5][6] Die Zündtemperatur beträgt 230 °C.[5][6] Der Stoff fällt somit in die Temperaturklasse T3.[6]

Verwendung

Es wird in Sol-Gel-Prozessen als Siliciumdioxid-Prekursor zur Herstellung von kolloidalen Sol-Gel-Systemen benutzt. In Wasser ist die Verbindung weitgehend unlöslich. Als Reaktionsmedium wird daher meist ein Gemisch aus Ethanol und Wasser verwendet. Im Neutralen hydrolysiert TEOS in Wasser sehr langsam (mehrere Stunden) zu Orthokieselsäure und Ethanol:

C8H20O4Si+4 H2OSi(OH)4+4 C2H5OH

wobei die gebildete Orthokieselsäure durch Ausbildung von Si–O–Si-Bindungen und Abgabe von Wasser weiter in Siliciumdioxid zerfällt:

H4SiO4H2SiO3+ H2O
H2SiO3SiO2+ H2O

Erheblich schneller erfolgt die Hydrolyse im Sauren oder Alkalischen, da beides die Reaktion erheblich katalysiert. Im Ammoniakalischen können aus einer TEOS/Ethanol-Mischung, die etwas Wasser enthält, monodisperse Siliciumdioxid-Partikel erhalten werden. In der sogenannten Stöber-Synthese[7] kann durch die Wahl der Konzentrationen, Temperaturen und Ammoniakmenge die Partikelgröße im Bereich von ca. 20–500 nm eingestellt werden. Das Verfahren wird beispielsweise zur Herstellung von photonischen Kristallen[8][9] und künstlichen Opalen[10] verwendet.

In der Zahntechnik findet Tetraethylorthosilikat Verwendung beim Abbindeprozess silikatgebundener Einbettmassen.

Literatur

  • K. Nozawa et al.: Smart control of monodisperse Stöber silica particles: effect of reactant addition rate on growth process. In: Langmuir. Nr. 21, 2005, S. 1516–1523, doi:10.1021/la048569r.
  • T. Suratwala, M. L. Hanna, P. Whitman: Effect of humidity during the coating of Stöber silica sols. In: Journal of Non-Crystalline Solids. Nr. 349, 2004, S. 368–376, doi:10.1016/j.jnoncrysol.2004.08.214.

Einzelnachweise

  1. Vorlage:BibISBN
  2. Referenzfehler: Es ist ein ungültiger <ref>-Tag vorhanden: Für die Referenz namens merck wurde kein Text angegeben.
  3. 3,0 3,1 D.R. Stull: Vapor Pressure of Pure Substances Organic Compounds. In: Ind. Eng. Chem. Bd. 39, 1947, S. 517–540, doi:10.1021/ie50448a022.
  4. 4,0 4,1 4,2 M.G.M. Van der Vis, E.H.P. Cordfunke, R.J.M. Konings, G.J.K. Van Den Berg,J.C. Van Miltenburg: Tetraethoxysilane, Si(OC2H5)4: heat capacity and thermodynamic properties at temperatures from 0 to 440 K. In: J. Chem. Thermodyn. Bd. 24, 1992, S. 1103–1108, doi:10.1016/S0021-9614(05)80022-9.
  5. 5,0 5,1 E. Brandes, W. Möller: Sicherheitstechnische Kenngrößen – Band 1: Brennbare Flüssigkeiten und Gase. Wirtschaftsverlag NW – Verlag für neue Wissenschaft GmbH, Bremerhaven 2003.
  6. 6,0 6,1 6,2 Referenzfehler: Es ist ein ungültiger <ref>-Tag vorhanden: Für die Referenz namens GESTIS wurde kein Text angegeben.
  7. Werner Stöber, Arthur Fink, Ernst Bohn: Controlled growth of monodisperse silica spheres in the micron size range. In: J. Colloid Interface Sci. Bd. 26, 1968, S. 62–69, doi:10.1016/0021-9797(68)90272-5.
  8. Jian Li, Weihuan Huang, Zhe Wang, Yanchun Han: A reversibly tunable colloidal photonic crystal via the infiltrated solvent liquid–solid phase transition. In: Colloids and Surfaces A: Physicochemical and Engineering Aspects. Bd. 293, 2007, S. 130–134, doi:10.1016/j.colsurfa.2006.07.017.
  9. Martyn E. Pemble, Maria Bardosova, Ian M. Povey, Richard H. Tredgold, Debra Whitehead: Novel photonic crystal thin films using the Langmuir–Blodgett approach. In: Physica B: Condensed Matter. Bd. 394, 2007, S. 233–237, doi:10.1016/j.physb.2006.12.017.
  10. L. Pallavidino et al.: Synthesis, characterization and modelling of silicon based opals. In: Journal of Non-Crystalline Solids. Bd. 352, 2006, S. 1425–1429; doi:10.1016/j.jnoncrysol.2005.10.047.