Schweizer Landeskoordinaten

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Observatorium Zimmerwald beim Fundamentalpunkt (E=2'602'030.74 N=1'191'775.03)

Die Schweizer Landeskoordinaten gehören zum Koordinatensystem, welches bei der amtlichen Vermessung und auf den Landeskarten der Schweiz verwendet wird (Swiss Grid).[n 1]

Mit Landesvermessung 1995 (LV95), in der Form CHTRS95 (Swiss Terrestrial Reference System 1995) und CH1903+, bezeichnet man die nach 1995 eingeführte Version, beispielsweise mit Koordinaten im Format E=2'602'030, N=1'191'775 für das Observatorium Zimmerwald.

Zuvor wurde das System CH1903 oder LV03, für «Landesvermessung 1903» abgekürzt, auch bezeichnet als Militärkoordinaten, verwendet. Die Koordinaten des Fundamentalpunktes waren beim ehemaligen Observatorium Bern y=600'000, x=200'000. Als Schweizerische Zivilkoordinaten bezeichnet man die anfangs verwendete Variante mit Bern als Punkt y=0, x=0.

CH1903 basiert auf dem Bessel-Ellipsoid und einer schiefachsigen, winkeltreuen Zylinderprojektion (Mercatorprojektion). Aufgrund der kleinen Fläche der Schweiz genügt eine einzelne Kartenprojektion aus dem Ellipsoid.

Auch das Fürstentum Liechtenstein verwendet diese Koordinaten.

Kartenprojektion

Markierung des ehemaligen Fundamentalpunktes auf dem Gelände der Universität Bern

Der Fundamentalpunkt für das Koordinatensystem CH1904 ist die ehemalige Sternwarte in Bern, an deren Stelle sich das Gebäude für Exakte Wissenschaften der Universität Bern befindet. Seine Koordinaten in Metern sind im System der «Militärkoordinaten» festgelegt auf Vorlage:Coordinate; im früher verwendeten System der «Zivilkoordinaten» bildete die ehemalige Sternwarte in Bern den Koordinatenursprung bzw. Nullpunkt mit den Koordinatenwerten 0/0.

Das geodätische Datum beruht auf der Landestriangulation der Jahre 1903 bis 1939 (LV03). Der Netzmassstab ergibt sich aus den drei 1880/81 gemessenen Basislinien bei Aarberg, Bellinzona und Weinfelden. Sie sind aus einem grossen Umkreis direkt einsehbar und innerhalb des Landes gut verteilt.

Für die Projektion wird zunächst das Besselellipsoid auf eine Kugel und von dieser auf einen die Kugel im Meridian von Bern berührenden Zylinder abgebildet. Der Berührungskreis von Kugel und Zylinder ist ein Grosskreis und schneidet den Meridian von Bern rechtwinklig. Bei dieser Doppelprojektion fällt die Zylinderachse nicht mit der Erdachse zusammen, sondern die Achsen bilden einen Winkel, der dem Breitengrad von Bern entspricht. Vom Schnittpunkt von Meridian und Grosskreis aus weist die erste Koordinatenachse («y-Achse», abgewickelter Grosskreis) in östlicher Richtung und die zweite Koordinate («x-Achse», 7° 26′ Ost, «Berner Meridian») nach Norden. x- und y-Achse sind also im Vergleich zur mathematischen Konvention vertauscht.

Die Höhenmarke des dazugehörigen Nivellements befindet sich in einem Felsen im Hafenbecken von Genf, dem Pierre du Niton, mit einer Höhe von 373,60 m über dem Pegel Marseille.

Militärkoordinaten

Markierung der Lage des theoretischen Nullpunkts von CH1903 (y=0, x=0) in Frankreich, bei Saint-Émilion, 600 km westlich und 200 km südlich von Bern

Durch einen Zuschlag von y = 600 km (false easting) und x = 200 km (false northing) auf die «Zivilkoordinaten» erhält man die «Militärkoordinaten». Die Koordinate 0/0 (Nullpunkt) der «Militärkoordinaten» liegt in der Nähe von Bordeaux in Frankreich.[1] Der Ausgangspunkt und somit auch der daraus folgende Nullpunkt wurden bewusst so gewählt, dass die Fehlerquote bei der Bestimmung und Übermittlung der Koordinaten eines beliebigen Punktes der Schweiz möglichst klein sein sollte.

Dieses System erfüllt folgende Vorgaben:

  • Der Nullpunkt ist so festgelegt, dass sich das ganze Land im ersten Quadranten des Koordinatensystems befindet. Damit sind die Koordinatenwerte innerhalb des Landes immer positiv.
  • Das ganze Land liegt südlich und östlich einer vom Nullpunkt aus nach Nordosten laufenden Linie, also in der unteren Hälfte des Quadranten. Damit wird erreicht, dass der Wert der y-Koordinate (Ost) innerhalb des Landes immer grösser ist als derjenige der x-Koordinate (Nord).
  • Der nördlichste und der östlichste Punkt des Landes liegen weniger als 1000 km von den Achsen entfernt, womit alle Punkte in der Schweiz maximal sechsstellige Koordinaten aufweisen.

Diese Vorteile der «Militärkoordinaten» wurden auch in der amtlichen Vermessung der Schweiz erkannt, daher wurde hier 1918 einheitlich auf die «Militärkoordinaten» umgestellt.

Dagegen blieb die amtliche Vermessung von Liechtenstein bei den «Zivilkoordinaten» (Liechtensteinisches Referenzsystem). Eine Verwechslung der Koordinaten ist auf dem Gebiet des Fürstentums nicht möglich, eine Umstellung wurde daher nicht für nötig befunden.[2]

Beispielkoordinaten
Ort x y Anmerkung
Bern y=600'000 x=200'000 Sidlerstrasse 5, 3012 Bern, Universität Bern, Exakte Wissenschaften; WGS84: 46.9510827861504654, 7.4386324175389165
Rigi y=679'520 x=212'273
Zürich-Seebach y=684'592 x=252'857
Vaduz y=158'008 x=23'061 (CH1903: y=758'008, x=223'061)

Landesvermessung 1995

Farol da Ponta do Pargo auf Madeira, eine Gedenktafel erinnert dort an den 261 km entfernten, theoretischen Nullpunkt (E=0, N=0), 2600 km westlich und 1200 km südlich von Bern

Die Landesvermessung LV95 führte zwei neue Bezugssysteme ein, welche das historische, auf Landestriangulation beruhende System ablösen sollen. Der EPSG-Code hierfür lautet 2056:

  • CHTRS95 (Swiss Terrestrial Reference System 1995) ist eng an das europäische Bezugssystem ETRS89 angelehnt. Der Referenzrahmen ist so definiert, dass beide Systeme zum Zeitpunkt t0=1993.0 identisch sind.
  • Das lokale Bezugssystem CH1903+ verwendet dasselbe Ellipsoid wie CH1903 (Bessel 1841). Es wurde eine möglichst gute Übereinstimmung mit dem bestehenden System angestrebt. Allerdings erhalten die projizierten Koordinaten zur eindeutigen Unterscheidung einen zusätzlichen Offset von 2000 km bzw. 1000 km. Damit hat das Projektionszentrum in der alten Sternwarte Bern die Koordinaten 2'600'000 m / 1'200'000 m. Der Fundamentalpunkt wurde allerdings nach Zimmerwald verlegt, da der alte Fundamentalpunkt nicht mehr nutzbar ist. Ein fiktiver Koordinatenursprung, der aufgrund der auftretenden Projektionsverzerrungen schwierig zu bestimmen ist, läge damit 2863 km entfernt in WSW oder 300 km westlich von Madeira. Eine Tafel erinnert dort seit 2018 an den Nullpunkt.[3]

Zur Umrechnung von CH1903+ nach CH1903 müssen die lokalen Verzerrungen des über 100 Jahre alten Systems nachgebildet werden. Mit Hilfe eines Transformationsdatensatzes, welcher auf der Website vom Bundesamt für Landestopografie heruntergeladen[4] werden kann, können die Korrekturen von bis zu 1,6 m nach einem klar definierten Algorithmus[5] berechnet werden.

Blatteinteilung und Eckkoordinaten der Landeskarte 1:25'000

Die Koordinatenbereiche der Landeskarte der Schweiz 1:25'000 reichen von:

  • E=2'248'000 im Westen bis E=2'847'500 im Osten
  • N=1'074'000 im Süden bis N=1'302'000 im Norden

Zeitrahmen der Umstellung

Ca. 2005 wurde mit der Umstellung auf den neuen Bezugsrahmen begonnen. Nach der Geoinformationsverordnung, Art. 53,[6] müssen die Daten der amtlichen Vermessung spätestens bis Ende 2016 (Referenzdaten) bzw. Ende 2020 (übrige Geobasisdaten) von CH1903/LV03 nach CH1903+/LV95 überführt sein.

Die Umstellung in Liechtenstein wurde auf 2014 angesetzt.[7]

Beispielkoordinaten

Beispielkoordinaten
Messpunkt ETRS89 CH1903 CH1903+ Karten
Zimmerwald[8] 7°27′54.983506″E 46°52′37.540562″N y=602'030.680 x=191'775.030 E=2'602'030.740 N=1'191'775.030 Vorlage:Coordinate
Bern[8] 7°26′19.076715″E 46°57′3.897982″N y=600'000.000 x=200'000.000 E=2'600'000.000 N=1'200'000.000 Vorlage:Coordinate
Pfänder[8] 9°47′3.697723″E 47°30′55.172797″N y=776'668.105 x=265'372.681 E=2'776'668.590 N=1'265'372.250 Vorlage:Coordinate
Monte Generoso[8] 9°1′16.389053″E 45°55′45.438020″N y=722'758.810 x=87'649.670 E=2'722'759.060 N=1'087'648.190 Vorlage:Coordinate
Zürich Landesmuseum Kontrollpunkt[9][10] 8°32′27.99″E 47°22′43.07″N E=2'683'256.49 N=1'248'117.47 Vorlage:Coordinate

Umrechnung WGS84 auf CH1903

Berechnungsgrundlagen

Die Umrechnung von den ellipsoidischen WGS84-Koordinaten auf die Schweizer Projektionskoordinaten (CH1903) kann mittels einer Näherungsformel leicht bewerkstelligt werden. Mit den unten beschriebenen Formeln ist eine Genauigkeit von etwa einem Meter möglich.

1. Koordinaten werden in Sexagesimalsekunden umgerechnet. Ergebnis: Breite φ und Länge λ.

2. Es werden die Hilfsgrössen φ′ und λ′ aus φ und λ gebildet. Die Formeln dazu sind:

φ=φ169028.6610000
λ=λ26782.510000

3. Schliesslich werden die Schweizer Koordinaten (x und y in m) berechnet:

x=200147.07 +308807.95φ +3745.25λ'2 +76.63φ'2 +119.79φ'3 194.56λ'2φ
y=600072.37 +211455.93λ 10938.51λφ 0.36λφ'2 44.54λ'3

Vorlage:Klappbox

Beispiel

Vorlage:Klappbox

Liechtenstein

Vorlage:Klappbox

Anwendungsgebiete

CH1903+ ist das «amtliche» Koordinatensystem in der Schweiz. Das Amt für Raumordnung und Vermessung, das Bundesamt für Statistik und viele andere Behörden benutzen CH1903+ für die Georeferenzierung. So benutzt die Landeskarte der Schweiz die Schweizer Landeskoordinaten. Auch Rettungsdienste von Liechtenstein und der Schweiz verwenden ausschliesslich dieses Koordinatensystem.

Die Schweizer Landeskoordinaten finden des Weiteren Anwendung bei der Schweizer Armee, den Grenzwachtkorps, beim Zivilschutz, der Rega, den Kantonspolizeien und sonstigen schweizerischen Rettungsdiensten.

Die liechtensteinische Landesvermessung, und damit das gesamte Vermessungs- und Kartenwesen, verwendet die Schweizer Landeskoordinaten.[11][7]

Kilometerquadrate

Quadrat des Biodiversitätsmonitorings

Zu Studien in Biologie und Geographie werden die Koordinaten auch zur Einteilung des Gebietes in Quadrate verwendet (Rasterkartierung). Um ein Kilometerquadrat zu bilden, werden nur die Tausenderstellen der Koordinaten verwendet:[12]

Beispielquadrate
Punkt/Gebiet Koordinaten Quadrat
(CH1903)
Quadrat
(CH1903+)
Zürich Landesmuseum Kontrollpunkt E=2683256 N=1248117 683/248 2683/1248 Vorlage:Coordinate
Gislifluh y = 651090 x= 253075 651/253 2651/1253 Vorlage:Coordinate
Quadrat Ruine Sternenberg im Floreninventar Köniz[13] 598/191 2598/1191 Vorlage:Coordinate
Egghölzli[14] 603/198 2603/1198 Vorlage:Coordinate
Quadrat in der Gemeinde Fischbach-Göslikon[15] 666/247 2666/1247 Vorlage:Coordinate
Kilometerquadrat Nr. 1375 im Floreninventar Region Thun[16] 613/175 2613/1175 Vorlage:Coordinate
Hof Egg 621/191[12] 621'595, 191'420 621/191 2621/1191 Vorlage:Coordinate
Testquadrat 665/212 Bramberg[17] 665/212 2665/1212 Vorlage:Coordinate

Für die Erstellung des Schweizer Brutvogelatlas 2013–2016[18] wurden pro 100 km² jeweils 5 Kilometerquadrate ausgewählt. Für das Inventar der Flora von Köniz wurde das Gemeindegebiet von 51 km² in 73 Kilometerquadrate eingeteilt. Davon sind 27 vollständig im Gemeindegebiet. Die Quadrate wurden mit prägenden Flurnamen benannt. Das Biodiversitätsmonitoring Schweiz (BDM) verwendet Quadrate mit einem vordefinierten Pfad (Transekt) zur Erfassung von Gefässpflanzen und Tagfaltern (vgl. BDM-Methodik). Die Probeflächen des Landesforstinventars liegen diagonal zum Kilometernetz in 1,41 km (√ 2 km²) Entfernung seit 1983 die Anzahl halbiert werden musste (1 pro 2 km² statt 1 pro 1 km²).[19][20]

Studien mit Quadraten
Studie Gebiet Quadratgrösse Auswahl Ins­gesamt Erhebungen Belege
Schweizer Brutvogelatlas 2013–2016 CH 1 km² 5 pro 100 (Atlasquadrat 10 km × 10 km) 2013–2016: je 3× oder 2× [21][18]
Floreninventar Köniz Köniz 1 km² alle 72 1× (2019–2021) [13][22]
Arealstatistik der Schweiz CH 1 ha alle
Biodiversitätsmonitoring Schweiz (BDM) CH 1 km² Regelmässiges Netz, mit Verdichtung in Südschweiz und Jura 520,[23] 450[24] 1× alle 5 Jahre, d. h. 20 % der Quadrate pro Jahr, ab 2001 (Gefässpflanzen, Brutvögel) bzw. 2003 (Tagfalter) [23]
Monitoring häufige Brutvögel (MHB) CH 1 km² 3 bis 5 pro 100 (von 2318 insgesamt)
Laufkäfer 2016/2017 CH 1 km² 1 pro 5 × 5 km 39 [15]
Walliserflora VS 1 km² meist 2 pro Rasterquadrat (5 × 5 km); inkl. 200 Zentralquadrate[n 2] 318 [25]
Atlas de la flore vaudoise VD 1 km², 5 km² Zentralquadrat pro Rasterquadrat (5 × 5 km), Rasterquadrat 114 1× (2014 bis 2023) [26]
Flora des Kantons Zürich ZH 1 km² 1 pro 3 × 3 km 208 [27]
Flora der Stadt Zürich Zürich 1 km² alle 122 1× (1984–1997), (1997–1999) [28]
Flora des Sihltales Sihltal 1 km² alle [29]


Floreninventar der Region Thun Region Thun 1 km² alle ausser See/Militärzone [16]


Landesforstinventar 1 (LFI1) CH 1 km² alle zugänglichen[n 3] 10981 1× (1983–1985): Feldaufnahme in kreisförmigen Probeflächen um den Knoten [20][19]
Landesforstinventar CH 2 km²[n 4] alle zugänglichen[n 5] ca. 6000 Feldaufnahmen 1× alle 9 Jahre, d. h. 11 % pro Jahr, ab 2009 (LFI5 2018–2026, LFI 4 2009–2017), 1× (LFI3 2004–2006), 1× (LFI2 1983–1985) [20][19]
Eichenbestand Luzern LU 1 km² 1 pro 5 × 5 km, Zentralquadrat falls geeignet,[n 6] sonst anders; alle in Stadt Luzern 46+8 1× (ca. 2006/2007) [17]

Anmerkungen

  1. Swiss Grid ist nicht zu verwechseln mit Swissgrid, einem Stromnetzbetreiber.
  2. Zentralquadrate sofern auf Kantonsgebiet, zufällig ausgewähltes 2. Quadrat falls unter 2000 m
  3. sofern im Wald gelegen, ohne Gebüschwald
  4. diagonal 1,414 km, 1 pro 2 × 1 km; zusätzlich Kontrollflächen
  5. sofern im Wald gelegen, LFI2 ohne Gebüschwald
  6. Höhenmedian <= 850 m, nicht >25 % Wasser, nicht sehr dicht bebaut

Literatur

  • Gubler et al.: Eidgenössische Landestopographie 1976 und 1984. 1996.

GIS und Werkzeuge:

Einzelnachweise