Mischverteilung

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Der Begriff Mischverteilung oder zusammengesetzte Verteilung stammt aus der Wahrscheinlichkeitsrechnung. Es handelt sich dabei um eine Wahrscheinlichkeitsverteilung, die ein gewichtetes Mittel von mehreren Wahrscheinlichkeitsverteilungen ist. Das heißt zum Beispiel seien fX1,,fXn die Wahrscheinlichkeitsdichten von n verschiedenen Verteilungen, dann ist die Dichte der Mischverteilung von der Form

fX=a1fX1++anfXn

wobei a1,,an normalisierte Gewichte sind. Dadurch entsteht eine Mischung X von Zufallsgrößen X1,,Xn aus mehreren verschiedenen Grundgesamtheiten.

Einführendes Beispiel

Betrachtet man beispielsweise das Merkmal Körpergröße bei Kleinkindern (erste Grundgesamtheit) und Erwachsenen (zweite Grundgesamtheit), ist dieses Merkmal innerhalb jeder einzelnen Grundgesamtheit meist annähernd normalverteilt, wobei der Mittelwert für die Kleinkinder deutlich niedriger liegen dürfte als für die Erwachsenen. Die Mischverteilung ist nun die Verteilung der Körpergröße, wenn man die beiden Grundgesamtheiten Kleinkinder und Erwachsene nicht einzeln, sondern gemeinsam betrachtet, also die Verteilung der Körpergröße einer Person, von der man nicht weiß, ob sie Kleinkind oder Erwachsener ist.

Mathematisch handelt es sich in diesem Beispiel bei der Körpergröße der Kleinkinder um eine Zufallsgröße X1 aus der einen Grundgesamtheit G1 und bei der Körpergröße der Erwachsenen um eine andere Zufallsgröße X2 aus der anderen Grundgesamtheit G2. Die Mischung dieser beiden Zufallsgrößen ist eine weitere Zufallsgröße X, die mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit a1 als X1 der ersten Grundgesamtheit G1 bzw. mit Wahrscheinlichkeit a2 als X2 der anderen Grundgesamtheit G2 entstammt. Da nur diese beiden Grundgesamtheiten zur Auswahl stehen, muss a1+a2=1 gelten. Die Wahrscheinlichkeiten a1 und a2 lassen sich auch als relative Anteile der Grundgesamtheiten G1 und G2 an der gemeinsamen Grundgesamtheit interpretieren, bezogen auf das Beispiel also als Anteil der Kleinkinder beziehungsweise der Erwachsenen an der Gesamtstichprobe. Die Verteilung von X bestimmt sich über das Gesetz der totalen Wahrscheinlichkeit zu

P(Xx)=P(Xx|X aus G1)a1+P(Xx|X aus G2)a2=P(Xx|X=X1)a1+P(Xx|X=X2)a2=P(X1x)a1+P(X2x)a2;

Wenn X1 und X2 Verteilungsfunktionen F1 und F2 haben, lautet die Verteilungsfunktion F von X also

F(x)=F1(x)a1+F2(x)a2.

Definition

Stetiger Fall

Lässt sich die Dichtefunktion einer stetigen Zufallsvariablen X als

f(x)=k=1Kakfk(x)

schreiben, so sagt man, dass X einer Mischverteilung folgt. Dabei sind die fk(x) Dichtefunktionen von stetigen Zufallsvariablen Xk und die ak Wahrscheinlichkeiten mit

k=1Kak=1.

f ist also eine Konvexkombination der Dichten f1,,fK.

Man kann leicht zeigen, dass unter diesen Bedingungen f nichtnegativ ist und die Normierungseigenschaft

f(x)dx=1

erfüllt ist.

Entsprechend ergibt sich die Wahrscheinlichkeitsfunktion einer diskreten Mischverteilung als

ρ(xi)=k=1Kakρk(xi)

aus den Wahrscheinlichkeitsfunktionen ρk von diskreten Zufallsvariablen Xk.

Eigenschaften

Für die Momente von X gilt:

E(Xp)=k=1KakE(Xkp),p{1,2,3,}.

Dies folgt (im stetigen Fall) aus

E(Xp)=xpf(x)dx=xp(k=1Kakfk(x))dx=k=1Kak(xpfk(x)dx).

Eine analoge Rechnung ergibt die Formel für den diskreten Fall.

Häufiger Spezialfall: Gaußsche Mischmodelle

Beispiel einer Mischverteilung, berechnet aus einem Modell mit den Parametern von drei einzelnen gewichteten Gaußverteilungen mit dem EM-Algorithmus (berechnet mit dem R-Paket mclust[1]).

Ein häufiger Spezialfall von Mischverteilungen sind sogenannte Gaußsche Mischmodelle (Vorlage:Lang, kurz: GMMs). Dabei sind die Dichtefunktionen f1,,fK die der Normalverteilung mit potenziell verschiedenen Mittelwerten μ1,,μK und Standardabweichungen σ1,,σK (beziehungsweise Mittelwertvektoren und Kovarianzmatrizen im d-dimensionalen Fall). Es gilt also

fk(x)=𝒩(μk,Σk)(x)=1(2π)d2|Σk|12exp(12(xμk)Σk1(xμk))

und die Dichte f der Mischverteilung hat die Form

f(x)=k=1Kakfk(x)=k=1Kak(2π)d2|Σk|12exp(12(xμk)Σk1(xμk)).

Parameterschätzung

Schätzer für die Parameter von Wahrscheinlichkeitsverteilungen werden häufig mit dem Maximum-Likelihood-Verfahren hergeleitet. Im Falle von Mischverteilungen ergeben sich dabei allerdings meist Gleichungen, deren Lösungen sich nicht algebraisch angeben lassen und daher numerisch bestimmt werden müssen[2]. Ein typisches Verfahren dazu ist der Expectation-Maximization-Algorithmus (EM-Algorithmus), der beginnend bei initialen Werten für die Parameter eine Folge von immer besseren Schätzwerten erzeugt, die sich in vielen Fällen den realen Parametern annähern.

Beispiel

Datei:Mischv.png
Verteilung des Gewichts der Forellen (g)

Ein Forellenzüchter verkauft Forellen in großen Mengen. Es wird im Herbst beim Leeren der Teiche eine Bestandsaufnahme gemacht. Dabei werden die herausgefischten Forellen gewogen. Es ergibt sich die Verteilung des Gewichts, wie in der Grafik zu ersehen ist. Die Zweigipfligkeit der Verteilung deutet auf eine Mischverteilung hin. Es stellt sich heraus, dass die Forellen aus zwei verschiedenen Teichen stammen. Die Forellengewichte aus dem ersten Teich sind normalverteilt mit dem Erwartungswert 400 g und der Varianz 4900 g2 und die aus dem zweiten Teich mit dem Erwartungswert 600 g und der Varianz 8100 g2. Aus dem ersten Teich stammen 40 % der Forellen, aus dem zweiten 60 %. Es ergibt sich die Dichtefunktion f(x)=0,41702πe12(x40070)2+0,61902πe12(x60090)2 (siehe Abbildung).

Literatur

Siehe auch

Einzelnachweise