Lokalisierung (Stochastik)

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In der Stochastik versteht man unter Lokalisierung das Erweitern einer Klasse von stochastischen Prozessen durch solche, die durch gezieltes Stoppen der Klasse zugehörig gemacht werden können. Hierbei ist insbesondere der Begriff der lokalen Martingale von Bedeutung, die eine wichtige Rolle in der stochastischen Analysis spielen.

Gestoppte Prozesse

Vorlage:Hauptartikel Sei X=(Xt)tT ein stochastischer Prozess auf einem filtrierten Wahrscheinlichkeitsraum (Ω,𝒜,()tT,P), wobei T=0 oder T=0+ ist. Ist τ eine beliebige Stoppzeit bezüglich der Filtrierung, so bezeichnet man den Prozess

Xτ=(Xtτ)tTmitXtτ(ω):=Xmin(τ(ω),t)(ω),ωΩ

als bei τ gestoppten Prozess. Der Prozess Xτ stimmt also bis zum Zeitpunkt τ mit dem Prozess X überein, bleibt aber danach bei seinem aktuellen Wert stehen und ändert seinen Zustand nicht mehr.

Lokalisierung von Prozessklassen

Sei nun 𝒞 eine Menge von Prozessen mit derselben Indexmenge T, etwa die Menge aller Martingale oder aller Lévy-Prozesse. Ein Prozess X heißt lokal von der Klasse 𝒞, falls es eine Folge (τi),i von Stoppzeiten gibt, die die folgenden beiden Eigenschaften erfüllt:

  • Es gilt τi fast sicher für i, d. h. für fast alle ωΩ divergiert die (deterministische) Folge τ1(ω),τ2(ω) gegen plus unendlich.
  • Für alle i liegt der gestoppte Prozess Xτi in 𝒞.

Die Lokalisierung 𝒞loc der Menge 𝒞 wird nun definiert als Klasse aller Prozesse, die lokal von der Klasse 𝒞 sind. Eine zu einem lokalen Prozess X gehörige (aber nicht eindeutige!) Folge von Stoppzeiten mit den obigen Eigenschaften wird auch als lokalisierende Folge von X bezeichnet.

Eigenschaften

Die Abbildung 𝒞𝒞loc ist kein Hüllenoperator: Es gilt zwar stets 𝒞𝒞loc (zu jedem Prozess X𝒞 kann als lokalisierende Folge die konstante Folge τn:= f.s. gewählt werden), und auch die Bedingung 𝒞𝒟𝒞loc𝒟loc gilt, jedoch gilt im Allgemeinen nicht (𝒞loc)loc=𝒞loc, die Abbildung ist also nicht idempotent.

Zu einem Hüllenoperator wird die Abbildung erst, wenn man sich auf Mengen von Prozessen beschränkt, die stabil unter Stoppen sind: Eine Menge 𝒞 von stochastischen Prozessen heißt stabil unter Stoppen, wenn für alle X𝒞 und alle Stoppzeiten τ gilt: Xτ𝒞. Dann gilt obige Idempotenz sowie zusätzlich die Eigenschaft (𝒞𝒟)loc=𝒞loc𝒟loc

Literatur

  • Daniel Revuz, Marc Yor: Continuous Martingales and Brownian motion. Springer-Verlag, New York 1999, ISBN 978-3-540-64325-8.