Horozyklischer Fluss

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In der Mathematik ist der horozyklische Fluss ein Beispiel eines algebraisch beschreibbaren chaotischen dynamischen Systems.

Definition

Es sei F eine hyperbolische Fläche, also eine Riemannsche Mannigfaltigkeit der Form

F=ΓH2,

wobei H2 die hyperbolische Ebene und ΓIsom(H2) eine diskrete Gruppe von Isometrien ist.

Das Poincaré-Modell der hyperbolischen Ebene, verschiedene im selben Punkt endende Geodäten (in rot) und ein zugehöriger Horozykel (in blau).

Betrachte die hyperbolische Ebene H2 und ihr Einheitstangentialbündel T1H2. Die Wirkung der Gruppe der orientierungserhaltenden Isometrien

Isom+(H2)PSL(2,)

auf T1H2 induziert eine Bijektion zwischen PSL(2,) und T1H2. Wir betrachten die Wirkung von PSL(2,) auf T1H2=PSL(2,) als Linkswirkung. Dann entspricht der horozyklische Fluss Ψt der Rechtswirkung von (1t01) auf PSL(2,).

Diese Rechtswirkung Ψt kommutiert mit der Linkswirkung von Γ, induziert also eine wohldefinierte Wirkung Ψt auf dem Einheitstangentialbündel

T1F=ΓT1H2,

die als horozyklischer Fluss bezeichnet wird.

Die Orbits des horozyklischen Flusses sind die Projektionen auf die Fläche F der Einschränkungen des Einheitstangentialbündels T1H2 auf den Horozykeln in der hyperbolischen Ebene.

Eigenschaften

Wechselwirkung mit anderen Flüssen

Eine häufig verwendete Eigenschaft des horozyklischen Flusses ist seine Wechselwirkung mit dem geodätischen Fluss Φt. Es gilt

ΦsΨtΦs=Ψe2st

für alle s,t. Insbesondere sind die Orbits des horozyklischen Flusses die stabilen Mannigfaltigkeiten des geodätischen Flusses.

Häufig wird auch der sogenannte negative horozyklische Fluss Ψt betrachtet, dessen Wirkung auf T1H2=PSL(2,) durch die Rechts-Wirkung von (10t1) auf PSL(2,) gegeben ist. Für diesen gilt

ΦsΨtΦs=Ψe2st,

seine Orbits sind die unstabilen Mannigfaltigkeiten des geodätischen Flusses.

Kompakte Flächen

Wenn F kompakt ist, dann ist der horozyklische Fluss minimal[1], ergodisch bzgl. des Liouville-Maßes (welches im Fall hyperbolischer Flächen mit dem Bild des Haar-Maßes unter der Projektion PSL(2,)=T1H2T1F übereinstimmt) und sogar eindeutig ergodisch, d. h. jedes Fluss-invariante Maß ist ein skalares Vielfaches des Liouville-Maßes.[2] Insbesondere sind alle Orbits gleichverteilt bzgl. des Liouville-Maßes.

Nichtkompakte Flächen endlichen Volumens

Wenn F endliches Volumen (bzgl. des Haar-Maßes) hat, aber nicht kompakt ist, dann hat man periodische Orbits (entsprechend den geschlossenen Horozykeln um die Spitzen von F), aber mit Ausnahme der Linearkombinationen von Dirac-Maßen auf diesen periodischen Orbits sind die skalaren Vielfachen des Liouville-Maßes wieder die einzigen Fluss-invarianten Maße und alle nichtperiodischen Orbits sind gleichverteilt bzgl. des Liouville-Maßes.[3][4]

Literatur

  • Ghys, Étienne: Dynamique des flots unipotents sur les espaces homogènes. Séminaire Bourbaki, Vol. 1991/92. Astérisque No. 206 (1992), Exp. No. 747, 3, 93–136.
  • Morris, Dave Witte: Ratner's theorems on unipotent flows. Chicago Lectures in Mathematics. University of Chicago Press, Chicago, IL, 2005. ISBN 0-226-53983-0; 0-226-53984-9

Einzelnachweise

  1. Hedlund, Gustav A.: Fuchsian groups and transitive horocycles. Duke Math. J. 2 (1936), no. 3, 530–542.
  2. Furstenberg, Harry: The unique ergodicity of the horocycle flow. Recent advances in topological dynamics (Proc. Conf., Yale Univ., New Haven, Conn., 1972; in honor of Gustav Arnold Hedlund), pp. 95–115. Lecture Notes in Math., Vol. 318, Springer, Berlin, 1973.
  3. Dani, S. G.: Invariant measures of horospherical flows on noncompact homogeneous spaces. Invent. Math. 47 (1978), no. 2, 101–138.
  4. Dani, S. G.; Smillie, John: Uniform distribution of horocycle orbits for Fuchsian groups. Duke Math. J. 51 (1984), no. 1, 185–194.