Henry-Gesetz

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Das Henry-Gesetz (nach dem englischen Chemiker William Henry), auch Henry-Dalton-Gesetz (nach John Dalton), beschreibt das idealisierte Löslichkeitsverhalten von Gasen in Flüssigkeiten.[1][2]

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Die Konzentration an Teilchen in der flüssigen Phase (hier blau dargestellt) hängt vom Partialdruck ab. Eine …
Erhöhung des Außendrucks (hier durch Einpressen eines Kolbens dargestellt) führt zu einem höheren Partialdruck der Gasphase und folglich zu einer höheren Konzentration.

Definition

Das Henry-Gesetz besagt, dass der Partialdruck eines Gases über einer Flüssigkeit direkt proportional zur Konzentration des Gases in der Flüssigkeit ist. Die Proportionalität wird ausgedrückt durch die Henry-Konstante. Das Gesetz ist mit dem Prinzip von Le Châtelier vereinbar, denn auf eine äußere Druckzunahme wird das System mit einer Verkleinerung der Teilchenzahl des Gases reagieren (den Druck vermindern und somit dem „Zwang“ ausweichen).

Es gibt viele Möglichkeiten, die Henry-Konstante zu definieren. Diese lassen sich in zwei fundamentale Typen einteilen: Eine Möglichkeit ist es, die Flüssigphase in den Zähler und die Gasphase in den Nenner zu stellen. Daraus ergibt sich die Henry-Löslichkeitskonstante Hs. Ihr Wert steigt mit der Löslichkeit. Alternativ können Zähler und Nenner getauscht werden, woraus sich die Henry-Flüchtigkeitskonstante Hv ergibt. Ihr Wert steigt mit der Flüchtigkeit, sinkt also mit steigender Löslichkeit. Es gibt mehrere Varianten der beiden fundamentalen Typen, da es viele Wege gibt, die Zusammensetzung der Phasen zu beschreiben, z. B. Stoffmengenkonzentration (cl mit Index l für engl. liquid), Molalität (b) und Stoffmengenanteil (x) für die Flüssigphase. Für die Gasphase können Stoffmengenkonzentration (cg) und Partialdruck (p) verwendet werden. Die exakte Variante wird im Symbol der Henry-Konstante durch zwei hochgestellte Zeichen gekennzeichnet, die sich auf Zähler und Nenner beziehen. Zum Beispiel bezeichnet Hscp die Henry-Löslichkeitskonstante, die als c/p definiert ist.

Henry-Löslichkeitskonstanten Hs

Die Henry-Löslichkeitskonstante Hscp

Atmosphärenchemiker definieren die Henry-Löslichkeitskonstante meist als:

Hscp=clp.

Hier ist cl die Konzentration einer Substanz in der Flüssigphase und p ihr Partialdruck in der Gasphase unter Gleichgewichtsbedingungen.

Die SI-Einheit für Hscp ist mol (m3·Pa)−1. Oft jedoch wird die Einheit M·atm−1 verwendet, da cl üblicherweise in M (1 M = 1 mol·dm−3) und p in atm (1 atm = 101325 Pa) ausgedrückt wird.

Die dimensionslose Henry-Löslichkeitskonstante Hscc

Die Henry-Löslichkeitskonstante kann auch als dimensionsloses Verhältnis zwischen der Flüssigphasenkonzentration cl und der Gasphasenkonzentration cg definiert werden:

Hscc=clcg.

Für ein ideales Gas ist die Umrechnung:

Hscc=HscpRT,

mit R = Gaskonstante und T = Temperatur. Hscc ist praktisch identisch mit dem Ostwald-Koeffizient (nach Wilhelm Ostwald, Formelzeichen L, manchmal auch λ).

Die Henry-Löslichkeitskonstante Hsxp

Eine weitere Henry-Löslichkeitskonstante ist:

Hsxp=xlp.

Hier ist xl der Stoffmengenanteil in der Flüssigphase. Für eine verdünnte, wässrige Lösung ist die Umrechnung zwischen xl und cl:

clxlϱH2OMH2O,

mit ϱH2O = Dichte von Wasser und MH2O = molare Masse von Wasser. Daraus folgt:

HsxpMH2OϱH2OHscp.

Die SI-Einheit für Hsxp ist Pa−1. Häufig jedoch wird atm−1 benutzt.

Henry-Flüchtigkeitskonstanten Hv

Die Henry-Flüchtigkeitskonstante Hvpc

Oft wird die Henry-Flüchtigkeitskonstante als Quotient aus Partialdruck und Flüssigphasenkonzentration definiert:

Hvpc=pcl=1Hscp.

Die SI-Einheit für Hvpc ist Pa·m3·mol−1.

Die Henry-Flüchtigkeitskonstante Hvpx

Eine weitere Henry-Flüchtigkeitskonstante ist:

Hvpx=px=1Hsxp.

Die SI-Einheit für Hvpx ist Pa. Häufig jedoch wird atm benutzt.

Die dimensionslose Henry-Flüchtigkeitskonstante Hvcc

Die Henry-Flüchtigkeitskonstante kann auch als dimensionsloses Verhältnis zwischen Gasphasenkonzentration cg einer Substanz und ihrer Flüssigphasenkonzentration cl definiert werden:

Hvcc=cgcl=1Hscc.

In der Umweltchemie wird diese Konstante oft als Luft-Wasser-Verteilungskoeffizient KAW bezeichnet.

Werte der Henry-Konstanten

Einige ausgewählte Henry-Konstanten sind in der folgenden Tabelle gezeigt. Von R. Sander existiert eine regelmäßig aktualisierte, umfangreiche Sammlung von Henry-Konstanten[3].

Henry-Konstanten für einige Gase in Wasser bei T=298,15K
Gas Hvpc=pcaq
(Latmmol)
Hscp=caqp
(molLatm)
Hvpx=px
(atm)
Hscc=caqcgas
O2 770 Vorlage:ZahlExpZelle Vorlage:ZahlExpZelle Vorlage:ZahlExpZelle
H2 1300 Vorlage:ZahlExpZelle Vorlage:ZahlExpZelle Vorlage:ZahlExpZelle
CO2 29 Vorlage:ZahlExpZelle Vorlage:ZahlExpZelle Vorlage:ZahlExpZelle
N2 1600 Vorlage:ZahlExpZelle Vorlage:ZahlExpZelle Vorlage:ZahlExpZelle
He 2700 Vorlage:ZahlExpZelle Vorlage:ZahlExpZelle Vorlage:ZahlExpZelle
Ne 2200 Vorlage:ZahlExpZelle Vorlage:ZahlExpZelle Vorlage:ZahlExpZelle
Ar 710 Vorlage:ZahlExpZelle Vorlage:ZahlExpZelle Vorlage:ZahlExpZelle
CO 1100 Vorlage:ZahlExpZelle Vorlage:ZahlExpZelle Vorlage:ZahlExpZelle

Einige Beispiele (Löslichkeit in H2O) für Henry-Konstanten organischer Substanzen sind:

Alkylbenzole (ButylbenzoleBenzol) Hscp = 0,1 … 1 mol/L·bar
Chlorbenzole (HexachlorbenzolMonochlorbenzol) Hscp = 0,1 … 2 mol/L·bar
Phthalsäureester Hscp = 1000 … 2000 mol/L·bar
Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) Hscp = 1 … 5000 mol/L·bar
aliphatische Kohlenwasserstoffe (C18-C5) Hscp = 0,0001 … 0,1 mol/L·bar
PCB Hscp(T) = 1 … 100 mol/L·bar

Strenggenommen gilt das Henry-Gesetz nur bei hypothetischer Extrapolation zu verschwindenden Partialdrücken und für unendlich verdünnte Lösungen. Bei realen Lösungen müssen Fugazitäten und Aktivitäten verwendet werden. Reagiert das gelöste Gas mit dem Lösungsmittel (z. B. Kohlenstoffdioxid mit Wasser) und bildet ein Gleichgewicht, kann die effektive Henry-Konstante verwendet werden (siehe unten).

Temperaturabhängigkeit der Henry-Konstante

Die Henry-Konstante ist bei Temperaturänderungen nicht konstant, weswegen sie manchmal auch als Henry-Koeffizient bezeichnet wird. Es gibt mehrere Ansätze diese Abhängigkeit in Formeln zu fassen, ein einfaches Beispiel ist:

Hscp=Hscp,Θexp(C(1T1TΘ))

Hierbei steht der Index Θ für die Normtemperatur (298,15 K). Die Konstante C kann folgendermaßen interpretiert werden:

C=ΔsolvHR=dln(Hscp)d(1/T)

wobei ΔsolvH die Lösungsenthalpie und R die Gaskonstante ist.

Nachfolgende Tabelle listet einige Konstanten C ([C] = K) für die obige Formel auf:

Gas O2 H2 CO2 N2 He Ne Ar CO
C in K 1700 500 2400 1300 230 490 1300 1300

Es zeigt sich, dass die Löslichkeit von Gasen in Wasser bei steigender Temperatur abnimmt. Dieses beobachtet man beim Erhitzen von Wasser in einem Kochtopf, kleine Gasblasen bilden sich und steigen auf, lange bevor die Flüssigkeit siedet.

Effektive Henry-Konstante

Die bisher aufgeführten verschiedenen Henry-Konstanten beziehen sich auf das Gleichgewicht einer Substanz in der Gasphase und derselben Substanz in der flüssigen Phase. Sie werden intrinsische Henry-Konstanten genannt. Reagiert der Stoff in der flüssigen Phase, wird das Gleichgewicht gestört und das Henry-Gesetz kann nicht mehr direkt angewendet werden. Wenn die Substanz aber in einem sich schnell einstellenden Gleichgewicht vorliegt, kann eine effektive Henry-Konstante Hs,eff definiert werden. Diese berücksichtigt die chemischen Reaktionen, indem eine totale Konzentration ctot eingeführt wird. Je nach chemischer Stoffgruppe gibt es verschiedene Wege, diese zu definieren:

Hs,eff für Aldehyde

Aldehyde können leicht hydratisiert werden, so liegt beispielsweise Formaldehyd (HCHO, Methanal) in wässriger Lösung nahezu vollständig als Methandiol H2C(OH)2 vor:

HCHO+H2OH2C(OH)2.

Die totale Konzentration von gelöstem Formaldehyd ist demnach:

ctot=c(HCHO)+c(H2C(OH)2).

Berücksichtigt man dieses Gleichgewicht, kann eine effektive Henry-Konstante definiert werden als:

Hs,eff=ctotp(HCHO)=c(HCHO)+c(H2C(OH)2)p(HCHO).

Hs,eff für Säuren und Basen

Säuren und Basen dissoziieren in Lösung. Ein Beispiel dafür ist die Dissoziation von Salzsäure (HCl), die in wässriger Lösung in H⁺-Ionen und Cl⁻-Ionen zerfällt:

HClH++Cl

Die totale Konzentration ctot kann dann definiert werden als:

ctot=c(HCl)+c(Cl),

und die effektive Henry-Konstante dementsprechend:

Hs,eff=ctotp(HCl)=c(HCl)+c(Cl)p(HCl).

Berücksichtigt man die Säurekonstante Ka=c(H+)c(Cl)c(HCl), kann eine Beziehung zwischen intrinsischer und effektiver Henry-Konstanten hergestellt werden:

Hs,eff=Hs×(1+Kac(H+)).

Die Umrechnung zwischen der intrinsischen und der effektiven Henry-Konstanten ist pH-abhängig. Um eine pH-unabhängige Konstante zu erhalten, kann bei starken Säuren und Basen das Produkt von intrinsischer Henry-Konstante Hscp und der Säurekonstanten Ks verwendet werden: Hs=Hscp×Ka=c(H+)×c(Cl)p(HCl).

Auch wenn Hs häufig als Henry-Konstante bezeichnet wird, gilt es zu beachten, dass es sich um eine separate Größe mit anderen Einheiten als Hscp handelt.

Anwendung im Tauchsport

Mit dem relativ einfachen Henry-Gesetz lässt sich die Dekompressionskrankheit bei Tauchern erklären. Der Umgebungsdruck nimmt um etwa 1 bar pro 10 Meter Wassertiefe zu. Mit zunehmendem Partialdruck löst sich mehr Stickstoff zunächst im Blut, das ihn in die Peripherie transportiert. Dort diffundiert er vorzugsweise in Kompartimente mit hohem Fettanteil. Erfolgt das Auftauchen zu schnell bzw. ohne die evtl. notwendigen Dekompressionspausen, so ist die Rückdiffusion von Stickstoff (Gewebe → Blut → Lunge → Wasser) zu langsam, sodass er ausperlt. Findet dies im Gewebe statt, spricht man von Bends (Gelenkschmerzen), im Lungenkreislauf von Chokes (Atemproblemen) oder bei Blasenbildung in Arterien, die Hirn- oder Rückenmark versorgen, von Staggers (neurologischen Symptomen).

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. William Henry: Experiments on the Quantity of Gases Absorbed by Water, at Different Temperatures, and under Different Pressures. In: Philosophical Transactions of the Royal Society of London, Band 93, 1. Januar 1803, S. 29–274, doi:10.1098/rstl.1803.0004, (Volltext).
  2. Vorlage:Literatur
  3. Rolf Sander: Compilation of Henry’s law constants (version 5.0.0) for water as solvent. In: Atmospheric Chemistry and Physics, Band 23, 2023, S. 10901–12440, doi:10.5194/acp-23-10901-2023.