Diffraktometrie unter streifendem Einfall

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Geometrie: Der Winkel α ist nahe dem kritischen Winkel

Diffraktometrie unter streifendem Einfall (Vorlage:Lang, GID) ist ein Verfahren zur Untersuchung der Kristallstruktur dünner Schichten.

Dazu wird eine Probe unter kleinen Winkeln mit

beleuchtet und die gebeugte Strahlung analysiert. Diffraktometrie unter streifendem Einfall zeichnet sich durch einen besonders flachen Einfallswinkel der Strahlung auf die Probe aus (α < 3°; gesehen nicht von der Normalen zur Probenoberfläche, sondern von der Oberfläche selbst).

Beschreibung

Totalreflexion von Röntgenstrahlung an der Oberfläche zu einem homogenen Medium

Vorlage:HauptartikelFestkörper haben bei sehr kleinen Wellenlängen λ in der Regel einen Brechungsindex n=1δ kleiner als derjenige von Luft oder Vakuum mit n=1 (siehe Wikipedia-Seite: Brechungsindex). Für Silizium beträgt die Abweichung der Vakuumwerts des Brechungsindex (1nSi)=1,593106 bei Röntgenstrahlung der Wellenlänge von λ=0,7107Å.

Strahlt Röntgenlicht unter einem kleinen Winkel αi=90°δ1 von Luft oder Vakuum als optisch dichteres Medium n1=1 gegen die Grenzfläche zum optisch dünneren Medium n2=1δ streifend ein, so findet Totalreflexion für Einfallswinkel αi, die geringer sind als der Grenzwinkel αg=2δ statt. Für Silizium mit δ=1nSi=1,593106 bei Röntgenstrahlung der Wellenlänge von λ=0,7107Å beträgt der Grenzwinkel ψg,Si

ψg,Si=2δ=2(1nSi)=21,593106=1,785 mrad=0,102°

Die transmittierte Welle Et(t) verhält sich wie durch das Snelliussche Brechungsgesetz beschrieben:

Et(t)Etex/dei(ωcy+ωt)

Die Röntgenstrahlung wird total reflektiert. Der erste Faktor der transmittierten Welle Etex/d klingt in Richtung des optisch dünneren Mediums bei x>0 exponentiell ab. Der zweite Faktor ei(ωcy+ωt) zeigt, dass sich diese längs der Grenzfläche in negativer y-Richtung ausbreitet. In der Probe tritt dann nur noch eine mit der Eindringtiefe exponentiell gedämpfte evaneszente Welle auf. Die Eindringtiefe d lautet:

d=cω2δαi2=λ2π2δαi2<λ2π2δ

und ist im Bereich der Röntgenstrahlung nahezu wellenlängenunabhängig! Für Einfallswinkel αi0 kann eine minimale Eindringtiefe erreicht werden, die für Silizium

dSi=λ2π2δ=0,7107Å2π1,785103=63,4Å=6,34 nm90λ

beträgt. Die Intensität ist proportional zum Amplitudenquadrat |Et|2 des elektrischen Feldes der Röntgenstrahlung und nimmt quadratisch mit der Eindringtiefe ab: |Et|2e2x/d. Im Gebiet der Totalreflexion dringt das Röntgenfeld mit d2 also nur halb so tief ein. Diese Oberflächenempfindlichkeit bildet die Grundlage für die Diffraktometrie unter streifendem Einfall.

Totalreflektierter Bragg-Reflex an der Kristalloberfläche

Bisher war das Medium homogen mit räumlich gleich verteilten Elektronen. Ist die Wellenlänge der Röntgenstrahlung mit den Gitterabständen im Kristall vergleichbar, dann kann Röntgenbeugung an geordneten Strukturen wie Kristallen oder Quasikristallen auftreten. Reflexion der Röntgenstrahlung an den einzelnen Gitterebenen des Kristalls tritt in den Richtungen auf, in denen die Bragg-Bedingung:

mλ=2d(hkl)sinθ

erfüllt ist. Die Bragg-Gleichung verknüpft den Abstand d(hkl) zwischen parallelen Gitterebenen, die Wellenlänge λ der Röntgenstrahlung, sowie den Winkel θ zwischen Röntgenstrahl und Gitterebene. m ist eine natürliche Zahl, die die Beugungsordnung angibt. Die Gitterebenen mit Miller-Indizes (hkl) haben im kubischen System den Abstand:

d(hkl)=a0h2+k2+l2

mit der Gitterkonstanten a0.

Für die Diffraktometrie unter streifendem Einfall an einem (220) orientierten Silizium-Einkristall beträgt der Gitterebenenabstand

d(220)=a0h2+k2+l2=5,43Å22+22=1,92Å

Dabei ist die Kantenlänge der kleinsten kubischen Einheitszelle von Silizium 5,43Å lang. Für Röntgenstrahlung der Wellenlänge λ=0,7107Å taucht der Bragg-Reflex der m=1 Beugungsordnung beim Glanzwinkel

sinθ=mλ2d(220)=10,7107Å21,92Å=0,185bzw.θ=11,67°

auf. Bei richtig orientiertem Kristall existiert ein Bragg-Reflex der transmittierten Welle Et(t) im Winkel 2θ=21,34° zur Ausbreitungsrichtung. Sollte die Silizium-Oberfläche bis zur minimalen Eindringtiefe dSi durch Arsen-Beschuss amorph und nicht mehr kristallin sein, dann verschwindet der Oberflächen-Bragg-Reflex unter Totalreflexion für Einfallswinkel αi<αg=2δ. So lässt sich die Beugung der Strahlung an Kristallstrukturen, etwa in Dünnschichten, mit minimaler Überlagerung von Strahlung untersuchen, die am Substrat gebeugt wurde. Dagegen dringt beim herkömmlichen Theta/2-Theta-Verfahren mit großen Einfallswinkeln (Diffraktometrie) die einfallende Strahlung in die Probe ein, und es tritt keine erhöhte Sensitivität für die Probenoberfläche auf.

Totalreflektierte Kleinwinkel-Röntgenstreuung an der Oberfläche

Für Einfallswinkel (0–0,6 Grad) lässt sich sogar die Oberfläche der Dünnschicht untersuchen, etwa in dem verwandten Verfahren der Kleinwinkel-Röntgenstreuung unter streifendem Einfall (englisch grazing incidence small-angle X-ray scattering, GISAXS). Die Kleinwinkelstruktur des totalreflektierten Röntgenstrahls verrät Eigenschaften nanostrukturierter Oberflächen und dünner Schichten.

Regelmäßig angeordnete Lamellenstapel von Tensiden erzeugen Bragg-ähnliche Reflexe in einer Richtung senkrecht zu den Lamellenebenen. Wenn die Lamellen parallel zum Substrat ausgerichtet sind, erhält man Streureflexe in der Einfallsebene entlang der Oberflächennormalen. Bei Lamellen mit zufälliger Ausrichtung taucht ein Pulverring oder Bögen auf. Bei senkrechten Lamellen schließlich beobachtet man Bragg-Reflexe in der Richtung parallel zur Substratoberfläche.[1]

Literatur

Einzelnachweise