Differenzenmenge

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Eine Differenzenmenge der Ordnung n[1] (englisch: perfect difference set[2]) ist in der endlichen Geometrie eine Menge von n+1 natürlichen Zahlen[3], aus der sich eine eindeutige projektive Ebene erzeugen lässt. James Singer konnte in den 1930er Jahren beweisen, dass jede endliche desarguessche Ebene von einer Differenzenmenge abstammt.[2] Diese Tatsache ist eine der Aussagen des Satzes von Singer, der darüber hinaus besagt, dass jede endliche desarguessche projektive Geometrie einen Singer-Zyklus besitzt. Es wird vermutet, ist aber (2012) noch nicht bewiesen, dass genau die desarguesschen endlichen Ebenen von einer Differenzenmenge abstammen.[1]

Definitionen

Es sei n eine natürliche Zahl. Eine Menge 𝒟 von natürlichen Zahlen heißt eine Differenzenmenge der Ordnung n, falls gilt[1]

  1. 𝒟 enthält genau n+1 Elemente,
  2. jede natürliche Zahl m{1,2,3,,n2+n} lässt sich auf genau eine Weise schreiben als md1d2mod(n2+n+1) mit d1,d2𝒟.

Die zweite Bedingung lässt sich formal abschwächen. Sei Δ(𝒟)={(d,d)|d𝒟} die Diagonale in 𝒟2. Dann ist die 2. Bedingung zunächst gleichwertig zu der abstrakter formulierten Bedingung

(2a) Die Abbildung δ:𝒟2Δ(𝒟){1,2,3,,n2+n}:(d1,d2)d1d2mod(n2+n+1) ist bijektiv.[4]

Da für eine Menge 𝒟, die der 1. Bedingung gemäß n+1 Elemente enthält, die Menge 𝒟2Δ(𝒟) der Paare unterschiedlicher Zahlen immer (n+1)2(n+1)=n2+n Elemente enthält, ist die Definitionsmenge von δ immer gleichmächtig zur Zielmenge, daher sind für diese Abbildung Surjektivität, Injektivität und Bijektivität gleichwertige Forderungen und die 2. Bedingung kann durch

(2b) „Für d1,d2𝒟,d1d2 sind die Differenzen d1d2mod(n2+n+1) paarweise verschiedene Zahlen (mit anderen Worten: δ ist injektiv).“ oder durch
(2c) „Jede natürliche Zahl m{1,2,3,,n2+n} tritt modulo n2+n+1 als Differenz d1d2(d1,d2𝒟) auf (mit anderen Worten: δ ist surjektiv).“

ersetzt werden.

Reduzierte Differenzenmenge

  • Ist 𝒟 eine Differenzenmenge der Ordnung n, dann sind auch die n2+n+1 verschiedenen Mengen 𝒟+i={d+imod(n2+n+1)|d𝒟} für beliebige i{0,1,2,,n2+n} solche Differenzenmengen.
  • Jede Differenzenmenge 𝒟 der Ordnung n enthält genau zwei verschiedene Elemente d1,d2 mit d1+1d2mod(n2+n+1). Dann ist 𝒟d1={0,1,kn+1} ebenfalls eine solche Differenzenmenge.

Singer verwendet Differenzenmengen, die 0 und 1 enthalten und deren Elemente alle in {0,1,2,,n2+n1} liegen, als Normalformen für Differenzenmengen und bezeichnet eine solche Differenzenmenge dann als reduzierte Differenzenmenge (englisch: reduced perfect difference set).[2] Beutelspacher und Rosenbaum verwenden als Normalenform Mengen, die 1 und 2 enthalten und deren Elemente alle in {1,2,3,,n2+n} liegen, ohne dafür eine gesonderte Bezeichnung einzuführen.[1] Es gilt:

Falls eine Differenzenmenge der Ordnung n existiert, dann existiert auch eine solche, die 0 und 1 enthält (also eine reduzierte Differenzenmenge), der Ordnung n.

Eigenschaften und Bedeutung

Projektive Ebene

Ist 𝒟 eine Differenzenmenge der Ordnung n2, dann ist die folgendermaßen definierte Geometrie P(𝒟) eine projektive Ebene der Ordnung n:[1]

  1. Die Punktmenge ist die Menge 𝔓={0,1,2,3,,n2+n}0 von natürlichen Zahlen,
  2. die Geradenmenge 𝔊 besteht aus den Teilmengen 𝒟+i𝔓,i{0,1,2,,n2+n},
  3. die Inzidenzrelation I(𝔓×𝔊)(𝔊×𝔓) von P(𝒟) ist die mengentheoretische Enthaltenrelation zusammen mit ihrer Umkehrung: I=.

Man sagt dann: Die so definierte projektive Ebene P(𝒟)=(𝔓,𝔊,I) „stammt von der Differenzenmenge 𝒟“ ab.

Singer-Zyklus, Satz von Singer Vorlage:AnkerVorlage:Anker

Sei κ eine Kollineation auf einer endlichen projektiven Geometrie. Wenn κ die Punkte und Hyperebenen der Geometrie zyklisch permutiert, das heißt im Falle einer endlichen Ebene (𝔓,𝔊,I) der Ordnung n: wenn für beliebige A𝔓,g𝔊 gilt

(1)𝔓={κi(A)|i{1,2,3,,n2+n+1}}und(2)𝔊={κi(g)|i{1,2,3,,n2+n+1}}

dann heißt die von κ erzeugte Kollineationsgruppe κ ein Singer-Zyklus der Geometrie, speziell der Ebene.[5]

Der Satz von Dembowski-Hughes-Parker besagt, dass eine Gruppe von Kollineationen einer projektiven Geometrie genau dann auf der Punktmenge transitiv operiert, wenn sie auf der Menge der Hyperebenen transitiv operiert.[6] Daraus folgt, dass die geforderten Eigenschaften (1) und (2) für zyklische Kollineationsgruppen auf einer Ebene äquivalent sind.

Die folgenden Aussagen werden als Satz von Singer bezeichnet:

  1. Jede endliche, desarguessche, projektive Geometrie besitzt einen Singer-Zyklus. Dieser kann so gewählt werden, dass er sogar nur aus Projektivitäten besteht.[7]
  2. Eine endliche projektive Ebene besitzt genau dann einen Singer-Zyklus, wenn sie isomorph zu einer von einer Differenzenmenge abstammenden Ebene ist.[8]

Ist P(𝒟)=(𝔓,𝔊,I) eine solche Ebene in ihrer oben beschriebenen Darstellung durch die Differenzenmenge 𝒟, dann ist

κ:𝔓={0,1,2,3,,n2+n}𝔓;xx+1mod(n2+n+1)

eine Kollineation der Ordnung n2+n+1, die somit einen Singer-Zyklus erzeugt.

Konstruktion von Singer-Zyklen auf einer desarguesschen Geometrie

Jede desarguessche projektive Geometrie endlicher Ordnung ist isomorph zu einem d-dimensionalen projektiven Raum d(K) über einem endlichen Körper K=𝔽q. Der Koordinatenvektorraum V von d(K) ist als K-Vektorraum isomorph zu dem endlichen Körper L=𝔽qd+1. Die multiplikative Gruppe (L,) ist zyklisch, also existiert ein erzeugendes („primitives“) Element ξL dieser Gruppe, mit dem ξ=L gilt. Die Abbildung

Ξ:Kd+1Kd+1:vξv

ist ein K-Vektorraumautomorphismus. Nach Wahl einer Punktbasis in d(K) kann dieser Automorphismus als Koordinatendarstellung einer Projektivität angesehen werden. Da Ξ transitiv auf V(Kd+1) operiert, operiert auch die dadurch dargestellte Projektivität transitiv auf der Punktmenge von d(K) und erzeugt daher einen Singer-Zyklus dieser projektiven Geometrie.

Beispiele

Die Abbildung zeigt die Fano-Ebene und eine Projektivität c der Ordnung 7 (rot), die einen Singer-Zyklus erzeugt. Die Punkte (schwarz) sind so nummeriert, dass dieses Modell der Fano-Ebene von der Differenzenmenge 𝒟2={1,2,4} abstammt, die Nummern der Geraden (blau) sind i aus der Geradendarstellung gi=𝒟2+i.
  • Die Menge 𝒟2={1,2,4} ist eine Differenzenmenge der Ordnung 2, denn die sämtlichen Differenzen von verschiedenen Elementen d1,d2𝒟2 lauten (modulo 7):
126144245211413422
Die 7 Geraden der projektiven Ebene zu dieser Differenzenmenge lauten, vergleiche auch die Abbildung rechts:
𝒟2+0={1,2,4}𝒟2+1={2,3,5}𝒟2+2={3,4,6}𝒟2+3={4,5,0}𝒟2+4={5,6,1}𝒟2+5={6,0,2}𝒟2+6={0,1,3}
Die Ebene ist isomorph zur Fano-Ebene.
  • Die Mengen 𝒟3={1,2,4,10} bzw. 𝒟4={1,2,5,15,17} sind Differenzenmengen der Ordnung 3 bzw. 4.
  • Die Menge 𝒟5={0,1,3,8,12,18} ist eine reduzierte Differenzenmenge der Ordnung 5.
  • Da zu den Ordnungen 6, 10, 12 und 14 keine projektiven Ebenen existieren, gibt es auch keine Differenzenmengen dieser Ordnungen.
  • Der Satz von Bruck-Ryser-Chowla liefert notwendige Bedingungen an die Ordnungen projektiver Ebenen. Natürliche Zahlen, die nach diesem Satz ausgeschlossen sind (Vorlage:OEIS), können auch nicht Ordnungen einer Differenzenmenge sein.

Literatur

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 Beutelspacher & Rosenbaum (2004)
  2. 2,0 2,1 2,2 Singer (1938)
  3. Im vorliegenden Artikel wird die 0 stets zu den natürlichen Zahlen 0={0,1,2,3,} gezählt.
  4. Man beachte dazu, dass δ aufgrund der Eigenschaften der Modulo-Funktion mod stets eine Abbildung ist.
  5. Zu Ehren von James Singer siehe Literatur, Beutelspacher & Rosenbaum (2004), 2.8
  6. Hughes & Piper (1973)
  7. Beutelspacher & Rosenbaum (2004), Kapitel 6
  8. Beutelspacher & Rosenbaum (2004), Sätze 2.8.4, 2.8.5