Bandabstandsreferenz

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Als Bandabstandsreferenz (Vorlage:EnS) bezeichnet man eine Referenzspannungsquelle, deren Ausgangsspannung aus der wegen der Bandlücke auftretenden Flussspannung einer Halbleiter-Diode gewonnen wird. Halbleiterdioden haben je nach Material eine andere Flussspannung. Üblicherweise wird jedoch Silizium verwendet. Da die Flussspannung temperaturabhängig ist, muss der Temperaturbeiwert kompensiert werden, wenn eine temperaturunabhängige Referenzspannung erzielt werden soll.

Die typische Klemmenspannung einer Spannungsreferenz-Grundschaltung ist bei Silizium etwa 1,2 V und liegt damit Nahe bei dem theoretischen Wert der Bandlücke von 1,17 eV bei einer Temperatur von 0 K. Mittels Bandabstandsreferenzen bereitgestellte Referenzspannungsquellen haben in der Elektronik eine große Verbreitung. Angewendet werden sie beispielsweise in integrierten Spannungsreglern (Linearregler, Schaltregler), und vielen Analog-Digital-Wandlern.

Die Entwicklung der ersten Bandabstandsreferenz aus dem Jahr 1971 geht auf Arbeiten von Robert Widlar bei National Semiconductor zurück.[1] Es folgte 1974 die von Paul Brokaw bei Analog Devices entwickelte und nach ihm benannte Brokaw-Bandabstandsreferenz, deren Schaltung die Grundlage vieler Schaltungsvarianten von Bandabstandsreferenzen ist.[2] Einen Überblick über die verschiedenen Schaltungsvarianten liefert Robert Allen Pease in seinem Artikel Vorlage:EnS.[1]

Funktion

Zur Realisierung einer Bandabstandsreferenz gibt es unterschiedliche Ansätze. Nachfolgend wird ein an die Brokaw-Bandabstandsreferenz angelehnter Ansatz schrittweise analysiert.

Arbeitspunktregelung

Das Bild unten zeigt eine Bandabstandsreferenz, reduziert auf den Regelkreis zur Stabilisierung von IC1/C2. Die Rückkopplung ist so angelegt, dass UR1 und UR2 gleiche Werte annehmen. Von entscheidender Bedeutung ist, dass T1 einen höheren Sperrsättigungsstrom IS aufweist, was konstruktiv durch Parallelschalten mehrerer identischer Transistoren erreicht wird.

R1=R2
UR1=R1IC1
UR2=R2IC2
IC=ISeUBEUT(1+UCEUA) ; (Großsignalgleichung des Bipolartransistors)
ICISeUBEUT
IS1=nIS2
IC1=nIS2eUBE1UT
IC2=IS2eUBE2UT
Schaltung zur Demonstration der Arbeitspunktregelung
Übertragungskennlinien der beiden Schaltungsteile für
IS2 = 1 · 10−15 A
n = 10
R3 = 100 Ω
UT = 25,9 mV
Für die Referenzspannung ergibt sich:
URef ≈ 702 mV

Durch den höheren Sperrsättigungsstrom weist T1 einen höheren Verstärkungsfaktor gegenüber UBE1 auf. Der Widerstand R3 führt jedoch mit zunehmendem Emitterstrom IE zu einer Gegenkopplung und sorgt für einen flachen Kennlinienverlauf. Irgendwann holt T2, dessen Basisanschluss mit T1 parallel liegt, in der Übertragungskennlinie auf. Die Ausgangsspannung Uref des Differenzverstärkers stabilisiert sich an dem Punkt, an dem sich beide Kennlinien schneiden. Dort leiten beide Transistoren den gleichen Strom.

UBasis=ΔUBE+UBE1=UBE2
ICIE
IC1=IC2

Der Arbeitspunkt berechnet sich wie folgt:

ΔUBE+UBE1=UBE2  ΔUBE=UBE2UBE1
UBE=UTlnICIS  IC=ISeUBEUT
UBE1=UTlnIC1nIS2  ;  UBE2=UTlnIC2IS2
ΔUBE=UBE2UBE1=UTlnIC2IS2UTlnIC1nIS2
lnalnb=lnab ; IC1=IC2

Zusammengefasst und gekürzt resultiert die Formel:

ΔUBE=UTlnn ; UT=kBTe0

In die Gleichung für den Strom IC1 eingesetzt ergibt das:

IC2=IC1=ΔUBER3=UTlnnR3

Daraus lässt sich schließlich die Ausgangsspannung mit der folgenden Gleichung ermitteln.

URef=UBasis=UBE2=UTlnIC2IS2

Temperaturkoeffizient

Die Bedingung

ΔUBE+UBE1=UBE2

gilt für alle Temperaturwerte und führt direkt zur Bedingung

dΔUBEdT+dUBE1dT=dUBE2dT.

Damit gilt für die Spannung UBasis:

dUBasisdT=dUBE2dT

In guter Näherung gilt dabei die Temperaturdrift von UBE bei konstantem Kollektorstrom IC

dUBEdT=UBE(4+M)UTUGT
  • M: Herstellungsparameter, Wertebereich −1,0 bis −1,5
  • UG: Bandabstandsspannung von Silizium (UG(300 K) = 1,12 V)

Temperaturkompensation

Wie gezeigt, weist die Ausgangsspannung Uref (= UBE) noch eine deutliche Temperaturabhängigkeit auf, die in der Praxis etwa −1,7 mV/K beträgt. Des Weiteren besitzen IC1 und damit auch IC2 einen positiven Temperaturkoeffizienten. Die Erweiterung der verbesserten Schaltung (siehe unten) besteht aus dem Widerstand R4, über den die Ströme IC1 und IC2 geleitet werden und macht sich deren Temperaturkoeffizienten zunutze.

Die Temperaturabhängigkeit für IC1/C2 zeigt diese Formel aus dem Abschnitt Arbeitspunktregelung:

IC2=IC1=ΔUBER3=UTlnnR3 ; UT=kBTe0

Die weitere Rechnung zeigt, wie diese Abhängigkeit genutzt werden kann, um UTemp mit einem definierten Temperaturbeiwert auszustatten, der die Drift der Basis-Emitter-Spannung kompensiert.

Schaltung zur Demonstration der Temperaturkompensation

Ermittlung des Temperaturkoeffizienten von UTemp:

UTemp=R4(IC1+IC2)
IC1=ΔUBER3  ;  IC1+IC2=2IC1
UTemp=R42IC1=R4ΔUBER32=2UTlnnR4R3
dUTempdT=2dUTdTR4R3lnn=2UTTR4R3lnn

Kompensationsbedingung:

dUTempdT=dUBasisdT=UTT2R4R3lnn
m=R4R3=dUBasisdTTUT12lnn

Zahlenbeispiel: n = 10

m=R4R3=1(1,7mVK)300K25,9mV12ln104,28

Ausgangsspannung

Die Ausgangsspannung Uref erhöht sich durch das Einfügen der Temperaturkompensation und liegt im Bereich der Bandabstandsspannung UG des verwendeten Halbleiters. Beim anvisierten Wert von UG(0 K) = 1,205 V[3] handelt es sich um die extrapolierte Bandabstandsspannung bei 0 K ausgehend von der Bezugstemperatur T. Tatsächlich weist die Bandabstandsspannung von Halbleitern bei tiefen Temperaturen kein lineares Verhalten auf, weswegen die echte Bandlücke 1,17 V beträgt. In einem Zahlenbeispiel soll die resultierende Ausgangsspannung ermittelt werden.

Uref=UBE2+UTemp

Parameter:

IS0 = 1 · 10 −15; n = 10; IS1 = n · IS0; IS2 = IS0; R3 = 100 Ω; M = 1,5; T = 300 K

Im ersten Schritt muss der Arbeitspunkt und somit IC1/C2 bestimmt werden.

IC2=IC1=ΔUBER3=UTlnnR3=25,9mVln10100=0,596mA
UBasis=UBE2=UTlnIC2IS2=25,9mVln0,596mA11015=702mV

Aus UBasis, IC1/C2 und den Parametern kann nun R4 der für die Temperaturkompensation und die Spannung UTemp errechnet werden.

dUBEdT=UBE(4+M)UTUG+UTT=702mV(41,5)25,9mV1120mV300K=1,61mVK
m=R4R3=dUBasisdTTUT12lnn=1(1,61mVK)300K25,9mV12ln104,05
R4=mR3=4,05100Ω=405Ω
UTemp=2IC1R4=20,596mA405Ω=483mV
Uref=UBasis+UTemp=0,702V+0,483V=1,18V

Resultate:

R4 = 478 Ω; UBasis = 0,702 V; UTemp = 0,483 V; Uref = 1,18 V

Die im Zahlenspiel ermittelte Ausgangsspannung Uref liegt mit 1,18 V nur einige Prozent unter dem erwarteten Wert von 1,205 V.

Diskreter Aufbau

In der Praxis kommen nur integrierte Schaltungen zum Einsatz, doch für Laborversuche und zum Elektronikbasteln bietet ein diskreter Aufbau Anreize. Dem steht ein grundlegendes Problem gegenüber, denn Transistor-Arrays zum Erreichen des erforderlichen Verhältnisses des Sättigungssperrstroms sind schwer erhältlich. Ausweg bietet die Reduzierung des Widerstandes von R2. Dadurch fließt im Arbeitspunkt durch T2 ein Vielfaches des Stroms durch T1, was einen ähnlichen Effekt hat wie der vielfache Sättigungssperrstrom und die daraus folgende Spannungsstromverstärkung. Ratsam ist die Verwendung eines Doppeltransistors, um die Herstellungsstreuung möglichst gering zu halten und eine gute thermische Kopplung zu erreichen.

Die wichtigsten Formeln dazu zusammengefasst:

R2=1nR1 ; IC2=nIC1
ΔUBE=UBE2UBE1=UTlnIC2ISUTlnIC1IS=UTlnn
IC1=ΔUBER3
UTemp=R4IC1(1+n)=R4ΔUBER3(1+n)=R4R3UTlnn(1+n)
dUBasisdT=dUTempdT=R4R3UTT(1+n)lnn
m=R4R3=dUBasisdTTUT1(1+n)lnn
dUBEdT=dUBasisdT=UBE(4+M)UTUGT

Temperatursensor

Als PTAT (proportional to absolute temperature) wird eine Größe bezeichnet, die proportional zur absoluten Temperatur T ist. Eine solche Eigenschaft weist ΔUBE und in Folge UTemp in der Brokaw-Zelle auf.

ΔUBE=UTlnn=TkBe0lnn
UTemp=UT2R4R3lnn=TkBe02R4R3lnn

Dieses Merkmal lässt sich zur Temperaturmessung nutzen und spiegelt direkt die Temperatur des Chip-Materials wider.

Verschiedenes

„parasitärer“ pnp-Transistor in CMOS-Struktur

Der Begriff curvature correction bezeichnet Maßnahmen zur Kompensation der verbliebenen Temperaturabhängigkeit der Bandabstandsreferenz.

Die für eine Bandabstandsreferenz erforderlichen Bipolartransistoren stehen in CMOS-Technologie nur über das aufwändige BiCMOS zur Verfügung. Deswegen macht man sich den vom Latch-Up-Effekt gefürchteten „parasitären“ pnp-Transistoren zunutze.

Eine Ende der 1990er entwickelte Bandabstandsreferenz basiert auf JFETs. Diese sind unter geschützten Markennamen wie XFET bekannt. Bandabstandsreferenzen dieser Art verfügen über teils bessere Eigenschaften als mit Bipolartransistoren realisierte Schaltungen und können auch bei niedrigeren Versorgungsspannungen eingesetzt werden.[4]

Literatur

Vorlage:Commonscat

Einzelnachweise