Algorithmus von Samuelson-Berkowitz

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Der Algorithmus von Samuelson-Berkowitz (nach Paul A. Samuelson und S. Berkowitz) ist ein Verfahren, das für beliebige quadratische Eingabematrizen ARn×n die Koeffizienten des charakteristischen Polynoms von A ermittelt, d. h. insbesondere auch die Determinante von A. Im Gegensatz etwa zum Algorithmus von Faddejew-Leverrier sind die Voraussetzungen weniger restriktiv: Als Eingabe sind auch Matrizen A zulässig, deren Einträge Elemente eines beliebigen kommutativen Rings R mit Einselement sind, da das Verfahren völlig ohne Divisionen auskommt.

Notation und Idee des Verfahrens

Wir bezeichnen mit

  • IrRr×r die r×r-Einheitsmatrix
  • ArRr×r die r×r-Submatrix von A bestehend aus den ersten r Zeilen und Spalten
  • prR[λ] das charakteristische Polynom von Ar, wobei pr(λ)=k=0rcrkλk
  • RrRr der Zeilenvektor mit den Komponenten ar+1,j mit 1jr
  • SrRr der Spaltenvektor mit den Komponenten ai,r+1 mit 1ir

und betrachten folgende Partitionierung von Ar+1:

Ar+1=[ArSrRrar+1,r+1]

Die grundlegende Idee des Verfahrens besteht darin, das charakteristische Polynom von Ar+1 rekursiv zu berechnen. Mit der obigen Notation gilt zunächst

det(Ar+1)=ar+1,r+1det(Ar)RrAdj(Ar)Sr

wobei Adj(Ar) die Adjunkte von Ar bezeichnet (Begründung: Entwicklung nach letzter Zeile mittels Entwicklungssatz von Laplace, vgl.[1]).

Wenn man dies auf die Matrix λIr+1Ar+1 überträgt, dann erhält man speziell für das charakteristische Polynom von Ar+1:

pr+1(λ)=det(λIr+1Ar+1)=(λar+1,r+1)pr(λ)RrAdj(λIrAr)Sr(*)

Außerdem kann man leicht zeigen, dass sich die Adjunkte in (*) folgendermaßen schreiben lässt (siehe z. B.[1]):

Adj(λIrAr)=k=1r(j=1kArj1ckj)λrk=k=1r(Ark1c0++Ar1ck2+Irck1)λrk(**)

Hierin sind c0,,cr1 die Koeffizienten des charakteristischen Polynoms von Ar.

Formel von Samuelson

Wir erhalten nun die gewünschte rekursive Darstellung für das charakteristische Polynom pr+1(λ) von Ar+1 (in der Literatur Formel von Samuelson genannt), indem wir die beiden obigen Beziehungen (*) und (**) zusammenfügen:

pr+1(λ)=(λar+1,r+1)pr(λ)k=1r[j=1k(RrArj1Sr)ckj]λrk=(λar+1,r+1)pr(λ)k=1r[(RrArk1Sr)c0++RrAr1Srck2+(RrSr)ck1]λrk

Verfahren von Samuelson-Berkowitz

Matrix-Vektor Schreibweise

Um einen effektiven und leichter lesbaren Algorithmus formulieren zu können, transferieren wir nun die Formel von Samuelson in Matrix-Schreibweise. Dazu ordnen wir einem Polynom ω vom Grad d

ω(λ)=k=0dαkλdk

den Koeffizientenvektor

ω=[α0α1α2αd]Rd+1

sowie die folgende Toeplitz-Matrix (die zugleich eine untere Dreiecksmatrix ist) zu:

Toep(ω)=[α0000α1α000α2α1α00a0αdαd1αd2a1]R(d+1)×d

Genauer ist also der Eintrag an der Position (i,j) von Toep(ω) gegeben durch

[Toep(ω)]i,j={αkfallsijundij=k0fallsi<j

Definiert man nun noch das Polynom qr+1 durch

qr+1(λ)=λr+1ar+1,r+1λrk=1r(RrArk1Sr)λrk=λr+1ar+1,r+1λr(RrSr)λr1(RrArr1Sr)

dann lässt sich die Formel von Samuelson in der folgenden kompakten Form darstellen (vgl.[2] und [3]):

pr+1=Toep(qr+1)pr

Algebraische Top-Level Formulierung

Durch sukzessives Anwenden dieses Prinzips erhält man folgende zentrale Aussage (siehe [2] und [3]):

Mit p1(λ)=λa11, also

p1=[1a11]=Toep(q1)

gilt:

  • Die Koeffizienten des charakteristischen Polynoms pr(λ) von Ar für 1rn sind gegeben durch:
pr=Toep(qr)Toep(qr1)Toep(q1)
  • Insbesondere erhalten wir, falls r=n, die Koeffizienten des charakteristischen Polynoms pn(λ) von A durch:
pn=Toep(qn)Toep(qn1)Toep(q1)

Algorithmus

Damit kann man nun folgenden Algorithmus formulieren (vgl.[4]):

Eingabe:(n×n)MatrixARn×n
Vect:=[1a11]
Forr=1,,n1berechne
  * {RrArk1Sr}k=1r(Koeffizientenvonqr+1<mo stretchy="false">)</mo>
  * Vect:=Toep(qr+1)Vect
EndFor
Ausgabe:pn=Vect(VektorderKoeffizientendescharakteristischenPolynoms)

Der Algorithmus berechnet nicht nur die Koeffizienten des charakteristischen Polynoms von A, sondern darüber hinaus auch in jedem Schleifendurchlauf für die Untermatrix Ar.

Historisches

Die grundlegende Idee des Verfahrens wurde zuerst 1942 von Paul A. Samuelson beschrieben und publiziert.[5] Der Algorithmus in der oben präsentierten und heute gebräuchlichen Form geht auf Berkowitz[3] (parallele Version) und Abdeljaoued[2] (Beschreibung als serielles Verfahren) zurück, weswegen man manchmal auch die Bezeichnung Samuelson-Berkowitz-Abdeljaoued-Algorithmus (SBA-Algorithmus) in der Literatur findet.[4]

Korrektheit des Algorithmus

Da im oben formulierten Verfahren nur endliche Schleifen auftreten, ist klar, dass der Algorithmus terminiert. Die partielle Korrektheit folgt aus der Formel von Samuelson und der daraus abgeleiteten algebraischen Top-Level-Formulierung in Matrix-Vektor-Form (s. o., vgl. z. B.[1]). Genauer gesprochen beruht die Korrektheit auf folgender Schleifeninvariante: Am Ende des r-ten Schleifendurchlaufs enthält der Vektor Vect die Koeffizienten des charakteristischen Polynoms von Ar+1(Formulierung als Nachbedingung).

Aufwand, Effizienz und Parallelisierbarkeit

Man kann zeigen[2], dass der Aufwand (Zeitkomplexität) des Algorithmus die Größenordnung 𝒪(n4) hat. Eine genauere Schranke ist gegeben durch die Anzahl der arithmetischen Operationen 12n4n3+52n2. Bei der Implementierung des Verfahrens kann man zudem ausnutzen, dass es für die Multiplikation von Toeplitz-Matrizen effektive Methoden gibt. Der Algorithmus lässt sich auch sehr gut parallelisieren, genaueres dazu findet man speziell in [3].

Numerisches Beispiel

Wir betrachten die Matrix

A=[5537219642655892]
Wir starten die Rekursion mit den charakteristischen Polynom der Matrix A1=[5], für das p1=λ5 gilt, d. h.
Vect=[15]
  • r=1:
Wir berechnen nun p2. Hierzu benötigen wir zunächst die Koeffizienten von q2:
  • k=1:
R1S1=2*5=10
Also
q2=λ2a22λR1S1=λ21λ10
Hieraus resultiert nun die Toeplitz-Matrix
Toep(q2)=[1011101]
und damit
Toep(q2)*p1=Vect[1011101]*[15]=[165]
Das charakteristische Polynom von A2 lautet also p2=λ26λ5
  • r=2:
Wir ermitteln die Koeffizienten von q3:
  • k=1:
R2A20S2=[42][39]=6
  • k=2:
R2A21S2=[42][5521][39]=126
Also
q3(λ)=λ3a3,3λ2(R2S2)λ1(R2A21S2)=λ3+6λ26λ126
und
Toep(q3)=[10061066112666]
Damit erhalten wir
Toep(q3)*p2=Vect[10061066112666][165]=[1047120]
Das charakteristische Polynom von A3 lautet daher p3=λ347λ120
  • r=3:
Wir ermitteln die Koeffizienten von q4:
  • k=1:
R3A30S3=[589][765]=38
  • k=2:
R3A31S3=[589][553219426][765]=348
  • k=3:
R3A32S3=[589][553219426]2[765]=679
Also
q4(λ)=λ4a4,4λ3(R3S3)λ2(R3A21S3)λ(R3A22S3)=λ42λ3+38λ2348λ+679
und
Toep(q4)=[10002100382103483821679348382]
Die finale Matrix-Vektor-Multiplikation liefert nun die Koeffizienten des gesuchten charakteristischen Polynoms der gesamten Matrix A=A4:
Toep(q4)*p3=Vect[10002100382103483821679348382][1047120]=[129374867]
Hieraus liest man das gesuchte Endergebnis ab:
p4=λ42λ39λ2374λ867
Insbesondere erhält man also für die Determinante von A
p4(0)=det(A)=(1)4det(A)=867det(A)=867

Literatur

  • J. Abdeljaoued, The Berkowitz algorithm, Maple and computing the characteristic polynomial in an arbitrary commutative ring, MapleTech Vol. 4, No. 3, pp. 21-32, Birkhäuser Boston Basel Berlin, 1997
  • Stuart J. Berkowitz: On computing the determinant in small parallel time using a small number of processors, Information Processing Letters, 18, pp. 147-150, 1985, Vorlage:DOI
  • G. Nakos and Robert M. Williams: A Fast Computation of the Characteristic polynomial, Mathematica in Education and Research, Vol. 9, No. 1, 2000
  • Paul A. Samuelson: A method for determining explicitly the characteristic equation, Annals of Mathematical Statistics, 13, pp. 424-429, 1942, Vorlage:DOI
  • Günter Rote: Division-free algorithms for the determinant and the Pfaffian: algebraic and combinatorial approaches , in: Computational Discrete Mathematics, Editor: Helmut Alt, Lecture Notes in Computer Science 2122, Springer-Verlag, 2001, pp. 119-135, Online-Version (PDF; 250 kB)
  • Michael Soltys: Berkowitz's Algorithm and Clow Sequences, The Electronic Journal of Linear Algebra (ELA), Vorlage:ISSN, Volume 9, pp. 42-54, April 2002, Online-Version (PDF; 168 kB)

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Michael Soltys: Berkowitz's Algorithm and Clow Sequences, The Electronic Journal of Linear Algebra (ELA), Vorlage:ISSN, Volume 9, pp. 42-54, April 2002, Online-Version (PDF; 168 kB)
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 J. Abdeljaoued, The Berkowitz algorithm, Maple and computing the characteristic polynomial in an arbitrary commutative ring, MapleTech Vol. 4, No. 3, pp. 21-32, Birkhäuser Boston Basel Berlin, 1997
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 Stuart J. Berkowitz: On computing the determinant in small parallel time using a small number of processors, Information Processing Letters, 18, pp. 147-150, 1985, Vorlage:DOI
  4. 4,0 4,1 G. Nakos and Robert M. Williams: A Fast Computation of the Characteristic polynomial, Mathematica in Education and Research, Vol. 9, No. 1, 2000
  5. Paul A. Samuelson: A method for determining explicitly the characteristic equation, Annals of Mathematical Statistics, 13, S. 424–429, 1942, doi:10.1214/aoms/1177731540