Basiswechsel (Vektorraum)

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Der Basiswechsel oder die Basistransformation ist ein Begriff aus dem mathematischen Teilgebiet der linearen Algebra. Man bezeichnet damit den Übergang zwischen zwei verschiedenen Basen eines endlichdimensionalen Vektorraums über einem Körper K. Dadurch ändern sich im Allgemeinen die Koordinaten der Vektoren und die Abbildungsmatrizen von linearen Abbildungen. Ein Basiswechsel ist somit ein Spezialfall einer Koordinatentransformation.

Der Basiswechsel kann durch eine Matrix beschrieben werden, die Basiswechselmatrix, Transformationsmatrix oder Übergangsmatrix genannt wird. Mit dieser lassen sich auch die Koordinaten bezüglich der neuen Basis ausrechnen. Stellt man die Basisvektoren der alten Basis als Linearkombinationen der Vektoren der neuen Basis dar, so bilden die Koeffizienten dieser Linearkombinationen die Einträge der Basiswechselmatrix.

Basiswechselmatrix

Kommutatives Diagramm

Es sei V ein n-dimensionaler Vektorraum über dem Körper K (zum Beispiel dem Körper der reellen Zahlen). In V seien zwei geordnete Basen gegeben, B=(b1,,bn) und B=(b1,,bn).

Die Basiswechselmatrix TBB für den Basiswechsel von B nach B ist eine n×n-Matrix. Es handelt sich um die Abbildungsmatrix der Identitätsabbildung auf V bezüglich der Basen B im Urbild und B im Bild:

TBB=MBB(idV)

Man erhält sie, indem man die Vektoren der alten Basis B als Linearkombinationen der Vektoren der neuen Basis B darstellt:

bj=a1jb1+a2jb2++anjbn=i=1naijbi,j=1,,n

Die Koeffizienten a1j,,anj bilden die j-te Spalte der Basiswechselmatrix

TBB=(a11a1ja1nan1anjann)

Diese Matrix ist quadratisch und invertierbar und somit ein Element der allgemeinen linearen Gruppe GL(n,K). Ihre Inverse (TBB)1=TBB beschreibt den Basiswechsel von B zurück nach B.

Spezialfälle

Ein wichtiger Spezialfall ist der Fall V=Kn, der Vektorraum stimmt also mit dem Koordinatenraum überein. In diesem Fall sind die Basisvektoren Spaltenvektoren

b1=(b11bn1),,bj=(b1jbnj),,bn=(b1nbnn),b1=(b11bn1),,bj=(b1jbnj),,bn=(b1nbnn),

die sich zu Matrizen

B=(b11b1jb1nbi1bijbinbn1bnjbnn) und B=(b11b1jb1nbi1bijbinbn1bnjbnn)

zusammenfassen lassen, die hier der Einfachheit halber mit den gleichen Buchstaben wie die zugehörigen Basen bezeichnet werden. Die Bedingung

bj=a1jb1+a2jb2++anjbn=i=1naijbi,j=1,,n

übersetzt sich dann zu

bkj=i=1naijbki=i=1nbkiaij,k,j=1,,n,

das heißt,

B=BTBB.

Die Transformationsmatrix TBB lässt sich somit durch

TBB=(B)1B

berechnen, wobei (B)1 die inverse Matrix der Matrix B ist.

Insbesondere gilt: Ist B die Standardbasis, so gilt TBB=(B)1. Ist B die Standardbasis, so gilt TBB=B.

Wie im Vorangehenden wird hier die Basis B mit der Matrix identifiziert, die man erhält, indem man die Basisvektoren als Spaltenvektoren schreibt und diese zu einer Matrix zusammenfasst.

Koordinatentransformation

Ein Vektor xV habe bezüglich der Basis B=(b1,,bn) die Koordinaten x1,,xn, d. h.

x=x1b1+x2b2++xnbn=ixibi,

und bezüglich der neuen Basis B=(b1,,bn) die Koordinaten x1,,xn, also

x=x1b1+x2b2++xnbn=jxjbj.

Stellt man wie oben die Vektoren bj der alten Basis als Linearkombination der neuen Basis dar, so erhält man

x=jxjbj=jxjiaijbi=i(jaijxj)bi

Dabei sind die aij die oben definierten Einträge der Basiswechselmatrix TBB. Durch Koeffizientenvergleich erhält man

xi=j=1naijxj,

bzw. in Matrizenschreibweise:

(x1xn)=(a11a1nan1ann)(x1xn)

oder kurz:

x=TBBx

Basiswechsel bei Abbildungsmatrizen

Die Darstellungsmatrix einer linearen Abbildung hängt von der Wahl der Basen im Urbild- und im Zielraum ab. Wählt man andere Basen, so erhält man möglicherweise andere Abbildungsmatrizen.

Kommutatives Diagramm der beteiligten Abbildungen. Mit A wird hier die lineare Abbildung von Kn nach V bezeichnet, die (x1,,xn) auf x1a1++xnan abbildet, etc.

Seien V ein n-dimensionaler und W ein m-dimensionaler Vektorraum über K und f:VW eine lineare Abbildung. In V seien die geordneten Basen A=(a1,,an) und A=(a1,,an) gegeben, in W die geordneten Basen B=(b1,,bm) und B=(b1,,bm). Dann gilt für die Darstellungsmatrizen von f bezüglich A und B bzw. bezüglich A und B:

MBA(f)=TBBMBA(f)TAA

Man erhält diese Darstellung, indem man

f=idWfidV

schreibt. Die Abbildungsmatrix der Verkettung ist dann das Matrizenprodukt der einzelnen Abbildungsmatrizen, wenn die Basen passend gewählt sind, das heißt: die Basis A im Urbild von idV, die Basis A im Bild von idV und im Urbild von f, die Basis B im Bild von f und im Urbild von idW, und die Basis B im Bild von idW. Man erhält also:

MBA(f)=MBB(idW)MBA(f)MAA(idV)

Ein wichtiger Spezialfall ist, wenn f:VV ein Endomorphismus ist und im Urbild und Bild jeweils dieselbe Basis B bzw. B benutzt wird. Dann gilt:

MBB(f)=TBBMBB(f)TBB

Setzt man T:=TBB, so gilt also

MBB(f)=TMBB(f)T1.

Die Abbildungsmatrizen MBB(f) und MBB(f) sind also ähnlich.

Beispiel

Wir betrachten zwei Basen B=(b1,b2,b3) und B=(b1,b2,b3) des 3 mit

b1=(102),b2=(310),b3=(211)

und

b1=(101),b2=(011),b3=(110),

wobei die Koordinatendarstellung der Vektoren die Vektoren bezüglich der Standardbasis beschreibt.

Die Transformation der Koordinaten eines Vektors

v=x1b1+x2b2+x3b3=x1b1+x2b2+x3b3

ergibt sich durch die Darstellung der alten Basisvektoren (b1,b2,b3) bezüglich der neuen Basis (b1,b2,b3) und deren Gewichtung mit (x1,x2,x3).

Um die Matrix der Basistransformation TBB=(aij) von B nach B zu berechnen, müssen wir die drei linearen Gleichungssysteme

xj=a1jx1+a2jx2+a3jx3

nach den 9 Unbekannten aij auflösen.

Dies kann mit dem Gauß-Jordan-Algorithmus für alle drei Gleichungssysteme simultan erfolgen. Dazu wird folgendes lineares Gleichungssystem aufgestellt:

(101132011011110201)

Durch Umformen mit elementaren Zeilenoperationen lässt sich die linke Seite auf die Einheitsmatrix bringen und auf der rechten Seite erhält man als Lösung des Systems die Transformationsmatrix

TBB=(321112101221).

Wir betrachten den Vektor v=2b1b2+3b3, also den Vektor der bezüglich der Basis B die Koordinaten

(x1x2x3)=(213)

besitzt. Um nun die Koordinaten bezüglich B zu berechnen, müssen wir die Transformationsmatrix TBB mit diesem Spaltenvektor multiplizieren:

(x1x2x3)=(321112101221)(213)=(520).

Also ist v=5b1+2b2+0b3.

In der Tat rechnet man als Probe leicht nach, dass

2b1b2+3b3=5b1+2b2+0b3

gilt.

Basiswechsel mit Hilfe der dualen Basis

Im wichtigen und anschaulichen Spezialfall des euklidischen Vektorraums (V, ·) kann der Basiswechsel elegant mit der dualen Basis (b1,,bn) einer Basis (b1,,bn) durchgeführt werden. Für die Basisvektoren gilt dann

bibj=δij.

mit dem Kronecker-Delta δ. Skalare Multiplikation eines Vektors v mit den Basisvektoren bi, Multiplikation dieser Skalarprodukte mit den Basisvektoren bi und Addition aller Gleichungen ergibt einen Vektor w:=(biv)bi. Hier wie im Folgenden ist die Einsteinsche Summenkonvention anzuwenden, der zufolge über in einem Produkt doppelt vorkommende Indizes, im vorhergehenden Satz beispielsweise nur i, von eins bis n zu summieren ist. Skalare Multiplikation von w mit irgendeinem Basisvektor bk ergibt wegen

wbk=(biv)bibk=(biv)δik=bkv

dasselbe Ergebnis wie die skalare Multiplikation von v mit diesem Basisvektor, weswegen die beiden Vektoren identisch sind:

v=(biv)bi=:vibi.

Analog zeigt sich:

v=(biv)bi=:vibi.

Dieser Zusammenhang zwischen den Basisvektoren und einem Vektor, seinen Komponenten und Koordinaten, gilt für jeden Vektor im gegebenen Vektorraum.

Wechsel zur dualen Basis

Skalare Multiplikation beider Gleichungen mit bk liefert vibibk=vibibk oder

vk=bkivi.

Die Umkehroperation mit bk ist

vk=vibibk=bkivi.

Für die oben benutzten Skalarprodukte bij:=bibj und bkl:=bkbl gilt:

bikbkj=bjkbki=(bjbk)(bkbi)=[(bjbk)bk]bi=bjbi=δij.

Wechsel zu einer anderen Basis

Gegeben sei ein Vektor v, der von einer Basis (a1,,an) zur Basis (b1,,bn) wechseln soll. Das gelingt, indem jeder Basisvektor gemäß aj=(biaj)bi durch die neue Basis ausgedrückt wird:

v=xjaj=xj(biaj)bi=xibi mit xi:=(biaj)xj.

Die Umkehrung davon ist xi:=(biaj)xj. Der Basiswechsel bei Tensoren zweiter Stufe wird analog durchgeführt:

𝐌:=Mijaibj:=Mij[(ckai)ck][(dlbj)dl]:=Mklckdl mit Mkl=(ckai)Mij(dlbj)

was sich ohne weiteres auf Tensoren höherer Stufe verallgemeinern lässt. Das Rechenzeichen „“ bildet das dyadische Produkt.

Der Zusammenhang zwischen den Koordinaten

xi:=(biaj)xj und Mkl=(ckai)Mij(dlbj)

kann kompakt mit Basiswechselmatrizen TQP mit den Komponenten (TQP)ij=qipj bei einem Basiswechsel von (p1,,pn) nach (q1,,qn) und ihren dualen Partnern dargestellt werden. Die Inverse der Basiswechselmatrix hat, wie oben angedeutet, die Komponenten (TQP)ij1=piqj, denn bei der Matrizenmultiplikation ergibt sich für Komponenten ij:

[TQP(TQP)1]ij=(qipk)(pkqj)=[(qipk)pk]qj=qiqj=δji.

Anwendungen

Basiswechselmatrizen besitzen vielfältige Anwendungsmöglichkeiten in der Mathematik und Physik.

In der Mathematik

Eine Anwendung von Basiswechselmatrizen in der Mathematik ist die Veränderung der Gestalt der Abbildungsmatrix einer linearen Abbildung, um die Rechnung zu vereinfachen.

Möchte man zum Beispiel die Potenz Ap einer n×n-Matrix A mit einem Exponenten p>1 berechnen, so ist die Zahl der benötigten Matrizenmultiplikationen von der Größenordnung O(logp). Ist A diagonalisierbar, so existieren eine Diagonalmatrix D und eine Basiswechselmatrix TGl(n,K), sodass A=TDT1 und somit

Ap=(TDT1)p=TDpT1

Die Zahl der für die Berechnung der rechten Seite benötigten Multiplikationen ist nur von der Größenordnung:

  • nlogp zur Berechnung von Dp,
  • n2 zur Berechnung des Produkts DpT1
  • sowie einer Matrixmultiplikation für das Produkt T(DpT1)

Da die Matrixmultiplikation von der Größenordnung O(n2,3727) ist, erhalten wir eine Komplexität von O(n2,3727+nlog(p)) anstelle von O(n2,3727log(p)).

In der Physik

Eine Anwendung von Basiswechselmatrizen in der Physik findet bspw. in der Ähnlichkeitstheorie statt, um dimensionslose Kennzahlen zu ermitteln. Hierbei werden durch einen Basiswechsel einer physikalischen Größe neue Basisdimensionen zugeordnet. Die dimensionslosen Kennzahlen stellen dann genau das Verhältnis der physikalischen Größe zu seiner Dimensionsvorschrift dar.

Literatur

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