Primitivwurzel

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Als Primitivwurzeln werden in der Zahlentheorie, einem Teilgebiet der Mathematik, bestimmte Elemente von primen Restklassengruppen bezeichnet. Die definierende Eigenschaft einer Primitivwurzel ist, dass jedes Element der primen Restklassengruppe als eine ihrer Potenzen dargestellt werden kann.

Beispiel

Die Zahl 3 ist eine Primitivwurzel modulo 7, da gilt

31=30313=33(mod7)32=31333=92(mod7)33=32323=66(mod7)34=33363=184(mod7)35=34343=125(mod7)36=35353=151(mod7)

Es lassen sich also alle Elemente 1,2,,6 der primen Restklassengruppe modulo 7 als Potenzen 3i von 3 darstellen, wobei der Exponent i der dem jeweiligen Element zugeordnete Index (diskreter Logarithmus) ist. Die Zahl 2 ist keine Primitivwurzel modulo 7, da 23=81 (mod 7) ist, daher wiederholen sich die Reste in der Folge der Potenzen von 2 modulo 7

(2k)k=(21≢1,22≢1,231,242,2522)

bereits nach jeweils 3 Schritten, daher werden nicht alle 6 verschiedenen primen Reste modulo 7 erreicht und 2 erzeugt die prime Restklassengruppe nicht.

Definition und Existenzbedingungen

Eine ganze Zahl a ist eine Primitivwurzel modulo m, wenn die Restklasse a+m die prime Restklassengruppe (/m)× erzeugt. Dies ist gleichbedeutend damit, dass eine ganze Zahl a genau dann eine Primitivwurzel modulo m ist, wenn die Ordnung von a modulo m gleich der Gruppenordnung der primen Restklassengruppe ist:

ordm(a)=φ(m).

Hierbei ist φ die Eulersche φ-Funktion und ordm(a) die multiplikative Ordnung modulo m des Elements a, d. h. der kleinste positive Exponent n, für welchen an1(mod m) ist (für die Schreibweise „mod“ siehe Modulo).

Genau dann ist übrigens auch

ordm(a)=λ(m),

wobei λ die Carmichael-Funktion ist.[1]

Es gibt genau dann Primitivwurzeln modulo m, wenn die prime Restklassengruppe (/m)× eine zyklische Gruppe ist. Dies ist nach einem Satz von C. F. Gauß genau dann der Fall, wenn für den Modul

m{2,4}{kpα2<p, α, k{1,2}}

gilt. Dabei bezeichnet die Menge der Primzahlen.[2][3]

Wenn modulo m Primitivwurzeln existieren, dann existieren genau φ(φ(m)) modulo m inkongruente Primitivwurzeln. Jede dieser Primitivwurzeln ist modulo m kongruent zu einem Element der Menge:

{an1nφ(m), ggT(n,φ(m))=1}

wobei a eine beliebige Primitivwurzel modulo m ist.

Berechnung von Primitivwurzeln

Ausprobieren (Brute force)

Um festzustellen, ob eine Zahl a Primitivwurzel modulo m ist, wird zuerst φ(m) und anschließend die Ordnung von a berechnet. Die Ordnung lässt sich beispielsweise bestimmen, indem nacheinander die Werte at(mod m) für t{1,2,,m1} berechnet werden. Das erste t, für das at(mod m)=1 gilt, ist die Ordnung von a.

Beim Beispiel aus der Einleitung sieht man, dass die 3 die Ordnung 6 hat. Da zudem φ(7)=6 gilt, ist 3 eine Primitivwurzel modulo 7.

Eine Zahl, die keine Primitivwurzel modulo 7 ist, ist die 4. Hier gilt

414 (mod7)
422 (mod7)
431 (mod7)

Die Ordnung von 4 ist deshalb 3 und die 4 keine Primitivwurzel modulo 7.

Man kann viele Versuche sparen, indem man die Tatsache benutzt, dass die Ordnung nach dem Satz von Lagrange φ(m) teilt, da jede Zahl k, für die ak1(mod m) gilt, durch die Ordnung teilbar ist. Darum muss man nur noch für alle Teiler von φ(m) überprüfen, ob Exponentiation mit ihnen die Zahl auf 1 abbildet, und der kleinste solche Teiler ist die Ordnung.

Primitivwurzeln modulo Primzahlen

Die primen Restklassengruppen zu Moduln m, die Primzahlen sind, bestehen aus genau m1 Elementen. Die Zahlen 1,2,,m1 sind die Repräsentanten der unterschiedlichen Restklassen. Ist a eine Primitivwurzel modulo m, so nimmt der Ausdruck at(mod m) für t{0,1,2,,m2} alle Werte aus {1,,m1} (in scheinbar zufälliger Reihenfolge) an.

Beispiele

Die folgende Tabelle zeigt die Primitivwurzeln modulo der Primzahlen bis 100.

m φ(φ(m)) Primitivwurzeln modulo m
2 1 1
3 1 2
5 2 2, 3
7 2 3, 5
11 4 2, 6, 7, 8
13 4 2, 6, 7, 11
17 8 3, 5, 6, 7, 10, 11, 12, 14
19 6 2, 3, 10, 13, 14, 15
23 10 5, 7, 10, 11, 14, 15, 17, 19, 20, 21
29 12 2, 3, 8, 10, 11, 14, 15, 18, 19, 21, 26, 27
31 8 3, 11, 12, 13, 17, 21, 22, 24
37 12 2, 5, 13, 15, 17, 18, 19, 20, 22, 24, 32, 35
41 16 6, 7, 11, 12, 13, 15, 17, 19, 22, 24, 26, 28, 29, 30, 34, 35
43 12 3, 5, 12, 18, 19, 20, 26, 28, 29, 30, 33, 34
47 22 5, 10, 11, 13, 15, 19, 20, 22, 23, 26, 29, 30, 31, 33, 35, 38, 39, 40, 41, 43, 44, 45
53 24 2, 3, 5, 8, 12, 14, 18, 19, 20, 21, 22, 26, 27, 31, 32, 33, 34, 35, 39, 41, 45, 48, 50, 51
59 28 2, 6, 8, 10, 11, 13, 14, 18, 23, 24, 30, 31, 32, 33, 34, 37, 38, 39, 40, 42, 43, 44, 47, 50, 52, 54, 55, 56
61 16 2, 6, 7, 10, 17, 18, 26, 30, 31, 35, 43, 44, 51, 54, 55, 59
67 20 2, 7, 11, 12, 13, 18, 20, 28, 31, 32, 34, 41, 44, 46, 48, 50, 51, 57, 61, 63
71 24 7, 11, 13, 21, 22, 28, 31, 33, 35, 42, 44, 47, 52, 53, 55, 56, 59, 61, 62, 63, 65, 67, 68, 69
73 24 5, 11, 13, 14, 15, 20, 26, 28, 29, 31, 33, 34, 39, 40, 42, 44, 45, 47, 53, 58, 59, 60, 62, 68
79 24 3, 6, 7, 28, 29, 30, 34, 35, 37, 39, 43, 47, 48, 53, 54, 59, 60, 63, 66, 68, 70, 74, 75, 77
83 40 2, 5, 6, 8, 13, 14, 15, 18, 19, 20, 22, 24, 32, 34, 35, 39, 42, 43, 45, 46, 47, 50, 52, 53, 54, 55, 56, 57, 58, 60, 62, 66, 67, 71, 72, 73, 74, 76, 79, 80
89 40 3, 6, 7, 13, 14, 15, 19, 23, 24, 26, 27, 28, 29, 30, 31, 33, 35, 38, 41, 43, 46, 48, 51, 54, 56, 58, 59, 60, 61, 62, 63, 65, 66, 70, 74, 75, 76, 82, 83, 86
97 32 5, 7, 10, 13, 14, 15, 17, 21, 23, 26, 29, 37, 38, 39, 40, 41, 56, 57, 58, 59, 60, 68, 71, 74, 76, 80, 82, 83, 84, 87, 90, 92

Primitivwurzeln modulo Primzahlpotenzen

Ist p eine ungerade Primzahl, dann ist eine Primitivwurzel modulo pα mit α>1 auch Primitivwurzel modulo kleineren Potenzen von p. Interessant für die Suche nach Primitivwurzeln modulo höheren Potenzen von p ist, dass eine Primitivwurzel γ modulo p2 (mit 2γp21) auch Primitivwurzel zu allen höheren Potenzen von p ist.[2] Daher genügt es für höhere Potenzen der Primzahl p,

  • eine Primitivwurzel γ1 modulo p zu finden (unter den Zahlen 2,3,,p1),
  • die Zahlen γ1+kp,(0kp1) daraufhin zu testen, ob sie Primitivwurzeln modulo p2 sind. Notwendig und bereits hinreichend dafür ist, dass (γ1+kp)p1≢1(mod p2) ist. Tatsächlich tritt dies bereits für k=0 oder k=1 ein, d. h. γ1 oder γ1+p ist eine Primitivwurzel modulo p2.[2]

Dann hat man mit jeder im zweiten Schritt bestimmten Zahl γ2 eine Primitivwurzel modulo pα für beliebige α.

Ist die so bestimmte Primitivwurzel γ2 ungerade, dann ist sie auch Primitivwurzel modulo 2pα, sonst gilt dies für γ2+pα.

Anwendungsbeispiel

Primitivwurzeln finden eine Anwendung im Diffie-Hellman-Schlüsselaustausch, einem 1976 veröffentlichten kryptografischen Verfahren zum öffentlichen Schlüsselaustausch. Dessen Sicherheit beruht auf der Tatsache, dass

  • es einfach ist, zu einer gegebenen Primzahl p, Primitivwurzel g und ganzen Zahl a ein A auszurechnen mit Aga(mod p),

es aber

  • aufwendig ist, für ein bekanntes A ein entsprechendes a (den sogenannten diskreten Logarithmus) zu finden.

Literatur

Die Disquisitiones Arithmeticae wurden von Carl Friedrich Gauß auf Lateinisch veröffentlicht. Die zeitgenössische deutsche Übersetzung umfasst alle seine Schriften zur Zahlentheorie:

  • Carl Friedrich Gauß: Untersuchungen über höhere Arithmetik (deutsche Übersetzung), Original: Leipzig 1801.
  • Peter Bundschuh: Einführung in die Zahlentheorie. 5. Auflage. Springer Verlag, 2002, ISBN 3-540-43579-4, S. 109–120
  • Armin Leutbecher: Zahlentheorie – Eine Einführung in die Algebra. 1. Auflage. Springer Verlag, 1996, Berlin Heidelberg New York. ISBN 3-540-58791-8.

Einzelnachweise

  1. Letztere liegt generell noch näher an der Elementordnung, denn es gilt für alle a,m
    ordm(a)|λ(m)|φ(m).
  2. 2,0 2,1 2,2 A. Leutbecher: Zahlentheorie – Eine Einführung in die Algebra. S. 53–54.
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