Graßmann-Zahl

Aus testwiki
Version vom 3. Januar 2021, 17:33 Uhr von 84.19.193.194 (Diskussion) (Link für "gradierte Algebra")
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Die Graßmann-Zahlen (nach Hermann Graßmann, häufig auch in Englischer Sprache angepasster Schreibweise Grassmann) sind antikommutierende Zahlen, die im Rahmen des Pfadintegral-Formalismus für Fermionen in den Quantenfeldtheorien auftreten. Ein Pionier ihrer Verwendung in der Quantenfeldtheorie war Felix Berezin. Danach sind sie mathematisch der Teil ungerader Parität einer 2-gradierten Algebra aus kommutierenden (Parität P=0) und nicht-kommutierenden (Parität P=1) Elementen (Superalgebra). Für die Multiplikation gilt darin für je zwei Elemente A,B:

AB=()PAPBBA.

Eigenschaften

Seien ζ,η,θ Graßmann-Zahlen und a,b,c,d komplexe Zahlen. Dann gilt

Definitorische Eigenschaften

  • Graßmann-Zahlen sind antikommutativ bezüglich der Multiplikation:
    ηθ=θη
  • Graßmann-Zahlen sind kommutativ bezüglich der Addition:
    η+θ=θ+η
  • Graßmann-Zahlen sind kommutativ bezüglich der Multiplikation mit einer komplexen Zahl:
    aη=ηa
  • Graßmann-Zahlen sind assoziativ sowohl bezüglich Addition als auch der Multiplikation
    (η+θ)+ζ=η+(θ+ζ)
    (ηθ)ζ=η(θζ)
  • Es gelten alle Ausprägungen des Distributivgesetzes:
    a(η+θ)=aη+aθ
    η(θ+ζ)=ηθ+ηζ
    η(a+b)=aη+bη

Folgerungen

  • Die Summe von zwei Graßmann-Zahlen ist eine Graßmann-Zahl:
    ζ(η+θ)=(η+θ)ζ
  • Das Produkt einer Graßmann-Zahl mit einer komplexen Zahl ist eine Graßmann-Zahl:
    (aη)θ=θ(aη)
  • Das Produkt von zwei Graßmann-Zahlen ist keine Graßmann-Zahl:
    (ζη)θ=ζθη=θ(ζη)
  • Insbesondere ist das Quadrat einer Graßmann-Zahl Null:
    θ2=θθ=θθ=0
  • Eine Funktion kann maximal erster Ordnung in einer Graßmann-Variable sein:
    f(η,θ)=a+bη+cθ+dηθ
    So ist beispielsweise mit der Reihendarstellung der Exponentialfunktion exp(θ)=1+θ.

Integration und Differentiation

Es ist möglich, Integral- und Differentialrechnung in Bezug auf Graßmann-Zahlen analog zu der in Bezug auf Funktionen komplexer Zahlen zu definieren:

  • Differentiation von Graßmann-Zahlen geschieht von links. Sei f(η,θ)=a+bη+cθ+dηθ. Dann ist:
    dfdη=b+dθ
    dfdθ=cdη
  • Die Integration soll wie gewöhnlich ein lineares Funktional aus dem Funktionenraum in die komplexen Zahlen darstellen, es soll also gelten:
    • f(θ)dθ
    • (af(θ)+bg(θ))dθ=af(θ)dθ+bg(θ)dθ
  • Es folgen daraus die Integrationsregeln für Graßmann-Zahlen:
    θdθ=1
    1dθ=0

Anwendung

Graßmann-Variablen werden für den Pfadintegral-Formalismus für Fermionen benötigt. Dazu definiert man das erzeugende Funktional

𝒵[η,η¯]=exp(id4x((ψ,ψ¯)+ηψ¯+ψη¯))

mit der Lagrangedichte für Fermionen , den fermionischen Graßmann-wertigen Feldern ψ,ψ¯ und den Graßmann-Zahlen η,η¯. Dann gilt beispielsweise für die 2-Punkt Korrelationsfunktion (den fermionischen Propagator):

0|T(ψ(x)ψ¯(y))|0=𝒟ψ𝒟ψ¯ψ(x)ψ¯(y)𝒵𝒟ψ𝒟ψ¯𝒵|η,η¯=0=1𝒟ψ𝒟ψ¯𝒵|η,η¯=0(iδδη¯(x))(iδδη(y))𝒟ψ𝒟ψ¯𝒵|η,η¯=0

Formale mathematische Definition

Sei V ein n-dimensionaler komplexer Vektorraum mit Basis θi,i=1,,n und

Λ(V)=V(VV)(VVV)(VVV)nΛ1VΛ2VΛnV

die äußere Algebra (Graßmann-Algebra) über V, wobei das äußere Produkt und die direkte Summe bezeichnet.

Die Graßmann-Zahlen sind die Elemente dieser Algebra.

Das Symbol wird in der Notation für Graßmann-Zahlen meist weggelassen.

Graßmann-Zahlen sind also von der Form

z=k=0ni1,i2,,ikci1i2ikθi1θi2θik,

für streng wachsende k-Tupel (i1,i2,,ik) mit 1ijn,1jk, und komplexe antisymmetrische Tensoren ci1i2ik vom Rang k.

Der Spezialfall n=1 entspricht den 1873 von William Clifford eingeführten dualen Zahlen.

Für unendlich-dimensionale Vektorräume V bricht die Reihe

Λ(V)=Λ1VΛ2V

nicht ab und die Graßmann-Zahlen sind von der Form

z=k=0i1,i2,,ik1n!ci1i2ikθi1θi2θikzB+zS=zB+k=1i1,i2,,ik1n!ci1i2ikθi1θi2θik,

wobei dann zB als Körper und zS als Seele der Superzahl z bezeichnet wird.

Literatur

  • Michael D. Peskin und Daniel V. Schroeder: An Introduction to Quantum Field Theory, Perseus Books Publishing 1995, ISBN 0-201-50397-2.