Casimirs Trick

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Casimirs Trick, nach dem niederländischen Physiker Hendrik Casimir benannt, ist ein Verfahren zur einfachen Berechnung von Spin-gemittelten quadrierten Matrixelementen in Quantenfeldtheorien.

Ein in den Quantenfeldtheorien häufig vorkommender Ausdruck ist das Matrixelement der S-Matrix , welche den Übergang von einem anfänglichen Zustand in einen Endzustand beschreibt. Dieses Matrixelement kann mithilfe von Feynman-Diagrammen graphisch dargestellt und in einen rigorosen mathematischen Ausdruck übersetzt werden. Sind Fermionen, also Teilchen mit einem Spin von 1/2 beteiligt, so treten in den Berechnungen der Matrixelemente Dirac-Spinoren, also vierkomponentige Vektoren mit zusätzlichen Spin-Indizes auf.

Eine lorentzinvariante, skalare Größe ist das quadrierte Matrixelement ||2=*, welches im Allgemeinen komplexe Ausdrücke aus Produkten von Dirac-Spinoren enthält. Ist man in der Rechnung jedoch nur an einem über alle möglichen Spin-Einstellungen gemittelten Matrixelement interessiert, lässt sich das Matrixelement mithilfe von Casimirs Trick in ein Produkt aus Spuren über Dirac-Matrizen überführen, die auf Basis der Dirac-Algebra einfach ausgeführt werden können.

Details

Bezeichnen u(k),[v¯(k)] die Spinoren für einlaufende [Anti-]Teilchen in Feynman-Diagrammen und u¯(k)[v(k)] Spinoren für auslaufende [Anti-]Teilchen, so gilt:

s1,s2[v¯s1(k)Γus2(p)][v¯s1(k)Γus2(p)]*=Tr[Γ(γαpα+m2)Γ¯(γβkβm1)]
s1,s2[u¯s1(k)Γvs2(p)][u¯s1(k)Γvs2(p)]*=Tr[Γ(γαpαm2)Γ¯(γβkβ+m1)]
s1,s2[v¯s1(k)Γvs2(p)][v¯s1(k)Γvs2(p)]*=Tr[Γ(γαpαm2)Γ¯(γβkβm1)]
s1,s2[u¯s1(k)Γus2(p)][u¯s1(k)Γus2(p)]*=Tr[Γ(γαpα+m2)Γ¯(γβkβ+m1)]

Dabei bezeichnet Γ eine beliebige 4×4-Matrix, γ die Dirac-Matrizen und ein Überstrich die Dirac-Adjungierte Γ¯=γ0Γγ0. mi bezeichne die Massen der jeweiligen Teilchen/Antiteilchen, wobei der Index i der gleiche wie bei der Zuordnung der Spins ist.

Mathematischer Hintergrund

Die Dirac-Spinoren lassen sich in zwei unabhängige Spinoren u für Teilchen und v für Antiteilchen zerlegen. Diese erfüllen jeweils eine Vollständigkeitsrelation

Spinsu(p)u¯(p)=γμpμ+m
Spinsv(k)v¯(k)=γμkμm.

Im Matrixelement kommen typische Ausdrücke wie zum Beispiel v¯(k)Γu(p) vor. Das quadrierte Matrixelement lautet also:

||2[v¯(k)Γu(p)][v¯(k)Γu(p)]*=v¯(k)Γu(p)u¯(p)Γ¯v(k)

Wenn über die Spin-Indizes summiert wird, so kann zuerst im mittleren Paar der Dirac-Spinoren die Vollständigkeitsrelation angewandt werden. Es ist im Folgenden zweckmäßig, die Spin-, Spinor- und Raumzeit-Indizes aus Gründen der Nachvollziehbarkeit nicht zu unterdrücken, wobei s1,s2 über die Spins, μ,ν,ρ,σ über die vier Komponenten der Spinoren und α,β über die vier Dirac-Matrizen (Raumzeit-Indizes) summieren:

s1,s2||2s1,s2v¯μs1(k)Γμνuνs2(p)u¯ρs2(p)Γ¯ρσvσs1(k)=s1v¯μs1(k)Γμν(γαpα+m2)νρΓ¯ρσvσs1(k).

In Komponentenschreibweise ist offensichtlicher, dass die Summation über s1 einfach vollzogen werden kann, da alle Objekte nun kommutieren; es gilt somit

s1,s2||2Γμν(γαpα+m2)νρΓ¯ρσ(γβkβm1)σμ=Tr[Γ(γαpα+m2)Γ¯(γβkβm1)]

Für die anderen drei Fälle läuft der Beweis analog.

Beispiel: Elektron-Myon-Streuung

Bezeichnen p[p] den Impuls des ein[aus]laufenden Elektrons und k[k] den des ein[aus]laufenden Myons, so lautet das Matrixelement der Elektron-Myon-Streuung eμeμ in niedrigster Ordnung in der Quantenelektrodynamik:

=u¯(p)(ieγμ)u(p)igμν(p+k)2u¯(k)(ieγν)u(k)

Wird über die Spins der einlaufenden Teilchen gemittelt und über die Spins der auslaufenden Teilchen summiert, so ergibt sich nach zweimaliger Anwendung von Casimirs Trick

14s1,s2,s'1,s'2||2=14e4(p+k)4Tr[γμ(γαpα+me)γν(γβp'β+me)]Tr[γμ(γαkα+mμ)γν(γβk'β+mμ)]

Literatur

  • David Griffiths: Einführung in die Elementarteilchenphysik. Übersetzt von Thomas Stange. Akademie-Verlag, Berlin 1996, ISBN 3-05-501627-0.
  • Abraham Pais: Inward Bound. Oxford, New York 1986, ISBN 978-0198519713.