Verbindungsgerade

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Verbindungsgerade g zweier Punkte P und Q

Eine Verbindungsgerade ist in der Mathematik eine Gerade, die durch zwei vorgegebene Punkte verläuft. Verbindungsgeraden werden speziell in der euklidischen Geometrie und allgemeiner in Inzidenzgeometrien betrachtet. Die Existenz und Eindeutigkeit der Verbindungsgeraden zu zwei verschiedenen gegebenen Punkten wird in der Geometrie axiomatisch als Verbindungsaxiom gefordert.

Euklidische Geometrie

Definition

Sind P und Q zwei verschiedene Punkte in der euklidischen Ebene oder im euklidischen Raum, dann wird diejenige Gerade g, die diese beiden Punkte enthält, „Verbindungsgerade der Punkte P und Q“ genannt und mit

g=(PQ)   oder   g=PQ

bezeichnet.

Berechnung

Nach Wahl eines kartesischen Koordinatensystems können Punkte in der euklidischen Ebene durch Zahlenpaare P=(xP,yP) und Q=(xQ,yQ) beschrieben werden. Die Verbindungsgerade zweier Punkte kann dann über eine Geradengleichung angegeben werden. Die Zweipunkteform der Geradengleichung lautet in diesem Fall

(yyP)(xQxP)=(xxP)(yQyP).

Eine Parameterform der Geradengleichung ist nach Wahl von P als Aufpunkt und PQ als Richtungsvektor

(xy)=(xPyP)+s(xQxPyQyP)   mit   s.

In baryzentrischen Koordinaten lautet die Geradengleichung der Verbindungsgeraden entsprechend

(xy)=s(xPyP)+t(xQyQ)   mit   s,t,s+t=1.

Die beiden vektoriellen Darstellungen gelten analog auch in drei- und höherdimensionalen Räumen.

Axiomatik

In einem axiomatischen Zugang zur euklidischen Geometrie muss die Existenz und Eindeutigkeit der Verbindungsgeraden zu zwei gegebenen Punkten explizit gefordert werden. Euklid verlangt die Existenz der Verbindungsgeraden in zwei Schritten. Die ersten beiden Postulate in seinem Werk Die Elemente lauten sinngemäß wie folgt:[1]

  1. Man kann von jedem Punkt nach jedem Punkt die Strecke ziehen.
  2. Man kann eine begrenzte gerade Linie zusammenhängend gerade verlängern.

Damit existiert zu zwei verschiedenen Punkten stets eine Verbindungsgerade. Diese Postulate sind dabei konstruktiv zu sehen, das heißt, zu zwei gegebenen Punkten lässt sich die zugehörige Verbindungsgerade stets auch mit Zirkel und Lineal konstruieren.

In Hilberts Axiomensystem der euklidischen Geometrie werden die Existenz und die Eindeutigkeit der Verbindungsgeraden als Axiome I1. und I2. innerhalb der Axiomengruppe I: Axiome der Verknüpfung aufgeführt. Hilbert formuliert die Axiome I1. und I2. wie folgt:[2]

I1. Zu zwei verschiedenen Punkten P,Q gibt es stets eine Gerade g, auf der die beiden Punkte liegen.
I2. Zwei verschiedene Punkte P,Q einer Geraden g bestimmen diese Gerade eindeutig.

Inzidenzgeometrie

Definition

Ist allgemein (𝔓,G,I) ein Inzidenzraum und sind P1,P2𝔓 zwei verschiedene Punkte in diesem Raum, dann heißt eine Gerade gG Verbindungsgerade dieser beiden Punkte, wenn folgende zwei Bedingungen gelten:

(V1) P1IgP2Ig
(V2) card({hG:P1IhP2Ih})1

Notation und Sprechweisen

Werden von den beiden Punkten und der Geraden die Bedingungen (V1) und (V2) erfüllt, so schreibt man oft

g=P1,P2

oder

g=P1P2

oder auch kurz

g=P1P2.

In dem hierzu üblichen Sprachgebrauch sagt man dann auch

  • g verbindet die Punkte P1 und P2.
  • g gehört mit den Punkten P1 und P2 zusammen.
  • Die Punkte P1 und P2 liegen auf g.
  • g geht durch die Punkte P1 und P2.
  • Die Punkte P1 und P2 inzidieren mit g.
  • g inzidiert mit den Punkten P1 und P2.

oder Ähnliches.

Unter Benutzung dieses Sprachgebrauchs lassen sich die obigen Bedingungen (V1) und (V2) so in Worte fassen:

(V1’) Die Punkte P1 und P2 werden durch die Gerade g verbunden.
(V2’) Für die Punkte P1 und P2 gibt es höchstens eine Gerade, die sie verbindet.

Verbindungsaxiom

In den für die Geometrie besonders wichtigen Inzidenzräumen, also insbesondere in den euklidischen Räumen, in allen affinen Räumen und in allen projektiven Räumen gilt in Bezug auf Punkte und Verbindungsgeraden durchgängig die folgende grundlegende Bedingung (V):

(V) Zu je zwei verschiedenen Punkten des gegebenen Inzidenzraums existiert stets eine Verbindungsgerade, also eine Gerade derart, dass (V1) und (V2) erfüllt sind.

Man nennt diese Bedingung das Verbindungsaxiom.

In anderer Formulierung lässt sich das Verbindungsaxiom auch wie folgt aussprechen:

(V’) Zu je zwei verschiedenen Punkten des gegebenen Inzidenzraums gibt es genau eine Gerade, die diese beiden Punkte verbindet.

Teilräume und Hüllensystem

Den in der Hauptsache in der Geometrie behandelten Inzidenzräumen – wie etwa den affinen und den projektiven Räumen, aber auch vielen anderen linearen Räumen wie z. B. den Blockplänen – ist gemeinsam, dass die Inzidenzrelation von der Elementrelation herrührt und somit die Geraden g Teilmengen der zugehörigen Punktmenge 𝔓 sind.

Es ist also dann die Geradenmenge eine Teilmenge der Potenzmenge von 𝔓, folglich die Beziehung G2𝔓 gegeben. In diesem Falle beschreibt man den Inzidenzraum (𝔓,G,I) kurz in der Form (𝔓,G) anstatt in der Form (𝔓,G,).[3]

Unter diesen Gegebenheiten nennt man eine Teilmenge 𝔗𝔓 einen Teilraum von (𝔓,G), wenn mit je zwei verschiedenen Punkten P1,P2𝔗 stets ihre Verbindungsgerade P1,P2 in 𝔗 enthalten ist, also hierfür stets P1,P2𝔗 gilt.

Die Menge τ der Teilräume von (𝔓,G) bildet ein Hüllensystem.

Zugehöriger Hüllenoperator

Zum Hüllensystem τ lässt sich in der üblichen Weise der zugehörige Hüllenoperator bilden. Diesen schreibt man oft als . Für 𝔓0𝔓 gilt also

𝔓0={𝔗𝒯:𝔗𝔓0}.

Das bedeutet:

𝔓0 ist der kleinste Teilraum von (𝔓,G), der 𝔓0 umfasst.

Im Falle, dass dabei 𝔓0 eine endliche Menge von Punkten ist, etwa 𝔓0={P1,,Pm}(m), schreibt man auch

𝔓0=P1,,Pm

oder auch

𝔓0=P1Pm.

Für m=2 und P1P2 hat man 𝔓0=P1,P2, also wiederum die Verbindungsgerade von P1 und P2.

Beispiel der Koordinatenebene

Die Koordinatenebene K2 über einem kommutativen Körper K gibt ein Standardbeispiel für einen Inzidenzraum (𝔓,G), in dem das Verbindungsaxiom gilt.[4] Hier ist die Punktmenge

𝔓=K2

und die Geradenmenge

G={a+Ku:aK2uK2{𝟎}}.

Die Geradenmenge G erhält man also dadurch, dass man alle möglichen Nebenklassen zu allen in K2 gelegenen Unterräumen der Dimension 1 bildet. Hat man hier zwei unterschiedliche Punkte P1,P2K2, so lässt sich die Verbindungsgerade in folgender Weise darstellen:

P1,P2={αP1+βP2:α,βKα+β=1}

Das Standardbeispiel für dieses Konzept bieten die Geraden, die zwei Punkte der euklidischen Ebene verbinden.

Siehe auch

Literatur

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Herbert Meschkowski: Denkweisen großer Mathematiker. 3. Auflage, 1990, S. 20.
  2. David Hilbert: Grundlagen der Geometrie. 11. Auflage, 1972, S. 3 ff.
  3. Dabei wird die Elementrelation als selbstverständlich gegeben betrachtet und nicht weiter erwähnt.
  4. Koecher, Krieg: Ebene Geometrie. 2000, S. 48 ff.