First-order second-moment Methode

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In der Wahrscheinlichkeitstheorie ist die first-order second-moment Methode (kurz FOSM), auch mean value first-order second-moment Methode (kurz MVFOSM) genannt, ein Näherungsverfahren zur Ermittlung der stochastischen Momente einer Funktion mit zufallsverteilten Eingangsgrößen. Die englische Bezeichnung ergibt sich aus der Herleitung, in der eine Taylorreihe erster Ordnung (first-order) und die ersten beiden Momente (second moment) der Eingangsgrößen verwendet werden.[1]

Approximation

Gegeben sei die Zielfunktion g(x), wobei der Vektor x eine Realisierung des Zufallsvektors X mit der Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion fX(x) ist. Da X zufallsverteilt ist, ist auch g zufallsverteilt. Die FOSM-Methode approximiert den Erwartungswert der Zielfunktion zu

μgg(μ)

Die Varianz von g ist laut FOSM-Methode näherungsweise

σg2i=1nj=1ng(μ)xig(μ)xjcov(Xi,Xj)

wobei n die Länge/Dimension von x und g(μ)xi die partielle Ableitung am Mittelwertvektor nach dem i-ten Eintrag von x ist.

Herleitung

Die Zielfunktion wird durch eine Taylorreihe am Mittelwertvektor μ approximiert.

g(x)=g(μ)+i=1ng(μ)xi(xiμi)+12i=1nj=1n2g(μ)xixj(xiμi)(xjμj)+

Der Erwartungswert von g ist durch das folgende Integral gegeben.

μg=E[g(x)]=g(x)fX(x)dx

Setzt man die Taylorreihe ein, erhält man

μg[g(μ)+i=1ng(μ)xi]fX(x)dx=g(μ)fX(x)dx+i=1ng(μ)xi(xiμi)fX(x)dx=g(μ)fX(x)dx1+i=1ng(μ)xi(xiμi)fX(x)dx0=g(μ).

Die Varianz von g ist durch das folgende Integral gegeben.

σg2=E([g(x)μg]2)=[g(x)μg]2fX(x)dx.

Mit dem Verschiebungssatz erhält man

σg2=E([g(x)μg]2)=E(g(x)2)μg2=g(x)2fX(x)dxμg2

Einsetzen der Taylor-Reihe liefert

σg2[g(μ)+i=1ng(μ)xi(xiμi)]2fX(x)dxμg2={g(μ)2+2g(μ)i=1ng(μ)xi(xiμi)+[i=1ng(μ)xi(xiμi)]2}fX(x)dxμg2=g(μ)2fX(x)dx+2g(μ)i=1ng(μ)xi(xiμi)fX(x)dx+[i=1ng(μ)xi(xiμi)]2fX(x)dxμg2=g(μ)2fX(x)dx1+2g(μ)i=1ng(μ)xi(xiμi)fX(x)dx0+[i=1nj=1ng(μ)xig(μ)xj(xiμi)(xjμj)]fX(x)dxμg2=g(μ)2μg2+i=1nj=1ng(μ)xig(μ)xj(xiμi)(xjμj)f(x)dxcov(Xi,Xj)μg2i=1nj=1ng(μ)xig(μ)xjcov(Xi,Xj).

Approximation höherer Ordnung

Folgende Abkürzungen werden eingeführt.

gμ=g(μ),g,i=g(μ)xi,g,ij=g2(μ)xixj,μi,j=E[(xiμi)j]

Im Folgenden wird angenommen, dass die Einträge von X unabhängig sind. Berücksichtigt man in der Taylorreihe auch die Terme zweiter Ordnung, dann ergibt sich die Näherung für den Erwartungswert zu

μggμ+12i=1ng,iiμi,2

Die Näherung zweiter Ordnung der Varianz ist gegeben durch

σg2gμ2+i=1ng,i2μi,2+14i=1ng,ii2μi,4+gμi=1ng,iiμi,2+i=1ng,ig,iiμi,3+12i=1nj=i+1ng,iig,jjμi,2μj,2+i=1nj=i+1ng,ij2μi,2μj,2μg2

Die Schiefe von g kann aus dem dritten zentralen Moment μg,3 bestimmt werden. Berücksichtigt man nur lineare Terme der Taylorreihe, aber höhere Momente der Eingangsgrößen, dann ergibt sich das dritte zentrale Moment näherungsweise zu

μg,3i=1ng,i3μi,3

Für die Approximation zweiter Ordnung des dritten zentralen Moments sowie für die Herleitung aller Approximationen höherer Ordnung sei auf Anhang D von Ref.[2] verwiesen. Berücksichtigt man die quadratischen Terme der Taylorreihe und die Momente dritter Ordnung des Zufallsvektors, wird dies auch als second-order third-moment Methode bezeichnet.[3] Die vollständige Approximation zweiter Ordnung der Varianz beinhaltet jedoch auch Momente vierter Ordnung, und die vollständige Approximation zweiter Ordnung der Schiefe beinhaltet Momente 6ter Ordnung.[2]

Praktische Anwendung

In der Literatur finden sich diverse Beispiele, bei denen die FOSM-Methode genutzt wird, um die stochastische Verteilung der Beullast von axialbelasteten Strukturen zu bestimmen (siehe bspw. Ref.[4][5][6][7]). Für Strukturen, die sehr sensitiv gegenüber Abweichungen von der idealen Struktur sind (wie Kreiszylinderschalen), wurde vorgeschlagen die FOSM-Methode als Bemessungsmethode zu verwenden. Häufig wird die Anwendbarkeit durch Vergleich mit Monte-Carlo-Simulationen überprüft. In der Ingenieuranwendung liegt die Zielfunktion oft nicht als analytische Funktion vor, sondern ist beispielsweise das Ergebnis einer Finite-Elemente-Simulation. In diesem Fall können die Ableitungen mittels zentraler Differenzen approximiert werden. Die Zielfunktion muss daher 2n+1 mal ausgewertet werden. Abhängig von der Anzahl der Zufallsgrößen kann dies eine signifikant geringere Anzahl von Auswertungen sein, als es für eine Monte-Carlo-Simulation notwendig ist. Im Rahmen eines Bemessungsverfahrens muss eine untere Bemessungsgrenze bestimmt werden, die sich aus der FOSM-Methode jedoch nicht direkt ergibt. Daher muss für die Zielfunktion unter Berücksichtigung des ermittelten Erwartungswerts, der Varianz und der Schiefe ein Verteilungstyp gewählt werden.

Literatur

  1. A. Haldar und S. Mahadevan, Probability, Reliability, and Statistical Methods in Engineering Design. John Wiley & Sons New York/Chichester, UK, 2000.
  2. 2,0 2,1 B. Kriegesmann, "Probabilistic Design of Thin-Walled Fiber Composite Structures", Mitteilungen des Instituts für Statik und Dynamik der Leibniz Universität Hannover 15/2012, Vorlage:ISSN, Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover, Hannover, Germany, 2012, PDF; 10,2MB.
  3. Y. J. Hong, J. Xing, and J. B. Wang, "A Second-Order Third-Moment Method for Calculating the Reliability of Fatigue", Int. J. Press. Vessels Pip., 76 (8), pp 567–570, 1999.
  4. I. Elishakoff, S. van Manen, P. G. Vermeulen, und J. Arbocz, "First-Order Second-Moment Analysis of the Buckling of Shells with Random Imperfections", AIAA J., 25 (8), pp 1113–1117, 1987.
  5. I. Elishakoff, "Uncertain Buckling: Its Past, Present and Future", Int. J. Solids Struct., 37 (46–47), pp 6869–6889, Nov. 2000.
  6. J. Arbocz und M. W. Hilburger, "Toward a Probabilistic Preliminary Design Criterion for Buckling Critical Composite Shells", AIAA J., 43 (8), pp 1823–1827, 2005.
  7. B. Kriegesmann, R. Rolfes, C. Hühne, und A. Kling, "Fast Probabilistic Design Procedure for Axially Compressed Composite Cylinders", Compos. Struct., 93, pp 3140–3149, 2011.