Satz von Silver

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Der Satz von Silver, benannt nach Jack Silver, ist ein Satz aus der Mengenlehre, der sich mit möglichen Verallgemeinerungen der Kontinuumshypothese befasst. Die verallgemeinerte Kontinuumshypothese ist von den üblichen Axiomen der Mengenlehre, das heißt von ZFC, unabhängig, man kann sie also dort weder beweisen noch widerlegen. Der hier zu besprechende Satz liefert eine Einschränkung für die Ungültigkeit der verallgemeinerten Kontinuumshypothese; er besagt, dass die kleinste Kardinalzahl, für die die verallgemeinerte Kontinuumshypothese falsch ist, keine singuläre Kardinalzahl mit überabzählbarer Konfinalität sein kann. Dieses Resultat war überraschend, Silver selbst schreibt[1]:

This result is contrary to the previous expectations of nearly all set-theorists, including myself. (deutsch: Dieses Ergebnis widerspricht den früheren Erwartungen fast aller Mengentheoretiker, einschließlich meiner selbst.)

Die Beweismethoden führen auch zu einem Satz über die singuläre-Kardinalzahlen-Hypothese, der ebenfalls als Satz von Silver bekannt ist.

Formulierung

Die verallgemeinerte Kontinuumshypothese besagt, dass 2κ=κ+ für alle unendlichen Kardinalzahlen κ gilt. Dabei ist 2κ die Kardinalität der Potenzmenge einer Menge der Kardinalität κ und κ+ die Nachfolgerkardinalzahl von κ. Der folgende Satz sagt, dass die Eigenschaft 2κ=κ+ für gewisse Kardinalzahlen erhalten bleibt, wenn sie bereits für alle kleineren gilt.

Satz von Silver:[2] Ist κ eine singuläre Kardinalzahl mit cfκ>0 und gilt 2λ=λ+ für alle unendlichen Kardinalzahlen λ<κ, so gilt auch 2κ=κ+.

Dabei ist cfκ die Kofinalität von κ und 0 die erste unendliche Kardinalzahl.

Die singuläre-Kardinalzahlen-Hypothese sagt, dass κcfκ=κ+ (siehe auch Gimel-Funktion) für singuläre Kardinalzahlen κ mit 2cfκ<κ gilt. Sie ist ebenfalls unabhängig von ZFC und sie folgt aus der verallgemeinerten Kontinuumshypothese, ist also schwächer als diese. Für die singuläre-Kardinalzahlen-Hypothese gilt der folgende Satz:

Satz von Silver[3]: Die Singuläre-Kardinalzahlen-Hypothese gilt bereits dann, wenn sie für alle singulären Kardinalzahlen mit abzählbarer Kofinalität gilt.

Zum Beweis

Beide Sätze verwenden ein Lemma über die Fortsetzung der Eigenschaft κcfκ=κ+ in dem Sinne, dass wenn diese Gleichung für hinreichend viele kleinere Kardinalzahlen als κ gilt, dann gilt sie auch für κ. Genauer wird folgende technische Aussage bewiesen:

Es seien κ eine singuläre Kardinalzahl mit cfκ>0 und (κα)α<cfκ eine mit Ordinalzahlen indizierte aufsteigende Folge von Kardinalzahlen, so dass gilt

  1. λcfκ<κ für alle λ<κ
  2. limα<cfκκα=κ (das ist äquivalent zu supα<cfκκα=κ)
  3. supα<βκα=κβ für alle Limes-Ordinalzahlen β<cfκ (solche Folgen heißen normal)
  4. Die Menge {α<cfκ;καcfκα=κα+} ist stationär in cfκ

Dann gilt κcfκ=κ+.

Auf den Beweis dieses Lemmas verzichten wir, aber es soll kurz erläutert werden, wie sich daraus der Satz von Silver über die Kontinuumshypothese ergibt:

Es sei also κ eine singuläre Kardinalzahl mit cfκ>0 und es gelte 2λ=λ+ für alle Kardinalzahlen λ<κ. Zur Anwendung obigen Lemmas wählen wir eine beliebige normale Folge (κα)α<cfκ mit Limes κ, die es nach Definition der Kofinalität gibt, und überprüfen der Reihe nach die Voraussetzungen des Lemmas.

Zu 1. beachte, dass λ<λcfλλλ=2λ=λ+ für alle λ<κ, wobei der Reihe der Satz von König, Monotonie-Eigenschaften der Potenz von Kardinalzahlen, Kardinalzahlarithmetik und die vorausgesetzte Kontinuumshypothese für alle kleineren Kardinalzahlen verwendet wurden. Aus dieser Ungleichungskette ergibt sich λcfλ=λ+ für alle Kardinalzahlen λ<κ. Dann gilt auch λcfκ<κ für alle λ<κ, denn die Potenz kann wegen der vorausgesetzten Kontinuumshypothese für alle Kardinalzahlen <κ höchstens gleich max{λ,cfκ}+κ sein, aber Gleichheit kann nicht gelten, da κ als singuläre Kardinalzahl keine Nachfolgerkardinalzahl ist. Die Voraussetzungen 2. und 3. gelten nach Wahl der normalen Folge (κα)α<cfκ. Zu 4. beachte, dass im Nachweis von 1. die Gleichung λcfλ=λ+ für alle Kardinalzahlen λ<κ festgestellt wurde. Daher gilt {α<cfκ;καcfκα=κα+}{λ;λ<cfκ}, woraus sich die Stationarität in cfκ ergibt.

Damit sind alle Voraussetzungen des Lemmas erfüllt, und es folgt κcfκ=κ+. Da κ als singuläre Kardinalzahl eine Limes-Kardinalzahl ist, gilt 2κ=(2<κ)cfκ (siehe Kardinalzahlarithmetik) und wegen der Voraussetzung über κ ist 2<κ:=supλ<κ2λ=supλ<κλ+=κ, insgesamt also 2κ=κcfκ=κ+, was den Beweis beendet.

Einzelnachweise

  1. Jack Silver: On the singular cardinals problem, Proceedings of the International Congress of Mathematicians (Vancouver, B. C., 1974), Band 1, Seiten 265–268, Canad. Math. Congress, Montreal, Vorlage:Webarchiv (PDF; 56,8 MB)
  2. Thomas Jech: Set Theory, Springer-Verlag (2003), ISBN 3-540-44085-2, Theorem 8.12
  3. Thomas Jech: Set Theory, Springer-Verlag (2003), ISBN 3-540-44085-2, Theorem 8.13