Thioharnstoff

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Vorlage:Infobox Chemikalie

Thioharnstoff ist ein Derivat des Harnstoffs, dessen Sauerstoffatom durch ein Schwefelatom ersetzt ist.

Geschichte

Die Verbindung wurde erstmals 1869 durch den irischen Chemiker James Emerson Reynolds analog zur Wöhlerschen Harnstoff-Synthese aus Ammoniumthiocyanat hergestellt.[1][2]

Gewinnung und Darstellung

Thioharnstoff kann aus Ammoniumthiocyanat gewonnen werden, wobei die Auftrennung von Produkt und Edukt in der Gleichgewichtsreaktion schwierig ist.[3]

Gleichgewicht Ammoniumthiocyanat – Thioharnstoff
Gleichgewicht Ammoniumthiocyanat – Thioharnstoff

Die technische Synthese erfolgt durch das Einleiten von Schwefelwasserstoff und Kohlendioxid in eine wässrige Suspension von Calciumcyanamid.[3]

CaCN2+3H2SCa(SH)2+(NH2)2CS
2CaCN2+Ca(SH)2+6H2O2(NH2)2CS+3Ca(OH)2
Ca(OH)2+CO2CaCO3+H2O

Eigenschaften

Physikalische Eigenschaften

Thioharnstoff bildet farblose und geruchlose Kristalle. Die Verbindung zeigt keinen scharfen Schmelzpunkt, da ab 153 °C eine Umlagerung zum Ammoniumthiocyanat erfolgt.[3] Die Literatur gibt Schmelzpunkte zwischen 167 °C und 182 °C an.[3] Thioharnstoff hat bei Raumtemperatur eine orthorhombische Kristallstruktur mit Vorlage:Raumgruppe.[4] Das Kohlenstoff- und das Schwefelatom liegen auf einer Spiegelebene, sodass das Molekül die Punktgruppensymmetrie CS besitzt. Es ist beinahe planar und die Symmetrie somit näherungsweise C2v. Beim Abkühlen des Kristalls[5] oder bei hohem Druck[6] entstehen durch Fest-fest-Phasenübergänge Kristallstrukturen mit anderer Symmetrie.

Chemische Eigenschaften

Thioharnstoff ist eine organische Verbindung und ein Komplexbildner. Er tritt in zwei tautomeren Formen auf. In wässrigen Lösungen dominiert die Thionform (links):

Thion- und Thiolform von Thioharnstoff

Verwendung

Im Jahr 1993 betrug die weltweite jährliche Produktion 10.000 Tonnen.[7] Als reine Verbindung wird Thioharnstoff hauptsächlich (25 % der Produktion) zur Extraktion von Metallen wie Gold und Silber aus Erzen eingesetzt. Außerdem wird er als Hilfsstoff in Diazo-Papier (16 % der Produktion) und als Katalysator zur Isomerisierung von Maleinsäure in Fumarsäure verwendet (12 % der Produktion). Als Reaktant dient Thioharnstoff vor allem zur Herstellung von Thioharnstoffdioxid (27,5 % der Produktion.[8]). Weitere wichtige Anwendungen sind:

Biologische Bedeutung

Thioharnstoff kann die Enzyme Tyrosinase und Urease hemmen.

Sicherheitshinweise

Thioharnstoff ist als krebserregend, Kategorie 2 (Verdacht auf karzinogene Wirkung beim Menschen) und reproduktionstoxisch, Kategorie 2 (Kann vermutlich das Kind im Mutterleib schädigen) eingestuft.[12] Er kann nur sehr schwer mit normalen Abwasserreinigungsmethoden aus Abwässern entfernt werden.

Abgeleitete Verbindungen

Siehe auch

Vorlage:Commonscat

Einzelnachweise

  1. J. E. Reynolds in J. Chem. Soc.22 (1869) 1.
  2. Rolf Werner Soukup: Chemiegeschichtliche Daten organischer Substanzen, Version 2020, S. 156 pdf.
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 Mertschenk, B.; Knott, A.; Bauer, W.: Thiourea and Thiourea Derivatives, in: Ullmanns Enzyklopädie der Technischen Chemie, Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim 2013; Vorlage:DOI.
  4. Vorlage:Literatur
  5. Vorlage:Literatur
  6. Vorlage:Literatur
  7. 7,0 7,1 7,2 7,3 7,4 7,5 7,6 Vorlage:Inchem
  8. Vorlage:Literatur
  9. Ullmanns Enzyklopädie: Ullmanns Enzyklopädie der technischen Chemie, Wiley Verlag.
  10. Jander/Blasius: Lehrbuch der analytischen und präparativen anorganischen Chemie, S. Hirzel-Verlag Stuttgart, 1985.
  11. Friedrich Asinger: Chemie und Technologie der Paraffinkohlenwasserstoffe. Akademie Verlag, 1956, S. 53–59.
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