Cramér-Rao-Ungleichung

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Illustration der Cramer-Rao Schranke: es gibt keinen unberührten Schätzer, welcher den (2-dimensionalen) Parameter mit niedrigerer Varianz schätzt als die Cramer-Rao Schranke, welche als Standardabweichungs-Ellipse dargestellt ist

Die Cramér-Rao-Ungleichung, auch Informationsungleichung oder Fréchet-Ungleichung genannt, ist eine zentrale Ungleichung der Schätztheorie, einem Teilgebiet der mathematischen Statistik. Sie liefert in regulären statistischen Modellen eine Abschätzung für die Varianz von Punktschätzern und damit eine Möglichkeit, unterschiedliche Schätzer miteinander zu vergleichen sowie ein Kriterium für die Bestimmung von gleichmäßig besten erwartungstreuen Schätzern.

Die Ungleichung ist nach Harald Cramér und Calyampudi Radhakrishna Rao beziehungsweise nach Maurice René Fréchet benannt.

Aussage

Rahmenbedingungen

Gegeben sei ein einparametriges Standardmodell (X,𝒜,(Pϑ)ϑΘ), das heißt, es ist Θ und jedes der Pϑ besitzt eine Dichtefunktion f(x,ϑ) bezüglich des Maßes μ.

Des Weiteren seien die Cramér-Rao-Regularitätsbedingungen erfüllt, das heißt, es gilt:

Sϑ(x)=ϑlnf(x,ϑ)
existiert und ist endlich.
  • Die Fisher-Information I(ϑ) ist echt positiv und endlich.
  • Es gilt die Vertauschungsrelation
ϑf(x,ϑ)dμ(x)=ϑf(x,ϑ)dμ(x).

Formulierung

Ist dann T ein Schätzer mit endlicher Varianz und ist

Eϑ(T):=g(ϑ)fu¨ralleϑΘ

so ist T ein erwartungstreuer Schätzer für g. Ist nun T ein regulärer Schätzer in dem Sinne, als dass die Vertauschungsrelation

ϑT(x)f(x,ϑ)dμ(x)=T(x)ϑf(x,ϑ)dμ(x),

gültig ist, so gilt die Cramér-Rao-Ungleichung

Varϑ(T)[g(ϑ)]2I(ϑ)fu¨ralleϑΘ

wobei g(ϑ) die Ableitung von g(ϑ) ist.

Bemerkungen

Die Definition der zu schätzenden Funktion g über den Erwartungswert von T garantiert die Differenzierbarkeit dieser Funktion. Alternativ kann auch T als ein erwartungstreuer Schätzer für eine differenzierbare Funktion g definiert werden.

Formulierung für verzerrte Schätzer

Für verzerrte Schätzer mit Verzerrung b(θ)=E[θ^]θ gilt: E((θ^θ)2)[1+b(θ)]2I(θ)+b(θ)2, wobei b(θ) kleiner Null sein kann und somit die Varianz im Vergleich zu einem unverzerrten Schätzer verkleinern kann.

Abgeleitete Begriffe

Cramér-Rao-Schranke

Ist T ein erwartungstreuer Schätzer für die Funktion g(ϑ)=ϑ, so vereinfacht sich die Cramér-Rao-Ungleichung zu

Varϑ(T)1I(ϑ)fu¨ralleϑΘ.

Dies nennt man auch die Cramér-Rao-Schranke.

Cramér-Rao-Effizienz und Supereffizenz

Ein Schätzer, welcher die Cramér-Rao-Ungleichung mit Gleichheit erfüllt, heißt ein Cramér-Rao-effizienter Schätzer. Er ist ein gleichmäßig bester erwartungstreuer Schätzer für die Klasse der regulären Schätzer, also diejenigen, für die die obige Vertauschungsrelation gilt. Einfachstes und bekanntestes Beispiel eines Cramér-Rao-effizienter Schätzers ist das arithmetische Mittel X als Schätzer für den Erwartungswert μ einer Normalverteilung.

Schätzer, die die Cramér-Rao-Ungleichung sogar unterschreiten, werden supereffizient genannt. Diese sind notwendigerweise nicht-regulär oder nicht-erwartungstreu, erfüllen also nicht die Bedingungen der Cramér-Rao-Ungleichung. Der bekannteste Vertreter supereffizienter Schätzer ist der James-Stein-Schätzer.

Regularitätsbedingungen und Beweisidee

Der Beweis der Cramér-Rao-Ungleichung beruht im Wesentlichen auf der Cauchy-Schwarz-Ungleichung und zwei Modellannahmen, die die Vertauschbarkeit von Differentiation und Integration regeln.

Einerseits soll

Eϑ[ϑlogfϑ(Xi)]=0

gelten und andererseits nehmen wir

Eϑ[T(X)ϑlogfϑ(Xi)]=ϑEϑ[T(X)]

an. Direktes Einsetzen in die Cauchy-Schwarz-Ungleichung liefert dann die Behauptung.

Mehrdimensionale Formulierung

Unter ähnlichen Regularitätsbedingungen ist die Cramér-Rao-Ungleichung auch im Falle mehrdimensionaler Parameter formulierbar. Die Aussage überträgt sich dann auf die Betrachtung der Kovarianzmatrix des mehrdimensionalen Schätzers und liefert eine -Relation im Sinne der Löwner-Halbordnung für Matrizen.

Sei ϑ_:=[ϑ1,ϑ2,...,ϑn]T der Vektor der unbekannten Parameter und 𝐗 eine multivariate Zufallsvariable mit zugehöriger Wahrscheinlichkeitsdichte f(𝐗;ϑ_).

Der Schätzer

T_(𝐗):=[T1(𝐗),T2(𝐗),...,Tn(𝐗)]T

für den Parametervektor ϑ_ besitzt eine Kovarianzmatrix

Cov[T_(𝐗)]=E[(T_(𝐗)ϑ_)(T_(𝐗)ϑ_)T].

Die Cramér-Rao-Ungleichung lautet in diesem Fall

Cov[T_(𝐗)]1(ϑ_)

wobei die Fisher-Informationsmatrix

ij(ϑ_)=E[ϑilog=1nf(X;ϑ_)ϑjlog=1nf(X;ϑ_)]

ist.

Anwendungen

Mit Hilfe der Cramér-Rao-Ungleichung lässt sich die dynamische Permeabilitätszahl von Membranen abschätzen, was vor allem in der Bio- und Nanotechnologie rege Anwendung findet.

Verallgemeinerungen

Eine mögliche Verallgemeinerung ist die Chapman-Robbins-Ungleichung. Sie erlaubt eine Abschätzung der Varianz eines Schätzers bezüglich eines fest vorgegebenen Pϑ0 und wird daher für Abschätzungen im Rahmen der Untersuchung von lokal minimalen Schätzern verwendet. Bei Grenzübergang liefert sie eine punktweise Version der Cramér-Rao-Ungleichung.

Als eine Verallgemeinerung der Cramér-Rao-Ungleichung kann auch die Van-Trees-Ungleichung aus der bayesschen Statistik angesehen werden. Im Unterschied zu dieser lässt sich die Van-Trees-Ungleichung auch auf nicht-erwartungstreue Schätzer anwenden.

Siehe auch

Literatur