Absolut stetige Funktion: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 25. Mai 2023, 10:53 Uhr

In der Analysis ist die absolute Stetigkeit einer Funktion eine Verschärfung der Eigenschaft der Stetigkeit. Der Begriff wurde 1905 von Giuseppe Vitali eingeführt[1][2] und erlaubt eine Charakterisierung von Lebesgue-Integralen.

Definition

Es sei I ein endliches reelles Intervall und f:I eine komplexwertige Funktion auf I.

Die Funktion f heißt absolut stetig, falls es für jedes ε>0 ein δ>0 gibt, welches derart klein ist, dass für jede endliche Folge paarweise disjunkter Teilintervalle {]xk,yk[}1kn von I, deren Gesamtlänge k=1n(ykxk)<δ ist, gilt

k=1n|f(yk)f(xk)|<ε.

Beziehung zu anderen Stetigkeitsbegriffen

Absolut stetige Funktionen sind gleichmäßig stetig und damit insbesondere stetig. Die Umkehrung gilt nicht, so ist die Cantor-Funktion stetig, aber nicht absolut stetig. Andererseits ist jede Lipschitz-stetige Funktion auch absolut stetig.

Absolute Stetigkeit von Maßen

Von besonderer Bedeutung für die Maßtheorie sind die reellwertigen absolut stetigen Funktionen. Es bezeichne λ das Lebesgue-Maß. Für monoton steigende reellwertige Funktionen f:I=[a,b] sind folgende Eigenschaften äquivalent:

  1. Die Funktion f ist absolut stetig auf I.
  2. Die Funktion f bildet λ-Nullmengen wieder auf Nullmengen ab, d. h. für alle messbare Mengen AI gilt λ(A)=0λ(f(A))=0.
  3. Die Funktion f ist λ-fast überall differenzierbar, die Ableitungsfunktion fL1(λ) ist integrierbar und für alle xI gilt f(x)f(a)=axf(t) dλ(t).

Daraus folgt ein enger Zusammenhang zwischen den absolut stetigen Funktionen und den absolut stetigen Maßen, dieser wird durch die Verteilungsfunktionen vermittelt.

Ein Maß μ ist genau dann absolut stetig bzgl. λ, wenn jede Einschränkung der Verteilungsfunktion von μ auf ein endliches Intervall I eine absolut stetige Funktion auf I ist.

Zwei Maße nennt man äquivalent, wenn beide absolut stetig bezüglich einander sind

μλμλλμ.

Lebesgue-Integrale

Die absolut stetigen Funktionen finden auch Anwendung in der Integrationstheorie, sie dienen dort dazu den Fundamentalsatz der Analysis auf Lebesgue-Integrale auszudehnen. Jenseits der obigen Äquivalenz sind nämlich auch nicht-monotone absolut stetige Funktionen fast überall differenzierbar und es gilt f(x)f(a)=axfdλ. Außerdem ist f schwach differenzierbar und die schwache Ableitung stimmt (fast überall) mit f überein. Dies liefert tatsächlich eine Charakterisierung der Lebesgue-Integrierbarkeit, denn die folgende Umkehrung gilt ebenfalls für beliebige Funktionen:

Besitzt eine Funktion f:I=[a,b] eine integrierbare Ableitungsfunktion fL1 und gilt für alle xI, dass f(x)f(a)=axf(t) dλ(t), so ist f notwendig absolut stetig auf I.

Optimale Steuerung

In der Theorie der optimalen Steuerungen wird gefordert, dass die Lösungstrajektorien absolut stetig sind.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Giuseppe Vitali: Opere sull'analisi reale e complessa. Edizioni Cremonese, Bologna 1984
  2. Jürgen Elstrodt: Maß- und Integrationstheorie. 4., korrigierte Auflage. Springer, Berlin 2005, ISBN 3-540-21390-2, S. 281.