Symmetrisches Polynom: Unterschied zwischen den Versionen

Aus testwiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
imported>Bftf
 
(kein Unterschied)

Aktuelle Version vom 28. November 2024, 20:20 Uhr

In der Mathematik heißt ein Polynom in mehreren Unbestimmten symmetrisch, wenn man die Unbestimmten untereinander vertauschen kann, ohne das Polynom zu verändern.

Formale Definition

Es sei n0 eine natürliche Zahl, A ein Ring mit Eins und P:=A[x1,,xn] der Polynomring in n Unbestimmten über A. Dann heißt ein Polynom[Anm 1] pP symmetrisch in x1,,xn, wenn

p(xπ(1),,xπ(n))=p(x1,,xn)       (1)

für alle Permutationen π aus der symmetrischen Gruppe Sn gilt.

Fall n=0: Die Gruppe S0 ist leer, also ist (1) für alle πS0 und damit auch für alle „Polynome“ aus P=A erfüllt.

Fall n=1: Die Gruppe S1 besteht ausschließlich aus der identischen Abbildung, die jedes Polynom auf sich selbst abbildet. Damit ist (1) für jedes Polynom pP=A[x1] erfüllt.

Für n2 sind zu (1) äquivalente Beschreibungen:

  • Für alle km ist
p(x1,,xk1,xk,xk+1,xm1,xm,xm+1,,xn)=p(x1,,xk1,xm,xk+1,,xm1,xk,xm+1,,xn),
das heißt, man kann zwei beliebige Unbestimmte gegeneinander austauschen.
  • Es sei
p=α10,,αn0aα1,,αnx1α1xnαn.
Vorlage:AnkerDann ist p genau dann symmetrisch, wenn
aα1,,αn=aαπ(1),,απ(n) für alle πSn
gilt. Anschaulich bedeutet das, dass der Koeffizient eines Monoms von p nur davon abhängt, welche Exponenten wie oft vorkommen, und nicht, bei welchen Unbestimmten.
  • Die symmetrische Gruppe Sn operiert durch
(πp)(x1,,xn)=p(xπ(1),,xπ(n))
auf dem Polynomring A[x1,,xn]. Ein Polynom ist genau dann symmetrisch, wenn es invariant unter dieser Operation ist, d. h., wenn
πp=p für alle πSn
gilt. Eine mögliche Schreibweise für den Ring der symmetrischen Polynome ist deshalb
A[x1,,xn]Sn.

Eigenschaften

Offensichtlich ist sowohl die Summe als auch das Produkt zweier symmetrischer Polynome wieder ein symmetrisches Polynom. Somit ist der Ring der symmetrischen Polynome A[x1,,xn]Sn wiederum ein Ring mit Eins.

Die konstanten Polynome p=a mit aA sind trivialerweise symmetrisch.

Körper der symmetrischen Polynome

Wir ersetzen nun den Grundring A durch einen Grundkörper K. Der Körper der symmetrischen Funktionen L ist analog zu obiger Definition der Fixkörper unter Sn, also: L=K(x1,,xn)Sn.
Die Körpererweiterung K(x1,,xn)/L ist galoissch mit Galoisgruppe Sn und hat damit Grad n!.

Beispiele

  • Das Polynom X+Y ist symmetrisch in X und Y, jedoch nicht symmetrisch in X,Y,Z.
  • Aus jedem beliebigen Polynom p in den Variablen x1,,xn lässt sich ein symmetrisches Polynom bilden, indem man die Bilder unter den Permutationen addiert, also:
πSnπ(p)
(s. a. unten § Monomisch erzeugte symmetrische Polynome).

Spezielle symmetrische Polynome

Elementarsymmetrische Polynome

Eine besonders wichtige Sorte symmetrischer Polynome sind die sog. elementarsymmetrischen Polynome. Sie sind Grundbausteine der symmetrischen Polynome in dem Sinn, dass sich letztere stets als Polynom in ersteren ausdrücken lassen und dies auf nur eine Weise.

Zu jeder Anzahl (Symmetriegrad) n von Unbestimmten und jedem (Polynom-)Grad kn gibt es genau ein elementarsymmetrisches Polynom σn,k.

Vorlage:Hauptartikel

Beispiele
  • Die zwei elementarsymmetrischen Polynome in den Variablen X, Y sind
σ2,1=X+Y sowie σ2,2=XY
  • In drei Variablen X, Y, Z hat man die drei elementarsymmetrischen Polynome
σ3,1=X+Y+Zσ3,2=XY+XZ+YZσ3,3=XYZ

Potenzsummen

Mit den Potenzsummen

sn,m(x1,,xn):=x1m++xnm, m=0,1,2,

für m hat man eine weitere Sorte symmetrischer Polynome. Sie sind über die Newton-Identitäten mit den elementarsymmetrischen Polynomen σn,k verbunden. Für m=1,2,3 hat man beispielsweise:

  • sn,1=x1++xn=σn,1
  • sn,2=x12++xn2=σn,122σn,2
  • sn,3=x13++xn3=σn,133σn,1σn,2+3σn,3

Und umgekehrt:

  • σn,1=sn,1
  • 2σn,2=sn,12sn,2
  • 6σn,3=sn,133sn,1sn,2+2sn,3

Enthält der Ring A die rationalen Zahlen , so gilt ein ähnlicher Satz wie bei den elementarsymmetrischen Polynomen:

  • Jedes symmetrische Polynom lässt sich als Polynom in Potenzsummen schreiben.
  • Diese Darstellung ist eindeutig.

Monomial-symmetrische Polynome

Die monomial-symmetrischen Polynome (Vorlage:EnS) sind für eine Folge λ=(λ1,,λn), bestehend aus nichtnegativen ganzzahligen Gliedern λi, definiert als[1]

mλ(x)=mλ(x1,,xn):=αλxα=αλx1α1xnαn

wobei αλ bedeutet, dass α=(α1,,αn) eine Permutation der Folgenglieder λ1,,λn von λ ist. Da es beim Ergebnis der durch die Formel mλ(x) definierten Menge ganz wesentlich auf die Vielfachheit ki eines Gliedes (Exponenten) λi innerhalb der Folge λ ankommt, wird die Menge mλ(x) besonders deutlich charakterisiert, wenn man die Folge

λ1>λi==λj>λn

mit sortierten Gliedern notiert (hier absteigend, oder noch deutlicher streng absteigend: bspw. als λ1k1>>λsks mit hochgestellten Vielfachheiten ki. Durch die Sortierung erhält die Folge eine Struktur, die die Permutierbarkeit der Potenzen mit gleichen Exponenten und damit eine „Partitionierung“ der Ganzzahl n in gleichartige Abschnitte deutlicher herausbringt. Näheres zur Partitionierung von Ganzzahlen findet sich bspw. im Artikel Young-Tableau). Die Gesamtzahl der verschiedenen Monome des symmetrischen Polynoms mλ(x) lässt sich dann wie folgt berechnen: Sei ki:=ji+1 die Vielfachheit des Gliedes λi innerhalb der Folge λ, dann hat wegen n=ki=k1++ks[2] nach der abzählenden Kombinatorik das Polynom mλ(x) genau

(k1++ks)!k1!ks!=n!k1!ks!=(nk1,,ks)

Monome.

Bemerkung

Jedes symmetrische Polynom lässt sich als (endliche) Summe von monomial-symmetrischen schreiben. Denn mit jedem Monom aλ1,,λnx1λ1xnλn enthält es genau wie mλ(x1,,xn) gemäß →dieser Charakterisierung auch alle Permutationen aλ1,,λnx1λπ(1)xnλπ(n) von dessen Exponenten.

Beispiele
monomial-
symmetrisch
andere Form ausgeschrieben Anzahl
Monome
Parti-
tionen
m(1,0,0,,0)(x1,,xn) =σn,1(x1,,xn) =x1++xn n (1,n1)
m(1,1,0,,0)(x1,,xn) =σn,2(x1,,xn) =x1x2+x1x3++x2x3++xn1xn (n2) (2,n2)
m(1,1,1,,1)(x1,,xn) =σn,n(x1,,xn) =x1xn 1 (1)
m(k,0,0,,0)(x1,,xn) =sn,k(x1,,xn) =x1k++xnk n (1,n1)
m(2,1,0,,0)(x1,,xn) =x12x2+x12x3++x1x22+x22x3++xn1xn2 n(n1) (1,1,n2)
m(2,1,1)(x1,x2,x3) =x12x2x3+x1x22x3+x1x2x32 3 (1,2)

Die Reihenfolge der Partitionen entspricht der der Exponenten (erste Spalte). In den ersten 5 Zeilen partitionieren sie die Zahl n.

Macdonald-Polynome

Vorlage:Hauptartikel Die Macdonald-Polynome sind eine Familie symmetrischer orthogonaler Polynome mit zugehörigen Gewichten λ eines Wurzelsystems und q,t-Deformationen der Schur-Funktionen.[1]

Schur-Polynome und stabile Grothendieck-Polynome

Schubert-Polynome sind Polynom-Darstellungen der Schubert-Klassen im Kohomologie-Ring der Fahnenmannigfaltigkeit.[3]

Sei V ein n-dimensionaler -Vektorraum und bezeichne seine Fahnenmannigfaltigkeit als 𝓁V. Sei ωSn und sei Xω die Schubert-Varietät und [Xω]H2l(ω)(𝓁V) die Schubert-Klasse (die Poincaré-dual zu der Fundamentalklasse von Xω in X*(𝓁V) ist).[4]

Sei si die Permutation (xi,xi+1) und I der Identitätsoperator, definiere den Symmetrisierungs-Operator

i=Isixixi+1

auf dem Polynomring [x1,,xn].

Sei ωSn und ω=sa1san seine reduzierte Darstellung, dann ist der Operator ω=sa1san wohldefiniert und wenn ω=sa1saq nicht reduziert ist, dann ist sa1saq=0.

Sei δ=(n1,n2,,1,0) und xδ=x1n1x2n2xn1. Für jede Permutation ωSn ist das [Xω] repräsentierende Schubert-Polynom 𝒮ω definiert als

𝒮ω=ω1ω0xδ.

Im Falle der Grassmannischen Subvarietät der vollständigen Fahnenmannigfaltigkeit, werden sie symmetrisch und Schur-Polynome genannt.

Schur-Polynome

Sei mμ ein monomial-symmetrisches Polynom mit zugehöriger Partition μ. Dann sind die Schur-Polynome definiert als

sλ(x1,,xn)=μnKλμmμ

wobei Kλμ die Kostka-Nummern sind, d. h. die Anzahl semistandard Young-Tableau (SSYT) der Form λ mit Gewicht μ.[5] Die Schur-Polynome besitzen eine natürliche determinantale Struktur durch die Weylsche Charakterformel.

Eine weitere Definition ist die sogenannte Kostka-Definition der Schur-Polynome. Sei T ein SSYT vom Typ α=(α1,,αn), dann lautet die Kostka-Definition[5]

sλ(x1,,xn)=TSSYTxα1(T)xαn(T).

Stabile Grothendieck-Polynome

Grothendieck-Polynome sind inhomogenen Polynome, welche die Schubert-Polynome verallgemeinern. Sei 𝒪Xω die Struktur-Garbe der Schubert-Varietät Xω. Sei πi:=i(Ixi+1), die Grothendieck-Polynome 𝔊ω repräsentieren die Schubert-Klassen [𝒪Xω] und sind definiert als[4]

𝔊ω=πω1ω0xδ.

Die symmetrischen stabilen Grothendieck-Polynome erhält man durch

Gω(x):=lim\limits k𝔊1k×ω(x).

Ring der symmetrischen Funktionen

Sei ΛN=[x1,,xN]SN der Raum der symmetrischen Polynome und definiere die Abbildung πN+1:[x1,,xN+1][x1,,xN], welche den Turm von graduierten Algebren erzeugt

Λ1Λ2Λ3.

Der Ring der symmetrischen Funktionen ist der projektive Limes[1]

Λ=limNΛN={(f1,f2,,):fjΛN,πjfj=fj1,deg(fj) beschränkt}.

Spezialisierung

Sei Λ der Ring der symmetrischen Funktionen und R sei eine kommutative Algebra mit Einselement. Dann nennt man einen (Algebra)-Homomorphismus φ:ΛR,ff(φ) eine Spezialisierung.[5]

Beispiel:

  • Sei R= und φ(1Λ)=1R. Sei f(x1,x2,) eine symmetrische Funktion, dann ist die Substitution x1=1,x2=5,x3=2 und xi=0,i4 eine Spezialisierung.
  • Sei f(x1,x2,) eine symmetrische Funktion. Dann nennt man f(1,q,q2,q3,) Hauptspezialisierung (Vorlage:EnS) und notiert diese häufig als psq(f) oder ps(f). Analog definiert man auch pskq(f):=f(1,q,q2,,qk1).

Siehe auch

Anmerkungen

  1. In älterer Literatur ist mit gleicher Bedeutung auch von „symmetrischen Funktionen“ die Rede, z. B: im Lehrbuch Algebra I von Bartel Leendert van der Waerden. Hintergrund dieser heute nicht mehr üblichen Terminologie ist, dass seinerzeit die Unterscheidung zwischen „formalen“ Polynomen f(X), die Elemente des Polynomrings R(), einer Polynomalgebra K()oder eines Polynommoduls M()sind, und den durch Einsetzen entstehenden Polynomfunktionen (Abbildungen) f:IA,xf(x) (mit A{R,K,M} und IR bzw. IK) in der Terminologie nicht getroffen wurde. Stattdessen wurde dann häufig die Unbestimmtheit der Variablen („Unbestimmte“ X) betont, wenn anstelle von Funktionen von Polynomen die Rede sein sollte.

Literatur

  • Siegfried Bosch: Algebra. 8. Auflage. Springer, Berlin/Heidelberg 2013, ISBN 978-3-642-39566-6, Kapitel 4, Abschnitt 4.
  • Gerd Fischer: Lehrbuch der Algebra. 3. Auflage. Springer, Wiesbaden 2013, ISBN 978-3-658-02220-4, Kapitel III, §4.1.
  • Jens Carsten Jantzen, Joachim Schwermer: Algebra. 2. Auflage. Springer, Berlin/Heidelberg 2014, ISBN 978-3-642-40532-7, Kapitel IV, §3.3.
  • Bartel Leendert van der Waerden: Algebra I. 8. Auflage, 1971, Heidelberger Taschenbücher Band 12, ISBN 3-540-03561-3.

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Vorlage:Literatur
  2. Die Folge k1,,ks wird oft als Partition der Ganzzahl n bezeichnet.
  3. Vorlage:Literatur
  4. 4,0 4,1 Vorlage:Literatur
  5. 5,0 5,1 5,2 Vorlage:Literatur