Glockenblumengewächse

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Die Glockenblumengewächse (Campanulaceae) bilden eine Pflanzenfamilie innerhalb der Ordnung der Asternartigen (Asterales). Sie besitzt ein fast weltweites Verbreitungsgebiet. Einige Arten und ihre Sorten werden als Zierpflanzen verwendet.

Beschreibung und Ökologie

Blüte im Detail einer Sorte der Pfirsichblättrigen Glockenblume (Campanula persicifolia): In der radiärsymmetrischen Blüte sind die fünf blauen Kronblätter sind verwachsen, die fünf gelben Staubblätter welken und die drei Narben sind bestäubungsfähig (Proterandrie).
Zygmorphe Blüte von Lobelia siphilitica
Blütendiagramm von Campanula medium
Frucht von Campanula rotundifolia

Erscheinungsbild und Blätter

Es sind meist ausdauernde oder selten einjährige krautige Pflanzen; selten sind es Halbsträucher, Sträucher oder Bäume. Milchsaft ist meist in Sprossachsen und Blättern, aber auch anderen Pflanzenteilen enthalten. Sie gedeihen als verankerte submerse oder emerse Hydrophyten bis Xerophyten. Oft werden Rhizome als Überdauerungsorgane gebildet.

Die grundständigen, oder meist wechselständig, selten gegenständig oder wirtelig angeordneten Laubblätter besitzen manchmal eine Blattscheide, meist einen mehr oder weniger langen Blattstiel und eine Blattspreite. Die Blattspreiten sind meist einfach und dann lineal bis kreisförmig, oder einfach hand- oder fiederteilig, oder selten zusammengesetzt und dann gefiedert. Die meisten Arten weisen am meist gekerbten, gezähnten oder gesägten Blattrand kleine, weiße Drüsen auf. Aber sie besitzen nie Drüsen auf den Blattflächen. Auf einer oder beiden Blattflächen können anomocytische Stomata vorhanden sein. Nebenblätter sind nie vorhanden.

Blütenstände und Blüten

Die Blüten stehen einzeln oder seiten- oder endständig manchmal auf Blütenstandsschäften in einfachen oder verzweigten, zymösen, traubigen, ährigen oder doldigen Blütenständen zusammen. Es sind laubblattähnliche bis reduzierte Tragblätter vorhanden, selten fehlen sie. Bei manchen Arten bildet der Blütenstand ein Pseudanthium, also eine Blume.

Die meist mittelgroßen bis großen, zwittrigen Blüten sind meist fünfzählig mit doppelter Blütenhülle. Es existieren sowohl Unterfamilien mit zygomorphen als auch solche mit radiärsymmetrischen Blüten; so findet man beispielsweise bei Campanuloideae radiärsymmetrische und bei Lobelioideae zygomorphe, resupinate Blüten. Bei wenigen Taxa ist ein Nebenkelch vorhanden. Die meist fünf Kelchblätter sind untereinander und mit dem Fruchtknoten verwachsen (nicht so bei Cyananthus) und es sind meist fünf (selten drei, vier oder zehn) Kelchzähne vorhanden. Beispielsweise bei Campanula besitzen die Kelchblätter an ihrer Basis Anhängsel. Die fünf Kronblätter sind verwachsen, bei den radiärsymmetrischen oft glockenförmig und bei den zygomorphen meist zweilippig und es sind meist fünf (selten vier oder zehn) Kronlappen vorhanden. Die Farben der Kronblätter reichen von am Häufigsten Blautönen, auch von weiß bis gelb oder seltener orangefarben und von rosafarben über rot bis purpurfarben. Es ist nur ein (der äußere) Kreis mit fünf fertilen Staubblättern vorhanden; sie können untereinander frei oder verwachsen sein und sie können frei von den Kronblättern sein oder nahe der Kronblattbasis verwachsen sein. Die Staubfäden können manchmal unten verbreiter sein und eine „Nektarkuppel“ (Nectar-dome) bilden. Die Staubbeutel können alle zusammenhängen, besitzen zwei Theken und sie öffnen sich mit einem Längsschlitz. Die je nach Gattung zwei- oder dreizelligen Pollenkörner besitzen selten zwei, meist drei bis zwölf Aperturen und sind colpat, porat, colporat (colporoidat), foraminat oder selten rugat. Zwei, drei oder fünf Fruchtblätter sind zu einem zwei-, drei-, fünf- oder selten durch eine falsche Scheidewand zehnkammerigen Fruchtknoten verwachsen; er ist oberständig oder unterständig (siehe Unterfamilien). Manchmal ist der Fruchtknoten von einem ring- oder röhrenförmigen Nektarium gekrönt. Oder es sind seltener wie bei einigen Codonopsis-Arten Nektargruben unten an der Krone vorhanden. Je Fruchtknotenkammer sind in meist zentralwinkelständiger Plazentation zehn bis fünfzig horizontale, anatrope, unitegmische, tenuinucellate Samenanlagen enthalten. Der Griffel besitzt am oberen Ende pollensammelnde Haare und endet in zwei, drei oder fünf Narben. Es liegt meist Proterandrie mit einer sekundären Pollenpräsentation vor.

Die Blütenformel lautet: oder K5[C(5)A5]G(235)_ oder G(235)

Die Bestäubung erfolgt häufig durch Insekten (Entomophilie), dafür sind oft sehr spezielle Mechanismen zur Förderung der Fremdbestäubung entwickelt, beispielsweise durch besondere Veränderungen des Griffels oder steriles Gewebe, das die Narben während der Anthese bedeckt.

Früchte und Samen

Es werden meist poricidale, septicidale oder loculicidale Kapselfrüchte gebildet, die sich mit Klappen oder bei der Gattung Glockenblumen (Campanula) mit Löchern öffnen, zum Ausstreuen der vielen Samen. Es gibt aber auch Taxa die Beeren bilden. Die kleinen Samen besitzen viel meist ölhaltiges, selten stärkehaltiges Endosperm und einen geraden, chlorophylllosen Embryo mit zwei Keimblättern (Kotyledonen). Die Samen können geflügelt oder ungeflügelt sein.

Inhaltsstoffe

Bei vielen Taxa ist Inulin nachgewiesen. Polyacetylene kommen vor. Alkaloide sind meist vorhanden. In Blättern sind oft Zystolithen vorhanden.

Systematik

Unterfamilie Campanuloideae: Becherglocke (Adenophora liliifolia)
Unterfamilie Campanuloideae: Asyneuma japonicum
Unterfamilie Campanuloideae: Azorina vidalii
Unterfamilie Campanuloideae: Zwerg-Glockenblume (Campanula cochleariifolia)
Unterfamilie Campanuloideae: Canarina canariensis
Unterfamilie Campanuloideae: Edraianthus graminifolius
Unterfamilie Campanuloideae: Efeu-Moorglöckchen (Hesperocodon hederaceus, Syn.: Wahlenbergia hederacea)
Unterfamilie Campanuloideae: Venus-Frauenspiegel (Legousia speculum-veneris)
Unterfamilie Campanuloideae: Schopfteufelskralle (Physoplexis comosa)
Unterfamilie Campanuloideae: Halbkugelige Teufelskralle (Phyteuma hemisphaericum)
Unterfamilie Campanuloideae: Roella ciliata
Unterfamilie Campanuloideae: Wahlenbergia stricta
Unterfamilie Lobelioideae: Apetahia raiateensis
Unterfamilie Lobelioideae: Habitus eines älteren Exemplars von Cyanea superba
Unterfamilie Lobelioideae: Hippobroma longiflora
Unterfamilie Lobelioideae: Isotoma axillaris
Unterfamilie Lobelioideae: Lobelia tupa
Unterfamilie Lobelioideae: Trematolobelia macrostachys
Unterfamilie Nemacladoideae: Nemacladus twisselmannii
Unterfamilie Cyphioideae: Cyphia volubilis
Unterfamilie Cyphocarpoideae: Cyphocarpus rigescens

Die Familie Campanulaceae wurde 1789 durch Antoine Laurent de Jussieu in Genera Plantarum, S. 163 aufgestellt. Typusgattung ist Campanula. Synonyme für Campanulaceae Vorlage:Person s. l. sind: Cyananthaceae Vorlage:Person, Cyphiaceae Vorlage:Person, Cyphocarpaceae Vorlage:Person, Jasionaceae Vorlage:Person, Lobeliaceae Vorlage:Person nom. cons., Nemacladaceae Vorlage:Person.[1]

Die Familie der Glockenblumengewächse (Campanulaceae) s. l. wurde in fünf Unterfamilien gegliedert und enthält 85[1] bis 86[2] Gattungen mit 2000 bis 2300 Arten:[3][4][5] Diese Gliederung wird kontrovers diskutiert und es werden wieder Gattungen in eigene Familien ausgegliedert: Cyphiaceae Vorlage:Person, Lobeliaceae Vorlage:Person nom. cons., Nemacladaceae Vorlage:Person, Cyphocarpaceae Vorlage:Person. Stattdessen wird die Familie der Glockenblumengewächse (Campanulaceae) s. str. in drei Tribus gegliedert.[6][7][8][9]

Hier die Gliederung der Campanulaceae s. l. mit fünf Unterfamilien und in diesem weiten Umfang 85[1] bis 86[2] Gattungen mit 2000 bis 2300 Arten:[3][4][5]

Literatur

  • Die Familie der Campanulaceae bei der APWebsite. (Abschnitte Beschreibung und Systematik)
  • Die Familie der Campanulaceae bei DELTA von L. Watson & M. J. Dallwitz. (Abschnitt Beschreibung)
  • Vorlage:Literatur
  • Leslie Watson: Campanulaceae. In: Western Australian Herbarium (Hrsg.): FloraBase. The Western Australian Flora. Department of Environment and Conservation 2008 (online). (Abschnitt Beschreibung)
  • M. E. Cosner, L. A. Raubeson, R. K. Jansen: Chloroplast DNA rearrangements in Campanulaceae: phylogenetic utility of highly rearranged genomes. In: BMC Evolutionary Biology. Band 4, Nr. 27, 2007, S. 1–17 (PDF-Datei).
  • W. M. M. Eddie, T. Shulkina, J. Gaskin, R. C. Haberle, R. K. Jansen: Phylogeny of Campanulaceae s. str. inferred from ITS sequences of nuclear ribosomal DNA. In: Annals of the Missouri Botanical Garden. Band 90, Nr. 4, 2003, S. 554–575 (Vorlage:Digitalisat).
  • Carmen Ulloa Ulloa, Peter Møller Jørgensen: Arboles y arbustos de los Andes del Ecuador (= Reports from the Botanical Institute University of Aarhus. Band 30). Aarhus University Press, Aarhus 1993, ISBN 87-87600-39-0, 17. Campanulaceae (online).

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Vorlage:GRIN
  2. 2,0 2,1 Vorlage:Literatur
  3. 3,0 3,1 Andrew A. Crowl, Nicholas W. Miles, Clayton J. Visger, Kimberly Hansen, Tina J. Ayers, Rosemarie Haberle, Nico Cellinese: A global perspective on Campanulaceae: Biogeographic, genomic, and floral evolution. In: American Journal of Botany, Volume 103, Issue 2, 2016, S. 233–245. Vorlage:Doi PDF.
  4. 4,0 4,1 4,2 S. Castroviejo, J. J. Aldasoro, M. Alarcón mit Beträgen von R. Hand: Campanulaceae. In: Euro+Med Plantbase – the information resource for Euro-Mediterranean plant diversity. Berlin 2010.
  5. 5,00 5,01 5,02 5,03 5,04 5,05 5,06 5,07 5,08 5,09 5,10 5,11 5,12 5,13 5,14 5,15 5,16 5,17 5,18 5,19 5,20 5,21 5,22 5,23 5,24 5,25 5,26 5,27 5,28 5,29 5,30 5,31 5,32 5,33 5,34 5,35 5,36 5,37 5,38 5,39 5,40 5,41 5,42 5,43 5,44 5,45 5,46 5,47 5,48 5,49 5,50 5,51 5,52 5,53 5,54 5,55 5,56 5,57 5,58 5,59 5,60 5,61 5,62 5,63 5,64 5,65 5,66 5,67 5,68 5,69 5,70 5,71 5,72 5,73 5,74 5,75 5,76 5,77 5,78 5,79 5,80 5,81 5,82 5,83 5,84 Thomas G. Lammers: World Checklist of Campanulaceae. 2007: online in: Vorlage:WCSP
  6. Roksolana Andreychuk, Anastasiya Odintsova: Actual state of carpological studies in the family Campanulaceae Juss. with regard to its systematics. In: Studia Biologica, Volume 14, Issue 2, Januar 2020, S. 95–116. doi:10.30970/sbi.1402.616
  7. Chun-Jiao Li, Ruo-nan Wang, D. Li: Comparative analysis of plastid genomes within the Campanulaceae and phylogenetic implications. In: PloS one, 2020. doi:10.1371/journal.pone.0233167
  8. Cristina Roquet, Isabel Sanmartín, Núria Garcia-Jacas, Llorenç Sáez, Alfonso Susanna, Niklas Wikström, Juan José Aldasoro: Reconstructing the history of Campanulaceae with a Bayesian approach to molecular dating and dispersal–vicariance analyses. In: Molecular Phylogenetics and Evolution, Volume 52, 2009, S. 575–587. Volltext-PDF.
  9. De-Yuan Hong, Qiang Wang: A new taxonomic system of the Campanulaceae s.s. In: Journal of Systematics and Evolution, Volume 53, Issue 3, Oktober 2014, S. 203–209. doi:10.1111/jse.12132
  10. Cristina Roquet, Llorenç Sáez, Juan José Aldasoro, Alfonso Susanna, María Luisa Alarcón, Núria Garcia-Jacas: Natural delineation, molecular phylogeny and floral evolution in Campanula. In: Systematic Botany. Band 33, Nr. 1, 2008, S. 203–217, doi:10.1600/036364408783887465, Volltext bei BioOne.
  11. 11,0 11,1 11,2 11,3 Chao Xu, De-Yuan Hong: Phylogenetic Analyses Confirm Polyphyly of the Genus Campanula (Campanulaceae s. str.), Leading to a Proposal for Generic Reappraisal. In: Journal of Systematics and Evolution, Volume 59, Issue 3, März 2020. doi:10.1111/jse.12586
  12. 12,0 12,1 12,2 12,3 12,4 De‐Yuan Hong: A Monograph of Codonopsis and Allied Genera (Campanulaceae), Science Press, Beijing, 2015, S. 1–256.
  13. W. M. M. Eddie, C. N. Cupido: Hesperocodon, a new generic name for Wahlenbergia hederacea (Campanulaceae): Phylogeny and capsule dehiscence. In: Edinburgh Journal of Botany. Volume 71, Issue 1, 2014, S. 63–74. doi:10.1017/S0960428613000310
  14. Vorlage:RedListOfSouthAfricanPlants
  15. Qiang Wang, X. T. Ma, De‐Yuan Hong: Phylogenetic analyses reveal three new genera of the Campanulaceae. In: Journal of Systematics and Evolution, Volume 52, Issue 5, 2014, S. 541–550. doi:10.1111/jse.12096
  16. Xiao-Quan Wang, Hang Sun, Yan Yu, Xing-Jin He, De‐Yuan Hong: Evolution of the platycodonoid group (Campanulaceae s. str.) with particular references to biogeography and character evolution. In: Journal of Integrative Plant Biology, Volume 56, April 2014. doi:10.1111/jipb.12203
  17. Vorlage:RedListOfSouthAfricanPlants
  18. 18,0 18,1 Vorlage:RedListOfSouthAfricanPlants
  19. Vorlage:RedListOfSouthAfricanPlants
  20. Vorlage:RedListOfSouthAfricanPlants
  21. Vorlage:RedListOfSouthAfricanPlants
  22. 22,0 22,1 22,2 Vorlage:RedListOfSouthAfricanPlants
  23. Thomas G. Lammers: Revision of the Infrageneric Classification of Lobelia L. (Campanulaceae: Lobelioideae). In: Annals of the Missouri Botanical Garden. Band 98, Nr. 1, 2011, S. 37–62, doi:10.3417/2007150.
  24. Vorlage:RedListOfSouthAfricanPlants

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