Briefmarkenproblem

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Das Briefmarkenproblem ist ein Problem der Kombinatorik und additiven Zahlentheorie. Seien k Briefmarken mit Werten ai gegeben. Dann wird nach der kleinsten Zahl gefragt, die nicht als Summe von höchstens h Briefmarken aus dieser Menge dargestellt werden kann (da nur h Marken auf den Briefumschlag passen). Dabei können die Briefmarken auch mehrfach verwendet werden. Das Problem ist im Allgemeinen offen.

Damit verwandt ist das Münzproblem (Frobenius-Problem). Dort gibt es allerdings keine Beschränkung durch h.

Das Problem geht mindestens bis auf Hans Rohrbach (1937) zurück.[1]

Formulierung

Gegeben sind eine Menge positiver ganzer Zahlen Ak={a1,,ak}, a1=1<a2<a3<<ak. Gesucht wird die kleinste Zahl Nh(Ak), die sich nicht als Summe j=1kxjaj darstellen lässt mit j=1kxjh und xj0 für 1jk.

Die größte Zahl, für die sich alle Vorgänger und sie selbst als eine solche Summe darstellen lassen, heißt h-Reichweite nh(Ak) von Ak Es gilt: nh(Ak)=Nh(Ak)1.

Das Problem wird auch so gestellt, dass h und k gegeben werden, und die Menge Ak gesucht wird, die die Reichweite nh(k)=n(h,k) maximiert. Diese Mengen werden (h,k)-optimale Mengen oder auch extremale Basen genannt. In dieser Form ist es eine globale Version des Problems, die lokale Version besteht darin die Reichweite für vorgegebene Mengen Ak zu bestimmen.[2]

Zum Beispiel ist für maximal drei Briefmarken (h=3) mit Briefmarken-Werten aus A4=(a1=1,a2=2,a3=5,a4=20) jeder Wert bis n3(A4)=12 darstellbar (Reichweite 12). Ein Wert von N3(A4)=13 ist nicht mehr mit drei Briefmarken aus dieser Menge darstellbar, man benötigt mindestens vier. Andererseits ist das keine optimale Menge, denn n(3,4)=23. Optimale Mengen für diese Kombination von h und k sind {1,3,6,10}, {1,4,6,15} und {1,4,7,9}.

Dabei wird stets 1 als Element von Ak angenommen, sonst wäre die Reichweite Null. Ak heißt bei vorgegebenem h auch additive Basis der Ordnung h oder h-Basis.

Ergebnisse

Aus elementaren Überlegungen der Kombinatorik folgt n(h,k)<(h+kk) (rechts steht der Binomialkoeffizient).

Exakte Lösungsformeln sind für k=2,3 bekannt.

Für k=2 sei A2=(1,a)

Dann ist nh(A2)=(h+3a)a2 für ha2.

Außerdem ist (A. Stöhr 1955,[3] A. Henrici 1965, R. G. Stanton u. a. 1974)

n(h,2)=h2+6h+14

Mit x der größten ganzen Zahl kleiner gleich x. Die zugehörige (h,2)-optimale Menge ist A2=(1,h+32).

Für k=3 und nh(A3)=n(h,3):

481h3+23h2+6627hnh(A3)481h3+23h2+7127h181

für h34 (Gerd Hofmeister).[4] Die Gleichheit in der unteren Schranke ist für h=0mod9 erfüllt. Hofmeister löste damit das globale Problem für k=3. Das lokale Problem (Bestimmung von nh(A3)) wurde von Øystein J. Rødseth angegangen, der eine allgemeine Methode basierend auf einem Kettenbruch-Algorithmus entwickelte. Ernst Sejersted Selmer gab darauf aufbauend asymptotische Formeln, die die meisten Fälle A3 abdeckten.[5]

S. Mossige zeigte für k=4, dass asymptotisch

n(h,4)2,008(h4)4+𝒪(h3)

Wobei rechts ein Landau-Symbol verwendet wurde. Mit Kirfel zeigte er auch, dass die Abschätzung bestmöglich ist.[6] Kirfel zeigte, dass der Grenzwert ck=limhn(h,k)(hk)k für alle k1 existiert. Er gab auch den Wert von c5 an.

Asymptotische Grenzen für festes h und große k fand Hans Rohrbach 1937:[7]

(kh)hn(h,k)khh!+𝒪(kh1)

Dabei gilt die untere Schranke allgemein und es gilt auch (hk)kn(h,k). Die beste untere Schranke für große k und feste h stammt von Hofmeister[8] unter Verwendung von Ergebnissen von R. Windecker. Die beste obere Schranke für festes k stammt von Rødseth:[9][10]

n(h,k)(k1)k2(k2)!(hk)k+𝒪(hk1)

Speziell für h=2 fand Rohrbach:

d1(k2)2+𝒪(k)n(2,k)d2k22+𝒪(k)

mit d1=1,d2=1,9968. A. Mrose verbesserte auf d1=87 und W. Klotz auf d2=1,9208.

Richard Guy vermutete, dass für große h die n(h,k) durch eine endliche Anzahl von Polynomen in h vom Grad k gegeben sind.[11]

Sonstiges

Für variable h ist das Problem NP-schwer[12]. Bei festem h ist es dagegen in polynomialer Zeit lösbar.

Anwendungen fand das Problem zum Beispiel bei der optimalen Zuteilung von Index-Registern bei Computern oder optimalen Verkabelungsmustern in assoziativen Cache-Speichern.[13]

Literatur

  • Richard K. Guy: Unsolved problems in number theory, Springer 1994, S. 123–127 (Postage Stamp Problem)
  • Ronald Alter, Jeffrey Barnett: A postage stamp problem, American Mathematical Monthly, Band 87, 1980, S. 206–210, JSTOR
  • Mossige: Algorithms for Computing the h-Range of the Postage Stamp Problem, Math. Comput., Band 36, 1981, S. 575–582

Einzelnachweise

  1. Guy, Unsolved problems in number theory, S. 123.
  2. Guy, Unsolved problems in number theory, S. 123
  3. Stöhr, Gelöste und ungelöste Fragen über Basen der natürlichen Zahlenreihe, 2 Teile, J. Reine Angew. Math., Band 194, 1955, S. 40–65, 111–140
  4. Hofmeister, Asymptotische Abschätzungen für dreielementige Extremalbasen in natürlichen Zahlen, J. Reine Angew. Math., Band 232, 1968, S. 77–101
  5. Selmer, The local postage stamp problem, 3 Teile, Universität Bergen 1986, 1990
  6. Guy, Unsolved problems in number theory, S. 123
  7. Rohrbach, Ein Beitrag zur additiven Zahlentheorie, Math. Z., Band 42, 1937, S. 1–30
  8. Hofmeister, Endliche additive Zahlentheorie, Kapitel 1, Das Reichweitenproblem, Universität Mainz 1976. Nach Alter, Barnett, American Mathematical Monthly, Band 87, 1980, S. 206f
  9. Guy, Unsolved problems in number theory, S. 124
  10. Rødseth, An upper bound for the h-range of the post-stamp problem, Acta Arithmetica, Band 54, 1990, S. 301–306
  11. Alter, Barnett, American Mathematical Monthly, 87, 1980, S. 207, mit expliziter Darstellung der Vermutung für k=2,3
  12. Jeffrey Shallit, The computational complexity of the local postage stamp problem. SIGACT News, Band 33, März 2002, S. 90–94
  13. Alter, Barnett, American Mathematical Monthly, 87, 1980, S. 207