Martingalmaß

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Das Martingalmaß (auch risikoneutrales Maß) ist ein Begriff aus der Finanzmathematik. Die Bedeutung von Martingalmaßen liegt darin, dass bei einem vorgegebenen Marktmodell mit Wahrscheinlichkeitsmaß P genau dann äquivalente Martingalmaße existieren, falls es keine Arbitragemöglichkeit im Marktmodell gibt. Dies ist genau die Aussage des ersten Fundamentalsatzes der Arbitragepreistheorie.

Martingalmaß in diskreten Modellen

Finanzmarktmodell

Gegeben sei ein Finanzmarktmodell bestehend aus d Anlagegütern (z. B. Aktien oder Derivate) (S1,,Sd), einem Numéraire S0 und Zeitpunkten t0,,T mit T. Die Wertentwicklung eines Anlagegutes Si wird mittels eines stochastischen Prozesses modelliert. Das heißt, zu jeder Zeit t=0,,T entspricht Sti dem Preis des i-ten Anlageguts und Sti ist eine nichtnegative Zufallsvariable auf einem Wahrscheinlichkeitsraum (Ω,,P).

Der Informationsgewinn im betrachteten Finanzmarkt kann durch eine Filtrierung modelliert werden. Eine Filtrierung ist eine aufsteigende Folge von σ-Algebren mit 01T=. Dabei beschreibt die Menge t die bis zur Zeit t beobachtbaren Ereignisse. Weiter soll gelten, dass die Preise Sti für alle t=0,,T t-messbar sind. Damit soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Preise Sti zum Zeitpunkt t bekannt sind.

Schließlich versteht man unter dem diskontierten Preisprozess Xi:=Si/S0 die zinsbereinigte Wertentwicklung von Anlagegütern.

Definition

Sei (Ω,,(t)t0,,T,P) ein filtrierter Wahrscheinlichkeitsraum. Ein stochastischer Prozess (Xt)t0,,T heißt P-Martingal, falls folgende drei Eigenschaften gelten:

  • X ist adaptiert an (t)t0,,T, d. h. Xt ist t-messbar für alle t0,,T.
  • X ist ein integrierbarer Prozess, d. h. Xt1(Ω,t,P) für alle t0,,T.
  • EP(Xt+1|t)=XtP-fast sicher für alle t0,,T1

Nun heißt ein Wahrscheinlichkeitsmaß P* auf (Ω,) Martingalmaß, falls die diskontierten Preisprozesse Xi für alle i=1,,d P*-Martingale sind.

Äquivalentes Martingalmaß

Falls zusätzlich P* äquivalent zu P ist, d. h. P*(A)=0P(A)=0 für alle A, so heißt P* äquivalentes Martingalmaß.

Äquivalentes lokales Martingalmaß

Sind die diskontierten Preisprozess lokale Martingale und P* zu P äquivalent, so heißt P* äquivalentes lokales Martingalmaß.

Beispiel

Folgendes Glücksspiel wird vereinbart: Beim Wurf einer fairen Münze erhält der Spieler bei Zahl 1 Euro und bei Kopf 2 Euro. Die Teilnahme am Spiel wird auf 1,70 Euro festgelegt. Das Marktmodell besteht in diesem Fall aus d=1 Anlagegütern und aus zwei Zeitpunkten, einem Zeitpunkt t=0 vor dem Wurf und einem Zeitpunkt t=T=1 nach dem Wurf. Die anderen Parameter im Marktmodell lauten den Angaben entsprechend Ω={1,2}, 0={,Ω}, 1==𝒫(Ω) und P ist die Gleichverteilung auf Ω. Der diskontierte Wertprozess X1 des Glücksspieles entspricht in dem Fall dem Preisprozess S1 und lautet X01=1,70 und X11=1χ{1}+2χ{2}. Offensichtlich handelt es sich bei P um kein Martingalmaß, da gilt

EP(X11|0)=EP(X11)=1,501,70=X01.

Das Wahrscheinlichkeitsmaß P*=0,3δ1+0,7δ2 auf (Ω,) ist dagegen ein äquivalentes Martingalmaß. Der diskontierte Preisprozess X1 ist offensichtlich adaptiert und integrierbar (dies ist unabhängig vom gewählten Wahrscheinlichkeitsmaß) und es gilt:

EP*(X11|0)=EP*(X11)=1,70=X01.

Literatur

  • Andreas Ott: Wachstumsorientierte Bewertung von Derivaten. Springer-Verlag, 2007, Seite 18.
  • Christian Mohn: Martingalmaße und Bewertung europäischer Optionen in diskreten unvollständigen Finanzmärkten. Dissertation, Universität Oldenburg 2004.