Zustandsgleichung eines realen Gases nach Wohl

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Untersuchungen über die Zustandsgleichung, S. 9f., Zeitschr. f. Physikal. Chemie 87

Die Zustandsgleichung eines realen Gases nach Wohl versucht, die experimentellen Werte für möglichst viele Gase gut wiederzugeben, also die Van-der-Waals-Gleichung zu verbessern, ohne andererseits mathematisch allzu aufwändig zu werden. Sie wurde 1914 im Artikel „Untersuchungen über die Zustandsgleichung“ für die Zeitschrift für Physikalische Chemie (Band 87, S. 1 bis 39) vom Chemiker Alfred Wohl aufgestellt.[1] Der Gültigkeitsbereich erstreckt sich von großen (molaren) Volumina bis zum kritischen Molvolumen.[2]

Zustandsgleichung ohne Temperaturabhängigkeit des Anziehungsglieds

Für den Druck p, das molare Volumen v=Vm=Vn (=Volumen durch Stoffmenge) und die absolute Temperatur T gilt dabei:

(1a) p=RTvbav(vb)+cv3

bzw.

(1b) (pcv3)(vb)=RTav

Als Gleichung für das molare Volumen lautet sie:

(1c) v4(RTp+b)v3+apv2cpv+cbp=0

R ist dabei die universelle Gaskonstante und a,b und c sind Parameter, die vom jeweiligen Gas abhängen.

Dem Glied av kommt dabei die Rolle der Anziehung zwischen den Teilchen zu, in der ersten Erörterung ohne Temperaturabhängigkeit, und dem Glied b entspricht das Eigenvolumen der Teilchen und für das gegenüber der Van-der-Waals-Gleichung neue (Druck-)Glied cv3  gibt Wohl in seinem ersten Artikel als mögliche Deutung die Drehungsbehinderung der unregelmäßig gestalteten Moleküle an.[3]

Bestimmung der Parameter aus den kritischen Zustandsgrößen

Um die Parameter a,b und c allein aus den experimentell gut zugänglichen Werten des Drucks und der Temperatur am kritischen Punkt zu beziehen, geht Wohl in der „ersten Erörterung“ davon aus, dass das Volumen am kritischen Punkt eine vierfache Nullstelle der Gleichung (1c) ist und vergleicht also (1c) mit (vvc)4=0.

Bei Einsetzen der kritischen Temperatur und des kritischen Drucks lautet (1c):

(2) v4(RTcpc+b)v3+apcv2cpcv+cbpc=0

Da  (vvc)4=v44v3vc+6v2vc24vvc3+vc4  gilt dann also bei Koeffizientenvergleich der Potenzen von v:

(3) 4vc=RTcpc+b,6vc2=apc,4vc3=cpc,vc4=cbpc

Es gibt also vier Gleichungen für eigentlich nur drei Unbekannte a,b,c, so dass zusätzlich noch eine Beziehung zwischen der Temperatur, dem Druck und dem Volumen am kritischen Punkt aufgestellt werden kann, das nur unsicher bestimmbare kritische Molvolumen wird also aus dem kritischen Druck und der kritischen Temperatur berechnet. Es gilt:

(4) vc=415RTcpc, b=vc4=115RTcpc, a=6vc2pc=96225R2Tc2pc, c=4vc3pc=2563375R3Tc3pc2

Kritischer Kompressibilitätsfaktor

Für den Kompressibilitätsfaktor (Kompressionsfaktor) beim kritischen Punkt gilt also:  Zc=pcvcRTc=4150,267 , was verglichen mit dem Kompressionsfaktor nach dem Van-der-Waals-Modell (mit Zc=0,375 ) meistens besser in Übereinstimmung mit den kritischen Kompressionsfaktoren der Gase ist, so ist der kritische Kompressionsfaktor bei Sauerstoff (O2) 0,288, bei Stickstoff (N2) 0,292 und bei Kohlendioxid 0,274.[4]

Reduzierte Form

Isotherme bei T=Tc (mit V0=RTc/pc) nach dem Model von Wohl im Vergleich mit van-der-Waals und idealem Gas

Mit den reduzierten Größen pr=ppc, Vr=vvc=VVc, Tr=TTc geht die Gleichung (1a) über in:

(5) pr=154TrVr146Vr(Vr14)+4Vr3

Wie aus dem Vr-pr Diagramm der Isotherme bei der kritischen Temperatur zu sehen, ist die Zustandsgleichung für molare Volumina unterhalb des kritischen Molvolumens nicht anwendbar.

Vergleich mit Idealem Gas und anderen Modellen

Um die Formel unabhängig vom konkreten Gas zu machen, bezieht man meistens den Druck, die Temperatur und das Volumen auf die kritischen Größen. Da das kritische Volumen nur ungenau messbar ist, wird in vielen Modellen (z. B. van-der-Waals, Redlich-Kwong und auch beim Modell von Wohl) das Volumen über den kritischen Druck und die kritische Temperatur berechnet. Dabei kommen die Modelle für das kritische Molvolumen zu unterschiedlichen Werten:  38RTcpc  bei van-der-Waals, 415RTcpc  bei Wohl und  13RTcpc  bei Redlich-Kwong. Um die Vorhersagen für das Volumen vergleichen zu können, muss ein gemeinsames Bezugsvolumen benutzt werden und deshalb wird als Bezugsvolumen V0 das Volumen gewählt, das sich aus pc und Tc nach dem der Gleichung des idealen Gases ergeben würde, also  V0=nRTcpc  bzw.  v0=RTcpc . Mit pr=ppc, Tr=TTc  sowie  Vr=VV0 =vv0 gilt dann:

Formel ideales Gas:  pr=TrVr
Formel von van-der-Waals:  pr=TrVr182764Vr'2
Formel von Redlich-Kwong: pr=TrVr231319(231)TrVr(Vr+2313)
Formel von Wohl:  pr=TrVr11596225Vr(Vr115)+2563375Vr'3
erweiterte Formel von Wohl:  pr=TrVr11596225TrVr(Vr115)+2563375TrαVr'3

Erweiterungen

Sowohl im ursprünglichen Artikel aus dem Jahr 1914 als auch in nachfolgenden Artikeln wird das Modell über diese erste Erörterung hinaus erweitert, um das Verhalten realer Gase noch besser wiedergeben zu können, so wird auch eine Temperaturabhängigkeit der Parameter a und c berücksichtigt,[2][5] also p=RTvbaTv(vb)+cTαv3 mit 1α2, wobei z. B. für Kohlendioxid α=43 und für Wasserstoff (H2) α=2 angesetzt wird,[6] und es gilt: vc=415RTcpc, b=vc4=115RTcpc, a=6vc2pcTc=96225R2Tc3pc, c=4vc3pcTcα=2563375R3Tc3+αpc2

Anmerkungen und Einzelnachweise

  1. Technische Thermodynamik: Zweiter Band (4. Auflage, W. Schüle, Springer-Verlag, Nachdruck 2013), Seite 120
  2. 2,0 2,1 Chemisches Zentralblatt (März 1922, Band I, Nr. 11, S. 15)
  3. siehe Seite 9 oben in „Untersuchungen über die Zustandsgleichung“ (1914)
  4. Vorlage:Webarchiv (www.apithailand.com, abgerufen am 26. November 2016)
  5. Spezifische Wärme Enthalpie, Entropie und Dissoziation technischer Gase (E. Justi, Springer-Verlag, 1938 (Digitalisierung 2013))
  6. siehe A.Wohl, Zeitschrift für Physikalische Chemie, Band 99 (1921)