Natriumnitrit

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Vorlage:Infobox Chemikalie

Natriumnitrit, NaNO2, (nicht zu verwechseln mit Natriumnitrat NaNO3) ist das Natriumsalz der Salpetrigen Säure HNO2.

Vorkommen und Herstellung

In der Natur kommen Nitrite nicht in mineralischer Form vor.[1] Sie sind Zwischenstufen im Stickstoffkreislauf in biologischen Systemen. Sie entstehen sowohl bei der Nitrifikation (Stickstoffbindung) als auch bei der Denitrifikation (Stickstoff-Freisetzung).

Technisch wird Natriumnitrit durch Einwirkung von Stickoxiden auf Natriumhydroxidlösung gewonnen.[1] Anfang des 20. Jahrhunderts erfolgte die Reduktion von Natriumnitrat noch mittels Blei, Eisen, Zink, Mangandioxid, Koks, Schwefeldioxid oder Calciumcarbid, wobei die Umsetzung von geschmolzenem Natriumnitrat mit Blei bei 400 °C die gebräuchlichste war.[1] Aufgrund des niedrigen Preises von Natriumhydroxid wird diese Herstellungsmöglichkeit jedoch nur selten angewendet. Im Labor kann die Reduktion von Natriumnitrat mittels Blei oder anderer Reduktionsmittel noch angewendet werden.

Eigenschaften

Natriumnitrit bildet farblose bis leicht gelbliche Kristalle, die bei 271 °C schmelzen. Die Verbindung kristallisiert bei Raumtemperatur orthorhombisch in der Vorlage:Raumgruppe mit zwei Formeleinheiten in der Elementarzelle. Ab 165 °C geht sie in eine andere orthorhombische Kristallstruktur mit der Raumgruppe Vorlage:Raumgruppe über und daneben existieren noch weitere Hochdruckmodifikationen.[2] Natriumnitrit löst sich in Wasser unter starker Abkühlung. Die Lösungswärme beträgt bei 25 °C 13,9 kJ·mol−1.[1] Unterhalb von −5 °C existiert ein stabiles Hemihydrat NaNO2·0,5H2O.[1] Die wässrige Lösung reagiert alkalisch. Das Salz löst sich auch in flüssigem Ammoniak. Hier wird unterhalb von −64 °C ein stabiles Ammoniaksolvat NaNO2·0,5NH3 gebildet.[1] Die Löslichkeit in 95%igem Ethanol ist mit 1,4 % nur gering.[1] Oberhalb von Temperaturen von 330 °C erfolgt eine Zersetzung zu Natriumoxid, Stickstoffmonoxid und Stickstoffdioxid.[1]

2NaNOA2NaA2O+NO+NOA2

Wenn die resultierenden Stickoxide nicht abgeführt werden können, reagieren sie mit unumgesetzten Natriumnitrit zu Natriumnitrat und Stickstoffmonoxid bzw. Stickstoff.[1]

NaNOA2+NOA2NaNOA3+NO
2NaNOA2+2NO2NaNOA3+NA2

Die Endprodukte der Zersetzung im Temperaturbereich zwischen 330 °C und 400 °C sind Natriumnitrat, Natriumoxid und Stickstoff. Oberhalb von 600 °C zerfällt Natriumnitrat in Natriumnitrit und Sauerstoff, so dass die Endprodukte der Natriumnitritzersetzung bei dieser Temperatur Natriumoxid, Stickstoff und Sauerstoff sind.[1]

Wässrige Lösungen von Natriumnitrit reduzieren starke Oxidationsmittel wie Kaliumpermanganat. In saurer Lösung wird Kaliumiodid zu Iod oxidiert. Ebenso erfolgt mit Ammoniumsalzen die Bildung von Stickstoff. Harnstoff und Amidoschwefelsäure werden ebenfalls unter Stickstoffbildung oxidiert.[1]

CO(NHA2)A2+2NaNOA2+2HCl2NA2+COA2+3HA2O+2NaCl
HOSOA2NHA2+NaNOA2+HClNA2+HA2SOA4+HA2O+NaCl

In wasserfreier Schmelze werden bei 210–220 °C mit einem Überschuss an Natriumnitrit mit Harnstoff Natriumcarbonat und Stickstoff gebildet. Die stöchiometrische Mischung ergibt unter denselben Bedingungen Natriumcyanat und Stickstoff.[1]

CO(NHA2)A2+2NaNOA22NA2+NaA2COA3+2HA2O
CO(NHA2)A2+NaNOA2NA2+NaCNO+2HA2O

Die Verbindung bildet mit Natriumnitrat ein eutektisches System, mit einem eutektischen Schmelzpunkt bei 227 °C bei einem Gehalt an Natriumnitrat von 37,5 Mol%.[1]

Natriumnitrit ist brandfördernd (vor allem bei höheren Temperaturen) und reagiert heftig mit Aluminium (vor allem Pulver), trockenen Ammoniumverbindungen (wie beispielsweise Ammoniumsulfat), Cyaniden und vielen organischen Verbindungen. Es ist ein Reduktionsmittel und wird an der Luft langsam zu Natriumnitrat NaNO3 oxidiert.

Natriumnitrit ist giftig (tödliche Dosis etwa 4 g); im Allgemeinen können Nitrite mit bestimmten Aminen bei geeigneten Bedingungen zu krebserregenden Nitrosaminen reagieren. Nitrit kann mit Eisen(II)-sulfat durch Braunfärbung nachgewiesen werden.

Verwendung

Bestandteil von Pökelsalz

Unter bestimmten Auflagen ist Natriumnitrit als Lebensmittelzusatzstoff E 250 in der Funktion eines Konservierungsmittels zugelassen.[3] Im Gemisch mit Natriumchlorid verleiht es als Nitritpökelsalz (Natriumchlorid mit 0,4 bis 0,5 % Natriumnitrit) dem Fleisch durch Bildung von Nitrosomyoglobin eine bleibende rote Farbe und verhindert das Wachstum von Bakterien (Pökeln).

Zulässigkeit

Seit den 1980er Jahren darf der Natriumnitritgehalt von Pökelsalz 0,5 % nicht überschreiten. Natriumnitrit darf nur mit Kochsalz oder Kochsalzersatz gemischt in den Handel gelangen.[4][5]

Gesundheitliche Auswirkungen

In den 1920er Jahren wurden die ersten Vergiftungen durch Pökelsalze mit Natriumnitritgehalten über 5 % berichtet.[4] Eine Aufnahme von Natriumnitrit von etwa 0,5 g führt akut zu Vergiftungen.[6] In den 1970er Jahren wurde entdeckt, dass die Nitrosamine, die aus Natriumnitrit entstehen, krebserzeugend sind.[4] Auch die zulässigen Beimischungen gelten als geringfügig krebserzeugend. Nitrosamine entstehen beispielsweise beim Grillen oder Braten von gepökeltem Fleisch; gepökeltes Fleisch sollte daher möglichst nicht gegrillt oder gebraten werden.[6]

Nitrite haben eine blutdrucksenkende und gefäßerweiternde Wirkung.[6] Säuglinge unter sechs Monaten sind wegen fehlenden Enzymen besonders empfindlich für die Auswirkungen von Nitriten auf das Hämoglobin im Blut; Nitrite aus nitratreichem Wasser oder Gemüse können daher bei Säuglingen zu innerem Ersticken führen.[6]

Natriumnitrit wird bei der Behandlung von Cyanidvergiftungen eingesetzt. Es verstärkt die Bildung von Methämoglobin, welches das toxische Cyanid bindet und Cyanomethämoglobin erzeugt. Dieses kann durch das Verabreichen von Natriumthiosulfat in Methämoglobin und das weniger toxische Thiocyanid umgewandelt werden. Das verbleibende Methämoglobin wird durch die Gabe von Methylenblau in Oxyhämoglobin umgewandelt.[7]

Reagenz in der chemischen Industrie

In der chemischen und pharmazeutischen Industrie dient es zur Synthese von Diazoniumverbindungen für Azofarbstoffe sowie Nitroso- und Isonitrosoverbindungen und als Zusatzstoff in Galvanikbädern und Rostschutzmitteln.

Giftköder

In Australien und den Vereinigten Staaten wurden Giftköder auf der Basis von Natriumnitrit entwickelt,[8] die laut Patent gegen Allesfresser[9][10] eingesetzt werden können. Bisher wurden diese Köder, die bei einer Aufnahmemenge von 135 mg Natriumnitrit/kg zu einem schnellen Erstickungstod führen,[9][10] gegen Wildschweine, verwilderte Hausschweine und – in Neuseeland – gegen Possums mit Erfolg eingesetzt.

Einzelnachweise

  1. 1,00 1,01 1,02 1,03 1,04 1,05 1,06 1,07 1,08 1,09 1,10 1,11 1,12 W. Laue, M. Thiemann, E. Scheibler, K.W. Wiegand: Nitrates and Nitrites, in: Ullmanns Enzyklopädie der Technischen Chemie, Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim 2012; Vorlage:DOI.
  2. Vorlage:Literatur
  3. Vorlage:EU-Verordnung
  4. 4,0 4,1 4,2 Universität Bayreuth: Wurst und Chemie: Pökeln
  5. Verordnung über die Zulassung von Zusatzstoffen zu Lebensmitteln zu technologischen Zwecken (Zusatzstoff-Zulassungsverordnung - ZZulV), Ausfertigungsdatum: 29. Januar 1998.
  6. 6,0 6,1 6,2 6,3 zusatzstoffe-online.de: Natriumnitrit.
  7. Vorlage:Literatur
  8. Animal Control Technologies (Australia): Pty Ltd: HOGGONE.
  9. 9,0 9,1 Vorlage:Patent
  10. 10,0 10,1 Vorlage:Patent