Sonnenschein-Mantel-Debreu-Theorem

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Als Sonnenschein-Mantel-Debreu-Theorem bezeichnet man in der Mikroökonomik und dort speziell in der Theorie des allgemeinen Gleichgewichts einen auf Hugo F. Sonnenschein, Rolf Mantel und Gérard Debreu zurückgehenden Satz. Er besagt vereinfacht, dass die aggregierten Überschussnachfragefunktionen, die zu einem mit gängigen Annahmen konstruierten Modell des allgemeinen Gleichgewichts gehören, nur über einige bestimmte, allgemeine Eigenschaften verfügen, ansonsten aber keine konkreten Aussagen über ihre Gestalt möglich sind.

Einordnung

Nachdem vor allem ab Mitte der 1950er Jahre, angefangen mit Arrow und Debreu (1954[1]), eine Vielzahl an Existenzsätzen für Walrasianische (das heißt: kompetitive) Gleichgewichte formuliert worden waren[2] und darüber hinaus verschiedentlich gezeigt worden war, dass diese Modelle regelmäßig höchstens endlich viele Gleichgewichte besitzen, stellte sich die Frage, ob aus den der Ökonomie zugrunde liegenden Parametern weitere Schlussfolgerungen über die Beschaffenheit des resultierenden Gleichgewichts abgeleitet werden können. Speziell nimmt dieses Problem bei einer Gleichgewichtsanalyse mittels Überschussnachfragefunktionen[3] die folgende Gestalt an: Welche Eigenschaften lassen sich aus der gängigen Annahmen gehorchenden reinen Tauschökonomie[4]

=[(𝐱i,ui)i,𝐞]

zur Charakterisierung der aggregierten Überschussnachfrage

𝐳(𝐩)i=1I𝐳i(𝐩)=i=1I[𝐱i(𝐩,𝐩𝐞i)𝐞i]

ableiten? Hierbei bezeichnet 𝐱i die vektorwertige marshallschen Nachfrage eines Konsumenten, 𝐳i seine Überschussnachfrage, 𝐞i seine Anfangsausstattung und ui seine Nutzenfunktion.

Verschiedene allgemeine Eigenschaften der aggregierten Überschussnachfrage lassen sich aus gängigen Annahmen ableiten, wie das nachfolgende Lemma zeigt.[5]

Sei durch ={1,,I} die I-elementige Menge aller Konsumenten gegeben, deren Nutzenfunktionen jeweils stetig, strikt quasikonkav und nichtfallend seien ui(𝐱i). Sei weiter für jeden Konsumenten eine Anfangsausstattung 𝐞i=(e1i,,eni)n gegeben (zur Erklärung der Schreibweise siehe Fußnote[4]). Dann gilt:
  1. Die individuellen Überschussnachfragen 𝐳i(𝐩) sind jeweils stetig in 𝐩, homogen von Grade null in 𝐩 und genügen dem Walras-Gesetz, das heißt, es gilt 𝐩𝐳i(𝐩)=0 für alle 𝐩.
  2. Die aggregierte Überschussnachfrage 𝐳(𝐩) ist stetig in 𝐩, homogen von Grade null in 𝐩 und genügt dem Walras-Gesetz, das heißt, es gilt 𝐩𝐳(𝐩)=0 für alle 𝐩.

Das Sonnenschein-Mantel-Debreu-Theorem besagt vereinfacht, dass es aber nicht möglich ist, weitere Eigenschaften der aggregierten Überschussnachfrage abzuleiten, ohne restriktivere Annahmen zu stellen.

Theorem

Vorlage:Kasten

Dabei handelt es sich sowohl um eine Verallgemeinerung als auch eine Einpassung in das Arrow-Debreu-Framework, die auf einem früheren Beweis von Mantel (1976[6]) beruht, der wiederum auf die Vorarbeit von Sonnenschein (1973[7]) zurückgeht. Mantels Version des Theorems lautete wie folgt (mit H der Menge aller 𝐩n, für die gilt, dass i=1npi=1, und mit P* der Menge aller 𝐱n, die für beliebige Preisvektoren 𝐩P nichtnegative Kosten erzeugen, also 𝐩𝐱0):

Theorem (Mantel 1976): Sei PH kompakt und konvex. Sei weiter z:Pn eine zweimal stetig partiell differenzierbare Funktion[8] und gelte für alle 𝐩P das Walras-Gesetz, das heißt 𝐩𝐳(𝐩)=0. Seien ferner 𝐰jP*, j=1,,n, unabhängige Vektoren. Dann existieren ein reelles k>0 sowie ein konvexer Kegel XP* und damit n nichtgesättigte Konsumenten mit strikt konkaver, homogener Nutzenfunktion ui:X und Anfangsausstattungen k𝐰i, deren individuelle Überschussnachfragen sich über Z zu P summieren.

Literatur

  • William D. A. Bryant: General equilibrium. Theory and evidence. World Scientific, Hackensack 2010, ISBN 978-981-281-834-8 (E-Book: ISBN 978-981-281-835-5).
  • Andreu Mas-Colell, Michael Whinston und Jerry Green: Microeconomic Theory. Oxford University Press, Oxford 1995, ISBN 0-19-507340-1.
  • David M. Kreps: Microeconomic Foundations I. Choice and Competitive Markets Princeton University Press, Princeton 2012, ISBN 978-0-691-15583-8.
  • James C. Moore: General equilibrium and welfare economics. An introduction. Springer, Berlin u. a. 2007, ISBN 978-3-540-31407-3 (auch online: doi:10.1007/978-3-540-32223-8).
  • Wayne Shafer, Hugo Sonnenschein: Market demand and excess demand functions. In: Kenneth J. Arrow and Michael D. Intrilligator (Hrsg.): Handbook of Mathematical Economics. Bd. 2. North Holland, Amsterdam 1982, ISBN 978-0-444-86127-6, S. 671–693 (auch online: doi:10.1016/S1573-4382(82)02009-8).

Einzelnachweise

  1. Kenneth J. Arrow und Gerard Debreu: Existence of an Equilibrium for a Competitive Economy. In: Econometrica. 22, Nr. 3, 1954, S. 265–290 (Vorlage:JSTOR).
  2. Dazu im Einzelnen etwa Gerard Debreu: Existence of general equilibrium. In: Steven N. Durlauf und Lawrence E. Blume (Hrsg.): The New Palgrave Dictionary of Economics. 2. Auflage. Palgrave Macmillan 2008, doi:10.1057/9780230226203.0523 (Online-Ausgabe) für eine überblickartige historische Einordnung, und Ders.: Existence of competitive equilibrium. In: Kenneth J. Arrow and Michael D. Intrilligator (Hrsg.): Handbook of Mathematical Economics. Bd. 2. North Holland, Amsterdam 1982, ISBN 978-0-444-86127-6, S. 697–743 (auch online: doi:10.1016/S1573-4382(82)02010-4) für eine formale Präsentation einiger verschiedener Modelle.
  3. Dazu Gerard Debreu: Existence of competitive equilibrium. In: Kenneth J. Arrow and Michael D. Intrilligator (Hrsg.): Handbook of Mathematical Economics. Bd. 2. North Holland, Amsterdam 1982, ISBN 978-0-444-86127-6, S. 697–743 (auch online: doi:10.1016/S1573-4382(82)02010-4).
  4. 4,0 4,1 Zur Erklärung dieser Definition: Betrachtet sei eine Ökonomie aus n Märkten. Die Preise auf diesen Märkten werden in einem Preisvektor 𝐩=(p1,,pn) zusammengefasst, wobei 𝐩𝟎. In der Ökonomie gebe es weiter I Konsumenten, wobei für diese die Indexmengen ={1,,I} (die Menge aller Konsumenten) definiert werden.
    Das Konsumprofil einer Person i ist 𝐱i=(x1i,,xni)n – es gibt Auskunft, welche Menge Person i von jedem der n Güter konsumiert. Die Präferenzstruktur eines jeden Individuums i findet wiederum in seiner Nutzenfunktion ui=ui(𝐱i) Ausdruck.
    Die anfänglichen Bestände an den jeweiligen Gütern sind durch einen Ausstattungsvektor 𝐞=(e1,,en)n gegeben. 𝐞i=(e1i,,eni)n ist die Ausstattung einer Person i (bezüglich aller Güter).
  5. Vgl. Kreps 2012, S. 316; Mas-Colell/Whinston/Green 1995, S. 581 f. Hier wegen der nicht anhand der Präferenz-Indifferenz-Relation R definierten Ökonomie abgewandelt; man beachte zum Verständnis, dass u(𝐱) ist stetig R ist stetig (ein anderes Theorem von Debreu, vgl. etwa Kreps 2012, S. 35); weiter u(𝐱) ist strikt quasikonkav R ist strikt konvex; ferner u(𝐱) ist streng monoton steigend R ist streng monoton. Dazu etwa Geoffrey A. Jehle und Philip J. Reny: Advanced Microeconomic Theory. 3. Aufl. Financial Times/Prentice Hall, Harlow 2011, ISBN 978-0-273-73191-7, S. 17. Die hier vorausgesetzte Stetigkeit der Nutzenfunktion könnte durch die schwächere Annahme der Nichtsättigung von R ersetzt werden.
  6. Rolf R. Mantel: Homothetic preferences and community excess demand functions. In: Journal of Economic Theory. 12, Nr. 2, 1976, S. 197–201, doi:10.1016/0022-0531(76)90073-9.
  7. Hugo F. Sonnenschein: Do Walras’ identity and continuity characterize the class of community excess demand functions? In: Journal of Economic Theory. 6, Nr. 4, 1973, S. 345–354, doi:10.1016/0022-0531(73)90066-5.
  8. Also eine Funktion, deren sämtliche partielle Ableitungen erster und zweiter Ordnung stetig sind.