Heegaard-Zerlegung

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In der Mathematik sind Heegaard-Zerlegungen ein wichtiges Hilfsmittel der 3-dimensionalen Topologie. Sie sind nach dem dänischen Mathematiker Poul Heegaard benannt.[1]

Definition

Eine Heegaard-Zerlegung einer geschlossenen 3-dimensionalen Mannigfaltigkeit M besteht aus zwei Henkelkörpern H1 und H2 und einem Homöomorphismus f:H1H2, so dass M aus H1 und H2 durch Verkleben mittels f entsteht, d. h., man hat einen Homöomorphismus

M(H1H2)/

für die durch

xyy=f(x),xH1,yH2

gegebene Relation.

Das Geschlecht der Flächen H1H2 heißt das Geschlecht der Heegaard-Zerlegung. Die in M eingebettete Fläche H1=H2M heißt Heegaard-Fläche der Heegaard-Zerlegung.

Das Heegaard-Geschlecht g(M) ist das Minimum des Geschlechts über alle Heegaard-Zerlegungen von M. Die Heegaard-Euler-Charakteristik χh(M) ist das Negative des Maximums der Euler-Charakteristik über alle Heegaard-Flächen, also χh(M)=2g(M)2.

Der Heegaard-Gradient von M ist das Infimum infχh(Mi)di über alle endlichen Überlagerungen von M, wobei di den Grad der Überlagerung MiM bezeichnet.

Existenz

Aus der Morse-Theorie folgt, dass jede geschlossene orientierbare 3-Mannigfaltigkeit eine Heegaard-Zerlegung besitzt. Alternativ ergibt sich die Existenz von Heegaard-Zerlegungen auch aus der Triangulierbarkeit von 3-Mannigfaltigkeiten, man kann die Umgebung des 1-Skeletts einer Triangulierung als Henkelkörper wählen, sein Komplement ist dann als Umgebung des 1-Skeletts der dualen Triangulierung ebenfalls ein Henkelkörper.

Beispiele

  • Standard-Heegaard-Zerlegung der 3-Sphäre: Seien H1,H2 Henkelkörper vom Geschlecht 0 (d. h. Vollkugeln) und f=id:S2S2, dann ist (H1H2)/S3.
  • Seien H1,H2 Henkelkörper vom Geschlecht 1 (d. h. Volltori) und f=id:T2T2, dann ist (H1H2)/S2×S1.
  • Geschlecht-1-Heegaard-Zerlegung der 3-Sphäre: Seien H1,H2 Henkelkörper vom Geschlecht 1 und f:T2T2 bilde die Longitude auf den Meridian und den Meridian auf die Longitude ab, dann ist (H1H2)/S3.
  • Standard-Heegaard-Zerlegung der Linsenräume: Seien H1,H2 Henkelkörper vom Geschlecht 1 und f:T2T2 sei durch eine beliebige Matrix ASL(2,) gegeben, dann ist (H1H2)/L(p,q) ein Linsenraum.
  • Heegaard-Zerlegung von Flächenbündeln: Jedes Flächenbündel mit einer Faser vom Geschlecht g hat eine Heegaard-Zerlegung vom Geschlecht 2g+1. Insbesondere ist der Heegaard-Gradient eines Flächenbündels 0. Weil nach dem Satz von Agol jede 3-Mannigfaltigkeit von einem Flächenbündel endlich überlagert wird, ist damit der Heegaard-Gradient stets trivial.

Stabilisierungen, Reduzibilität, Irreduzibilität

Aus einer Heegaard-Zerlegung einer Mannigfaltigkeit kann man durch Stabilisierung (Ankleben zusätzlicher Henkel, für die jeweils Longituden auf Meridiane und Meridiane auf Longituden abgebildet werden) weitere Heegard-Zerlegungen derselben 3-Mannigfaltigkeit mit Heegaard-Flächen höheren Geschlechts erhalten. Diese durch Stabilisierung erhaltenen Heegaard-Zerlegungen sind reduzibel, d. h., es gibt in der Heegaard-Fläche eine geschlossene Kurve, die in beiden Henkelkörpern (aber nicht in der Heegaard-Fläche) eine Kreisscheibe berandet. Eine Heegaard-Zerlegung heißt irreduzibel, wenn es keine solche Kurve gibt. Das Lemma von Haken besagt, dass Heegaard-Zerlegungen einer reduziblen 3-Mannigfaltigkeit immer reduzibel sind.

Eine Heegaard-Zerlegung heißt schwach reduzibel, wenn es in der Heegaard-Fläche zwei disjunkte (nicht null-homotope) geschlossene Kurven gibt, die Kreisscheiben in unterschiedlichen Henkelkörpern der Heegaard-Zerlegung beranden. Andernfalls heißt die Heegaard-Zerlegung stark irreduzibel. Casson und Gordon bewiesen 1987, dass alle irreduziblen Heegaard-Zerlegungen stark irreduzibel sind.

Mannigfaltigkeiten mit Rand

Für eine 3-Mannigfaltigkeit mit Rand M definiert man Heegaard-Zerlegungen analog als Zerlegungen M=H1H2 in zwei Kompressionskörper mit +H1+H2.

Eine verallgemeinerte Heegaard-Zerlegung von M ist eine Zerlegung in (nicht notwendig zusammenhängende) Kompressionskörper Vi,Wi,i=1,,n und Flächen Hi,i=1,,n mit +Vi=+Wi=Hi und Wi=Vi+1. Die Vereinigung der Kompressionskörper muss ganz M sein und ihre inneren Kerne sollen disjunkt sein.

Literatur

  • Saveliev, Nikolai: Lectures on the topology of 3-manifolds. An introduction to the Casson invariant. Second revised edition. de Gruyter Textbook. Walter de Gruyter & Co., Berlin, 2012. ISBN 978-3-11-025035-0

Einzelnachweise

  1. P.Heegaard: Forstudier til en topologisk teori for de algebraiske fladers sammenhaeng, Dissertation, Kopenhagen 1898.