Satz von Clairaut (Differentialgeometrie)

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Der Satz von Clairaut (benannt nach Alexis-Claude Clairaut) ist eine Aussage der klassischen Differentialgeometrie.

Aussage

Sei S eine Rotationsfläche und c:]a,b[S mit sc(s) eine reguläre Kurve auf S. Es bezeichne r(s) den Radius des Breitenkreises durch c(s) sowie α(s) den Schnittwinkel der Kurve mit diesem Breitenkreis. Dann gelten:

  • Ist c eine geodätische Linie, so ist die Funktion rcosα längs c konstant.
  • Ist rcosα längs c konstant und c kein Breitenkreis, so ist c eine geodätische Linie.

Beweis

Sei (u,v)(r(v)cosu,r(v)sinu,h(v)) eine Parametrisierung der Fläche S, wobei wir o. B. d. A. v als Bogenlänge der erzeugenden Kurve (r(v),h(v)) annehmen können. Damit berechnen wir die Koeffizienten der 1. Fundamentalform zu

E(u,v)=(r(v))2, F(u,v)=0, G(u,v)=1.

Sei sc(s) o. B. d. A. nach der Bogenlänge s parametrisiert. Um den Satz von Liouville anwenden zu können, berechnen wir explizit die geodätischen Krümmungen der u-Linien (Breitenkreise) und v-Linien (Meridiane):

κg,u=1rdrdv,κg,v=0.

Daraus ergibt sich die geodätische Krümmung der Kurve c zu

κg=1rdrdvcosα+dαds. (1)

Differenzieren der Funktion C(s)=r(c(s))cosα(s) liefert:

dCds=drdvdvdscosαrsinαdαds.

Mit dvds=sinαG folgt aus (1)

dCds=rsinακg

und damit die Behauptung.

Anwendung in der Landesvermessung

In der Landesvermessung stellt sich das Problem, zu gegebenem Anfangspunkt und -richtung eine geodätische Linie zu berechnen, die sogenannte erste geodätische Hauptaufgabe.

Seien a und b die Halbachsen des Referenzellipsoids und e2=(a2b2)/a2 das Quadrat der (ersten) numerischen Exzentrizität. Der Radius des Breitenkreises mit der ellipsoidischen Breite ϕ beträgt

P(ϕ)=N(ϕ)cosϕ=a1e2sin2ϕcosϕ.

Als Azimut bezeichnet man den Schnittwinkel der Linie mit der Nordrichtung. Damit folgt aus dem Satz von Clairaut die Konstanz von

a1e2sin2ϕcosϕsinA

entlang der Geodätischen. Führt man die reduzierte Breite β gemäß der Formel tanβ=1e2tanϕ ein, so folgt die Konstanz von

cosβsinA.

Dieser Wert heißt die clairautsche Konstante der geodätischen Linie.

Literatur

  • Michael Spivak: A Comprehensive Introduction to Differential Geometry. Band 3. 3rd edition. Publish or Perish Press, Houston TX 1999, ISBN 0-914098-72-1, S. 214–216.