Kongruenzgenerator: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 12. Januar 2025, 21:19 Uhr

Die Kongruenzgeneratoren bilden eine Klasse von Algorithmen, die zufällig aussehende Zahlenfolgen erzeugen. Die dadurch erzeugten Zahlen nennt man Pseudozufallszahlen, da sie deterministisch erzeugt werden und somit nicht wirklich zufällig sind. Kongruenzgeneratoren sind die bekanntesten und meistverwendeten rekursiven arithmetischen Zufallszahlengeneratoren.

Allgemeiner Kongruenzgenerator

Ein Kongruenzgenerator wird durch folgende Parameter definiert:

  • Anzahl n+ der Zustandswerte
  • Modul m{2,3,4,}
  • Faktoren a1,,an{0,,m1} mit an>0
  • Inkrement b{0,,m1}
  • Startwerte y1,,yn{0,,m1} (nicht alle 0, wenn b=0)

Für i>n setzt man nun

yi=((k=1nakyik)+b)modm. Dabei bezeichnet mod den Divisionsrest; siehe Modulo.

Die so berechneten yi werden als Zufallszahlen verwendet.

Der Zustand des Generators vor der Erzeugung von yi wird durch die Werte yin,,yi1 gegeben. Dieser Zustand legt (bei gegebenen n,m,ak,b) alle folgenden Zufallszahlen fest, da die nächste Zufallszahl und der nächste Zustand durch den aktuellen Zustand determiniert werden. Es gibt mn mögliche Zustände, und deshalb muss spätestens nach mn Schritten ein früherer Zustand wiederholt werden. Der Kongruenzgenerator erzeugt somit eine periodische Folge von Zahlen, wobei die Periodenlänge auch wesentlich kleiner als mn sein kann. Im Extremfall ist sie 1, und der Generator erzeugt immer die gleiche „Zufallszahl“. Bei der Festlegung der Parameter kommt es somit unter anderem darauf an, eine ausreichende Periodenlänge sicherzustellen.

Braucht man reelle Zufallszahlen im Intervall [0,1), so kann man dafür die Näherung

ui:=yim

verwenden, falls der Modulo m groß genug ist, um eine ausreichend feine Unterteilung zu ergeben.

Linearer Kongruenzgenerator

Mit n=1 erhält man den Sonderfall eines linearen Kongruenzgenerators. Bei b=0 wird er als multiplikativer Kongruenzgenerator bezeichnet, und für andere b als gemischter linearer Kongruenzgenerator.

Letzterer wird häufiger verwendet und hat vier natürliche Zahlen als Parameter:

  • Modul m{2,3,4,}
  • Faktor a{1,,m1}
  • Inkrement b{1,,m1}
  • Startwert y1{0,,m1}

Aus dem Startwert werden dann die weiteren Werte nach folgender Formel (mit i2) berechnet:

yi=(ayi1+b) mod m

Der lineare Kongruenzgenerator wurde 1949 von Derrick Henry Lehmer eingeführt.[1] Er wird in den Laufzeitbibliotheken verschiedener Programmiersprachen zur Erzeugung von Pseudozufallszahlen verwendet, z. B. in C/C++ in der Funktion rand() in der Headerdatei stdlib.h.[2]

In der Kryptographie dagegen kommt der lineare Kongruenzgenerator nicht zum Einsatz, da man schon aus wenigen Werten der erzeugten Zahlenfolge die Parameter a und b und damit die vollständige Zahlenfolge berechnen kann.

Periodenlänge

Lineare Kongruenzgeneratoren erreichen nach dem Satz von Knuth genau dann ihre maximal mögliche Periodenlänge m, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Das Inkrement b ist zum Modul m teilerfremd.
  • Jeder Primfaktor von m teilt a1.
  • Wenn m durch 4 teilbar ist, dann auch a1.

In diesem Fall erzeugt der Generator jede Zahl von 0 bis m1 genau einmal und beginnt dann wieder von vorn. Er liefert also eine pseudozufällige Permutation dieser Zahlen. Der Startwert y1 kann dann jede Zahl aus dieser Menge sein.

Der multiplikative Kongruenzgenerator (mit b=0) muss somit eine Periodenlänge kleiner als m haben. Der Satz von Carmichael besagt: bei gegebenem m ist seine Periodenlänge genau dann maximal, wenn gilt:

Für einige Sonderfälle von m können die primitiven Elemente modulo m leicht bestimmt werden:

  • Ist m eine Zweierpotenz 16, dann muss a mod 8 den Rest 3 oder 5 liefern. Die Periodenlänge ist dann m/4, und der Startwert y1 muss ungerade sein. Es gibt zwei Perioden, die jeweils die Hälfte der ungeraden Zahlen von 1 bis m1 umfassen.
  • Wenn m eine Primzahl 3 ist, dann muss für alle Primfaktoren q von m1 gelten:
    a(m1)/q mod m1. Dann beträgt die Periodenlänge m1. Der Startwert y1 darf nicht Null sein.

Mängel der erzeugten Zahlen

Der lineare Kongruenzgenerator liefert keine vollkommen zufällig erscheinenden Zahlen. Man kann nachweisen, dass eine Abhängigkeit von aufeinanderfolgenden Zahlen besteht.

Teilperiode

Oft wählt man m=2e, wobei e die Wortlänge des Rechners in Bit ist, denn dann muss man die Modulo-Division nicht explizit berechnen. Sie ergibt sich von selbst durch das Abschneiden der Überlauf-Bits. In diesem Fall verhalten sich die x niederwertigsten Bits der Zustandszahl yi wie ein Generator mit dem Modul 2x. Diese Bits wiederholen sich also spätestens nach 2x Schritten. Dies bedeutet insbesondere, dass das niederwertigste Bit bestenfalls die Periode 2 besitzt, also regelmäßig zwischen 0 und 1 wechselt. Beim multiplikativen Kongruenzgenerator ist es sogar konstant.

Allgemein gilt für alle linearen Kongruenzgeneratoren: wenn d ein Teiler des Moduls m ist, dann ergibt yi mod d eine Zahlenfolge mit der Periode od:

für ein o{1,,d} gilt: i:yi+oyi (mod d).

Wenn der Generator nach dem Satz von Knuth die Periode m hat, dann beträgt die Länge o der Teilperiode genau d für alle Teiler d von m.

Wegen dieses Teilperioden-Verhaltens ist es ungünstig, Zufallszahlen ri{0,,k1} durch ri:=yi mod k zu gewinnen, wenn k und m nicht teilerfremd sind. Dann würde der Divisionsrest ri mod d für eine Zahl d, die k und m teilt, eine Periode der Länge höchstens d durchlaufen. Wenn man z. B. einen sechsseitigen Würfel simulieren will und m gerade ist, dann liefert ri:=yi mod 6 Zahlen, die abwechselnd gerade und ungerade sind.

Mögliche Abhilfe:

  • Man nutzt einen gemischten linearen Kongruenzgenerator mit Periode m, wobei man den Modul m zu k teilerfremd wählt. Die Ergebnisse ri:=yi mod k sind nicht gleichverteilt, aber bei km ist die Abweichung von der Gleichverteilung nur gering und kann oft vernachlässigt werden.
  • Man nutzt einen multiplikativen Kongruenzgenerator mit Periode m1 und wählt für m eine große Primzahl. Wenn außerdem m1 ein Vielfaches von k ist, sind die ri auch gleichverteilt.
  • Man setzt m=2e und wendet mit den höchstwertigen Bits von yi eine Verwerfungsmethode an. Die yi werden um ef Bit nach rechts geschoben, wobei 2f die kleinste Zweierpotenz k ist: ri:=yi/2ef. Dabei verwendet man nur die ri<k, die übrigen werden verworfen. Diese Methode liefert gleichverteilte Ergebnisse.
  • Man berechnet ri:=yi mod x, wobei x die kleinste zu m teilerfremde Zahl k ist, und rik werden verworfen.
  • Manche Implementierungen eines linearen Kongruenzgenerators umgehen das Problem, indem sie nur den höherwertigen Teil des Zustandswertes yi als Ergebnis liefern. Z. B. ist m=2e und das dem Nutzer gelieferte Ergebnis ist yi/2b mit 2b=e.

Hyperebenen-Verhalten

„Hyperebenenverhalten“ eines linearen Kongruenzgenerators in drei Dimensionen
Gemischter Kongruenzgenerator: xn+1=24298xn+99991 mod 199017. Dieser Generator wird im TI-59 von Texas Instruments verwendet. Gezeigt werden überlappende Tripel, d. h., (x1,x2,x3), (x2,x3,x4), (x3,x4,x5) etc. Ohne Überlappungen bliebe nur jede dritte Ebene übrig.

Der lineare Kongruenzgenerator weist ein Hyperebenen-Verhalten auf, siehe Satz von Marsaglia. Durch geeignete Wahl der Parameter m, a und b kann man das Verhalten des Generators optimieren und eine große Zahl von Hyperebenen erreichen. Bei gegebenem m kann man a nach folgenden Faustregeln bilden:

  • a sollte weder zu groß noch zu klein sein, etwa: 0,01m<a<0,99m
  • a sollte möglichst zufällig gewählt werden, also nicht in dualer oder dezimaler Darstellung eine „runde“ Zahl sein.
  • Beim gemischten linearen Kongruenzgenerator sollte die Potency möglichst groß sein. Sie ist der minimale Wert s, für den (a1)s ein Vielfaches von m ist. Donald E. Knuth empfiehlt, dass die Potency mindestens 5 sein sollte. Wenn m=2e, dann sollte a mod 8=5 sein, um die maximal mögliche Potency e/2 zu erhalten.

Wenn man sichergehen will, dass der Generator gute Zufallszahlen erzeugt, sollte man sich nicht allein auf diese Faustregeln verlassen, sondern den Generator mit dem Spektraltest prüfen.

Wegen des Hyperebenen-Verhaltens greift man statt auf den linearen Kongruenzgenerator gelegentlich auf den inversen Kongruenzgenerator zurück, der dieses Problem nicht aufweist. Allerdings erfordert er einen höheren Rechenaufwand. Er ist kein Spezialfall des allgemeinen Kongruenzgenerators.

Programmierung

Das folgende Programm in der Programmiersprache C++ implementiert einen linearen Kongruenzgenerator mit m=264, a=6364136223846793005 und b=2531011, der nur die 32 höchstwertigen Bits jeder erzeugten Zufallszahl ausgibt und die niederwertigen, die von geringerer Qualität sind, verwirft. Das Programm erzeugt 10 Zufallszahlen, die in einem Array gespeichert und anschließend auf der Konsole ausgegeben werden.[3][4]

#include <iostream>
#include <stdint.h>
using std::cout;
using std::endl;

// Funktion, die die Zufallszahlen erzeugt
void linearCongruentialGenerator(uint64_t &y, uint32_t *randNumbers, int count)
{
    const uint64_t a = 6364136223846793005;
    const uint64_t b = 2531011;
    uint64_t r = y;  // lokale Variable für die Berechnung
    for (int i = 0; i < count; i++) {
        r = a * r + b;
        randNumbers[i] = r >> 32;
    }
    y = r; // Zustand zurückschreiben
}

int main()
{
    const int count = 10;        // Anzahl der Zufallszahlen
    uint32_t randNumbers[count]; // Array für die Zufallszahlen
    const uint64_t seed = 12345; // Startwert für den Generator

    uint64_t y = seed;           // Zustand des Generators
    linearCongruentialGenerator(y, randNumbers, count); // Erzeugung der Zufallszahlen

    for (int i = 0; i < count; i++) {
        cout << randNumbers[i] << endl; // Ausgabe auf der Konsole
    }
}

Fibonacci-Generator

Ein Fibonacci-Generator ist ebenfalls ein Kongruenzgenerator (mit n=2, b=0 und a1=a2=1) und besteht aus folgenden Komponenten:

  • Modul m{2,3,4,}
  • Startwerte y1,y2{0,,m1}

Es sollte ggT(m,y1,y2)=1 sein.

Mit folgender Bildungsregel werden die Pseudozufallszahlen erzeugt:

yi=(yi1+yi2)modm(mit i3)

Eine Eigenschaft ist, dass die Fälle yi1<yi+1<yi bzw. yi<yi+1<yi1 nie auftreten. Fibonacci-Generatoren sind daher als Pseudozufallszahlengeneratoren wenig geeignet. Das gilt insbesondere für mathematische Objekte, zu deren Erzeugung mehr als zwei Zufallszahlen erforderlich sind. Würde man beispielsweise damit versuchen, eine zufällige Punktewolke in einem Würfel zu generieren, so kämen alle Punkte auf zwei Ebenen zu liegen.

Verzögerter Fibonacci-Generator

Das Prinzip des Fibonacci-Generators kann aber verallgemeinert werden, indem man nicht die beiden letzten, sondern weiter zurückliegende Zustandswerte yi zur Erzeugung der neuen Zufallszahl verwendet. Dies ergibt einen verzögerten (engl. 'lagged') Fibonacci-Generator:

yi=(yiB+yiA)modmmit A,B+, A>B;i>A
mit den Startwerten y1,,yA{0,,m1}

Dann ist also n=A und aA=aB=1, die übrigen ak sind Null. Dabei wählt man in der Regel m gerade und A und B so, dass das Polynom in x

xA+xB+1

ein primitives Polynom modulo 2 ist. Dann beträgt die Periodenlänge des Generators mindestens 2A1.

Die folgende Tabelle gibt einige Wertepaare für A und B an, die diese Bedingung erfüllen:

A 2 31 55 73 98 100 135 258 607 3217 23209
B 1 13 24 25 27 37 22 83 273 576 9739

xA+xB+1 ist genau dann ein primitives Polynom modulo 2, wenn dies für xA+xAB+1 gilt. Somit kann man statt B immer auch AB verwenden.

Dieser Generator wird auch praktisch eingesetzt. Er liefert aber ebenfalls keine vollkommen zufällig erscheinenden Zahlen. Das Problem des einfachen Fibonacci-Generators wird nur verlagert: Man hat niemals yiA<yi<yiB oder yiB<yi<yiA. Außerdem gibt es noch weitere Mängel.

Als Abhilfe wurde vorgeschlagen, immer nur A aufeinanderfolgende Zahlen zu verwenden, und dann die nächsten 4A bis 10A Zahlen zu verwerfen. Dies funktioniert gut, aber um den Preis eines 5- bis 11-mal höheren Rechenaufwands. Der von Donald Knuth vorgeschlagene Generator ranarray arbeitet auf diese Weise. Bei ihm ist A=100 und B=37, und von 1009 aufeinanderfolgenden Zahlen wird immer nur ein Block von 100 Zahlen verwendet.

Um die Periode 2A1 sicherzustellen, kommt es nur auf das jeweils niederwertigste Bit in den Zustandswerten yi an, also darauf, ob sie gerade oder ungerade sind. Man kann die höherwertigen Bits beliebig modifizieren, um die Qualität der erhaltenen Zufallszahlen zu verbessern. Beispielsweise:

yi=(yiA+yiB+f(yiC))modm;f:{0,,m1}{0,2,4,6,},C{1,,n}

Andere

Man kann den verzögerten Fibonacci-Generator weiter verallgemeinern, indem man mehr als zwei Zustandswerte verarbeitet:

yi=(kMyik)modmmitM+.

n ist hier das größte Element in M. Um eine Periode von mindestens 2n1 zu garantieren, muss auch hier das entsprechende Polynom

kMxk+1 oder gleichbedeutend das Polynom xn+kMxnk

ein primitives Polynom modulo 2 sein (mit geradem Modul m). Ein so konstruierter Generator mit |M|>2 liefert im Allgemeinen bessere Zufallszahlen als mit |M|=2, aber wiederum um den Preis eines höheren Rechenaufwands.

Mit einer weiteren Verallgemeinerung kann man bei gegebenem n die Periodenlänge vergrößern und wohl auch die Qualität der Zufallszahlen weiter verbessern. p sei ein Primfaktor von m. für die Berechnungsvorschrift

yi=(k=1nakyik)modm

werden die ak{0,,m1} derart gewählt, mit an≢0(modp), dass das Polynom in x

xnk=1n(akmodp)xnk

ein primitives Polynom modulo p ist. Dann beträgt die Periodenlänge mindestens pn1.
Der vorige Generator ergibt sich daraus mit p=2 und ak{0,1} als Sonderfall, und n=1; p=m liefert einen multiplikativen Kongruenzgenerator mit der Periodenlänge p1.

Das Polynom f(x)=xnk=1nakxnk ist ein primitives Polynom modulo p, wenn die folgenden Bedingungen erfüllt sind:

(sei r=pn1p1 und a=(1)n1an)

  • a ist ein primitives Element modulo p
  • das Polynom xr ist kongruent zu a (modulo f(x))
  • für alle Primfaktoren q von r ist der Grad des Polynoms xr/qmodf(x) positiv

Dabei wird Polynomarithmetik angewandt (siehe Polynome sowie Polynomdivision), und mit den Koeffizienten wird modulo p gerechnet (sie sind Elemente des Restklassenrings /p).

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Donald E. Knuth: The Art of Computer Programming. Volume 2: Seminumerical Algorithms. 3. Auflage. Addison-Wesley, 1997, ISBN 0-201-89684-2, S. 10–26
  2. Stackoverflow-Forum: Understanding the algorithm of Visual C++'s rand() function
  3. Rosetta Code: Linear congruential generator
  4. GeeksforGeeks: Linear Congruence method for generating Pseudo Random Numbers