Quelltext der Seite Ascorbinsäure

{{Weiterleitungshinweis|Vitamin C}}
{{Infobox Vitamin
|Strukturformel  = [[Datei:L-Ascorbic acid.svg|200px|Strukturformel der <small>L</small>-Ascorbinsäure]]
|Strukturhinweis = <small>L</small>-Ascorbinsäure
|Name            = Vitamin&nbsp;C
|Andere Namen    = * (5''R'')-5-[(1''S'')-1,2-Dihydroxyethyl]-<br />3,4-dihydroxy-5-hydrofuran-2-on ([[IUPAC-Nomenklatur|IUPAC]])
* <small>L</small>-(+)-Ascorbinsäure
* {{E-Nummer|300|Abruf=2020-07-29}}
* 3-Oxo-<small>L</small>-gulonsäure-γ-lacton
* Hexuronsäure (veraltet)
* Antiskorbut-Vitamin (veraltet)
* {{INCI|Name=ASCORBIC ACID |ID=74328 |Abruf=2020-02-26}}
|Summenformel    = C<sub>6</sub>H<sub>8</sub>O<sub>6</sub>
|ATC-Code        = * {{ATC|A11|GA01}}
* {{ATC|G01|AD03}}
* {{ATC|S01|XA15}}
|CAS             = {{CASRN|50-81-7|Q199678}}
|PubChem         = 5785
|DrugBank        = DB00126
|Beschreibung    = weißes, geruchloses, kristallines Pulver<ref name="GESTIS">{{GESTIS|Name=L(+)-Ascorbinsäure|ZVG=40250|CAS=50-81-7|Abruf=2016-10-15}}</ref>
|Vorkommen       = Obst, Gemüse, Grüner Tee
|Funktion        = Radikalfänger, Cofaktor bei Mono- und Dioxidasereaktionen (insbes. Biosynthese von Collagen), Komplexierung von Metallkationen
|Bedarf          = 95 mg (Frauen) 110 mg (Männer)<ref name="dge">[[Deutsche Gesellschaft für Ernährung|DGE]]: [https://www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/vitamin-c/ Die Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr: Vitamin C], gültig für den Bereich [[D-A-CH]], Stand 2015, abgerufen am 28. Januar 2022.</ref>
|Mangel          = [[Skorbut]] ''(Morbus Möller-Barlow),'' Schwächung des Bindegewebes
|Überdosis       = * > 6 g/Tag <small>([[Nierensteine]])</small><ref name="burgerstein">M. Zimmermann, C. Erbacher-von Grumbkow (Übers.): ''Burgersteins Mikronährstoffe in der Medizin: Prävention und Therapie. Ein Kompendium.'' 3.&nbsp;Auflage, Georg Thieme Verlag, 2003, ISBN 978-3-8304-7162-2, S.&nbsp;237.</ref>
* 5–4 g/Tag <small>(Durchfall)</small><ref>[https://www.dge.de/gesunde-ernaehrung/faq/vitamin-c Vitamin C], DGE</ref>
|Molare Masse    = 176,13 g·[[mol]]<sup>−1</sup>
|Aggregat        = fest
|Dichte          = 1,65 g·cm<sup>−3</sup> (20&nbsp;°C)<ref name="GESTIS" />
|Schmelzpunkt    = 190–192 [[Grad Celsius|°C]] (Zersetzung)<ref name="GESTIS" />
|Siedepunkt      = 
|Löslichkeit     = gut wasserlöslich (333&nbsp;g·l<sup>−1</sup> bei 20&nbsp;°C)<ref name="GESTIS" />
|pKs             = 4,25<ref name="Tsao" />
|Quelle GHS-Kz   = <ref name="GESTIS" />
|GHS-Piktogramme = {{GHS-Piktogramme|-}}
|GHS-Signalwort  = 
|H               = {{H-Sätze|-}}
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|Quelle P        = <ref name="GESTIS" />
|ToxDaten        = {{ToxDaten |Typ=LD50 |Organismus=Ratte |Applikationsart=oral |Wert=11,9&nbsp;g⋅kg<sup>−1</sup> |Bezeichnung= |Quelle=<ref name="GESTIS" />}}
}}

'''Ascorbinsäure''' ist ein farb- und geruchloser, kristalliner, gut wasserlöslicher [[Festkörper|Feststoff]] mit [[Gustatorische Wahrnehmung#Salzig und sauer|saurem Geschmack]]. Sie ist eine [[Organische Säuren|organische Säure]], genauer eine [[Vinylogie-Prinzip|vinyloge]] [[Carbonsäure]]; ihre Salze heißen [[#Chemische Eigenschaften|Ascorbate]]. Ascorbinsäure gibt es in vier verschiedenen [[Stereoisomerie|stereoisomeren Formen]], [[biologische Aktivität]] weist jedoch nur die <small>L</small>-(+)-Ascorbinsäure auf. Eine wichtige Eigenschaft ist beim Menschen und einigen anderen [[Art (Biologie)|Spezies]] die [[Physiologie|physiologische]] Wirkung als [[Vitamin]]. Ein Mangel kann sich bei Menschen als [[Skorbut]] manifestieren. Der Name ist daher abgeleitet von der [[Latein|lateinischen]] Bezeichnung der Krankheit, ''scorbutus,'' mit der verneinenden Vorsilbe ''a-'' (weg-, un-), also die ‚antiskorbutische‘ Säure. Da Ascorbinsäure leicht [[Oxidation|oxidierbar]] ist, wirkt sie als [[Reduktone|Redukton]] und wird als [[Antioxidans]] eingesetzt.

Die <small>L</small>-(+)-Ascorbinsäure und ihre Ableitungen ([[Derivat (Chemie)|Derivate]]) mit gleicher Wirkung werden unter der Bezeichnung '''Vitamin&nbsp;C''' zusammengefasst.<ref name="Weber2002">P. Weber: ''Vitamin&nbsp;C.; Vitamine, Spurenelemente und Mineralstoffe.'' 2002, S.&nbsp;57–69.</ref> Der Sammelbegriff Vitamin&nbsp;C umfasst daher auch Stoffe, die im Körper zu <small>L</small>-(+)-Ascorbinsäure umgesetzt werden können, wie zum Beispiel die [[#Dehydroascorbinsäure|Dehydroascorbinsäure]] (DHA).

== Geschichte ==
<div style="float:right;">[[Datei:Seabuckthorn berries, Nubra valley, Ladakh.jpg|mini|hochkant|[[Sanddorn]] liefert Vitamin&nbsp;C in hoher Konzentration]]</div>

=== Erforschung des Skorbut ===
[[Skorbut]] war bereits im 2.&nbsp;Jahrtausend v.&nbsp;Chr. im [[Altes Ägypten|Alten Ägypten]] als [[Krankheit]] bekannt. Auch der griechische [[Arzt]] [[Hippokrates von Kos|Hippokrates]] und der [[Römisches Reich|römische]] Autor [[Plinius der Ältere|Plinius]] berichten darüber.

Bis ins 18.&nbsp;Jahrhundert war Skorbut die häufigste Todesursache auf Seereisen. Im Jahre 1747 untersuchte der britische Schiffsarzt [[James Lind]] diese Krankheit. Er nahm zwölf Seeleute, die unter Skorbut litten, und teilte sie in sechs Gruppen zu je zwei Personen. Jeder Gruppe gab er zusätzlich zu den üblichen Nahrungsrationen einen weiteren speziellen Nahrungsmittelzusatz, darunter [[Obstwein]], [[Schwefelsäure]], [[Essig]], [[Gewürze]] und [[Heilpflanze|Kräuter]], [[Seewasser]], sowie [[Orange (Frucht)|Orangen]] und [[Zitrone]]n. Er stellte fest, dass die Gruppe, welche die [[Zitrusfrüchte]] erhielt, eine rasche Besserung zeigte. Im Jahr 1757 veröffentlichte Lind dieses Resultat. Doch erst 1795 ließ die britische Marine die Nahrungsrationen auf See mit [[Zitronensaft]] ergänzen. Zusätzlich wurden [[Sauerkraut]] und [[Malz]] zur Skorbutprävention eingesetzt. Lange Zeit wurde behauptet, dass Skorbut die Folge einer speziellen bakteriellen Erkrankung, [[Vergiftung]], mangelnder [[Hygiene]] oder Überarbeitung sei.

Der Engländer [[George Budd]] vermutete bereits 1842, dass in der Nahrung spezielle essentielle Faktoren enthalten sein müssen. Fehlen diese, würden erkennbare Mangelerscheinungen auftreten. Diese Entwicklungen gerieten wieder in Vergessenheit, als die Reisedauer durch das Aufkommen der [[Dampfschifffahrt]] stark verkürzt wurde und dadurch die Gefahr des Mangels sank. Außerdem führte die fehlende exakte Identifikation des Vitamins dazu, dass wirksamer frischer [[Orangensaft]] durch billigeren gekochten [[Limettensaft]] ersetzt wurde. Zuletzt machte Ende des 19.&nbsp;Jahrhunderts die sogenannte ''Ptomain-Theorie'' von sich reden, die eine [[Nahrungsmittelvergiftung]] für den Skorbut verantwortlich machte. So kam es, dass auf den großen Polarexpeditionen wieder der Skorbut Einzug hielt, der zwar mit frischen Lebensmitteln geheilt werden konnte, aber es hatte zunächst niemand ein korrektes Konzept für die Vorbeugung. Betroffen waren insbesondere die britische Arktisexpedition 1875–1876, die Jackson-Harmsworth-Expedition 1894–1897, Scotts [[Discovery-Expedition]] 1901–1904 und die [[Terra-Nova-Expedition]] 1910–1913.<ref>[https://idlewords.com/2010/03/scott_and_scurvy.htm ''Scott and Scurvy.''] Auf: ''idlewords.com.'' 3.&nbsp;Juli 2010, abgerufen am 22.&nbsp;Dezember 2014.</ref>

Im Jahr 1907 entdeckten zwei norwegische Ärzte zufällig ein Tiermodell zur Erforschung des Skorbuts: [[Axel Holst (Hygieniker)|Axel Holst]] und [[Theodor Frølich]] studierten ursprünglich den „Schiffs-[[Beriberi]]“ der Schiffsbesatzungen der norwegischen Fischereiflotte, und zwar anhand von Tauben als Versuchstiere. Sie gaben später [[Meerschweinchen]] dasselbe Futter aus Getreide und Mehl, die jedoch unerwarteterweise mit Skorbutsymptomen reagierten. Somit beobachteten Holst und Frølich erstmals den Skorbut, der bis dahin nur bei Menschen beobachtet wurde, an Tieren. Sie zeigten ferner, dass durch bestimmte Futterzusätze die Krankheit bei den Meerschweinchen geheilt werden konnte. Damit leisteten sie einen wesentlichen Beitrag zur Entdeckung des Vitamins&nbsp;C, was zwischen 1928 und 1934 u.&nbsp;a. den Ungarn [[Albert von Szent-Györgyi Nagyrápolt|Albert Szent-Györgyi]] und den Amerikaner [[Charles Glen King]] gelang.<ref>{{Literatur |Autor=K. R. Norum, H, J. Grav |Titel={{lang|no|Axel Holst og Theodor Frølich – pionerer i bekjempelsen av skjørbuk}} |Sammelwerk=[[Tidsskrift for Den norske legeforening]] |Band=122 |Nummer=17 |Datum=2002-06-30 |Seiten=1686–1687 |PMID=12555613}}</ref>

=== Isolierung der Ascorbinsäure ===
[[Datei:Ascorbinsaeure.jpg|mini|Kristalline Ascorbinsäure]]
Im Jahr 1912 entdeckte der Biochemiker [[Casimir Funk]] nach Studien zu der Mangelerkrankung [[Beriberi]], dass diese durch das Fehlen der chemischen Substanz [[Thiamin]] (Vitamin B<sub>1</sub>) verursacht wurde. Er prägte dafür das Kunstwort „[[Vitamin]]“, eine Zusammensetzung aus ''vita'' (Leben) und ''Amin'' (Aminogruppe). In Bezug auf Skorbut vermutete er fälschlicherweise einen ähnlichen Amino-Faktor und bezeichnete diesen als „Antiskorbut-Vitamin“ (heute: Vitamin&nbsp;C). Tatsächlich enthält Vitamin C keine chemische Aminogruppe, dennoch ist die Bezeichnung bis heute geblieben.

Im Jahr 1921 gab der Biochemiker [[Sylvester Zilva]] einer Mischung von aus Zitronensaft isolierten Substanzen, die in der Lage war, Skorbut zu heilen, die Bezeichnung ''Vitamin&nbsp;C.''<ref name="Zilva1918">A. Harden und S. S. Zilva: ''The Antiscorbutic Factor in Lemon Juice.'' In: ''[[The Biochemical Journal]].'' 1918, Nr.&nbsp;12, S.&nbsp;259–269; [http://www.biochemj.org/bj/012/0259/0120259.pdf PDF] (freier Volltextzugriff, engl.)</ref> Bereits 1927 gelang es dem ungarischen Wissenschaftler [[Albert von Szent-Györgyi Nagyrápolt]], Vitamin&nbsp;C aus der [[Nebenniere]], [[Orangensaft]] beziehungsweise [[Weißkohl]] zu isolieren. Die so isolierte Ascorbinsäure sandte er Zilva zu, der diese aber nach Analyse fälschlicherweise nicht als Vitamin&nbsp;C erkannte. Durch diesen Fehler verzögerte sich die Identifikation von Ascorbinsäure als Vitamin&nbsp;C um mehrere Jahre. In den 1920er Jahren verfehlten auch andere, wie zum Beispiel der Wissenschaftler [[Karl Paul Link]] oder Oberst Edward B.&nbsp;Vedder, den Nachweis dafür, dass Ascorbinsäure Skorbut heilen kann und dass Ascorbinsäure das postulierte Vitamin C ist.

Zwischen 1928 und 1934 gelang es Szent-Györgyi sowie [[Joseph L.&nbsp;Svirbely]] und unabhängig davon [[Charles Glen King]] mit seinen Mitarbeitern, durch Kristallisationsversuche die für die Heilung von Skorbut verantwortliche Substanz zu isolieren.
Im Jahr 1931 isolierten King und Svirbely kristallines Vitamin&nbsp;C aus [[Zitronensaft]] und erkannten, dass diese Skorbut heilen kann und die physikalischen und chemischen Eigenschaften der damals noch kaum charakterisierten sogenannten ''Hexuronsäure,''<ref>J.&nbsp;L.&nbsp;Svirbely und A.&nbsp;Szent-Gyorgyi: ''The Chemical Nature Of Vitamin C.'' In: ''[[The Biochemical Journal]].'' 1933, Nr.&nbsp;27, S.&nbsp;279–285; [http://profiles.nlm.nih.gov/WG/B/B/G/W/_/wgbbgw.pdf PDF] (freier Volltextzugriff, engl.)</ref> der heutigen Ascorbinsäure, teilte. Szent-Györgyi wollte diese Säure zunächst „Ignose“ nennen (von ''ignosco''), da sie trotz vieler Wissenslücken mit [[Hexosen]] verwandt war. Dieser Name wurde aber nicht akzeptiert. Da die Anzahl der Kohlenstoffatome (sechs C-Atome) bekannt war und die Substanz sich wie eine Säure verhält, wurde der Name ''Hexuronsäure'' von Szent-Györgyi eingeführt. Svirbely wechselte bald als Mitarbeiter zu Szent-Györgyi. Sie bewiesen, dass die bisher isolierten Substanzen mit Skorbut heilenden Eigenschaften (Vitamin&nbsp;C) mit der Hexuronsäure übereinstimmten. Damit stellte Szent-Györgyi fest, dass diese das lang gesuchte Vitamin&nbsp;C ist.

Die Struktur dieser damals noch Hexuronsäure genannten Verbindung wurde 1933 schließlich durch die Arbeiten von [[Walter Norman Haworth]] und dessen damaligen Assistenten [[Edmund Hirst]] aufgeklärt. Szent-Györgyi und Haworth änderten den Namen der Hexuronsäure schließlich in ''<small>L</small>-Ascorbinsäure,'' der bis heute akzeptiert wird. 1934 gelang Haworth und [[Tadeus Reichstein]] erstmals die Synthese künstlicher <small>L</small>-Ascorbinsäure aus Glucose.<ref>{{Patent|Land=GB|V-Nr=443901 |Titel=Improvements in or relating to the manufacture of ascorbic acid and its analogues|V-Datum=|Erfinder=}}</ref> Haworth erhielt 1937 für seine Forschungen am Vitamin&nbsp;C den [[Nobelpreis für Chemie]], Szent-Györgyi den für [[Nobelpreis für Medizin|Medizin]]. Seit 1967 propagierte [[Linus Pauling]] die Verwendung hoher Dosen von Ascorbinsäure als Vorbeugung gegen [[Erkältung]]en und [[Krebs (Medizin)|Krebs]], wofür jedoch [[Empirische Evidenz|Evidenzen]] fehlen. Pauling selbst nahm zeitweise 18&nbsp;g pro Tag ein<ref>{{Internetquelle |url=https://www.br.de/wissen/geschichte/historische-persoenlichkeiten/linus-carl-pauling-nobelpreistraeger-nobelpreis-100.html |titel=Vitamin wurde ihm zum Verhängnis |titelerg=Linus Pauling |werk=Bayrischer Rundfunk |datum=2020-02-27 |sprache=de |abruf=2022-07-20}}</ref> und starb 1994 im Alter von 93 Jahren an Prostatakrebs.

Die industrielle Herstellung von Vitamin&nbsp;C begann 1934 durch [[Hoffmann-La Roche|Roche]] in der Schweiz (''Redoxon''), der damalige Forschungsleiter [[Markus Guggenheim]] war jedoch über den tatsächlichen Bedarf und den Nutzen skeptisch.<ref>{{Internetquelle |autor=Susanne Schäfer |url=https://www.brandeins.de/magazine/brand-eins-wirtschaftsmagazin/2018/personal/hoffmann-la-roche-hokuspokus-mit-langzeitwirkung |titel=Hoffmann-La Roche: Hokuspokus mit Langzeitwirkung |werk=[[brand eins]] |datum=2018 |abruf=2021-05-02}}</ref> Die Nachfrage danach blieb anfangs gering.<ref name="Grill">Markus Grill: ''[https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,809998,00.html Nationalsozialismus: Vitaminschub für den Volkskörper.]'' In: ''[[Spiegel online]].'' 19.&nbsp;Januar 2012, unter Bezugnahme auf eine im März 2012 erscheinende Habilitationsschrift von Heiko Stoff. Abgerufen am 22.&nbsp;Dezember 2014.</ref> Durch geschicktes Marketing und Ausnutzung von Ängsten (angebliche [[Unterversorgung]]) konnte die Vermarktung aber angekurbelt werden.<ref>{{Literatur |Autor=René Zipperlen |Titel=Wenig sinnvoll, aber viel gekauft: Der Hokuspokus ums Vitamin C |Sammelwerk=Die Tageszeitung: taz |Datum=2009-10-23 |Online=https://taz.de/Wenig-sinnvoll-aber-viel-gekauft/!5153883/ |Abruf=2021-05-02}}</ref>

=== Die Zeit des Nationalsozialismus ===
In der [[Zeit des Nationalsozialismus]] (1933–45) förderten die Machthaber in Deutschland die Versorgung der Bevölkerung mit den damals gerade erst entdeckten Vitaminen sehr aktiv. Sie wollten so den „Volkskörper von innen stärken“, weil sie davon überzeugt waren, dass Deutschland den [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] auch als Folge von [[Mangelernährung]] verloren hatte. In ''Vitamin-Aktionen'' wurden Kinder, Mütter, Schwerstarbeiter und Soldaten mit Vitaminen versorgt, insbesondere mit Vitamin&nbsp;C. Nationalsozialistische Massenorganisationen wie die [[Deutsche Arbeitsfront]] und die [[Reichsarbeitsgemeinschaft für Volksernährung]] organisierten die Produktion und Verteilung von Vitamin-C-Präparaten. Hausfrauen wurden dazu aufgerufen, [[Hagebutten]] und [[Sanddorn]] zu sammeln, aus denen Brotaufstriche und andere Vitaminpräparate für die [[Wehrmacht]] hergestellt wurden. Noch 1944 bestellte die Wehrmacht 200&nbsp;Tonnen Vitamin&nbsp;C, unter anderem bei [[Hoffmann-La Roche|Roche]].<ref name="Grill" />

== Vorkommen ==
[[Datei:Ascorbigen A.svg|mini|Strukturformel von Ascorbigen A]]
In der Nahrung kommt Vitamin&nbsp;C vor allem in [[Obst]] und [[Gemüse]] vor. [[Zitrusfrucht|Zitrusfrüchte]] wie Orangen, Zitronen und Grapefruits enthalten –&nbsp;in reifem Zustand unmittelbar nach der Ernte&nbsp;– viel Vitamin&nbsp;C. [[Grünkohl]] hat den höchsten Vitamin-C-Gehalt aller Kohlarten (105–120&nbsp;mg/100&nbsp;g verzehrbare Substanz). Rotkraut, Weißkraut und Sauerkraut sind ebenfalls Vitamin-C-Lieferanten. Sauerkraut war lange Zeit in der Seefahrt von Bedeutung, wo ein haltbares Vitamin-C-reiches Nahrungsmittel benötigt wurde. Die höchsten natürlichen Vitamin-C-Konzentrationen wurden in der [[Buschpflaume]] und im [[Camu-Camu]] gefunden. In [[Sauerkraut]] und [[Kohl]]gemüse ist Ascorbinsäure in Form von ''[[Ascorbigen]]&nbsp;A'' und ''B'' (C-2-Scatyl-<small>L</small>-ascorbinsäure) gebunden.<ref name="Natur">Gerhard G. Habermehl, Peter E. Hammann, Hans C. Krebs, W. Ternes: ''Naturstoffchemie: Eine Einführung.'' Springer Verlag Berlin, 3.&nbsp;vollst. überarb. u. erw. Auflage 2008, ISBN 978-3-540-73732-2, S.&nbsp;666.</ref> Wird das Gemüse gekocht, zerfallen die Moleküle in <small>L</small>-Ascorbinsäure und [[3-Hydroxyindol]], sodass es in gekochtem Zustand mehr Vitamin&nbsp;C enthalten kann als im rohen Zustand. Durch zu langes Kochen gelangt das Vitamin verstärkt in das Kochwasser. Viele Gemüsearten enthalten Ascorbinsäure-Oxidase, die insbesondere durch Zerkleinern mit dem Vitamin in Berührung kommt und dieses oxidiert. Das führt zum Beispiel bei Rohkost, die nicht sofort verzehrt wird, zu erheblichen Vitamin-C-Verlusten.

Die meisten Säugetierarten sind in der Lage Vitamin-C über bestimmte Enzyme in der Leber selbst herzustellen. Eine Ausnahme bilden hier die [[Höhere Primaten|höheren Primaten]], zu denen auch der Mensch zählt: Da diese Enzyme bei den höheren Primaten im Laufe ihrer Evolution ihre Funktion verloren haben, sind diese Arten auf eine externe Vitamin-C-Zufuhr angewiesen.<ref>{{Literatur |Autor=Sibylle Wehner-v Segesser |Titel=Der Trick mit dem Vitamin C |Sammelwerk=Neue Zürcher Zeitung |Datum=2008-03-26 |Online=https://www.nzz.ch/der_trick_mit_dem_vitamin_c-ld.473440 |Abruf=2024-09-10}}</ref> Weitere Säugetiere, die die Fähigkeit zur Eigensynthese verloren haben, sind Meerschweinchen und fruchtfressende Fledermäuse.<ref>{{Internetquelle |autor=deutschlandfunkkultur.de |url=https://www.deutschlandfunkkultur.de/ein-echtes-lebenselixier-100.html |titel=Ein echtes Lebenselixier |datum=2011-09-25 |sprache=de |abruf=2024-09-10}}</ref> Da Schweine und Rinder hiervon nicht betroffen sind liefert deren [[Leber (Lebensmittel)|Leber]] beim Verzehr neben zahlreichen anderen Vitaminen auch Vitamin C.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.augsburger-allgemeine.de/panorama/vitamine-in-leber-ein-vergleich-zwischen-rind-kalb-und-schwein-id69216306.html |titel=Vitamine in Leber: Ein Vergleich zwischen Rind, Kalb und Schwein |datum=2024-07-16 |sprache=de |abruf=2024-09-10}}</ref>

Die folgenden Angaben dienen nur der Orientierung, die tatsächlichen Werte hängen stark von der Sorte der Pflanze, der Bodenbeschaffenheit, dem Klima während des Wachstums, der Lagerdauer nach der Ernte, den Lagerbedingungen und der Zubereitung ab. Das [[Weizen]]korn enthält zum Beispiel kein Vitamin C, sondern dies entsteht erst bei der Keimung.<ref>Werner Kollath: ''Die Ordnung unserer Nahrung'', 13. Auflage 1987, S.&nbsp;171.</ref>

'''Vitamin-C-Gehalt in Obst- und Gemüsesorten je 100&nbsp;g (nach absteigendem Vitamin-C-Gehalt geordnet):'''

{| border="0"
|
* [[Buschpflaume]] 2300–3150&nbsp;mg<ref>Wilhelm Friedrich: ''Vitamins.'' Gruyter 1988, ISBN 978-3-11-010244-4; S.&nbsp;949.</ref>
* [[Camu-Camu]] 2000&nbsp;mg
* [[Acerola]]kirsche 1300–1700&nbsp;mg
* [[Hagebutte]] 1250&nbsp;mg
* [[Brennnessel]] 333&nbsp;mg<ref>{{Internetquelle |url=https://www.naehrwertrechner.de/naehrwerte/G261000/Brennnessel |titel=Nährwerte Brennnessel |werk=naehrwertrechner.de |sprache=de |abruf=2022-05-09}}</ref>
* [[Guave]] 300&nbsp;mg
* [[Sanddorn]]beere 200–800&nbsp;mg
* [[Schwarze Johannisbeere]] 177&nbsp;mg<ref name="Natur" />
* [[Petersilie]] 160&nbsp;mg
* [[Grünkohl]] 105–150&nbsp;mg
* [[Rosenkohl]] 90–150&nbsp;mg
* [[Brokkoli]] 115&nbsp;mg<ref name="Natur" />
* [[Paprika]] 100&nbsp;mg
|
* [[Vogelbeere]] (Ebereschenfrucht) 98&nbsp;mg
* [[Spinat]] 50–90&nbsp;mg
* [[Actinidia deliciosa|Kiwi]] 80&nbsp;mg
* [[Erdbeeren|Erdbeere]] 50–80&nbsp;mg
* [[Zitrone]] 53&nbsp;mg
* [[Orange (Frucht)|Orange]] (Apfelsine) 50&nbsp;mg<ref name="Natur" />
* [[Passionsfrucht]] 30–50&nbsp;mg
* [[Rotkohl]] 50&nbsp;mg
* [[Apfelbeeren|Apfelbeere]] 10–50&nbsp;mg<ref>{{Internetquelle |autor=Heribert Schunkert |url=https://herzstiftung.de/ihre-herzgesundheit/gesund-bleiben/bluthochdruck/aroniasaft |titel=Drei Fakten über Aroniabeeren |werk=herzstiftung.de |abruf=2025-02-27 |kommentar=Drei Fakten über Aroniabeeren}}</ref>
* [[Weißkohl]] 45&nbsp;mg
* [[Mango]] 39&nbsp;mg
* [[Tomate]] 38&nbsp;mg
|
* [[Heidelbeere]] 22&nbsp;mg
* [[Ananas]] 20&nbsp;mg
* [[Sauerkraut]] 20&nbsp;mg
* [[Kartoffel]] 17&nbsp;mg<ref name="Natur" />
* [[Avocado]] 13&nbsp;mg
* [[Cranberry]] 13&nbsp;mg
* [[Kulturapfel|Apfel]] 12&nbsp;mg
* [[Dessertbanane|Banane]] 10–12&nbsp;mg
* [[Pfirsich]] 10&nbsp;mg
* [[Zwiebel]] 7&nbsp;mg
* [[Cherimoya]] 5–16&nbsp;mg
* [[Birne]] 5&nbsp;mg
|}
'''Vitamin-C-Gehalt in tierischen Produkten je 100&nbsp;g (nach absteigendem Vitamin-C-Gehalt geordnet):'''

* [[Leber (Lebensmittel)|Kalbsleber]] 40 mg<ref>[https://www.chemieunterricht.de/dc2/asch2/a-vorkom.htm ''Das Vorkommen von Vitamin C.''] In: ''chemieunterricht.de.'' Abgerufen am 22.&nbsp;Dezember 2014.</ref>
* [[Leber (Lebensmittel)|Rinderleber]] 33&nbsp;mg<ref name="Natur" />
* [[Milch]] 1&nbsp;mg<ref name="Natur" />

== Herstellung ==
[[Datei:Микрокристаллы аскорбиновой кислоты.jpg|mini|Mikrokristalle aus Ascorbinsäure in [[Polarisation|kreuzpolarisiertem]] Licht bei 125-facher Vergrößerung]]
Die Jahresproduktion an Ascorbinsäure lag 2006 weltweit bei etwa 80.000&nbsp;Tonnen<ref>[[Gesellschaft Deutscher Chemiker]] (GDCh): ''Weiße Biotechnologie: Status quo und Zukunft.'' In: ''[[Nachrichten aus der Chemie]].'' Dezember 2006. [[doi:10.1002/nadc.20060541209]].</ref> und hat sich damit seit 1999 mehr als verdoppelt.<ref>M. S. Hähnlein: [https://d-nb.info/957832699/34 ''Entwicklung und Charakterisierung von Edelmetallträgerkatalysatoren und Edelmetallnanosolen zur katalytischen Nitrat- und Nitritreduktion sowie zur Sorboseoxidation.''] Dissertation [[Technische Universität Braunschweig]], 1999.</ref><ref>J. Emsley, A. Schleitzer (Übers.): ''Fritten, Fett und Faltencreme: Noch mehr Chemie im Alltag.'' Wiley-VCH, 2004, ISBN 978-3-527-31147-7.</ref> Marktführer war lange Zeit die Schweizer [[Hoffmann-La&nbsp;Roche]] (30 % Weltumsatz), gefolgt vom [[BASF]]-[[Northeast Pharmaceutical Group|NEPG]]-Kartell (auch etwa 30 %) und der Firma [[Merck KGaA|Merck]]. Im Jahr 2002 hat Hoffmann-La&nbsp;Roche seine Vitaminsparte für 3,4&nbsp;Milliarden [[Schweizer Franken]], etwa 2,1&nbsp;Milliarden Euro, an die niederländische [[Koninklijke&nbsp;DSM]] verkauft.

Der größte Produzent von Ascorbinsäure ist heute die [[Volksrepublik China]], wo sie ausschließlich biotechnologisch produziert wird.<ref>Brigitte Osterath: ''Prozessentwicklung zur Produktion von 2-Keto-L-Gulonsäure, einer Vitamin C-Vorstufe.'' Dissertation [[Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn]], 2009, {{URN|nbn:de:hbz:5N-20434}}. S. 2.</ref>

=== Synthese ===
Ascorbinsäure kann aus [[Pentosen|C5]]-[[Zucker]]n wie <small>L</small>-[[Xyloson]], <small>L</small>-[[Lyxose]], <small>L</small>-[[Xylose]] und <small>L</small>-[[Arabinose]] [[Synthese (Chemie)|synthetisiert]] werden. Für die großtechnische Synthese dagegen wird in der chemischen Industrie aus der Ausgangssubstanz <small>D</small>-[[Glucose]] –&nbsp;einer [[Hexose]]&nbsp;– über die Stufe des [[Sorbitol]]s kristalline Ascorbinsäure, Natriumascorbat ([[Natriumascorbat|E&nbsp;301]]), Calciumascorbat ([[Calciumascorbat|E&nbsp;302]]) und Ascorbylmonophosphat hergestellt. Die 1934 entdeckte [[Reichstein-Synthese]] bildet die Grundlage der industriellen, chemisch-mikrobiologischen Produktion.
[[Datei:Synthesis ascorbic acid.svg|mini|ohne|hochkant=1.5|Synthese nach Reichstein]]

=== Biologisch-technisches Verfahren ===
Zur Unterscheidung von diesem synthetisch hergestellten Produkt wird ein mit Hilfe gentechnisch veränderter Mikroorganismen hergestelltes Vitamin&nbsp;C international mit GMO-Vitamin&nbsp;C (''GMO,'' {{lang|en|''genetically modified organism''}}: „[[gentechnisch veränderter Organismus]]“) bezeichnet. GMO-Ascorbinsäure ist preiswerter; nach diesem Verfahren wird weltweit der größere Teil hergestellt.

Im [[Sonoyama-Verfahren]] wird Ascorbinsäure aus <small>D</small>-Glucose hergestellt.<ref>{{Literatur |Autor=T. Sonoyama u. a. |Titel=Production of 2-Keto-<small>L</small>-Gulonic Acid from <small>D</small>-Glucose by Two-Stage Fermentation |Sammelwerk=[[Applied and Environmental Microbiology]] |Band=43 |Nummer=5 |Datum=1982-05 |Seiten=1064–1069 |Sprache=en |Online=[https://aem.asm.org/cgi/reprint/43/5/1064.pdf Volltext] |Format=PDF |KBytes= |PMID=16346005}}</ref> Dabei wird dieses zunächst durch ''[[Pantoea agglomerans]]'' zu 2,5-Dioxo-<small>D</small>-Gluconsäure oxidiert. Ein zweiter Stamm, ''Aureobacterium sp.,'' reduziert das Produkt zu 2-Oxo-<small>L</small>-Gulonsäure, das dann wie bei der Reichstein-Synthese zu <small>L</small>-Ascorbinsäure umgesetzt wird. Es wird versucht, ''P. agglomerans''-Stämme gentechnisch so zu verändern, dass diese aus Glucose in einem einstufigen mikrobiellen Verfahren 2-Oxo-<small>L</small>-Gulonsäure herstellen.<ref>{{Literatur |Hrsg=Katharina Munk |Titel=Taschenlehrbuch Biologie: Mikrobiologie |Verlag=Thieme |Ort=Stuttgart |Datum=2008 |ISBN=978-3-13-144861-3 |Seiten=569 |Online={{Google Buch |BuchID=GIzqXYi-rYMC |Seite=569}}}}</ref>

== Eigenschaften ==
=== Physikalische Eigenschaften ===
[[Datei:Ascorbic acid H-bonding.svg|mini|hochkant|Intramolekulare Wasserstoffbrückenbindungen bei der Ascorbinsäure]]
Ascorbinsäure bildet unter Normalbedingungen farblose Kristalle, die gegen Licht, Wärme und Luft beständig sind. Der Schmelzpunkt liegt bei 190–192&nbsp;°C. Das Schmelzen erfolgt unter Zersetzung. In fester Phase bildet Ascorbinsäure zwei intramolekulare Wasserstoffbrückenbindungen, die maßgeblich zur Stabilität und damit zu den chemischen Eigenschaften der Endiol-Struktur beitragen.

Ascorbinsäure kristallisiert im [[Monoklines Kristallsystem|monoklinen Kristallsystem]] mit den [[Gitterparameter]]n a&nbsp;= 1730&nbsp;pm, b&nbsp;= 635&nbsp;pm, c&nbsp;= 641&nbsp;pm, β&nbsp;= 102°11´. Die vier Moleküle der [[Einheitszelle]] sind paarweise durch Pseudoschraubenachsen verbunden. Die Moleküle bestehen aus einem Fünfring und der Seitenkette, wobei die Endiolgruppe planar ist.<ref>J. Hvoslef: ''The Crystal Structure of L-Ascorbic Acid, ‘Vitamin C’. I.&nbsp;The X-ray Analysis.'' In: ''[[Acta Crystallographica]], Section&nbsp;B. Structural Crystallography and Crystal Chemistry.'' 24, S.&nbsp;23–35, [[doi:10.1107/S0567740868001664]].</ref> Infolge der guten Wasserlöslichkeit des Vitamins können die Verluste je nach Art und Dauer der Zubereitung in Lebensmitteln bis zu 100 % betragen.<ref>O. Adam, P. Schauder, [[Günter Ollenschläger|G. Ollenschläger]]: ''Ernährungsmedizin: Prävention und Therapie.'' 3.&nbsp;Auflage, Elsevier, Urban&nbsp;& Fischer Verlag, 2006, ISBN 978-3-437-22921-3, S.&nbsp;96.</ref>

=== Molekulare Eigenschaften ===
Ascorbinsäure enthält mehrere Strukturelemente, die zu ihrem chemischen Verhalten beitragen: eine [[Lacton]]struktur, zwei [[enol]]ische [[Hydroxygruppe]]n sowie eine sekundäre und eine primäre [[Alkohole|Alkoholgruppe]]. Der Lactonring ist nahezu planar.<ref name="Tsao">C. S. Tsao: ''An overview of ascorbic acid chemistry and biochemistry.'' In: Lester Packer, Jürgen Fuchs: ''Vitamin&nbsp;C in Health and Disease.'' Marcel Dekker Inc illustrated edition 1997, ISBN 0-8247-9313-7, S.&nbsp;25–58.</ref>
[[Datei:Strukturelemente ascorbic acid.png|mini|hochkant=1.5|ohne|Strukturelemente der Ascorbinsäure]]

Ascorbinsäure hat zwei asymmetrische Kohlenstoffatome (C4 und C5) und existiert damit in vier verschiedenen [[stereoisomer]]en Formen, die [[optische Aktivität]] aufweisen. Die Moleküle <small>L</small>- und <small>D</small>-Ascorbinsäure verhalten sich wie Bild und Spiegelbild zueinander, sie sind [[Enantiomere]], ebenso die <small>L</small>- und die <small>D</small>-[[Isoascorbinsäure]]. <small>L</small>-Ascorbinsäure und <small>D</small>-Isoascorbinsäure sowie <small>D</small>-Ascorbinsäure und <small>L</small>-Isoascorbinsäure sind [[Epimere#Stereoisomerie|Epimere]], sie unterscheiden sich in der Konfiguration nur eines Kohlenstoffatoms. Trotz dieser geringen Unterschiede sind die Stereoisomere der <small>L</small>-Ascorbinsäure im Körper fast alle inaktiv, da die am [[Stoffwechsel]] beteiligten [[Enzym]]e spezifisch <small>L</small>-Ascorbinsäure erkennen. Lediglich die <small>D</small>-Isoascorbinsäure (E&nbsp;315) weist eine geringe Wirkung auf.
[[Datei:Ascorbic acid isomers.svg|mini|hochkant=1.5|ohne|Isomere Formen:<br />
<small>L</small>-Ascorbinsäure ''(R, S)'' '''(1a),'''
<small>D</small>-Ascorbinsäure ''(S, R)'' '''(1b)<ref>{{Substanzinfo|Name=<small>D</small>-Ascorbinsäure |CAS=10504-35-5 |Wikidata=Q27076988 |ECHA-ID= |EG-Nummer= |ChemSpider=12283687|PubChem=54690394}}</ref>,'''
<small>L</small>-[[Isoascorbinsäure]] ''(S, S)'' '''(2a),'''
<small>D</small>-Isoascorbinsäure ''(R, R)'' '''(2b).''']]

=== Chemische Eigenschaften ===
Obwohl Ascorbinsäure keine der „klassischen“ sauren funktionellen [[Carbonsäure]]-, [[Sulfonsäure]]- oder [[Phosphonsäure]]gruppen aufweist, ist sie beträchtlich sauer. Mit einem [[Säurekonstante|pK<sub>s</sub>-Wert]] von 4,25<ref name="Tsao" /> ist sie saurer als [[Essigsäure]] mit pK<sub>s</sub>&nbsp;= 4,8. Sie liegt damit unter physiologischen Bedingungen als ''Ascorbat-Anion'' AscH<sup>−</sup> vor.

Dies ist zum einen auf die Endiol-Struktur zurückzuführen. Enole sind bereits deutlich saurer als Alkohole. Zusätzlich wird die [[Acidität]] bei Ascorbinsäure durch die zweite enolische [[Hydroxygruppe]] und durch die benachbarte [[Carbonylgruppe]] noch verstärkt. Zum anderen wird das nach Abspaltung des [[Proton (Chemie)|Protons]] entstehende [[Enolat]]-[[Anion]] mittels [[Tautomerie#Keto-Enol-Tautomerie|Keto-Enol-Tautomerie]] stabilisiert. Die dann am Sauerstoff bestehende negative Ladung wird dabei sowohl über die Doppelbindung zwischen den beiden Kohlenstoffatomen als auch über die Carbonylfunktion delokalisiert, also verteilt und somit stabilisiert. Strukturell könnte diese Gruppierung als vinyloge Carbonsäure aufgefasst werden, das heißt als eine [[Carbonsäure]]-Funktion mit „eingeschobener“ Kohlenstoff-Kohlenstoff-Doppelbindung zwischen Carbonylgruppe und Hydroxygruppe. Die Endiol-Struktur bedingt die [[Reduktion (Chemie)|reduzierenden]] ([[Antioxidans|antioxidativen]]) Eigenschaften der Ascorbinsäure, da Endiole leicht zu Di[[ketone]]n oxidiert werden können. Endiole mit benachbarter Carbonylgruppe heißen daher auch ''[[Reduktone]].''
[[Datei:Endiol Oxidation.svg|mini|links|hochkant=1.5|Endiol-Oxidation]]
[[Datei:Ascorbic acid all.svg|mini|hochkant=1.5|Gleichgewichtsreaktionen von Ascorbinsäure (AscH<sub>2</sub>). Diese kann sukzessiv Elektronen und Protonen abgeben und schließlich zur oxidierten Form (Asc), der Dehydroascorbinsäure (DHA), gelangen. Diese liegt in wässrigen Lösungen als Monohydrat vor.]]
Die andere enolische Hydroxygruppe hat nur schwach saure Eigenschaften (pK<sub>s</sub>&nbsp;= 11,79<ref name="Tsao" />), da hier das Anion weniger mesomere Grenzstrukturen zur Stabilisierung ausbilden kann. Nach Abgabe beider Protonen entsteht aus Ascorbinsäure ein Dianion (Asc<sup>2−</sup>). Die intermediäre Form, die durch Abgabe eines Elektrons und eines Protons entsteht (AscH<sup>.</sup>), ist eine sehr starke Säure (pK<sub>s</sub>&nbsp;= −0,45).<ref name="Tsao" /> Sie hat wegen ihrer Kurzlebigkeit im Metabolismus keine Bedeutung.

Das [[Säurerest-Ion]] der Ascorbinsäure nennt sich '''Ascorbat.'''<ref>{{Webarchiv|url=http://www.hoffmeister.it/chemie/14-saeure_base_reaktionen.pdf |wayback=20120118041839 |text=''Säure-Base-Reaktionen.''}} (PDF; 307&nbsp;kB), S.&nbsp;4.</ref> Es entsteht durch Übertragung eines Wasserstoffions (H<sup>+</sup>, Proton) auf ein protonierbares Lösungsmittel, etwa [[Wasser]]. Deswegen lautet seine [[Summenformel]] C<sub>6</sub>H<sub>7</sub>O<sub>6</sub><sup>−</sup>. Die Reaktion ist eine [[Chemisches Gleichgewicht|Gleichgewichtsreaktion]]:

: <math>\mathrm{C_6H_8O_6 \ + \ H_2O \ \rightleftharpoons \ C_6H_7O_6^- + H_3O^+}</math>
: <small>Ascorbinsäure reagiert mit Wasser zu Ascorbat und einem [[Oxonium]]-Ion.</small>

Ascorbinsäure ist in wässrigen Lösungen ein starkes [[Reduktionsmittel]]. Hierbei kann es über Zwischenstufen zu Dehydroascorbinsäure (DHA) oxidiert werden. Dieser Prozess ist reversibel, so können beispielsweise [[Cystein]], [[Dithiothreitol]] oder andere [[Thiole]] DHA zurück zu Ascorbinsäure reduzieren. In der Reduktions- und Oxidationswirkung liegt eine wichtige Eigenschaft von Vitamin&nbsp;C in biologischen Systemen.

In kristalliner Form ist Ascorbinsäure relativ stabil gegenüber Oxidation durch Luftsauerstoff. In wässriger Lösung geschieht die Oxidation wesentlich rascher, wobei eine Temperaturerhöhung<ref>{{Literatur |Autor=Braulio Gómez Ruiz et al. |Titel=Kinetic modelling of ascorbic and dehydroascorbic acids concentrations in a model solution at different temperatures and oxygen contents |Sammelwerk=Food Research International |Band=106 |Datum=2018-04-01 |Seiten=901–908 |DOI=10.1016/j.foodres.2018.01.051}}</ref>, eine Erhöhung des [[pH-Wert]]es sowie die Anwesenheit von [[Schwermetalle|Schwermetallionen]] diese beschleunigen. Säuren wie [[Citronensäure]], [[Oxalsäure]] oder [[Metaphosphorsäure]] sowie [[Komplexbildner]] wie [[8-Hydroxychinolin]] wirken stabilisierend.<ref>H. Schneemann, G. Wurm, R. Batty, W. Blaschek, W. Reuß: ''Hagers Handbuch der Pharmazeutischen Praxis. Stoffe A–D, Waren und Dienste.'' 5.&nbsp;Auflage, Birkhäuser, 1995, ISBN 978-3-540-52688-9, S.&nbsp;299–301.</ref> Bei der Zubereitung von Nahrungsmitteln durch Kochen werden durchschnittlich 30 % der enthaltenen Ascorbinsäure oxidiert.<ref>K. Meyer-Rankes, O. Adam, H. Koula-Jenik: ''Leitfaden Ernährungsmedizin.'' Elsevier, Urban&nbsp;& Fischer Verlag, 2006, ISBN 978-3-437-56530-4, S.&nbsp;37.</ref>

== Dehydroascorbinsäure ==
[[Dehydroascorbinsäure|<small>L</small>-Dehydroascorbinsäure]] (englisch ''dehydro ascorbic acid,'' '''DHA''') entsteht durch Oxidation von Ascorbinsäure. Im menschlichen Metabolismus kann sie zu <small>L</small>-Ascorbinsäure reduziert werden und damit Vitamin&nbsp;C regenerieren. Dehydroascorbinsäure liegt in wässrigen Lösungen nahezu vollständig als Monohydrat (mono-DHA·H<sub>2</sub>O) vor. Dabei bildet es einen Bizyklus, was durch [[Kernspinresonanzspektroskopie]] nachgewiesen wurde. Möglicherweise kann es noch ein zweites Molekül Wasser aufnehmen, um dann ein Dihydrat auszubilden.<ref>W. Bors und G. R. Buettner: ''The vitamin C radical and its reactions.'' In: Lester Packer, Jürgen Fuchs: ''Vitamin&nbsp;C in Health and Disease.'' Marcel Dekker Inc illustrated edition 1997, ISBN 0-8247-9313-7, S.&nbsp;76.</ref> Auch Semi-Dehydroascorbinsäure sowie oxidierte Formen veresterter Ascorbinsäuren werden zur Gruppe der Dehydroascorbinsäure gezählt.

Generell wird Vitamin&nbsp;C in Form von DHA durch Glucosetransporter, hauptsächlich [[GLUT-1]], in die Mitochondrien der Zellen transportiert, da nur sehr wenige Zellen über spezifische Vitamin-C-Transporter verfügen.<ref>{{Literatur |Autor=Sagun Kc et al. |Titel=Vitamin C enters mitochondria via facilitative glucose transporter 1 (Glut1) and confers mitochondrial protection against oxidative injury |Sammelwerk=FASEB journal: official publication of the Federation of American Societies for Experimental Biology |Band=19 |Nummer=12 |Datum=2005-10 |Seiten=1657–1667 |DOI=10.1096/fj.05-4107com |PMID=16195374}}</ref> Hierbei sind die meisten dieser Transporter Natriumionen-abhängig. Insbesondere das Gehirn ist auf eine Versorgung mit Ascorbinsäure angewiesen, das Vitamin kann jedoch nicht die [[Blut-Hirn-Schranke]] passieren.<ref>{{Literatur |Autor=J. Huang et al. |Titel=Dehydroascorbic acid, a blood-brain barrier transportable form of vitamin C, mediates potent cerebroprotection in experimental stroke |Sammelwerk=Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America |Band=98 |Nummer=20 |Datum=2001-09-25 |Seiten=11720–11724 |DOI=10.1073/pnas.171325998 |PMID=11573006}}</ref> Dieses Problem wird dadurch umgangen, dass Dehydroascorbinsäure durch Glucosetransporter, zum Beispiel ''GLUT1,'' durch die Schranke transportiert und in den Gehirnzellen zu Ascorbinsäure reduziert wird.

Es wird davon ausgegangen, dass Ascorbinsäure in Form von DHA intrazellulär transportiert wird. Hierbei soll extrazelluläre Ascorbinsäure zu DHA oxidiert, in die Zelle aufgenommen und dann wieder reduziert werden, da Ascorbinsäure selbst die Zelle nicht verlassen kann.<ref name="Tsao" /> DHA ist instabiler als <small>L</small>-Ascorbinsäure. Je nach Reaktionsbedingungen (pH-Wert, An- beziehungsweise Abwesenheit von Reduktionsmitteln wie [[Glutathion]]) kann es entweder wieder zurück in Ascorbinsäure umgewandelt werden oder zu [[Diketogulonsäure]] (DKG) irreversibel hydrolysieren.<ref>{{Literatur |Autor=Y. Nishikawa und T. Kurata |Titel=Interconversion between dehydro-L-ascorbic acid and L-ascorbic acid |Sammelwerk=Bioscience, Biotechnology, and Biochemistry |Band=64 |Nummer=3 |Datum=2000-03 |Seiten=476–483 |DOI=10.1271/bbb.64.476 |PMID=10803943}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Y. Nishikawa et al. |Titel=Identification of 3,4-dihydroxy-2-oxo-butanal (L-threosone) as an intermediate compound in oxidative degradation of dehydro-L-ascorbic acid and 2,3-diketo-L-gulonic acid in a deuterium oxide phosphate buffer |Sammelwerk=Bioscience, Biotechnology, and Biochemistry |Band=65 |Nummer=8 |Datum=2001-08 |Seiten=1707–1712 |DOI=10.1271/bbb.65.1707 |PMID=11577707}}</ref>

== Verwendung ==
Ascorbinsäure findet hauptsächlich als [[Antioxidans]] Verwendung. Sie wird vielen [[Lebensmittel]]produkten als [[Konservierungsmittel]] oder [[Umrötung]]shilfsmittel, zum Beispiel bei der Herstellung von Brühwürsten [[Lebensmittelzusatzstoff|zugesetzt]], was in der [[Zutatenliste]] des Lebensmittels mit E&nbsp;300 zu [[Lebensmittelkennzeichnung|kennzeichnen]] ist. [[E-Nummern]] von Ascorbinsäurederivaten sind E&nbsp;301 ([[Natriumascorbat]]), E&nbsp;302 ([[Calciumascorbat]]), E&nbsp;304a ([[Ascorbylpalmitat]]) und E&nbsp;304b ([[Ascorbylstearat]]). Naturtrüber [[Apfelsaft]] kann bei der Herstellung mit Ascorbinsäure versetzt werden und wird dadurch deutlich heller, weil es im natürlichen Saft vorhandene [[Chinone]] reduziert, die bei der Pressung durch Oxidation von [[Phenole]]n mit Luftsauerstoff und dem [[Enzym]] Polyphenoloxidase entstehen und eine braune Farbe bewirken. Ascorbylpalmitat wird zur Verhinderung der [[Autooxidation]] von [[Fette]]n eingesetzt und verhindert so, dass diese [[Ranzig (Fett)|ranzig]] werden. Der Ascorbinsäurezusatz zu [[Mehl]]en als [[Mehlbehandlungsmittel]] soll das Gashaltevermögen und das Volumen der [[Teig]]e vergrößern. Dies lässt sich durch die Ausbildung zusätzlicher [[Disulfidbrücke]]n zwischen den [[Gluten|Kleber]]-Strängen des Teiges erklären.<ref>A. Deifel: ''Die Chemie der L-Ascorbinsäure in Lebensmitteln.'' In: ''[[Chemie in unserer Zeit]].'' 27.&nbsp;Jahrg. 1993, Nr.&nbsp;4, S.&nbsp;198–207 ([[doi:10.1002/ciuz.19930270405]]).</ref> Auch im Pharma-Bereich dient Ascorbinsäure als Antioxidans zur Stabilisierung von Pharmaprodukten.

In der Küche wird Ascorbinsäure (in Rezepten meist als „Vitamin-C-Pulver“ bezeichnet) eingesetzt, damit geschnittenes Obst (meist Äpfel und Bananen) länger frisch bleibt und nicht braun wird.

Wegen ihrer reduzierenden Eigenschaft wird Ascorbinsäure vereinzelt als Entwicklungssubstanz in photographischen [[Entwicklerflüssigkeit|Entwicklern]] eingesetzt.

Zum Auflösen von [[Heroin]]base vor der Injektion wird oft Ascorbinsäure mit dem Heroin aufgekocht.

== Physiologische Bedeutung ==
[[Datei:VitaminCBmGB.jpg|mini|Molekülmodell von Vitamin&nbsp;C als Briefmarkenmotiv]]
Vitamin&nbsp;C ist ein [[Radikale (Chemie)|Radikalfänger]] und hat eine [[Antioxidans|antioxidative]] Wirkung (es wirkt also als [[Reduktionsmittel]]).

Weiterhin stellt Vitamin&nbsp;C ein wichtiges [[Coenzym]] für die [[Prolyl-4-Hydroxylase]] dar. Dieses [[Enzym]] wird bei der [[Biosynthese]] des [[Protein]]s (Eiweißes) [[Kollagen]] benötigt. Es wandelt integrierte [[Prolin]]reste in [[Hydroxyprolin|4-Hydroxyprolyl]]-Seitenketten unter Verbrauch von molekularem Sauerstoff um. Hydroxyprolin ist für den stabilen Kollagenaufbau unerlässlich.

Ebenfalls innerhalb der Biosynthese von Kollagen, aber auch weiterer Proteine, findet mithilfe von Ascorbinsäure und des Enzyms [[Lysylhydroxylase]] die Hydroxylierung von <small>L</small>-[[Lysin]] zum [[Hydroxylysin]] statt. Im Kollagen erfüllt dieses eine Funktion in der [[kovalent]]en [[Quervernetzung]] benachbarter Moleküle. Darüber hinaus kann Hydroxylysin im Kollagen und weiteren Proteinen [[Glykosylierung|glykosyliert]] werden, was zur Bildung von [[Glykoproteine]]n führt.

Mangel an Vitamin&nbsp;C führt zu einer verminderten Aktivität der Prolyl-Hydroxylierung und der Lysyl-Hydroxylierung und damit zur Instabilität von Kollagen. Da Kollagen in praktisch allen Organen und Geweben des menschlichen und tierischen Organismus vorkommt, vor allem im [[Bindegewebe]], wird bei Mangel von Vitamin&nbsp;C Skorbut ausgelöst.

Bei der Hydroxylierung von [[Steroid]]en ist Vitamin&nbsp;C ein wichtiger Cofaktor. Darüber hinaus spielt es eine wichtige Rolle beim Aufbau von [[Aminosäuren]] wie beispielsweise dem <small>L</small>-[[Tyrosin]]. Auch bei der Umwandlung von [[Dopamin]] zu [[Noradrenalin]], im [[Cholesterin]]-Stoffwechsel (Ascorbinsäure spielt eine Rolle bei der Umwandlung von Cholesterol zu Gallensäure und senkt dadurch den Blut-Cholesterol-Gehalt),<ref name="Chambial 2013">Shailja Chambial et al. ''Vitamin&nbsp;C in Disease Prevention and Cure: An Overview.'' [[Indian Journal of Clinical Biochemistry]]. Oktober 2013; 28(4): S.&nbsp;314–328 ([[doi:10.1007/s12291-013-0375-3]]; PMID 24426232).</ref> der Serotoninsynthese und bei der [[Carnitin]]biosynthese wird Ascorbinsäure benötigt.

Mit [[Niacin]] und [[Pyridoxin|Vitamin&nbsp;B<sub>6</sub>]] steuert Vitamin&nbsp;C die Produktion von <small>L</small>-[[Carnitin]], das für die [[Fettverbrennung]] in der [[Muskulatur]] benötigt wird. Weiterhin begünstigt es die Eisenresorption im [[Dünndarm]].

Aufgrund der hohen Konzentration von Vitamin&nbsp;C im männlichen Sperma wird der Einfluss auf die Zeugungsfähigkeit derzeit untersucht. Vitamin-C-Gaben bei manchen unfruchtbaren Männern konnten vereinzelt die Spermienqualität erhöhen.<ref name="Chambial 2013" />

Die Stimulation der körpereigenen Abwehr, die dem Vitamin&nbsp;C oft zugeschrieben wird, wird unter anderem durch einen Schutz der [[Phagozyt]]enmembran vor oxidativer Selbstzerstörung erklärt.<ref name="Ernährungsmedizin 2005">H.-K. Biesalki u. a. ''Ernährungsmedizin&nbsp;– Nach dem Curriculum der Bundesärztekammer.'' 3.&nbsp;Auflage 2005. Georg Thieme Verlag, ISBN 978-3-13-100294-5, S.&nbsp;143–147.</ref><ref>{{Literatur |Autor=J. D. Campbell et al. |Titel=Ascorbic acid is a potent inhibitor of various forms of T cell apoptosis |Sammelwerk=Cellular Immunology |Band=194 |Nummer=1 |Datum=1999-05-25 |Seiten=1–5 |DOI=10.1006/cimm.1999.1485 |PMID=10357874}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Eva S. Wintergerst et al. |Titel=Immune-enhancing role of vitamin C and zinc and effect on clinical conditions |Sammelwerk=Annals of Nutrition & Metabolism |Band=50 |Nummer=2 |Datum=2006 |Seiten=85–94 |DOI=10.1159/000090495 |PMID=16373990}}</ref> Diese oxidative Selbstzerstörung kann sonst durch das bei der Phagozytose ausgelöste [[Halogenid]]-[[Peroxidase]]-System ausgelöst werden. Zudem wurde in Tierversuchen eine erhöhte [[Interferon]]produktion sowie eine Aktivierung des [[Komplementsystem]]s nach Gabe von Vitamin&nbsp;C beobachtet werden.<ref name="Ernährungsmedizin 2005" /> Generell wurde bei [[Leukozyten]] im Blut, die einen wichtigen Stellenwert in der Immunabwehr einnehmen, ein hoher Ascorbinsäuregehalt festgestellt.<ref name="Thomas 1978">W. R. Thomas, P. G. Holt: ''Vitamin&nbsp;C and immunity: an assessment of the evidence.'' In: ''[[Clinical and Experimental Immunology]].'' (1978) 32, S.&nbsp;370–379 ({{PMC|1541262}}).</ref> Weiterhin scheint Vitamin&nbsp;C Einfluss auf zahlreiche weitere neutrophile Funktionen zu haben, wie die [[Chemotaxis]], Aufnahme von Partikeln durch Phagozyten, Lysozym-beeinflusste nicht-oxidative Immunreaktion und die Stimulation des [[Pentosephosphatweg|Hexose-Monophosphat-Shunts]].<ref>{{Literatur |Autor=B. Leibovitz und B. V. Siegel |Titel=Ascorbic acid, neutrophil function, and the immune response |Sammelwerk=International Journal for Vitamin and Nutrition Research. Internationale Zeitschrift für Vitamin- und Ernahrungsforschung. Journal International De Vitaminologie Et De Nutrition |Band=48 |Nummer=2 |Datum=1978 |Seiten=159–164 |PMID=357320}}</ref>

Der Stellenwert von Vitamin-C-Gaben zur Bekämpfung und Vorbeugung von Krankheiten wie der [[Erkältung]] ist wissenschaftlich allerdings umstritten,<ref name="Elwood 1976">P. C. Elwood et al.: ''A randomized controlled trial of vitamin C in the prevention and amelioration of the common cold.'' In: ''[[British Journal of Preventive and Social Medicine]].'' 1976; 30(3), S.&nbsp;193–196 ({{PMC|478963}}).</ref><ref name="Chambial 2013" /> wobei größere Reviews einen generellen Trend sehen, dass während Vitamin&nbsp;C zwar keinen messbaren prophylaktischen Effekt bei saisonaler Erkältung hat, allerdings ein moderater positiver Effekt auf den Krankheitsverlauf beobachtet wurde. Dieser konnte in therapeutischen Studien allerdings nicht reproduziert werden.<ref name="Hemilä 2013">H. Hemilä, E. Chalker: ''Vitamin C for preventing and treating the common cold.'' In: ''[[Cochrane Database of Systematic Reviews]].'' 2013; 1:CD000980. [[doi:10.1002/14651858.CD000980]].</ref><ref name="Douglas 2010">R. M. Douglas, E. B. Chalker, B. Treacy: ''Vitamin C for preventing and treating the common cold.'' In: ''[[Cochrane Database of Systematic Reviews]].'' 2000; 2:CD000980.</ref> Rezente Meta-Analysen zeigen, dass [[Nahrungsergänzungsmittel]] mit Vitamin C bei Erkältungen weder prophylaktisch helfen noch die Genesung beschleunigen können.<ref>{{Internetquelle |autor=Bernd Kerschner |url=https://www.medizin-transparent.at/vitamin-c-beinahe-nutzlos-gegen-erkaltungen/ |titel=Vitamin C ist bei Erkältungen nutzlos |werk=[[Medizin transparent]] |datum=2017-09-15 |abruf=2020-01-20 |sprache=de-AT}}</ref><ref>[https://www.dge.de/presse/meldungen/pressearchiv/hilft-vitamin-c-gegen-erkaeltungen/ Deutsche Gesellschaft für Ernährung, abgerufen am] 27 Februar 2025</ref>

Bei Meta-Reviews vorhandener Studien wurden keine klinisch relevanten Effekte einer Vitamin-C-Supplementation bei Krebs beobachtet.<ref>{{Literatur |Autor=Carmel Jacobs et al. |Titel=Is there a role for oral or intravenous ascorbate (vitamin C) in treating patients with cancer? A systematic review |Sammelwerk=The Oncologist |Band=20 |Nummer=2 |Datum=2015-02 |Seiten=210–223 |DOI=10.1634/theoncologist.2014-0381 |PMC=4319640 |PMID=25601965}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Gwendolyn N.Y. van Gorkom et al. |Titel=The Effect of Vitamin C (Ascorbic Acid) in the Treatment of Patients with Cancer: A Systematic Review |Sammelwerk=Nutrients |Band=11 |Nummer=5 |Datum=2019-04-28 |DOI=10.3390/nu11050977 |PMC=6566697 |PMID=31035414}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Catalina Hoppe et al. |Titel=Clinical efficacy and safety of oral and intravenous vitamin C use in patients with malignant diseases |Sammelwerk=Journal of Cancer Research and Clinical Oncology |Band=147 |Nummer=10 |Datum=2021-10 |Sprache=en |DOI=10.1007/s00432-021-03759-4 |PMC=8397678 |PMID=34402972 |Seiten=3025–3042}}</ref> Auch bei schwer erkrankten Patienten auf der [[Intensivstation]] gibt es keine Evidenzen für einen Nutzen einer Vitamin-C-Gabe.<ref>{{Literatur |Autor=Pascal L. Langlois et al. |Titel=Vitamin C Administration to the Critically Ill: A Systematic Review and Meta-Analysis |Sammelwerk=JPEN. Journal of parenteral and enteral nutrition |Band=43 |Nummer=3 |Datum=2019-03 |Seiten=335–346 |DOI=10.1002/jpen.1471 |PMID=30452091}}</ref> Die [[S3-Leitlinie]] zu komplementären Verfahren in der Onkologie spricht sich gegen die orale Gabe von Vitamin C in höheren Dosierungen bei onkologischen Patienten aus – sei es um tumortherapeutisch oder in der Sekundärprävention das Gesamt- oder progressionsfreie Überleben zu verlängern oder die therapieassoziierte Toxizität zu senken.<ref>{{AWMF|https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/032-055OL|Komplementärmedizin in der Behandlung von onkologischen PatientInnen|S3|Deutschen Krebsgesellschaft, Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie und der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie |2024}}</ref> Für eine intravenöse Gabe hoher Mengen an Vitamin C liegen keine ausreichenden Daten zur Beurteilung einer Wirksamkeit vor.

<small>L</small>-Ascorbinsäure wirkt am [[Nicotinrezeptor]] des Typs α9α10 als [[Allosterischer Modulator|positiver allosterischer Modulator]]. Hierdurch könnte es sich zur Akutbehandlung eines Schalltraumas empfehlen. Die wirksame Konzentration liegt bei 1–30&nbsp;mM.<ref>{{Literatur |Autor=J. C. Boffi et al. |Titel=Positive modulation of the α9α10 nicotinic cholinergic receptor by ascorbic acid |Sammelwerk=British Journal of Pharmacology |Band=168 |Nummer=4 |Datum=2013-02 |Seiten=954–965 |DOI=10.1111/j.1476-5381.2012.02221.x |PMC=3631383 |PMID=22994414}}</ref>

=== Bedarf ===
[[Datei:VitaminC.jpg|mini|Die Orange ist ein klassischer Lieferant von Vitamin&nbsp;C.]]
Der Bedarf an Vitamin&nbsp;C wird zum Teil sehr kontrovers gesehen. Die Zufuhrempfehlung für einen gesunden Erwachsenen (ab 19 Jahren) beträgt laut Empfehlung der [[Deutsche Gesellschaft für Ernährung|Deutschen Gesellschaft für Ernährung]]  95 mg/Tag für Frauen beziehungsweise 110&nbsp;mg/Tag für Männer.<ref name="dge" /> Die Meinungen hierüber gehen jedoch weit auseinander; die Empfehlungen anderer Gruppierungen liegen zwischen einem Bruchteil (zum Beispiel der Hälfte) und einem Vielfachen (zum Beispiel „so viel wie möglich“) dieses Wertes. Fest steht, dass Mengen bis zu 5000&nbsp;mg kurzzeitig als unbedenklich gelten. Überschüssige Mengen werden vom Körper über den [[Urin]] ausgeschieden, da Vitamin&nbsp;C gut wasserlöslich ist (siehe auch [[Hypervitaminose]]n).

Bei einer ausgewogenen Mischkost kann in Deutschland davon ausgegangen werden, dass dem Körper alle lebensnotwendigen Vitamine, und daher auch Vitamin&nbsp;C, in ausreichendem Maße zugeführt werden. Die Versorgung mit Vitamin&nbsp;C ist in Deutschland knapp über der [[D-A-CH-Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr|DGE-Empfehlung]] von 95 mg/Tag beziehungsweise 110 mg/Tag. Daher sind Vitaminpräparate für einen gesunden Menschen, der sich abwechslungsreich und vollwertig ernährt, überflüssig. Die Empfehlung für Schwangere und Stillende liegt bei 105 beziehungsweise 125&nbsp;mg täglich. Für Raucher liegt die Empfehlung bei  135 mg/Tag für Frauen beziehungsweise 155 mg/Tag für Männer. Ursache für eine unzureichende Zufuhr ist meistens eine einseitige Ernährung. Dies betrifft vor allem Menschen, die nicht täglich frisches Obst und Gemüse verzehren.

Untersuchungen mit [[Radiokarbonmethode|<sup>14</sup>C]]-markiertem Vitamin&nbsp;C zeigen, dass der tägliche Ascorbatumsatz unabhängig von der Vitamin-C-Zufuhr nur etwa 20&nbsp;mg beträgt. Somit genügen bereits knapp 20&nbsp;mg täglich, um Skorbut zu vermeiden. Die Fachinformation des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gibt für Vitamin&nbsp;C einen täglichen Gesamtumsatz von etwa 1&nbsp;mg/kg&nbsp;Körpergewicht an.

Für Vergleichszwecke interessant ist, dass für [[Meerschweinchen]], die wie der Mensch selbst kein Vitamin C produzieren können, eine Tagesdosis von 10 bis 30&nbsp;mg empfohlen wird – bei einem Körpergewicht von nur etwa 0,8 bis 1,5&nbsp;kg. Somit wird für Meerschweinchen zwischen etwa ein Neuntel bis ein Drittel der empfohlenen DGE-Dosis für Menschen empfohlen, sprich eine zigfach höhere Dosis pro Kilogramm Körpergewicht. Auch nichtmenschliche höhere Primaten, die kein Vitamin C produzieren können, nehmen 10- bis 20-mal höhere Dosen auf als die für den Menschen allgemein empfohlene Tagesdosis. Manche Vorschläge für [[Megadose]]n Vitamin C reichen an die Tagesaufnahme eines Gorillas (etwa 2300 mg) heran. Im Gegensatz zu höheren Primaten und Meerschweinchenverwandten produzieren viele Tiere selbst Vitamin&nbsp;C. Große Hunde oder kleine Kälber, die etwa das Körpergewicht eines Menschen haben, stellen 1 bis 2&nbsp;g täglich her, bei Krankheit bis zu 10&nbsp;g.

Studien zur Pharmakokinetik von Vitamin&nbsp;C zeigen, dass eine volle Sättigung der Körperreserven mit Vitamin&nbsp;C (3000&nbsp;mg) eine tägliche Zufuhr von 200&nbsp;mg erfordert. Immunzellen wie Lymphozyten, Neutrophile und Monozyten werden bereits bei einer täglichen Aufnahme von 100&nbsp;mg Vitamin&nbsp;C gesättigt. Die vollständige Plasmasättigung wird bei Zufuhr von 1000&nbsp;mg Vitamin&nbsp;C pro Tag erreicht. Die Bioverfügbarkeit nimmt bei oraler Einnahme mit steigender Einzeldosis stark ab. 200&nbsp;mg werden noch nahezu vollständig aufgenommen.<ref>{{Literatur |Autor=M. Levine et al. |Titel=Vitamin C pharmacokinetics in healthy volunteers: evidence for a recommended dietary allowance |Sammelwerk=Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America |Band=93 |Nummer=8 |Datum=1996-04-16 |Seiten=3704–3709 |DOI=10.1073/pnas.93.8.3704 |PMID=8623000}}</ref> Aus diesem Grund ist es sinnvoller, mehrere Einzeldosen mit je 200&nbsp;mg über den Tag verteilt zu sich zu nehmen, als einmalig 1000&nbsp;mg.

Die Vitamin-C-Versorgung des Organismus spiegelt sich im Blutspiegel wider. Laut DGE sind geringere Konzentrationen als 20&nbsp;µmol/l (0,35&nbsp;mg/dl) mit vorklinischen Symptomen wie beispielsweise allgemeiner Müdigkeit, Leistungsschwäche, Infektanfälligkeit und schlechter Wundheilung verbunden. Offensichtliche klinische Mangelsymptome, die unter dem Begriff Skorbut zusammengefasst werden, treten erst bei Vitamin-C-Plasmaspiegeln unterhalb von 10&nbsp;µmol/l (0,18&nbsp;mg/dl) auf. Heute ist allgemein anerkannt, dass subklinische Vitamin-C-Defizite die Langzeitgesundheit negativ beeinflussen. Ein deutsches Konsensuspapier empfiehlt deshalb präventive Vitamin-C-Plasmaspiegel von mindestens 50&nbsp;µmol/l (0,88&nbsp;mg/dl) zur Verringerung des Arteriosklerose- und Krebsrisikos (DGE&nbsp;2000). Die von der DGE empfohlene Vitamin-C-Tagesdosis von 95 mg beziehungsweise 110 mg bezieht sich ausschließlich auf Gesunde. Vitamin&nbsp;C ist eines der wichtigsten körpereigenen Antioxidantien. Ein Mehrbedarf bei Erkrankungen, die mit der Generierung von reaktiven Sauerstoffverbindungen (ROS) einhergehen, ist unbestritten. Er ist beim gegenwärtigen Stand der Erkenntnis nur noch nicht genau bezifferbar. Chronisch-entzündliche Erkrankungen wie beispielsweise Arthritis, Allergien, Arteriosklerose, Krebs oder rezidivierende Infektionen sind nachweislich mit einem subklinischen bis klinischen Vitamin-C-Mangel (unter 30&nbsp;µmol/l oder 0,53&nbsp;mg/dl) und oxidativem Stress verbunden.<ref>J. Lunec, D. R. Blake: ''The determination of dehydroascorbic acid and ascorbic acid in the serum and synovial fluid of patients with rheumatoid arthritis (RA).'' In: ''[[Free Radical Research Communications]].'' 1985;1(1), S.&nbsp;31–39; PMID 3880014.</ref><ref>Kumar Shanmugasundaram u. a., 2001.</ref><ref>C. L. Long, K. I. Maull, R. S. Krishnan, H. L. Laws, J. W. Geiger, L. Borghesi, W. Franks, T. C. Lawson, H. E. Sauberlich: ''Ascorbic acid dynamics in the seriously ill and injured.'' In: ''[[Journal of Surgical Research]].'' Februar 2003, 109 (2), S.&nbsp;144–148. PMID 12643856.</ref><ref name="Frikke">H. R. Frikke-Schmidt, J. Lykkesfeldt: ''Role of marginal vitamin&nbsp;C deficiency in atherogenesis: In vivo models and clinical studies.'' In: ''[[Basic&nbsp;& Clinical Pharmacology&nbsp;& Toxicology]].'' 2009; 104 (6); S.&nbsp;419–433; [[doi:10.1111/j.1742-7843.2009.00420.x]].</ref> Eine ständig zunehmende Anzahl epidemiologischer Studien zeigt den prophylaktischen Wert einer adäquaten [[Diätetisches Lebensmittel|diätetischen]] Vitamin-C-Aufnahme. Hier sind vor allem die Ergebnisse der EPIC-Studie zu nennen, die 2001 in der Zeitschrift „The Lancet“ publiziert wurden. Die Daten von fast 20.000 Männern und Frauen zeigten, dass eine Steigerung der Blutascorbatwerte um 20&nbsp;µmol/l (0,35&nbsp;mg/dl) eine 20%ige Reduktion der Mortalität mit sich brachte.<ref>K. T. Khaw, S. Bingham, A. Welch, R. Luben, N. Wareham, S. Oakes, N. Day: ''Relation between plasma ascorbic acid and mortality in men and women in EPIC-Norfolk prospective study: a prospective population study. European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition.'' In: ''[[The Lancet]].'' März 2001; 357(9257), S.&nbsp;657–663; PMID 11247548.</ref>

=== Mangelerscheinungen ===
[[Albert von Szent-Györgyi Nagyrápolt|Szent-Györgyi]] identifizierte 1933 das Vitamin&nbsp;C als wirksame Substanz gegen [[Skorbut]].

Nur wenige [[Wirbeltiere]], darunter [[Trockennasenprimaten]] (unter anderem der Mensch), [[Meerschweinchen]] und [[Echte Knochenfische]] sowie einige [[Familie (Biologie)|Familien]] in den [[Ordnung (Biologie)|Ordnungen]] der [[Fledertiere]] und [[Sperlingsvögel]], sind nicht zur Biosynthese von Ascorbinsäure aus [[Glucuronsäure]] befähigt. Ihnen fehlt das [[Enzym]] [[L-Gulonolactonoxidase|<small>L</small>-Gulonolactonoxidase]].<ref name="PMID22294879">G. Drouin, J. R. Godin, B. Pagé: ''The genetics of vitamin C loss in vertebrates.'' In: ''[[Current genomics]].'' Band&nbsp;12, Nummer&nbsp;5, August 2011, S.&nbsp;371–378, [[doi:10.2174/138920211796429736]], PMID 22294879, {{PMC|3145266}}.</ref> Für diese Lebewesen ist Ascorbinsäure ein Vitamin, also essenziell. Für alle anderen Wirbeltiere ist Ascorbinsäure nur ein [[Metabolit]]. Lebewesen, die nicht in der Lage sind, Ascorbinsäure selbst zu synthetisieren, müssen diese in ausreichender Menge über die [[Nahrung]] aufnehmen, um nicht an Skorbut zu erkranken. In frisch gelegten Hühnereiern fehlt zwar die Ascorbinsäure, sie wird jedoch ab Brutbeginn hauptsächlich von der Membran des Dottersacks synthetisiert.<ref name="Englard_Seifter1986">S. Englard, S. Seifter: ''The Biochemical Functions of Ascorbic Acid.'' In: ''[[Annual Review of Nutrition]].'' 6, 1986, S.&nbsp;365–406, [[doi:10.1146/annurev.nu.06.070186.002053]].</ref>

Das Umschalten des [[GLUT-1]]-Transporters auf Dehydroascorbat-Transport in Erythrozyten erfolgt mittels des Membranproteins [[Stomatin]] und dieser Prozess kommt nur in denjenigen Säugetieren vor, die nicht selbst Ascorbinsäure bilden können.<ref>{{Literatur |Autor=Cunningham P, Afzal-Ahmed I, Naftalin RJ |Titel=Docking studies show that D-glucose and quercetin slide through the transporter GLUT1 |Sammelwerk=[[J. Biol. Chem.]] |Band=Vol. 281 |Nummer=9 |Datum=2006-03 |Seiten=5797–803 |Sprache=en |DOI=10.1074/jbc.M509422200 |PMID=16407180}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Montel-Hagen A, Kinet S, Manel N, ''et al'' |Titel=Erythrocyte Glut1 triggers dehydroascorbic acid uptake in mammals unable to synthesize vitamin C |Sammelwerk=[[Cell (Zeitschrift)|Cell]] |Band=Vol. 132 |Nummer=6 |Datum=2008-03 |Seiten=1039–1048 |Sprache=en |DOI=10.1016/j.cell.2008.01.042 |PMID=18358815}}</ref>

Studien, die den tatsächlichen Vitamin-C-Gehalt im Blut des Menschen bestimmen, beobachten häufiger als bislang angenommen eine Unterversorgung: Die NHANES-III-Untersuchung von 1988 bis 1994 stellte fest, dass 10 bis 14 % der untersuchten Amerikaner an einer ernsten Unterversorgung (unter 11&nbsp;µmol/l) und 17–20 % an einer subklinischen (11–28&nbsp;µmol/l) Unterversorgung leiden&nbsp;– insgesamt also mehr als ein Viertel der Bevölkerung.<ref>Jeffrey S. Hampl, Christopher A. Taylor, and Carol S. Johnston: ''Vitamin&nbsp;C Deficiency and Depletion in the United States: The Third National Health and Nutrition Examination Survey, 1988 to 1994.'' In: ''[[American Journal of Public Health]].'' Mai 2004, Vol.&nbsp;94, No.&nbsp;5, S.&nbsp;870–875, [[doi:10.2105/AJPH.94.5.870]], PMID 15117714, {{PMC|1448351}}.</ref> Die aktuelle NHANES-Erhebung für den Zeitraum 2003–2004 beobachtet eine erfreuliche Entwicklung: Eine ernste Unterversorgung betrifft nur noch 7,1 % der Bevölkerung. Einschneidend sind immer noch die Einkommensverhältnisse. Menschen mit niedrigem Einkommen leiden im Vergleich zu Gutverdienern doppelt so häufig an einer Unterversorgung (10–17 % versus 5–8 %). Zwei wesentliche Gründe für die insgesamt verbesserte Vitamin-C-Versorgung sind der Rückgang der Anzahl der Passivraucher, durch ein Rauchverbot in öffentlichen Einrichtungen und die zunehmende Einnahme von Vitaminpräparaten. Am subklinischen Mangel (unter 28&nbsp;µmol/l) änderte sich kaum etwas&nbsp;– er trifft immer noch etwa 20 % der Amerikaner.<ref>R. L. Schleicher, M. D. Carroll, E. S. Ford, D. A. Lacher: ''Serum vitamin&nbsp;C and the prevalence of vitamin&nbsp;C deficiency in the United States: 2003–2004 National Health and Nutrition Examination Survey (NHANES).'' In: ''[[The American Journal of Clinical Nutrition]].'' November 2009; 90 (5), S.&nbsp;1252–1263, [[doi:10.3945/ajcn.2008.27016]].</ref> Der sozioökonomische Einfluss auf eine gesundheitsbewusste Ernährung wird in einer schottischen Untersuchung deutlich: 44 % der Menschen mit niedrigem sozioökonomischen Status wiesen Vitamin-C-Blutspiegel unter 23&nbsp;µmol/l und 20 % unter 11&nbsp;µmol/l auf.<ref name="Frikke" /> Aber Nichtrauchen und gute Schulbildung schützen nicht automatisch vor einer Unterversorgung. Eine kanadische Studie bestimmte in der Zeit von 2004 bis 2008 die Vitamin-C-Blutspiegel von knapp 1000 Nichtrauchern im Alter von 20 bis 29&nbsp;Jahren an einer Campus-Universität. Jeder Dritte zeigte einen subklinischen Vitamin-C-Mangel (unter 28&nbsp;µmol/l) und jeder Siebte defizitäre Werte unterhalb der Skorbutgrenze (unter 11&nbsp;µmol/l). Dabei korrelierte der Mangel mit Übergewicht, Bluthochdruck und Entzündungsparametern.<ref>Leah Cahill, Paul N. Corey, Ahmed El-Sohemy: ''Vitamin C Deficiency in a Population of Young Canadian Adults.'' In: ''[[American Journal of Epidemiology]].'' 2009, 170 (4), S.&nbsp;464–471, [[doi:10.1093/aje/kwp156]].</ref>

=== Überdosierung ===

Für Vitamin&nbsp;C ist die [[Hypervitaminose]], wie sie beispielsweise bei [[Vitamin&nbsp;A]] vorkommen kann, sehr selten, da der Körper einen Überschuss an Ascorbinsäure wieder über die [[Niere]]n ausscheidet. Wegen mangelnder Daten gibt das [[Bundesinstitut für Risikobewertung|BfR]] keine [[Tolerable Upper Intake Level|UL]] aus, definiert aber einen „Orientierungswert“ von 1000 mg Vitamin C pro Tag.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.bfr.bund.de/cm/343/hoechstmengenvorschlaege-fuer-vitamin-c-in-lebensmitteln-inklusive-nahrungsergaenzungsmitteln.pdf#page=3 |titel=Höchstmengenvorschläge für Vitamin C in Lebensmitteln inklusive Nahrungsergänzungsmitteln |werk=BfR |datum=2021 |seiten=3 |format=PDF |abruf=2021-11-06}}</ref>

In einer vom [[National Institutes of Health]] (NIH) durchgeführten Studie wurden sieben Freiwillige zunächst mit einer ascorbinsäurearmen Diät ernährt und so ihre körpereigenen Vorräte an Vitamin&nbsp;C aufgebraucht. Als diese danach wieder mit Vitamin&nbsp;C versorgt wurden, begann die renale (über die Niere) Ausscheidung an unverändertem Vitamin&nbsp;C ab etwa 100&nbsp;mg/d. Die Zufuhr über 400&nbsp;mg/d wurde –&nbsp;soweit überhaupt im Darm aufgenommen (die Einnahme von Megadosen senkt die Resorptionsquote deutlich)&nbsp;– praktisch vollständig renal ausgeschieden. Ab etwa 1&nbsp;g pro Tag steigen die Oxalat- und die [[Harnsäure]]-Konzentrationen im Urin.<ref>{{Literatur |Autor=M. Levine u.&nbsp;a. |Titel=Vitamin&nbsp;C pharmacokinetics in healthy volunteers: evidence for a recommended dietary allowance |Sammelwerk=[[Proceedings of the National Academy of Sciences]] |Band=93 |Nummer=8 |Datum=1996 |Seiten=3704–3709 |PMC=39676 |PMID=8623000}}</ref> Da ein Teil der Ascorbinsäure im [[Stoffwechsel]] zu [[Oxalsäure]] umgesetzt wird, besteht bei entsprechend disponierten Menschen prinzipiell ein erhöhtes Risiko für [[Oxalat|Calciumoxalat]]-[[Nierenstein]]e (CaC<sub>2</sub>O<sub>4</sub>). Schon bei normaler Zufuhr stammen etwa 30 bis 50 % des Plasmaoxalats aus dem Vitamin-C-Abbau. Der Oxalatspiegel im Urin steigt selbst erst an, wenn eine Tagesdosis von etwa 6&nbsp;g überschritten wird.<ref name="burgerstein" />

Bei Menschen mit Glucose-6-Phosphatdehydrogenase-Mangel ([[G6PD-Mangel]], [[Favismus]]), einer insbesondere in Afrika sehr weit verbreiteten, erblichen Krankheit, können intravenöse Vitamin-C-Dosen, etwa 30 bis 100&nbsp;g pro Infusion, zur [[Hämolyse]] führen.<ref>{{Webarchiv |url=http://brightspot.org/cresearch/intravenousc2.shtml |text=Intravenous Ascorbate as a Chemotherapeutic and Biologic Response Modifying Agent |wayback=20100109103748}} In: ''[[The Center for the Improvement of Human Functioning International]].''</ref>

Häufig wird Vitamin&nbsp;C, besonders wenn auf nüchternen Magen konsumiert, mit [[Verdauungsstörung]]en durch Übersäuerung des Magens in Verbindung gebracht. Dies kann unter anderem vermieden werden, indem Vitamin&nbsp;C nicht als Ascorbinsäure, sondern als Ascorbat (Salz der Ascorbinsäure, zum Beispiel [[Natriumascorbat]]) aufgenommen wird. Dies kann zum Beispiel durch die Zugabe von [[Backpulver]] ([[Natriumhydrogencarbonat|NaHCO<sub>3</sub>]]) erreicht werden. Studien haben gezeigt, dass die Resorption von Vitamin&nbsp;C erhöht wird, wenn es zu Fruchtsäften wie zum Beispiel Orangensaft gemischt wird.

Bei der Ratte liegt der [[Letale Dosis|LD<sub>50</sub>]]-Wert (die Dosis, bei der die Hälfte der Versuchstiere sterben) für Vitamin&nbsp;C bei 11,9&nbsp;g pro Kilogramm Körpergewicht.<ref name="GESTIS" /> Das entspricht bei einem 70&nbsp;kg schweren Menschen einer Dosis von 833&nbsp;g.

Therapeutisch und prophylaktisch eingesetzt wird die Überdosierung von Vitamin&nbsp;C zum Beispiel bei Harnwegsinfektionen. Durch die renale Ausscheidung der Ascorbinsäure wird der Urin sauer. In diesem sauren Milieu können die Erreger deutlich schlechter gedeihen.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.schorn.de/harnwegsinfektion.html |titel=Harnwegsinfektion und Blasenentzündung (Zystitis) |hrsg=Heribert Schorn |datum=2008-07-11 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20140826115627/http://www.schorn.de/harnwegsinfektion.html |archiv-datum=2014-08-26 |abruf=2014-12-23 |offline=1}}</ref> Eine regelmäßig hohe Einnahme von Ascorbinsäure kann jedoch die Bildung von Nierensteinen begünstigen, zumindest ist das Risiko bei den untersuchten Männern doppelt so hoch.<ref>{{Literatur |Autor=L. K. Thomas, C. Elinder, H. Tiselius, A. Wolk, A. Åkesson |Titel=Ascorbic acid supplements and kidney stone incidence among men: A prospective study |Sammelwerk=[[JAMA Internal Medicine]] |Band=173 |Nummer=5 |Datum=2013 |Seiten=386–388 |DOI=10.1001/jamainternmed.2013.2296}}</ref>

== Stoffwechsel im Detail ==
Ascorbinsäure kann von Menschen, Affen und einigen anderen Tierarten nur mit der Nahrung aufgenommen werden. Im Stoffwechsel der meisten anderen Lebewesen kann sie hingegen auch bedarfsabhängig synthetisiert werden.

=== Aufnahme mit der Nahrung ===
Der Transportweg von Vitamin&nbsp;C erfolgt über [[Enterozyt]]zellen des Darmes. Wie es von dort in den Blutstrom gelangt, ist noch nicht vollständig geklärt.<ref>{{Literatur |Autor=John X. Wilson |Titel=The physiological role of dehydroascorbic acid |Sammelwerk=[[FEBS Letters]] |Band=527 |Nummer=1–3 |Datum=2002-08-11 |Seiten=5–9 |DOI=10.1016/S0014-5793(02)03167-8 |PMID=12220624}}</ref> Jedoch ist der Transport von Ascorbat beziehungsweise Dehydroascorbat (DHA) vom Blut in alle anderen Zellen genauer bekannt.

Die Aufnahme von Dehydroascorbat (DHA, vergleiche Abschnitt oben) in das Zellinnere ([[Zytosol]]) menschlicher Zellen findet mittels dreier [[Glucosetransporter]] statt, GLUT-1, [[GLUT-3]] und [[GLUT-4]]. DHA konkurriert dabei mit [[Glucose]], sodass ein Übermaß an Glucose effektiv die Aufnahme von DHA verhindern kann. Das Ascorbat wird zusammen mit je zwei Natriumionen mittels der Transportproteine [[SVCT1]] und [[SVCT2]] ins Zellinnere geschleust.<ref>{{Literatur |Autor=S. C. Rumsey et al. |Titel=Glucose transporter isoforms GLUT1 and GLUT3 transport dehydroascorbic acid |Sammelwerk=The Journal of Biological Chemistry |Band=272 |Nummer=30 |Datum=1997-07-25 |Seiten=18982–18989 |DOI=10.1074/jbc.272.30.18982 |PMID=9228080}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=W. J. Liang et al. |Titel=Vitamin C transport systems of mammalian cells |Sammelwerk=Molecular Membrane Biology |Band=18 |Nummer=1 |Datum=2001-01 |Seiten=87–95 |DOI=10.1080/09687680110033774 |PMID=11396616}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=H. Wang et al. |Titel=Human Na(+)-dependent vitamin C transporter 1 (hSVCT1): primary structure, functional characteristics and evidence for a non-functional splice variant |Sammelwerk=Biochimica Et Biophysica Acta |Band=1461 |Nummer=1 |Datum=1999-11-09 |Seiten=1–9 |DOI=10.1016/s0005-2736(99)00182-0 |PMID=10556483}}</ref>

=== Biosynthese ===
Ascorbinsäure wird von Bakterien, Pflanzen und Wirbeltieren mithilfe verschiedener Enzyme produziert. Ausgangssubstanzen sind hauptsächlich <small>D</small>-Glucose beziehungsweise <small>D</small>-[[Galactose]].

Bei Pflanzen können neben <small>D</small>-Glucose und <small>D</small>-Galactose auch <small>D</small>-Glucuronlacton, <small>D</small>-Galacturonat beziehungsweise dessen [[Methylester]] die Biosynthese einleiten.

==== Biosynthese in Wirbeltieren ====
[[Datei:Ascorbic acid biosynthesis part II.svg|mini|600px|Die letzten Schritte der Biosynthese von Ascorbinsäure '''(3b)''' aus Gulonsäure '''(1):'''<br />
Nach [[Hydrolyse|hydrolytischer]] Abspaltung des UDP bildet sich die [[Glucuronsäure|<small>D</small>-Glucuronsäure]], die durch regioselektive [[Reduktion (Chemie)|Reduktion]] durch die Glucuronsäure-Reduktase und [[Nicotinamidadenindinucleotidphosphat|NADPH+H<sup>+</sup>]] in [[Gulonsäure|<small>L</small>-Gulonsäure]] '''(1)''' ({{EC|1.1.1.19}}) überführt wird.<br />Die [[Lacton]]isierung (Ringbildung) zum <small>L</small>-Gulofuranolacton (<small>L</small>-Gulano-1,4-lacton) '''(2)''' katalysiert eine Glucono-Lactonase '''(A)''' ({{EC|3.1.1.17}}). Ihr folgt die selektive [[Oxidation]] mit Sauerstoff durch [[L-Gulonolactonoxidase|<small>L</small>-Gulono-γ-lacton-Oxidase]] '''(B)''' ({{EC|1.1.3.8}}) zu 2-Keto-<small>L</small>-Gulonlacton '''(3a.)'''<ref>John M. C. Gutteridge, Naoyuki Taniguchi: ''Experimental Protocols for Reactive Oxygen and Nitrogen Species.'' Oxford University Press, 2000, ISBN 0-19-850668-6.</ref> Diese [[Tautomerie#Keto-Enol-Tautomerie|tautomerisiert]] spontan zur Ascorbinsäure '''(3b.)''']]

Bei Ratten wurde die Biosynthese am besten untersucht.<ref name="Tsao" /> Die Bildung der Ascorbinsäure beginnt mit der [[Oxidation]] von [[Uridin|UDP]]-<small>D</small>-[[Glucose]] zu UDP-<small>D</small>-Glucuronsäure durch das Enzym UDP-Glucose-Dehydrogenase ({{EC|1.1.1.22}}). [[Oxidationsmittel]] ist dabei das [[Nicotinamidadenindinukleotid|NAD<sup>+</sup>]].

==== Ausnahmen ====
Trockennasenprimaten (unter anderem der Mensch), Meerschweinchen, Echten Knochenfischen sowie einigen Familien der Fledertiere und Sperlingsvögel fehlt das Enzym [[L-Gulonolactonoxidase|<small>L</small>-Gulonolactonoxidase]] ('''B''' in obiger Abbildung) aufgrund eines genetischen Defekts, sodass sie Ascorbinsäure nicht synthetisieren können.<ref name="Irwin">Irwin Stone: {{Webarchiv |url=http://www.roccomanzi.it/IMP-VITAMINERALI/SCIENZIATI/scienziati-docu/stone/NatuHistoAscoAcidEvoMammals_file/NatuHistoAscoAcidEvoMammals.htm |text=''The Natural History of Ascorbic Acid in the Evolution of the Mammals and Primates and Its Significance for Present Day Man.'' |wayback=20131003035334}} 1972.</ref> Die genetische Mutation bei Trockennasenprimaten trat vor etwa 65&nbsp;Millionen Jahren auf.<ref name="Irwin" /> Diese Primaten waren seinerzeit in einer Gegend angesiedelt, die ganzjährig reich an Vitamin-C-haltigen Früchten war. Daher hatte dieser bei anderen Tieren letale Defekt keine negativen Auswirkungen. Auch einige Insekten wie die [[Wanderheuschrecken]] (Acrididae) können Ascorbinsäure nicht selbständig herstellen.<ref>{{RömppOnline|ID=RD-01-03451|Name=L-Ascorbinsäure|Abruf=2013-01-21}}</ref>

=== Funktion ===
Eine wichtige Funktion der Ascorbinsäure im menschlichen Organismus beruht auf ihrer Eigenschaft als [[Reduktionsmittel]]. Sie ist also in der Lage, Elektronen auf andere Moleküle zu übertragen.

Zwei grundsätzliche Aufgaben können unterschieden werden:

==== Ascorbinsäure als Radikalfänger (Scavenger) ====
Ascorbinsäure dient im tierischen Organismus als Radikalfänger, da sie in der Lage ist, ebensolche auf andere Moleküle zu übertragen. Die Grafik zeigt nicht den tatsächlichen Reaktionsmechanismus, sondern schematisch die Fähigkeit der Ascorbinsäure, unter Reaktion zur Dehydroascorbinsäure zwei Radikale einfangen zu können (vgl. obige Abbildung).

Bei der Verstoffwechslung des Sauerstoffs in der Zelle kann es zur Bildung des [[Hyperoxide|Hyperoxidradikals]] O<sub>2</sub><sup>•−</sup> kommen, wenn der molekulare Sauerstoff O<sub>2</sub> bei der Endreaktion der Atmungskette statt vier Elektronen nur eines erhalten hat. Das Hyperoxidradikal ist aufgrund dieses Elektronenmangels extrem reaktiv und in der Lage, molekulare Zellstrukturen zu schädigen. Die Reaktion mit Ascorbinsäure überführt dieses in [[Wasserstoffperoxid]]:<ref name=":0">{{Literatur |Autor=G. Becher, K. Winsel |Titel=[Short scientific report. Vitamin C lessens superoxide anion(O2)-induced bronchial constriction] |Sammelwerk=Zeitschrift Fur Erkrankungen Der Atmungsorgane |Band=173 |Nummer=1 |Datum=1989 |Seiten=100–104 |PMID=2552692}}</ref>

: <math>\mathrm{AscH_2 + H^+ + O_2 ^{ -.} \longrightarrow H_2O_2 + AscH^.}</math>

Das Wasserstoffperoxid wird von dem Enzym [[Katalase]] abgebaut.<ref name=":0" />

==== Ascorbinsäure als Cofaktor in Redoxreaktionen ====
Sowohl Ascorbinsäure als auch deren oxidierte Form (DHA) sind Cofaktoren für viele biochemische Reaktionen. Hierbei stellt Ascorbinsäure Elektronen für Kupfer(I)-abhängige Monooxygenasen beziehungsweise Eisen(III)-abhängige Dioxygenasen bereit. ''[[In vitro]]'' können auch andere Redoxfaktoren diese enzymatischen Reaktionen katalysieren.

Von Bedeutung ist diese Redoxeigenschaft der Ascorbinsäure beispielsweise bei der Synthese von Collagen im menschlichen Stoffwechsel. Zur Darstellung dieses Strukturproteins muss die Aminosäure <small>L</small>-[[Prolin]] zu ihrer oxidierten Form, [[Hydroxyprolin]], umgewandelt werden. Ascorbinsäure dient dazu, das in dieser Reaktion genutzte Reduktionsmittel Fe(II) zu regenerieren. Besteht ein Mangel an Vitamin&nbsp;C, kann die Bildung des Hydroxyprolins bei der Collagensynthese nur begrenzt erfolgen, sodass die typischen Symptome des Skorbuts wie Zahnfleischbluten, Zahnausfall und Hautschäden auftreten.

=== Recycling der Oxidationsprodukte ===
Die nach Oxidation entstehenden Produkte Semidehydroascorbinsäure und Dehydroascorbinsäure werden enzymatisch wieder zu Ascorbinsäure reduziert. Die Enzyme [[Cytochrom b5-Reduktase|Cytochrom b<sub>5</sub>-Reduktase]] und [[Thioredoxinreduktase]] katalysieren die Umwandlung von Semidehydroascorbinsäure zu Ascorbinsäure im Cytosol, unter Verbrauch von NADH beziehungsweise NADPH. Außerdem kann eine Reduktion über elektronentransferierende [[Membranprotein]]e stattfinden. Dehydroascorbinsäure wird sowohl spontan mittels Glutathion oder NADPH reduziert als auch enzymatisch über die [[Glutathiontransferase Omega]].<ref name=":1">{{Literatur |Autor=Carole L. Linster und Emile van Schaftingen |Titel=Vitamin C. Biosynthesis, recycling and degradation in mammals |Sammelwerk=The FEBS journal |Band=274 |Nummer=1 |Datum=2007-01 |Seiten=1–22 |DOI=10.1111/j.1742-4658.2006.05607.x |PMID=17222174}}</ref><ref>P. D’Eustachio: [https://reactome.org/content/detail/R-HSA-198813 ''Reduction of dehydroascorbate to ascorbate.''] In: ''reactome.org.''</ref>

=== Abbau ===
Der Abbau von Dehydroascorbinsäure wird bei Säugetieren durch [[Hydrolyse]] zur physiologisch inaktiven 2,3-[[Diketogulonsäure]] eingeleitet. Diese wird entweder zu [[Oxalat]] und <small>L</small>-[[Threonsäure]] gespalten oder zu [[Kohlenstoffdioxid]], [[Xylose]], [[Xylulose]] [[Decarboxylierung|decarboxyliert]].<ref name="Tsao" /> Im Unterschied dazu haben Bakterien wie ''[[Escherichia coli|E.&nbsp;coli]]'' enzymatische [[Stoffwechselweg]]e für den Abbau von Ascorbinsäure und wahrscheinlich auch für Dehydroascorbinsäure.<ref name=":1" />

== Nachweis ==
[[Datei:AsA absorption.png|mini|[[Absorptionsspektrum|Absorptionsspektren]] von Ascorbinsäure (AsA) und Dehydroascorbinsäure (DHA)]]
Um Ascorbinsäure quantitativ nachzuweisen, gibt es zahlreiche colorimetrische Methoden, etwa unter Verwendung von [[2,4-Dinitrophenylhydrazin]]. Ascorbinsäure reagiert mit diesem zu einem [[Hydrazon]], dessen Absorption messbar ist. Darüber hinaus kann [[2,2′-Bipyridin]] zum colorimetrischen Nachweis dienen. Hierbei wird die Reduktionskraft der Ascorbinsäure genutzt, die [[Eisen|Fe(III)]] zu Fe(II) reduziert. Fe(II) bildet dann mit 2,2′-Bipyridin einen farbigen Komplex. Es sind auch einige [[Fluoreszenz|fluorometrische]] Nachweismethoden bekannt.

Ascorbinsäure lässt sich auch durch Titration mit [[Dichlorphenolindophenol|Tillmans-Reagenz]] (2,6-[[Dichlorphenolindophenol]], abgekürzt DCPIP) nachweisen, bei der das Reagenz durch die Ascorbinsäure zu einer Leukoverbindung reduziert wird. Dabei ist ein Farbumschlag von tiefblau zu farblos zu beobachten. Diese Methode eignet sich für eine schnelle Bestimmung, die aber an die Genauigkeit oben genannter Wege nicht heranreicht.<ref name="Tsao" />

Ascorbinsäure kann auch spezifisch mittels Oxidation durch das Enzym [[Ascorbinsäure-Oxidase]] nachgewiesen werden, wobei die Änderung der [[Lichtabsorption]] bei einer Wellenlänge von 245&nbsp;nm gemessen wird.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.sigmaaldrich.com/etc/medialib/docs/Sigma/General_Information/ascorbate_oxidase.Par.0001.File.dat/ascorbate_oxidase.pdf |text=Enzymatic Assay of ASCORBATE OXIDASE |wayback=20110626131450}} In: ''SigmaAldrich.com.'' (PDF; 18&nbsp;kB).</ref>

Die Gehaltsbestimmung wird im [[Arzneibuch#Europäisches Arzneibuch (Ph. Eur.)|Europäischen Arzneibuch]] durch redoximetrische [[Titration]] mit 0,05-molarer [[Iod]]lösung unter Zusatz von [[Stärke]] durchgeführt ([[Iodprobe|Iodometrie]]). Dabei verbraucht ein Mol Ascorbinsäure ein Mol Iod, das zu farblosem Iodid umgesetzt wird. Die Färbung durch den blauen Iod-Stärke-Komplex dient der Endpunktbestimmung. Da die zugesetzte Stärkelösung die Reaktion verzögert und einen schleppenden Umschlag verursacht, bietet sich eine Indikation mit Variamin an.<ref name="Variamin">{{Literatur |Autor=L. Erdey, L. Káplár |Titel=Maßanalytische Ascorbinsäurebestimmungen mit Variaminblau als Indicator |Sammelwerk=[[Fresenius’ Zeitschrift für Analytische Chemie]] |Band=162 |Nummer=3 |Datum=1958 |Seiten=180–187 |DOI=10.1007/BF00456881}}</ref> Der maßanalytische Faktor beträgt 8,8065&nbsp;mg&nbsp;Ascorbinsäure&nbsp;/&nbsp;ml&nbsp;0,05&nbsp;M&nbsp;Iodlösung.

== Literatur ==
* Beat Bächi: ''Volksdroge Vitamin&nbsp;C für alle! Pharmazeutische Produktion, Vermarktung und Gesundheitspolitik (1933–1953).'' Chronos, Zürich 2009, ISBN 978-3-0340-0921-8 (=&nbsp;''Interferenzen.'' Band&nbsp;14, zugleich [[Dissertation]] an der [[Universität Zürich]] 2008).<ref>[http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2010-2-188 ''Rezension von Igor Polianski.''] In: ''[[H-Soz-Kult]].'' 10.&nbsp;Juni 2010.</ref>
* Lester Packer, Jürgen Fuchs: ''Vitamin&nbsp;C in Health and Disease.'' Marcel Dekker Inc illustrated edition 1997, ISBN 0-8247-9313-7.
* {{Literatur |Autor=[[Hans Konrad Biesalski]] |Titel=Vitamine, Spurenelemente und Minerale: Indikation, Diagnostik, Therapie |Auflage=2 |Verlag=Georg Thieme Verlag |Datum=2019 |ISBN=978-3-13-242738-9 |DOI=10.1055/b-0039-168614}}
* {{Literatur
   |Autor=K. Akhilender Naidu
   |Titel=Vitamin C in human health and disease is still a mystery&thinsp;? An overview
   |Sammelwerk=[[Nutrition Journal]]
   |Band=2
   |Nummer=1
   |Datum=2003
   |Seiten=7
   |DOI=10.1186/1475-2891-2-7
   |PMC=201008
   |PMID=14498993}}

== Siehe auch ==
* [[Ascorbate]]

== Weblinks ==
{{Commonscat|Ascorbic acid|Ascorbinsäure|audio=1|video=1}}
{{Wiktionary}}
{{Wikibooks|Biochemie und Pathobiochemie: Ascorbat-Stoffwechsel}}
* [https://www.genome.jp/kegg-bin/show_pathway?map00053 ''Ascorbat- und Alderatstoffwechsel.''] Bei: ''Kegg-Enzyme.''
* {{Webarchiv |url=http://www.dge.de/modules.php?name=News&file=article&sid=344 |text=DGE-Stellungnahme: Vitaminversorgung in Deutschland |wayback=20130910121339}}
* B. Jassal: ''[https://reactome.org/content/detail/R-HSA-196836 Vitamin C (ascorbate) metabolism.]'' In: ''reactome.org.'' (englisch)
* [https://thom-becker.de/index.php/galerie/kristalle-in-polarisiertem-licht/vitamin-c ''Vitamin C: Mikroskop-Aufnahmen in polarisiertem Licht.''] – Galerie von Mikrokristallen.
* {{Internetquelle |url=https://www.bfr.bund.de/cm/343/hoechstmengenvorschlaege-fuer-vitamin-c-in-lebensmitteln-inklusive-nahrungsergaenzungsmitteln.pdf |titel=Höchstmengenvorschläge für Vitamin C in Lebensmitteln inklusive Nahrungsergänzungsmitteln |werk=[[Bundesinstitut für Risikobewertung]] |datum=2021 |format=PDF |abruf=2022-01-06}}
* {{Internetquelle |url=https://www.ardmediathek.de/video/quarks/der-erfundene-vitamin-c-mangel/wdr/Y3JpZDovL3dkci5kZS9CZWl0cmFnLWM1NjUwZTNiLTY0NzItNDkwYi05YTAwLThjZTQ0ZjJkMjNlNg/ |titel=Der erfundene Vitamin C-Mangel |werk=Quarks |hrsg=WDR |datum=2021-04-27 |abruf=2022-01-06}}

== Einzelnachweise ==
<references />

{{Lesenswert|17. Oktober 2006|22682162}}

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