Quelltext der Seite Amalgamfüllung

[[Datei:Filling.jpg|mini|hochkant=1.3|Zahnfüllung aus Silber-Amalgam]]

Eine '''Amalgamfüllung''', umgangssprachlich auch „Plombe“ (von {{laS|plumbum|de=Blei}}) genannt, ist eine [[Füllungstherapie|Zahnfüllung]] aus [[Amalgam|Quecksilberlegierungen]]. Es ist kein spezifisches Material, sondern eine Werkstoffgruppe.

== Geschichte ==
Es gibt Hinweise darauf, dass Zahnamalgam bereits zu Beginn der [[Tang-Dynastie]] ({{zh|c=唐朝|p=táng cháo}}) in China (618–907 n.&nbsp;Chr.) als [[Füllungstherapie|Füllungsmaterial]] verwendet wurde, wie man Schriften des chinesischen Arztes [[Su Kung]] ({{lang|zh|蔌哭嗯}}) aus dem Jahre 659 entnehmen kann. Als „silberner Teig“ kehrt Amalgam im ''Ta-Kuan Pent-ts'ao'' ({{lang|zh|大观被压抑的曹操}}) um 1107 wieder. Auch in der [[Ming-Dynastie|Ming-Periode]] ({{zh|c=明朝|p=míng cháo}}) wird die Legierung 1505 und 1596 (von [[Bencao Gangmu|Li Shi-Zhen]] {{lang|zh|李时珍}}) erwähnt. 1505 beschreibt [[Liu Wen t'ai]] ({{lang|zh|刘雯台}}) die genaue Zusammensetzung: „100 Teile [[Quecksilber]], 45 Teile [[Silber]] und 900 Teile [[Zinn]], die in einem eisernen Topf zu verrühren sind.“.<ref name="PMID2694433">G. Bjørklund: ''[The history of dental amalgam].'' In: ''Tidsskrift for den Norske lægeforening: tidsskrift for praktisk medicin, ny række'', Dezember 1989 Band 109, Nr. 34–36, S.&nbsp;3582–3585, PMID 2694433.</ref> Der [[Stadtphysicus|Stadtarzt]] von Ulm, Johann Stocker, erwähnt die Füllung in seinem Buch ''Ad dolorem dentium'' von 1513, in seinem Arzneibüchlein ''Praxis aurea'' von 1528 ist ein Rezept überliefert, und eine Amalgamfüllung wurde bei [[Anna von Braunschweig-Lüneburg|Anna von Braunschweig]] nachgewiesen.<ref name="PMID2694433" /><ref>{{cite web|url=https://edoc.ub.uni-muenchen.de/1947/1/Mueller-Schneemayer_Ingrid.pdf|title=Die Amalgamkontroverse in den Zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts|author=Ingried Müller-Schneemayer|date=2004|publisher=Institut für Geschichte der Medizin der Ludwig-Maximilians-Universität München}}</ref><ref>{{cite web|url=https://online.medunigraz.at/mug_online/wbabs.getDocument?pThesisNr=49480&pAutorNr=50114&pOrgNR=1|title=Die Toxikologie des Amalgams|author=Elmedina Merdzic|date=2015-12-14|publisher=Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie (Graz)}}</ref> Er benennt die Paste auch erstmals als Amalgam.<ref>{{cite web|url=https://www.idz.institute/fileadmin/Content/Publikationen-PDF/Sonderband-2001-Entgegnung_der_Autoren_des_Materialienbandes.pdf|title=Entgegnung der Autoren des Materialienbandes „Amalgam im Spiegel kritischer Auseinandersetzungen“|author=Stefan Halbach, Reinhard Nickel, Hermann Meiners Klaus Ott, Franz X. Reichl, Rainer Schiele, Gottfried Schmalz, Hans Jörg Staehle|publisher=Institut der deutschen Zahnärzte|quote=In Europa gelang dem Ulmer Stadtarzt JOHANNES STOCKER die Erfindung des Amalgams: Im 19. Kap. seiner ‚Praxis aurea‘ (1528) unter der Überschrift ‚Ad dolorem denthun‘ enthüllt er das Rezept: ‚…danach fülle das Loch mit Amalgam, hergestellt aus Vitriol** und Quecksilber, wie folgt: Löse Vitriol mit starker Säure in einer Schale, füge in genügender Menge Quecksilber hinzu. Dann soll es gekocht werden, und das Quecksilber verwandelt sich zu Amalgam, und dieses Amalgam tue in das Loch des Zahnes, und es erhärtet wie Stein und hält in jedem Loch fest.‘}}</ref>

Die erste Verwendung in neuerer Zeit wird dem Zahnarzt I. Regnart im Jahre 1818 zugeschrieben, wobei dies umstritten ist und auch die Namen [[Thomas Bell]] und Taveau genannt werden. Seit 1820 wurde es, das teure zuvor übliche Gold<ref>Ullrich Rainer Otte: ''Jakob Calmann Linderer (1771–1840). Ein Pionier der wissenschaftlichen Zahnmedizin.'' Medizinische Dissertation, Würzburg 2002, S. 22.</ref> ersetzend, massenhaft als Füllungsmaterial verwendet. Zahnärztliches Amalgam entsteht durch das Vermischen, sogenanntes [[Trituratio|Triturieren]], von jeweils etwa 50 % reinem Quecksilber und einer Feilungsmischung verschiedener Metalle zu einer plastischen Masse, die nach kurzer Zeit (ca. 3–5&nbsp;Minuten) erhärtet. Im Laufe der Zeit wurden Zusammensetzung und Verarbeitung grundlegend weiterentwickelt.<ref name="Frankenberger">{{Literatur |Autor=Roland Frankenberger et al. |Titel=Amalgam und Alternativen – Diskussionen zur Quecksilberreduktion in der Umwelt |Sammelwerk=[[Bundesgesundheitsblatt]] |Datum=2021-06-18 |DOI=10.1007/s00103-021-03355-4 |PMC=8212278 |PMID=34143251}}</ref>

== Verwendung als Zahnfüllung ==
{{Hauptartikel|Füllungstherapie}}

Eine häufige Anwendung der Amalgame ist die Verwendung als Füllung für [[Zahn|Zähne]], heute ausschließlich in der Form von ''Silberamalgam'' („Edelamalgam“),<ref name="Hilp">{{Internetquelle |autor=Manfred Hilp |url=https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2005/daz-44-2005/uid-14852 |titel=Amalgam, ein Problem? – Das gesundheitliche Risiko von Amalgamplomben |werk=[[Deutsche Apothekerzeitung]] |datum=2005-10-30 |abruf=2021-01-03}}</ref> das den Namen wegen seines Silberanteils erhielt. Silberamalgam hat das überwiegend vorher verwendete ''Kupferamalgam'' ersetzt, das als zweiten Hauptbestandteil Kupfer statt Silber enthält und bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts ebenfalls als Material für Zahnfüllungen verwendet wurde.<ref>{{Meyers-1905 |Lemma=Quecksilberlegierungen |Band=16 |Seite=506 |SeiteBis=507 |zenoID=20007308736}}</ref> Wegen seiner geringeren chemischen Beständigkeit und der umweltschädlichen Verarbeitung (es wurde vorgemischt geliefert und musste zur Verarbeitung durch Erhitzen erweicht werden) ist es Silberamalgam unterlegen.

Silberamalgame bestehen zu 50 % aus Quecksilber und zu 50 % aus einer sogenannten Feilmischung. Früher verwendete Mischungen (Gamma-2-haltige Amalgame) waren schwächer beanspruchbar und wegen der Gamma-2-Phase (Quecksilber-Zinn-Phase, Sn<sub>8</sub>Hg) [[korrosion]]sanfälliger als die übrigen Phasen der Legierung.<ref name="Hilp" /> Die an der Oberfläche gebildeten Zinnoxide bei der Korrosion Gamma-2-haltiger Amalgame sind unlöslich, elementares Quecksilber wird freigesetzt.<ref name="Zahnerhaltung" />

:<chem>Sn8Hg + 6 O2 + 4 H2O -> 2 SnO + 2 Sn(OH)2 + 2 SnO2 + 2 SnO(OH)2 + Hg</chem>

Wenn das frei gewordene Quecksilber in die Füllung wandert, bildet es mit Silber eine Gamma-1-Phase (Ag<sub>5</sub>Hg<sub>6</sub>). Dies führt zu einer Expansion der Füllung, unter Kaudruck splittern Füllungsränder ab, was eine Sekundärkaries begünstigen kann.

Die seit den 1980er Jahren verwendeten Feilmischungen setzen sich aus mindestens 40 % [[Silber]], maximal 32 % [[Zinn]], mindestens 12 %<ref name="Zahnerhaltung">{{Literatur |Autor=Elmar Hellwig, Joachim Klimek, Thomas Attin |Titel=Einführung in die Zahnerhaltung |Auflage=6. |Verlag=Deutscher Ärzte-Verlag GmbH |Datum=2013 |ISBN=978-3-7691-3448-3 |Seiten=269ff.}}</ref> und maximal 30 % [[Kupfer]], maximal 5 % [[Indium]], maximal 3 % Quecksilber und maximal 2 % [[Zink]] zusammen.<ref name="BfArM-Broschüre">Broschüre des [[Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte]]: {{Webarchiv |url=http://www.agz-rnk.de/agz/download/3/broschuere_amalgame.pdf |text=''Amalgame in der zahnärztlichen Therapie.'' |wayback=20210517183339 |archiv-bot=2023-06-08 11:14:08 InternetArchiveBot}}, 2003 (PDF; 83&nbsp;kB)</ref> Diese in der Zahnheilkunde üblichen ''Non-Gamma-2-Phase''-Silberamalgame (Gamma-2-freie Amalgame) enthalten etwas mehr Kupfer und weniger Zinn als frühere Mischungen und sind dadurch korrosionsbeständiger.

[[Datei:Amalgam filling.JPG|mini|hochkant|Amalgam-Füllung im Röntgenbild]]
[[Datei:Amalgamruettler 2.JPG|mini|hochkant|Der Amalgamrüttler zum Anmischen des Amalgams hat seit Jahrzehnten das Anrühren von Hand abgelöst; Anmischzeit, je nach Fabrikat: 5–15 Sekunden.]]
[[Datei:Amalgamruettler 1.JPG|mini|hochkant|Die Kapsel mit dem Quecksilber und den Silberspänen (durch eine Folie getrennt) wird in den Rüttler eingespannt, der Halter mit der Kapsel vibriert dann beim Anmischen sehr schnell hin und her.]]
[[Datei:Amalgampistole.JPG|mini|hochkant|Mit der „Amalgampistole“ wird das weiche, frisch angerührte Amalgam in den Hohlraum eingebracht.]]
[[Datei:Amalgamabscheider SEDAS.JPG|mini|hochkant|Amalgamabscheider SEDAS 4 – ein Sedimentabscheider]]

Nach Vorbereitung wird Zahnamalgam im plastischen Zustand in den exkavierten Hohlraum des Zahnes eingebracht und erhärtet anschließend.<ref name="Frankenberger" />

In einer [[In vitro|In-vitro]]-Studie wurde gezeigt, dass das Hinzufügen von Titan (Ti)-Nanopartikeln in zwei häufig verwendeten Marken von Dentalamalgam zu einer geringfügigen Verringerung der Hg-Dampffreisetzung um wenige Prozent führt. Die Abnahme der Hg-Dampffreisetzung aufgrund der Ti-Zugabe wurde durch die Bildung starker kovalenter Hg-Ti-Bindungen erklärt, die die Verfügbarkeit von Hg-Atomen für die Verdampfung verringern. Die Ti-Atome, die über die Löslichkeitsgrenze von Ti in Hg hinausgehen, bleiben in den Korngrenzen, was auch die Verdunstung von Hg aus dem Amalgam verringert. Die Verbindung von Hg mit Ti führt auch zu einer deutlichen Verbesserung der mechanischen Eigenschaften wie der Vickers-Härte um 65&nbsp;%.<ref>{{cite journal|journal=Materials|doi=10.3390/ma17071662|title=Dental Metal Matrix Composites: The Effects of the Addition of Titanium Nanoparticle Particles on Dental Amalgam|volume=17|issue=7|last1=Moxon|language=en|first1=Ryan|last2=Xu|first2=Zhigang|first3=Felix|last3=Tettey|last4=Chris-Okoro|first4=Ikenna|first5=Dhananjay|last5=Kumar|page=1662|year=2024}}</ref>

=== Gründe für die Verwendung von Amalgam ===
Der Vorteil von Amalgam als Füllungsmaterial liegt in der relativ einfachen, auch unter schwierigen Bedingungen im Mund weitgehend fehlertoleranten Verarbeitung<ref name="Verbraucherzentrale" /> und in seiner Haltbarkeit, die bei vergleichbar korrekter Verarbeitung auch heute noch mit keinem anderen plastischen Material erreicht werden kann. Es zeichnet sich insbesondere als Füllung für große Defekte im Seitenzahnbereich aus<ref name="Verbraucherzentrale" /> und gilt als verlässliches Restaurationsmaterial<ref name="Frankenberger" />. Wegen seiner Feuchtigkeitstoleranz und Schnitzbarkeit ist Zahnamalgam auch in tiefen, subgingivalen Bereichen (unterhalb des Zahnfleischsaums) geeignet.<ref name="Frankenberger" />

Der zeitliche Aufwand bei der Anfertigung ist bei Amalgam geringer als bei Kunststofffüllungen. Außerdem ist Amalgam teilweise preisgünstiger als moderne Füllungskunststoffe, deren Vorteile hauptsächlich in der zahnähnlichen Farbe und der Möglichkeit einer [[Adhäsion|adhäsiven]] Befestigung an der [[Zahnhartsubstanz]] bestehen. Silberamalgame entfalten zudem einen [[Zahnkaries|karieshemmenden]] Effekt wegen der [[Bakterizid|bakteriziden]] Wirkung des enthaltenen Silbers. Nachteilig wirkt sich die dunkle Farbe aus, außerdem wird viel Zahnhartsubstanz im Zuge der Präparation geopfert.<ref>{{Internetquelle |url=https://bzkr.de/index.php?ID_NODE_AKTIV=68&view=content |titel=Füllungsmaterialien |werk=Die Bezirkszahnärztekammer Rheinhessen (BZKR) |abruf=2021-02-19}}</ref>

Zahnamalgam ist in Deutschland ein [[Medizinprodukt]] – es ist hierbei als Risikoklasse IIa zugelassen.<ref name="Frankenberger" /> Nach Angaben der [[Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung|Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung]] beträgt der Anteil an Amalgamfüllungen in Deutschland in den [[Westdeutsche Länder|alten Bundesländern]] 4,1 %, in den [[Neue Länder|neuen Bundesländern]] 8,4 %.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.zm-online.de/news/zahnmedizin/jede-20-fuellung-ist-aus-amalgam/ |titel=Jede 20. Füllung ist aus Amalgam |werk=zm online |datum=2021-08-12 |sprache=de |abruf=2022-02-01}}</ref>

Zahnfüllungen aus Amalgam werden seit Jahrzehnten weltweit in großer Zahl verwendet. Die überwiegende Zahl der epidemiologischen und toxikologischen Studien hat bisher keine Gesundheitsgefahren gezeigt.<ref name="Verbraucherzentrale">{{Internetquelle |url=https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/gesundheit-pflege/aerzte-und-kliniken/wie-wird-karies-behandelt-12900 |titel=Wie wird Karies behandelt? |werk=[[Verbraucherzentrale]] |datum=2018-01-23 |abruf=2020-09-07}}</ref><ref name="Zahnerhaltung" /> Gelegentlich tritt eine harmlose Pigmentierung der Mundschleimhaut ([[Amalgamtätowierung]]) auf.

=== Alternativen ===
Alternative Kompositfüllungen ([[Glasionomerzement]], [[Komposit (Zahnmedizin)|Komposit]], [[Ormocer]]) sind heute etwa ebenso lange haltbar wie Amalgamfüllungen, die adäquate Verarbeitung und Berücksichtigung von Indikationseinschränkungen vorausgesetzt.<ref>{{Webarchiv |url=https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/083-028l_S1_Kompositrestaurationen_Seitenzahnbereich_2016-12.pdf |text=DGZ/DGZMK Leitlinie zu Kompositrestaurationen im Seitenzahnbereich 2016 |wayback=20210419002213 |archiv-bot=2023-06-08 11:14:08 InternetArchiveBot}}</ref> Bei großen Defekten und schwierigen klinischen Situationen wie schlechter Mundhygiene und bestimmten Allgemeinerkrankungen zeigen sie im Vergleich zu Amalgamrestaurationen eine geringere Langlebigkeit.<ref name="Frankenberger" />

Kompositfüllungen bestehen zu ca. 20 % aus Kunststoffen und ca. 80 % aus feinsten Glas-, Keramik oder Quarzteilchen. Für bestimmte Indikationen sind Kompositkunststoffe eine Alternative zu Zahnamalgam, wenngleich kein adäquater Ersatz.<ref name="Frankenberger" /> Sie können Dentalamalgam nicht immer ersetzen: Ihr Einsatz ist insbesondere im Seitenzahnbereich geeignet, „allenfalls für nicht kaudruckbelastete und allseits von Zahnschmelz umgebene Füllungen“.<ref>{{Internetquelle |url=https://zaek-hb.de/kunststoff-oder-amalgam |titel=Kunststoff oder Amalgam |hrsg=Zahnärztekammer Bremen |archiv-url=https://web.archive.org/web/20211017103658/https://zaek-hb.de/amalgam |archiv-datum=2021-10-17 |abruf=2021-10-17}}</ref> Zudem können die in Kunststofffüllungen befindlichen Monomere Allergien auslösen; das enthaltene [[Bisphenol A]] entfaltet eine östrogenartige Wirkung.<ref name="Hempel">{{Internetquelle |autor=Claudia Hempel |url=https://www.mdr.de/ratgeber/gesundheit/amalgan-zahnfuellung-quecksilber-gehalt-100.html |titel=Zahnfüllungen: Wie schädlich ist Amalgam wirklich? |hrsg=[[Mitteldeutscher Rundfunk]] |datum=2021-08-26 |abruf=2021-10-04}}</ref>

[[Inlay (Zahnmedizin)|Inlays]] (Goldinlays, Keramikinlays) und [[Goldhämmerfüllung]]en sollten bei großen Zahndefekten genutzt werden, hierfür ist Kunststoff ungeeignet. Aus toxikologischer Sicht sind sie unbedenklich. Keramikinlays werden jedoch nicht wie Goldfüllungen zementiert, sondern mit Kunststoff (chemisch identisch mit Kunststofffüllungen) eingeklebt, wobei in Ausnahmefällen ein Allergiepotenzial besteht. Insgesamt sind sie klinisch in allen Belangen positiv evaluiert, aber beträchtlich teurer als Dentalamalgam.<ref name="Frankenberger" />

=== Einschränkung für die Anwendung von Amalgamfüllungen ===
* Amalgame dürfen nicht verwendet werden
** für retrograde [[Wurzelkanalbehandlung|Wurzelfüllungen]],
** als Material für [[Stiftaufbau]]ten unter [[Zahnkrone|Kronen oder Brücken]],
** als Verschlussmaterial für [[Trepanation|trepanierte]] gegossene Kronen,
** bei [[Chronisches Nierenversagen|eingeschränkter Nierenfunktion]].<ref>[http://bmg.gv.at/cms/home/attachments/2/5/0/CH1095/CMS1207724860370/empfehlungen_zu_dentalamalgam.pdf ''Empfehlungen zu Dentalamalgam.''] (PDF) Arbeitskreis Dentalmaterialien, Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend.</ref>
** in unmittelbarer Nähe zu anderen Metallrestaurationen ([[Inlay (Zahnmedizin)|Inlays]], [[Teilkrone]]n oder [[Zahnkrone|Kronen]]), da durch die [[Bimetallkorrosion]] im Mund vermehrt Quecksilber[[ion]]en aus dem Amalgam gelöst werden können (elektrogalvanische Korrosion).<ref name="Zahnerhaltung" />
* Seit dem 1. Juli 2018 darf Dentalamalgam nicht mehr für die zahnärztliche Behandlung von Milchzähnen, von Kindern unter 15 Jahren und von Schwangeren oder Stillenden verwendet werden, es sei denn, der Zahnarzt erachtet eine solche Behandlung wegen der spezifischen medizinischen Erfordernisse bei dem jeweiligen Patienten als zwingend notwendig.<ref>{{EU-Verordnung|2017|852|titel=(Quecksilberverordnung)}}, Artikel 10,(2).</ref> Wegen der ohnehin begrenzten Verweildauer von Milchzähnen im Mund steht bei dem Verzicht hierbei eine „umweltbedingte Reduktion der Verwendung von quecksilberhaltigen Produkten“ im Vordergrund.<ref name="Schmalz">{{Internetquelle |autor=Gottfried Schmalz et al. |url=https://www.zm-online.de/archiv/2018/14/titel/die-minamata-konvention-und-amalgam/ |titel=Die Minamata-Konvention und Amalgam |werk=zm online |datum=2018-07-16 |abruf=2022-02-01}}</ref> Daher ist dort die Verwendung von Kompositen, Glas-Ionomeren und Kompomeren möglich.<ref name="umweltmedizinischer" /> Bei Kindern unter 15 Jahren sowie Stillenden ist die Forderung auf einen Verzicht wissenschaftlich nicht begründet. Es gibt keinen Beleg für eine Schädigung des Embryos durch Amalgam, aus Vorsorgegründen wird bei Schwangeren generell Zurückhaltung bei einer umfangreichen zahnärztlichen Versorgung gefordert.
* Seit dem 1. Januar 2019 darf Dentalamalgam nur noch in vordosierter, verkapselter Form verwendet werden. Die Verwendung von Quecksilber in loser Form durch Zahnärzte ist verboten.<ref name="EU-Quecksilberverordnung" />
* Ab dem 1. Januar 2025 ist die Verwendung von Amalgam in der Zahnmedizin EU-weit weitestgehend<ref>{{Internetquelle |url=https://www.kostenfalle-zahn.de/faq/gesundheit-pflege/verbot-von-amalgamzahnfuellungen-wie-geht-es-ab-2025-weiter-95961 |titel=Verbot von Amalgam-Zahnfüllungen: Wie geht es ab 2025 weiter? {{!}} Kostenfalle Zahn |datum=2024-10-21 |sprache=de |abruf=2024-12-27}}</ref> verboten.<ref>{{Literatur |Autor=Martin U. Müller |Titel=(S+) Amalgam: Was bedeutet das Ende der Amalgamfüllung für die Patienten? |Sammelwerk=Der Spiegel |Datum=2024-12-26 |ISSN=2195-1349 |Online=https://www.spiegel.de/wirtschaft/amalgam-was-bedeutet-das-ende-der-amalgamfuellung-fuer-die-patienten-a-acbe06fe-387f-44ff-9567-995576c2d73a |Abruf=2024-12-27}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=dpa-infocom, dpa:241226-930-327646/1 |url=https://www.radiobielefeld.de/service/lifestyle-und-freizeit/lifestyle-und-freizeit/duesseldorf-keine-amalgam-fuellungen-ab-2025-was-die-kasse-zahlt.html |titel=Düsseldorf {{!}} Keine Amalgam-Füllungen ab 2025: Was die Kasse zahlt |werk=radiobielefeld.de |hrsg=radiobielefeld.de |datum=2024-12-26 |sprache=de |abruf=2024-12-27}}</ref>

==== Sicherheitswarnung in den USA für Hochrisikogruppen ====
Die US-Behörde für Lebens- und Arzneimittel ([[Food and Drug Administration|FDA]]) empfahl 2020, die Verwendung von Zahnamalgam bei sogenannten Hochrisikogruppen einzuschränken.<ref name="FDA">{{Internetquelle |url=https://www.fda.gov/medical-devices/dental-amalgam-fillings/information-patients-about-dental-amalgam-fillings |titel=Information for Patients About Dental Amalgam Fillings |werk=FDA |datum=2020-09-24 |sprache=en |abruf=2021-07-09}}</ref> Der Grund hierfür ist, dass diese Gruppen empfindlicher auf amalgambedingte Quecksilberdämpfe reagieren und somit auch ein erhöhtes Risiko für gesundheitliche Beeinträchtigungen haben können.

* Schwangere, Frauen mit Kinderwunsch oder stillende Frauen
* Kinder, besonders im Alter unter sechs Jahren
* Personen mit neurologischen Erkrankungen
* Patienten mit beeinträchtigter Nierenfunktion
* Personen mit bekannten Allergien gegen Quecksilber oder andere Bestandteile der Amalgamfüllung

Intakte Füllungen sollen aber nicht ersetzt werden.

==== Kostenerstattungen der gesetzlichen Krankenkassen ====
In Deutschland übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für Füllungen im „kaudrucktragenden Seitenzahnbereich“, wenn anerkannte und erprobte plastische Füllungsmaterialien gemäß ihrer medizinischen Indikation verwendet werden. Die aktuellen Gebrauchs- und Fachinformationen und Aufbereitungsmonographien sollen berücksichtigt werden. Die Festlegung auf Amalgam als Standardmaterial wurde bei der Überarbeitung der Behandlungsrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (2004) entfernt.<ref>{{Internetquelle |autor=Herbert Genzel |url=https://www.g-ba.de/downloads/62-492-78/RL-Z_Behandlung_2006-03-01.pdf |titel=Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung |hrsg=Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen |format=PDF |abruf=2021-06-06}}</ref> Wählen Versicherte bei Zahnfüllungen eine darüber hinausgehende Versorgung, haben sie die Mehrkosten selbst zu tragen. In diesen Fällen ist von den Kassen die vergleichbare preisgünstigste plastische Füllung als Sachleistung abzurechnen.<ref>§ 28 SGB V ''Ärztliche und zahnärztliche Behandlung.''</ref>

Im Frontzahnbereich sind in der Regel adhäsiv befestigte Füllungen (z.&nbsp;B. Komposite) das Mittel der Wahl. Mehrfarbentechnik im Sinne einer ästhetischen Optimierung ist nicht Bestandteil der vertragszahnärztlichen Versorgung.

Adhäsiv befestigte Füllungen im Seitenzahngebiet sind nur in Ausnahmefällen Bestandteil der vertragszahnärztlichen Versorgung:
* wenn Amalgam als „absolut kontraindiziert“ gilt und der „Nachweis einer Allergie gegenüber Amalgam bzw. dessen Bestandteilen gemäß den Kriterien der Kontaktallergiegruppe der Deutschen Gesellschaft für Dermatologie erbracht wurde bzw. wenn bei Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz neue Füllungen gelegt werden müssen.“<ref>Protokollnotiz zum Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses für zahnärztliche Leistungen vom 17. April 1996.</ref>
* bei der zahnärztliche Behandlung von Milchzähnen, von Kindern unter 15 Jahren und von Schwangeren oder Stillenden verwendet werden, es sei denn, der Zahnarzt erachtet eine solche Behandlung wegen der spezifischen medizinischen Erfordernisse bei dem jeweiligen Patienten als zwingend notwendig.<ref>Beschluss des Bewertungsausschusse BEMA 13h gültig ab dem 1. Juli 2018. [https://www.kzv-sh.de/wp-content/uploads/2018/06/Beschluss-Bewertungsausschuss-13h.pdf Volltext.] (PDF; 0,1&nbsp;MB).</ref>

In diesen Fällen sind „Kompositfüllungen im Seitenzahnbereich (…) entsprechend der Adhäsivtechnik“ Kassenleistung.<ref>Einheitlicher Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen gemäß {{§|87|sgb_5|juris}} Abs.&nbsp;2 und&nbsp;2d [[SGB V]], Pos 13 e – h.</ref>

Ein Austausch intakter Amalgamfüllungen fällt nicht in die Leistungspflicht der [[Gesetzliche Krankenversicherung|gesetzlichen Krankenversicherung]], wie das [[Bundessozialgericht]] wiederholt festgestellt hat.<ref>[http://www.lexetius.com/2000/9/4 BSG, Urteil vom 6. Oktober 1999], Az. B1 KR 13/97 R, Volltext.</ref><ref>[http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Datum=2006&nr=8536&linked=urt BSG, Urteil vom 30. Oktober 2002.] Az. B1 KR 31/01 R, Volltext.</ref>

Diese Einschränkungen wurden als Vorsichtsmaßnahmen getroffen.

Als zuzahlungsfreie Alternative zu Amalgam erkennen die gesetzlichen Krankenkassen ab 2025 [[Glasionomerzement]] an.<ref name=":0">{{Internetquelle |autor=Nikolaus Nützel |url=https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/gesundheit-pflege-aenderungen-2025-100.html |titel=Das ändert sich 2025 bei Krankenversicherung und Pflege |werk=[[Tagesschau.de]] |datum=2024-12-31 |sprache=de |abruf=2024-12-31}}</ref>

=== Amalgam-Verwendung international ===
In der [[Europäische Union|Europäischen Union]] werden pro Jahr etwa 74–75 Tonnen [[Quecksilber]] für Amalgam verwendet (Stand 2016), größtenteils aus Frankreich (17,5 Tonnen) und Polen (10).<ref name="Kirchner">{{Internetquelle |autor=Thomas Kirchner |url=https://www.sueddeutsche.de/gesundheit/zahnmedizin-eu-parlamentarier-wollen-amalgam-weitgehend-verbieten-1.3210724 |titel=EU-Parlamentarier wollen Amalgam weitgehend verbieten |werk=[[Süddeutsche Zeitung]] |datum=2016-10-18 |abruf=2021-07-09}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Susanne Stockmann |url=https://www.merkur.de/leben/gesundheit/amalgam-haben-viele-als-zahnfuellung-im-mund-ist-quecksilber-darin-gefaehrlich-zr-7319466.html |titel=Amalgam: Muss jetzt alles raus? |werk=[[Münchner Merkur]] |datum=2017-01-24 |abruf=2021-07-09}}</ref> Insgesamt befinden sich etwa 1000 Tonnen Quecksilber in den Zähnen von EU-Einwohnern.<ref name="Kirchner" /> Die neun Millionen Bürger [[Schweden]]s trugen 2019 einer Schätzung zufolge etwa 40&nbsp;Tonnen Quecksilber in Form von Amalgamzahnfüllungen,<ref name="Swedish">{{Internetquelle |url=https://www.praktikertjanst.se/globalassets/00.-praktikertjanst-koncernwebb/04.-dokument/life/pm-3-19-national-plan-of-dental-amalgam-phase-out.pdf |titel=National plan of Dental amalgam phase out: Swedish experiences |hrsg=KEMI, Swedish Chemicals Agency |format=PDF |abruf=2021-07-09}}</ref> wovon jährlich ca. 100&nbsp;kg in die Umwelt ausgeschieden werden.

Für [[Vereinigte Staaten|US-Bürger]] wurde 2004 errechnet, dass sie zusammen etwa 1000&nbsp;Tonnen Quecksilber in ihren Zahnfüllungen haben.<ref>{{Literatur |Autor=United States Congress House Committee on Oversight and Government Reform Subcommittee on Domestic Policy |Titel=Environmental Risks of and Regulatory Response to Mercury Dental Fillings: Hearing Before the Subcommittee on Domestic Policy of the Committee on Oversight and Government Reform, House of Representatives, One Hundred Tenth Congress, First Session, November 14, 2007 |Verlag=U.S. Government Printing Office |Datum=2009 |ISBN=978-0-16-083721-0 |Seiten=2}}</ref> Zum Zeitpunkt von 2015 bis 2016 bestand etwa 51,5 Prozent der Zahnfüllungen in der US-Bevölkerung aus Amalgam.<ref>{{Literatur |Autor=Cameron G. Estrich et al. |Titel=Dental amalgam restorations in nationally representative sample of US population aged ≥15 years: NHANES 2011–2016 |Sammelwerk=Journal of Public Health Dentistry |Band=81 |Nummer=4 |Datum=2021-12 |Seiten=327–330 |DOI=10.1111/jphd.12456 |PMID=33954994}}</ref>

In den letzten Jahrzehnten der [[Sowjetunion]] wurde überwiegend Kunststoff für Seitenzahnfüllungen verwendet.

=== Weltweiter Umgang mit Zahnamalgam ===
Angesichts der Umwelt- und Gesundheitsrisiken durch Quecksilber beschloss das [[Umweltprogramm der Vereinten Nationen]] (UNEP) im Februar 2009, ein globales Übereinkommen zu entwickeln, das alle Aspekte des Quecksilber-Lebenszyklus behandeln soll. Die entsprechenden Verhandlungen wurden im Januar 2013 abgeschlossen und das Übereinkommen<ref>{{Internetquelle |url=https://www.mercuryconvention.org/Portals/11/documents/Booklets/COP3-version/Minamata-Convention-booklet-Sep2019-EN.pdf |titel=Minamata Convention on Mercury |titelerg=Text and Annexes |werk=UNEP |datum=2019-09 |format=PDF |sprache=en |abruf=2021-07-10}}</ref> im Oktober 2013 als [[Minamata-Übereinkommen|„Minamata-Konvention“]] unterzeichnet.<ref>[http://www.unep.org/hazardoussubstances/Mercury/Negotiations/tabid/3320/Default.aspx ''The Negotiating Process.''] UNEP (englisch); abgerufen am 21. November 2013.</ref> Auch wenn Zahnamalgam eine vergleichsweise geringe Quecksilberbelastung der Umwelt zur Folge hat, verpflichteten sich alle Vertragsparteien, Maßnahmen für eine schrittweise Reduzierung („phase down“) ohne Zeitvorgabe von Dentalamalgam zu treffen. Aufgrund der Ratifizierung des Minamata-Konvention wurde in der EU 2017 eine Quecksilberverordnung erlassen. Auch hier wurde die Regelung aus Gründen des Umweltschutzes eingeführt.<ref name="Schmalz" /><ref>{{Internetquelle |url=https://www.kzbv.de/eu-quecksilberverordnung.1250.de.html# |titel=EU-Quecksilberverordnung |werk=[[Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung]] |abruf=2022-06-16}}</ref> In einem vierten Übereinkommen wurde beschlossen, dass bei Schwangeren, stillenden Frauen, Kindern unter 15 Jahren und allgemein bei Milchzähnen Zahnamalgam nicht mehr für eine Dentalrestauration verwendet werden soll, außer der Zahnarzt erachtet dies als nötig.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.mercuryconvention.org/en/meetings/cop4?document_types=331#cop-documents |titel=Fourth meeting of the Conference of the Parties to the Minamata Convention on Mercury (COP-4) - Second segment |werk=Minamata Convention on Mercury |datum=2022-04 |sprache=en |abruf=2022-06-15}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.ada.org/publications/ada-news/2022/april/minamata-convention-on-mercury-continues-to-support-decreasing-not-eliminating-dental-amalgam-use |titel=Minamata Convention on Mercury continues to support decreasing — not eliminating — dental amalgam use |werk=[[American Dental Association]] |datum=2022-04-08 |sprache=en |abruf=2022-06-15}}</ref> Zudem soll Amalgam nur noch in verkapselter Form eingesetzt werden. Dies entspricht damit den vorausgegangenen Beschlüssen in der EU.

Laut einer Pressemitteilung vom 15. Januar 2009 entschied das Umweltministerium in Schweden, den Gebrauch von Quecksilber aus Umweltschutzgründen zum 1. Juni 2009 generell zu verbieten.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.sweden.gov.se/sb/d/11459/a/118550 |text=Government bans all use of mercury in Sweden |wayback=20120923041455}}. Presseveröffentlichung des Umweltministeriums Schweden, 15. Januar 2009; abgerufen am 8. August 2013.</ref> Das Verbot bedeutete daher auch, dass der Gebrauch von Amalgam in Zahnfüllungen eingestellt wird („phase out“).

Stand 2021 haben folgende Länder in Europa Amalgamfüllungen verboten: Norwegen<ref>{{Internetquelle |url=https://www.regjeringen.no/globalassets/upload/md/vedlegg/forskrifter/product_regulation_amendment_071214.pdf |titel=Amendment of regulations of 1 June 2004 no 922 relating to restrictions on the use of chemicals and other products hazardous to health and the environment (Product regulations). Adopted by the Ministry of the Environment on 14 December 2007 |format=PDF |sprache=en |abruf=2021-07-09}}</ref> und die [[Republik Moldau]]<ref>{{Internetquelle |url=https://environmentalmedicine.eu/wp-content/uploads/Republic-Moldova_EN.pdf |titel=Moldova: Law on Chemicals, No 277 din 29.11.2018, 2018 |format=PDF |abruf=2021-07-09}}</ref> (ohne Ausnahmen) sowie Schweden<ref name="Swedish" /> und Dänemark<ref>{{Internetquelle |url=https://environmentalmedicine.eu/wp-content/uploads/DK-plan.pdf |titel=Overview of Danish legislation and actions in connection with the phasing out of dental amalgam, Ministry of Environment and Food of Denmark, January 29 2019 |format=PDF |abruf=2021-07-09}}</ref> (mit Ausnahmen). Andere europäische Länder haben einen Amalgam-Ausstieg beschlossen: Italien<ref>{{Internetquelle |url=https://www.mercuryconvention.org/sites/default/files/documents/submission_from_government/Italian_National_Plan_on_dental_amalgam.pdf |titel=Piano nazionale per l’eliminazione dell’utilizzo dell’amalgama dentale, Ministero della salute, 23. Feb. 2021 |format=PDF |sprache=it |abruf=2021-07-09}}</ref> und Kroatien<ref>{{Internetquelle |url=https://zdravstvo.gov.hr/UserDocsImages//2020%20Programi%20i%20projekti//NP%20DENTALNI%20AMALGAM.pdf |titel=Nacionalni Plan Mjera Ukidanja Dentalnog Amalgama 2020–2025 |datum=2020-09 |format=PDF |sprache=hr |abruf=2021-07-09}}</ref> (bis 2025) sowie Finnland<ref>{{Internetquelle |url=https://julkaisut.valtioneuvosto.fi/handle/10024/161728 |titel=Plan for the abolition of dental amalgam by 2030 : National plan required by an EU regulation |werk=Ministry of Social Affairs and Health |datum=2019-07-30 |sprache=en |abruf=2021-07-09}}</ref>, die Slowakei<ref>{{Internetquelle |url=https://www.health.gov.sk/Clanok?narodny-plan-opatreni-mzsr-v-suvislosti-s-postupnym-ukoncovanim-pouzivania-zubneho-amalgamu |titel=Národný plán opatrení Ministerstva zdravotníctva Slovenskej republiky v súvislosti s postupným ukončovaním používania zubného amalgámu |datum=2019-06-27 |sprache=sk |abruf=2021-07-09}}</ref> und Tschechien<ref>{{Internetquelle |url=https://www.mzcr.cz/wp-content/uploads/wepub/17577/38132/N%C3%A1rodn%C3%AD%20pl%C3%A1n%20-%20amalg%C3%A1m.pdf |titel=Národní plán týkající se opatření, která Česká republika hodlá provést za účelem postupného omezování používání zubního amalgámu, 2019 |format=PDF |sprache=cs |abruf=2021-07-09}}</ref> (bis 2030) sowie Irland<ref>{{Internetquelle |url=https://www.zm-online.de/news/detail/nordirische-zahnaerzte-duerfen-weiter-amalgam-verwenden |titel=Nordirische Zahnärzte dürfen weiter Amalgam verwenden |werk=zm-online |datum=2024-08-16 |sprache=de |abruf=2024-10-18}}</ref> (bis 2035).

Ein Gesetzentwurf der [[Europäische Kommission|Europäischen Kommission]] sieht vor, Zahnamalgam ab 1. Januar 2025 bis auf begründete Ausnahmen ganz zu verbieten.<ref>{{Literatur |Autor=Hinnerk Feldwisch-Drentrup |Titel=Risiken für Umwelt und Gesundheit: EU-Kommission will Amalgam verbieten |Sammelwerk=[[Frankfurter Allgemeine Zeitung]] |Datum=2023-07-23 |Seiten=56 |Online=https://www.faz.net/aktuell/wissen/medizin-ernaehrung/risiken-fuer-umwelt-und-gesundheit-eu-kommission-will-amalgam-verbieten-19049809.html |Abruf=2023-07-29}}</ref> Dieser mündete in der Verordnung (EU) 2024/1849 vom 13. Juni 2024. Der [[Kommissar für Umwelt|EU-Umweltkommissar]] [[Virginijus Sinkevičius]] führt hierfür Umwelt- und Gesundheitsbedenken an, dagegen kritisieren die [[Bundesärztekammer]]<ref>{{Internetquelle |url=https://www.zm-online.de/artikel/2023/zm-2023-15-16/zahnaerzteschaft-lehnt-vorzeitiges-verbot-von-dental-amalgam-ab |titel=Zahnärzteschaft lehnt vorzeitiges Verbot von Dental-Amalgam ab |werk=zm online |datum=2023-08-16 |sprache=de |abruf=2023-11-21}}</ref> und [[kassenzahnärztliche Bundesvereinigung]] (KZBV)<ref>{{Internetquelle |url=https://www.zeit.de/gesundheit/2024-02/amalgam-quecksilber-zahnfuellungen-verbot-eu-kritik |titel=Zahnärzte kritisieren Amalgamverbot der EU |werk=Zeit online |datum=2024-02-16 |sprache=de |abruf=2024-02-16}}</ref> ein mögliches Verbot scharf. Die KZBV und der [[Spitzenverband Bund der Krankenkassen|GKV-Spitzenverband]] haben sich darauf geeinigt, dass nach dem 1. Januar 2025 der GKV-Anspruch auf Zahnfüllungen ohne Mehrkosten bestehen bleibt.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.zm-online.de/news/detail/kzbv-und-gkv-sv-einigen-sich-auf-neuregelung |titel=Amalgamverbot: KZBV und GKV-SV einigen sich auf Neuregelung |werk=zm-online |datum=2024-10-11 |sprache=de |abruf=2024-10-18}}</ref> Als zuzahlungsfreie Alternative erkennen die gesetzlichen Krankenkassen daher ab 2025 [[Glasionomerzement]] an.<ref name=":0" />

== Auswirkungen auf die Umwelt ==
In Deutschland müssen Zahnarztpraxen ihre Abwässer über einen Amalgamabscheider reinigen. Quecksilberhaltige Abwässer führen zu erhöhtem Aufwand in [[Klärwerk]]en. Besonders belastend für die Umwelt sind [[Quecksilberorganische Verbindungen|organische Quecksilberverbindungen]], die im Abwasser entstehen können. So unterliegen Zahnarztpraxen besonderen [[Gewässerschutz]]auflagen.<ref>[https://www.gesetze-im-internet.de/abwv/anhang_50.html Verordnung über Anforderungen an das Einleiten von Abwasser in Gewässer (Abwasserverordnung – AbwV) Anhang 50 Zahnbehandlung].</ref> An Behandlungsplätzen installierte Amalgamabscheider müssen gemäß [[Abwasserverordnung]] (AbwV) über eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung verfügen oder nach Landesrecht zugelassen sein, einen Abscheidewirkungsgrad von mindestens 95 Prozent aufweisen sowie regelmäßig gewartet und entleert werden. Vor Inbetriebnahme und in Abständen von nicht länger als fünf Jahren sind Amalgamabscheider nach Landesrecht auf ihren ordnungsgemäßen Zustand zu überprüfen. Die Einleitung von amalgamhaltigem [[Abwasser]] ist generell nur mit einer behördlichen Genehmigung zulässig.<ref name="Abfallmanager">{{Internetquelle |url=https://www.abfallmanager-medizin.de/abfall-abc/amalgam-abfaelle-aus-der-zahnmedizin-sicher-entsorgen/ |titel=Amalgamabfälle aus der Zahnmedizin sicher entsorgen – Abfallmanager Medizin |datum=2017-12-01 |abruf=2021-06-06}}</ref>

Die in der Praxis gesammelten Abfälle aus den Amalgamabscheidern, Amalgamreste und extrahierte Zähne mit Amalgamfüllungen müssen kostenpflichtig bei spezialisierten [[Recycling]]unternehmen entsorgt werden. Aufgrund des hohen Quecksilberanteils müssen diese die Amalgamabfälle als [[Gefährliche Abfälle|gefährlichen Abfall]] ([[Abfallschlüsselnummer]] 180110*) und mit dem Ziel der Metallrückgewinnung entsorgen.<ref name="Abfallmanager" />

== {{Anker|Amalgamvergiftung}} Gesundheitsbedenken ==
{{Siehe auch|Quecksilbervergiftung}}

Wegen des enthaltenen [[Quecksilber]]s gibt es weltweit kein anderes Füllmaterial, das so häufig und intensiv<ref name="Frankenberger" /> auf mögliche Gesundheitsgefährdungen hin durch eine Vielzahl von Wissenschaftlern, nationalen und internationalen wissenschaftlichen Gremien wiederholt und eingehend untersucht wurde.

In der Theorie werden zwei verschiedene Mechanismen der Schädigung angenommen: [[Intoxikation]] (Vergiftung) und [[Allergie]]n (insbesondere [[Allergie#Typ-IV-Allergie (verzögerter Typ)|Typ-IV-Allergien]]<ref name="umweltmedizinischer" />). Die Verarbeitung von reinem Quecksilber und der hohe Quecksilbergehalt (etwa 50 %) haben bereits sehr früh eine Diskussion über mögliche Gesundheitsgefährdungen bewirkt, die von der Verwendung von Amalgam als Füllungsmaterial ausgehen könnten. Bereits 1833 brach in den USA nach der forcierten Einführung von Kupferamalgam als Füllmaterial der sogenannte „Amalgamkrieg“ aus, der zu einem zeitweiligen Verbot des Amalgams als Füllmaterial führte. In Deutschland flammte eine ähnliche Diskussion in den 1920er Jahren auf, parallel zu der wachsenden Hinwendung zur [[Alternativmedizin]] und Kritik an der „[[Schulmedizin]]“.<ref>Ingrid Müller-Schneemayer: ''Die Amalgamkontroverse in den Zwanziger Jahren des 20.&nbsp;Jahrhunderts''. 2004; {{URN|nbn:de:bvb:19-19471}}</ref>

Quecksilber wird vor allem bei der Verarbeitung und Entfernung von Zahnamalgam in Form von Quecksilberdampf aufgenommen, weniger über anorganisches Hg<sup>2+</sup>.<ref name="BfArM-Broschüre" /> Die mittlere, tägliche Aufnahme ist mit 1–3 µg gering.<ref name="MackertBerglund">{{Literatur |Autor=J.R. Mackert, A. Berglund |Titel=Mercury Exposure From Dental Amalgam Fillings: Absorbed Dose and the Potential for Adverse Health Effects |Sammelwerk=Critical Reviews in Oral Biology & Medicine |Band=8 |Nummer=4 |Datum=1997-10-01 |Seiten=410–436 |DOI=10.1177/10454411970080040401}}</ref> Durch [[Kaugummi]]kauen kann diese signifikant erhöht werden, heiße Getränke dagegen beeinflussen sie nicht. Über den Urin und Stuhl wird anorganisches Quecksilber ausgeschieden, die mittlere Halbwertszeit im Körper beträgt etwa 60 Tage. Zwar haben Personen mit mehreren Amalgamfüllungen gering höhere Quecksilberwerte im Blut oder Urin, diese gelten aber als ungefährlich<ref name="FDA" />. Um selbst bei sensiblen Personen erste klinische Effekte zu beobachten, müsste die Konzentration an Quecksilber im Urin bei mindestens 30 µg/g Kreatinin liegen – dies würde etwa bei über 500 im Mund befindlichen Amalgamoberflächen passieren.<ref name="MackertBerglund" /> Bei gewissen Bereichen des Zentralnervensystems kann die Halbwertszeit auch Jahre betragen.<ref name="BfArM-Broschüre" /> Das [[Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte]] (BfArM) empfiehlt, bei Nierengeschädigten und Schwangeren auf die Verwendung von Amalgam (bei letzteren auch dessen Entfernung) zu verzichten.<ref name="BfArM-Broschüre" /> Anhaltspunkte für eine Schädigung des [[Fötus]] durch eine Quecksilberfreisetzung aus Amalgam gibt es nicht.<ref name="umweltmedizinischer" /><ref name="Zahnerhaltung" /><ref name="BfArM-Broschüre" /><ref name="Hempel" /> Die EU-Entscheidung, Amalgam für Schwangere und Jugendliche unter 15 Jahren generell zu verbieten, ist eine rein präventive.<ref name="Hempel" />

Im Jahre 1997 wurde in Deutschland ein Konsenspapier des [[Bundesgesundheitsministerium]]s, des BfArM sowie diverser zahnärztlicher Gesellschaften und Institutionen zum Umgang mit Amalgam veröffentlicht.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.blzk.de/service/oav10/artikel.asp?lnr=580 |text=''Restaurationsmaterialien in der Zahnheilkunde''. |wayback=20131203172240}} Konsenspapier.</ref> Ähnliche Empfehlungen kamen in den letzten Jahren von der EU.

Eine 1997 formulierte Stellungnahme der [[Weltgesundheitsorganisation]] (WHO) kommt zu dem Schluss: „Laut aktuellem Kenntnisstand sind die derzeit vorhandenen Restaurationsmaterialien, einschließlich Dentalamalgam, als sicher und zuverlässig zu betrachten. Allerdings kommt es gelegentlich zu biologischen Gegenanzeigen. Diese sind jedoch individuell bedingt und demgemäß individuell zu behandeln. Die WHO erkennt die Notwendigkeit einer fortgesetzten Sicherheits- und Wirksamkeitsüberwachung aller dentalen Restaurationsmaterialien an.“<ref>{{Internetquelle |url=https://www.fdiworlddental.org/de/who-konsenserklaerung-zum-thema-dentalamalgam |titel=WHO-Konsenserklärung zum Thema Dentalamalgam |werk=[[FDI World Dental Federation|FDI]] |datum=1997 |abruf=2021-06-15}}</ref>

Im Dezember&nbsp;2004 erschien eine Studie des „Life Sciences Research Office“ der USA: Eine Auswertung aller Forschungsarbeiten seit 1996 fand keinen Nachweis der Gefährdung durch Amalgamfüllungen.<ref>[http://www.lsro.org/presentation_files/amalgam/amalgam_pressrelease.pdf ''Little Evidence to Link Mercury Fillings to Human Health Problems''.] (PDF; 25&nbsp;kB) Pressemitteilung der LSRO.</ref> Eine [[Klinische Studie|Multicenter-Studie]] aus dem Jahre 1998 konnte keinen Zusammenhang zwischen der Anzahl der Amalgamfüllungen bei Patienten und deren subjektiven Beurteilungen ihres Gesundheitszustands feststellen.<ref>D. Melchart et al.: ''A multicenter survey of amalgam fillings and subjective complaints in non-selected patients in the dental practice.'' In: ''European Journal of Oral Sciences'', Band 106, Nr. 3, Juni 1998, S. 770–777; PMID 9672099.</ref> Die Auffassung aus dem Jahr 2005, dass in Industrieländern die Hauptquelle der Quecksilberexposition die Einatmung von Quecksilberdampf aus zahnmedizinischem Amalgam sei,<ref>[http://www.bundesrat.de/SharedDocs/beratungsvorgaenge/2005/0101-0200/0102-05.html „EU-Gemeinschaftsstrategie für Quecksilber“.] [[Bundesrat (Deutschland)]], Unterrichtung durch die Bundesregierung.</ref> wurde durch zwei Studien der Europäischen Kommission nicht mehr aufrechterhalten.<ref>[http://ec.europa.eu/health/opinions/de/zahnamalgam/l-2/8-indirect-mercury-exposure.htm#0 Zahnfüllungsmaterialien Amalgame & Alternativen] Europäische Kommission, Health and Consumer Protection</ref> Sie kam zu dem Ergebnis, dass die Gefährdung vergleichsweise gering sei.<ref>{{Webarchiv|url=http://www.zm-online.de/home/politik/Gutachten-Amalgam-nur-im-Worst-Case-gefaehrlich_193875.html |wayback=20140714232005 |text=Gutachten: Amalgam nur im Worst Case gefährlich. |archiv-bot=2024-07-05 15:29:26 InternetArchiveBot }} ZM-online, 3. April 2014.</ref>

Eine 2008 veröffentlichte Studie, bei der 5.000 Patienten befragt wurden, ergab „keinen bedeutenden Unterschied zwischen Patienten mit und solchen ohne Amalgam-Füllungen“ hinsichtlich der Beschwerden. Es konnte aber festgestellt werden, „dass die anorganischen Quecksilberwerte im Blut von Patienten mit Amalgamfüllungen viermal höher waren als bei Menschen ohne diese Füllungen.“<ref>[https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/zahnfuellungen-amalgam-studie-gibt-entwarnung-a-545619.html ''Zahnfüllungen: Amalgam-Studie gibt Entwarnung.''] In: ''Spiegel online (Wissenschaft)'' vom 5. April 2008.</ref> Diese Dosiswerte lagen aber weit unterhalb der kritischen Belastungsgrenze.

Die Studie der Technischen Universität München von 2008 mit 90 Patienten kam zu dem Ergebnis, dass eine Amalgamentfernung die anorganischen Quecksilberwerte im Blut senkt. Die subjektiven Beschwerden können sowohl durch die Entfernung als auch durch allgemeine Gesundheitsmaßnahmen ''ohne'' Amalgamentfernung positiv beeinflusst werden. Eine zusätzliche „biologische Detoxifikation“ mit Vitaminen und Spurenelementen erbrachte in der Amalgamentfernungsgruppe keine zusätzliche Verbesserung.<ref>D. Melchart et al.: ''Treatment of health complaints attributed to amalgam.'' In: ''[[Journal of Dental Research]].'' Band 87, Nr. 4, April 2008, S. 349–353, PMID 18362317.</ref>

Am 10. März 2014 hat der wissenschaftliche Beratungsausschuss für Gesundheits- und Umweltrisiken der [[Europäische Kommission|Europäischen Kommission]], das [[Wissenschaftlicher Ausschuss Gesundheits- und Umweltrisiken|''Scientific Committee on Health and Environmental Risks'']] (SCHER), eine Stellungnahme zu den Gesundheits- und Umweltauswirkungen von Amalgam mit dem Ergebnis veröffentlicht, dass die Gesundheits- und Umweltgefährdung durch das in zahnärztlichem Amalgam enthaltene Quecksilber vergleichsweise gering ist. Nur unter außergewöhnlichen Umständen ''(Worst-Case-Szenario)'', d.&nbsp;h. im Falle einer hohen Zahnarztdichte verbunden mit einem hohen Grad der Amalgamnutzung bei gleichzeitigem Fehlen von Amalgamabscheidern, könne nicht ausgeschlossen werden, dass auf lokaler Ebene Risiken für Gesundheit und Umwelt bestünden. Dieses Szenario ist für Deutschland ausgeschlossen, da hierzulande Amalgamabscheider für Zahnarztpraxen vorgeschrieben sind.<ref>[http://ec.europa.eu/health/scientific_committees/environmental_risks/docs/scher_o_165.pdf ''Opinion on the environmental risks and indirekt health effects of mercury from dental amalgam.'' (update 2014)] (PDF; 360&nbsp;kB) Scientific Committee on Health and Environmental Risks.</ref> Hintergrund der Studie waren Forderungen Schwedens, die Verwendung von quecksilberhaltigem Amalgam europaweit aus Gründen des Umwelt- und Gesundheitsschutzes zu verbieten.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.bzaek.de/fileadmin/PDFs/klartext/14/140416_KT_4.pdf |text=Klartext 04/14. |format=PDF |wayback=20150428115409 |archiv-bot=2023-06-08 11:14:08 InternetArchiveBot}} [[Bundeszahnärztekammer]]</ref> Der Ausschuss SCENIHR (''Scientific Committee on Emerging and Newly Identified Health Risks'') schloss sich 2015 der Ansicht des SCHER an.<ref>{{Internetquelle |url=https://ec.europa.eu/health/scientific_committees/emerging/docs/scenihr_o_046.pdf |titel=The safety of dental amalgam and alternative dental restoration materials for patients and users |hrsg=SCENIHR, Europäische Kommission |datum=2015-04-29 |format=PDF |sprache=en |abruf=2021-06-24}}</ref> Gemäß Studienlage zeigen sich keine unmittelbaren toxikologischen Effekte des zahnärztlichen Personals oder des Patienten beim Setzen oder Entfernen von Amalgamfüllungen, und empfiehlt nicht den pauschalen Austausch intakter Amalgamfüllungen. SCENIHR weist darauf hin, dass alternative Zahnfüllungen toxologisch nicht unbedenklich seien, sieht aber Bedarf nach weiteren Untersuchungen zur potentiellen Neurotoxizität des Quecksilbers von Amalgamfüllungen. Die Empfehlung des SCENIHR, bei Milchzähnen auf die Verwendung von Dentalamalgam im Allgemeinen zu verzichten, beruht nicht auf eventuellen toxischen Schäden.<ref name="Frankenberger" /> Stattdessen sind Milchzähne nur eine begrenzte Zeit im Mund, so dass die Langlebigkeit von Amalgamfüllungen nicht zum Tragen käme.

Das [[Oberlandesgericht Hamm]] hat am 4. März 2016 in einem Urteil festgestellt, dass die Verwendung von Amalgam bei Zahnfüllungen grundsätzlich unbedenklich ist.<ref>[https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA160400711&cmsuri=/juris/de/nachrichten/zeigenachricht.jsp ''Zahnmedizinische Versorgung mit Amalgam.'' Az.: 26 U 16/15], Pressemitteilung des OLG Hamm, juris. Abgerufen am 5. April 2016.</ref>

Wie die [[Bundeszahnärztekammer]] (BZÄK) im Juni 2018 in einem Positionspapier zur EU-Quecksilberverordnung bemerkt, konnte bisher jedoch keine Studie nachweisen, dass Amalgamfüllungen in einem ursächlichen Zusammenhang mit degenerativen Krankheiten, anderen Krankheiten oder sonstigen unspezifischen Symptomen stehen.<ref name="EU-Quecksilberverordnung">{{Internetquelle |url=https://www.bzaek.de/fileadmin/PDFs/b/Position_Amalgam.pdf |titel=Position: EU-Quecksilberverordnung Verordnung (EU) 2017/852 |hrsg=Bundeszahnärztekammer |format=PDF |archiv-url=https://web.archive.org/web/20180712123832/https://www.bzaek.de/fileadmin/PDFs/b/Position_Amalgam.pdf |archiv-datum=2018-07-12 |abruf=2018-07-12 |archiv-bot=2023-03-03 06:41:29 InternetArchiveBot}}</ref> Auch die FDA sieht keine Anhaltspunkte dafür, dass Dentalamalgam gesundheitsschädlich ist.<ref name="FDA" />

Die [[International Association for Dental Research|Internationale Vereinigung für zahnärztliche Forschung]] (IADR) bestätigte in einer Stellungnahme von 2020<ref>{{Literatur |Autor=A.S. Ajiboye et al. |Titel=International Association for Dental Research Policy and Position Statements on the Safety of Dental Amalgam |Sammelwerk=Journal of Dental Research |Band=99 |Nummer=7 |Datum=2020-07-01 |Seiten=763–768 |DOI=10.1177/0022034520915878}}</ref> die Sicherheit von Zahnamalgam für die allgemeine Bevölkerung (ohne Allergien gegen Amalgambestandteile oder ohne schwere Nierenerkrankungen).<ref name="Frankenberger" />

In einer gemeinsamen Stellungnahme vom März 2021 fordern BZÄK und die [[Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung]] (KZBV) die Weiterverwendung von Zahnamalgam und positionieren sich gegen ein Verbot.<ref>{{Internetquelle |url=https://ec.europa.eu/info/law/better-regulation/have-your-say/initiatives/12924-Quecksilber-Uberarbeitung-der-EU-Rechtsvorschriften/F2164066_de |titel=Revision der EU-Quecksilberverordnung – Gemeinsame Stellungnahme zum Inception Impact Assessment der Europäischen Kommission |hrsg=BZÄK + KZBV |datum=2021-03-31 |abruf=2021-06-24}}</ref> Sie weisen darauf hin, dass das Füllungsmaterial auf eine mögliche Gesundheitsgefährdung hin „intensiv“ untersucht wurde; es gebe aber keinen Nachweis für die These, dass das „Vorhandensein von Amalgamfüllungen in der Allgemeinbevölkerung in einem ursächlichen Zusammenhang für Krankheiten steht“.

=== Psychogene Amalgamintoleranz ===
Gerhard Kreyer wies im Februar 2009 auf der Fortbildungsveranstaltung „Zahn und Psyche“ auf die „psychogene Amalgamintoleranz“ hin, bei der die betroffenen Patienten nahezu alle Beschwerden in der Humanpathologie angeben und auf das Amalgam zurückführten. Es ließen sich aber keinerlei Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen der Zahl der Amalgamfüllungen mit dem Beschwerdebild nachweisen.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.ptk-bayern.de/ptk/web.nsf/id/li_prat82cfc8.html?OpenDocument&vCMSTemplate=mobile |titel=Zahn und Psyche – Großes Interesse an der gemeinsamen Fortbildungsveranstaltung im Zahnärztehaus München |werk=ptk-bayern.de |hrsg=Bayerische Psychotherapeutenkammer |datum=2009-02-13 |abruf=2022-06-11}}</ref> Es gibt Menschen, die psychisch leiden, wenn der Arzt ihnen Amalgamfüllungen legt. Das äußert sich auch körperlich: Sie leiden an Unwohlsein, hektischen Flecken und Stress. Diese Probleme bessern sich, wenn sie wissen, dass der Zahnarzt die Füllungen entfernt.<ref>G. Meyer: [http://www.focus.de/gesundheit/ratgeber/zaehne/therapie/tid-9441/zahnfuellungen-zwoelf-fragen-zu-amalgam-bessern-sich-die-symptome-wenn-der-arzt-amalgam-entfernt_aid_268281.html ''Amalgamentfernung entlastet vor allem die Psyche.''] Universität Greifswald. ''Focus online.''</ref>

Eine sogenannte „Amalgamerkrankung“ aufgrund des Amalgams gibt es nicht, sie geht auf eine Amalgamphobie zurück.<ref name="Hilp" /> So fanden sich bei einer „selbstvermuteten Amalgamerkrankung“ (bei „amalgamsensitive[n] Personen“) keine spezifischen [[Biomarker (Medizin)|Biomarker]], z.&nbsp;B. erhöhte Quecksilberkonzentrationen in Urin, Blut und Speichel oder andere Amalgam-/Quecksilber-Indikatoren.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.rki.de/DE/Content/Kommissionen/UmweltKommission/Archiv/Amalgam_Materialienband.pdf?__blob=publicationFile |titel=Materialienband zur Kommissionsmitteilung „Amalgam“ |hrsg=Kommission „Methoden und Qualitätssicherung in der Umweltmedizin“ des Robert Koch-Instituts |datum=2007-10-05 |seiten=37–38 |format=PDF |abruf=2022-06-12}}</ref> Im Gegensatz zu amalgam-non-sensitiven Personen fand man aber bei amalgamsensitiven Personen deutlich erhöhte Anzeichen für [[Somatisierung (Psychologie)|Somatisierung]], [[Ängstlichkeit]] und [[Depression|Depressivität]].

== Diagnostik ==
Die individuelle Belastung kann mittels Labortests bestimmt werden.<ref name="umweltmedizinischer">{{Literatur |Titel=Amalgam: Stellungnahme aus umweltmedizinischer Sicht |TitelErg=Mitteilung der Kommission „Methoden und Qualitätssicherung in der Umweltmedizin“ |Sammelwerk=[[Bundesgesundheitsblatt]] |Band=50 |Datum=2007-10-05 |Seiten=1304–1307 |DOI=10.1007/s00103-007-0338-z}}</ref>

Eine praktikable und gut standardisierte Methode, eine amalgambedingte Quecksilberbelastung abschätzen zu können, stellt die [[Urinuntersuchung|Urinprobe]] dar – hierbei ist der [[Sammelurin]] oder Morgenurin geeignet. Abzugrenzen ist aber ein gerade im [[Alternativmedizin|alternativmedizinischen]] Bereich angewendeter Urintest nach Gabe von Komplexbildnern wie [[Dimercaptopropansulfonsäure|DMPS]].<ref>{{Internetquelle |autor=Julia Harlfinger |url=https://www.medizin-transparent.at/quecksilber-ausleiten/ |titel=Fragwürdiger Quecksilbertest mit DMPS |werk=[[Medizin transparent]] |datum=2016-10-26 |abruf=2021-06-11}}</ref> Denn diese Diagnoseverfahren sind weder standardisiert, noch werden sie einheitlich durchgeführt – dies führt zu gravierenden Unterschieden bei den Testergebnissen.

Für die Bestimmung einer internen Quecksilberbelastung aufgrund Zahnamalgams ist eine [[Blutentnahme|Blutprobe]] aus Vollblut ungeeignet, da dieses neben anorganischem Quecksilber (überwiegend im [[Blutplasma]]) auch organisches Quecksilber (vorwiegend in den [[Erythrozyt]]en) enthält.<ref name="umweltmedizinischer" /> Daher wird bei einer Blutprobe empfohlen, den Hg-Anteil nur im Blutplasma oder -serum zu bestimmen. Die Überprüfung aus dem [[Speichel]] (beispielsweise mittels eines Kaugummitests) ist ebenfalls nicht geeignet – hierbei werden auch nicht resorbierbare Quecksilberanteile aus z. B. Legierungspartikeln erfasst und verfälschen so das Ergebnis. Da im Gegensatz zu organischem Hg (z. B. aus dem Verzehr von Fischen) anorganisches Hg aus Zahnamalgam sehr schlecht in die [[Haar]]matrix eingebaut wird, ist eine [[Haaranalytik|Haarprobe]] ebenso nicht geeignet.<ref name="umweltmedizinischer" />

== Literatur ==
* DIN EN ISO 24234, Ausgabe: 2015–05, ''Zahnheilkunde – Dentale Amalgame, (ISO 24234:2015-05).''; Deutsche Fassung EN ISO 24234:2015-07-15
* Gottfried Schmalz, Dorthe Arenholt-Bindslev: ''Biocompatibility of Dental Materials''. Springer, Berlin / Heidelberg / New York 2009, ISBN 978-3-540-77781-6.
* {{Literatur
   |Autor=J. R. Mackert, A. Berglund
   |Hrsg=
   |Titel=Mercury exposure from dental amalgam fillings: absorbed dose and the potential for adverse health effects
   |Sammelwerk=Critical Reviews in Oral Biology and Medicine: An Official Publication of the American Association of Oral Biologists
   |Band=8
   |Nummer=4
   |Auflage=
   |Datum=1997
   |Seiten=410–436
   |DOI=10.1177/10454411970080040401
   |PMID=9391753}}
* {{Internetquelle |autor=SCENIHR |url=https://ec.europa.eu/health/scientific_committees/emerging/docs/scenihr_o_046.pdf |titel=The safety of dental amalgam and alternative dental restoration materials for patients and users |hrsg=Europäischen Kommission |datum=2015-04-29 |format=PDF |sprache=en |abruf=2021-06-24}}
* {{Literatur
   |Autor=Roland Frankenberger et al.
   |Titel=Amalgam und Alternativen – Diskussionen zur Quecksilberreduktion in der Umwelt
   |Sammelwerk=[[Bundesgesundheitsblatt]]
   |Datum=2021-06-18
   |DOI=10.1007/s00103-021-03355-4
   |PMC=8212278
   |PMID=34143251}}
* {{Internetquelle |url=https://www.fda.gov/media/131151/download |titel=Epidemiological Evidence on the Adverse Health Effects Reports in Relation to Mercury from Dental Amalgam |titelerg=Systematic Literature Review (2010 - present) |werk=FDA |datum=2019-09 |format=PDF |sprache=en |abruf=2021-07-15}}
* {{Internetquelle |url=https://www.fda.gov/medical-devices/dental-amalgam-fillings/information-patients-about-dental-amalgam-fillings |titel=Information for Patients About Dental Amalgam Fillings |werk=FDA |datum=2020-09-24 |sprache=en |abruf=2021-07-15}}

== Weblinks ==
{{Commonscat|Fillings}}
* Manfred Hilp: ''[https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2005/daz-44-2005/uid-14852 Amalgam, ein Problem? – Das gesundheitliche Risiko von Amalgamplomben]'', [[Deutsche Apothekerzeitung]], 30. Oktober 2005
* Jörg Wipplinger: ''[https://www.medizin-transparent.at/gefaehrliche-zahnfuellungen-aus-amalgam/ Amalgamfüllung: gefährliches Quecksilber im Zahn?], [[Medizin transparent|Medizin Transparent]], 16. Mai 20218 ''
* ''[https://noharm-europe.org/mercury-tracker EU Mercury Regulation - Implementation tracker]'', [[Health Care Without Harm]]

== Einzelnachweise ==
<references />

{{Gesundheitshinweis}}

{{SORTIERUNG:Amalgamfullung}}
[[Kategorie:Füllungstherapie]]